JudikaturJustiz15Os155/08w

15Os155/08w – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Januar 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Jänner 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klugar als Schriftführerin in der Strafsache gegen Harald W***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 21. Mai 2008, GZ 13 Hv 7/08d-51, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Höpler, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Lattermann zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu B 9. und demgemäß auch im Strafausspruch (mit Ausnahme des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Harald W***** wird von dem wider ihn erhobenen Vorwurf, er habe am 16. Juni 2004 in Waidhofen an der Ybbs gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Gerhard S***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, er werde ihn für eine von Christoph M***** betrügerisch herausgelockte und für die Firma S***** gewidmete Anzahlung von zumindest 20.000 Euro durch Bezahlung von zumindest 18.000 Euro bis 18. Juli 2004 schadlos halten, zu Unterlassung der Einforderung von zumindest 20.000 Euro bei seinem Auftraggeber Christoph M***** für geleistete Bauarbeiten verleitet, wodurch der Genannte in einem Betrag von zumindest 18.000 Euro an seinem Vermögen geschädigt wurde, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Für die verbleibenden Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB (A./), des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 148 erster und zweiter Fall StGB (B./1./ bis 8./ und 10./ bis 17./), sowie die Vergehen der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 StGB (C./) und der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 StGB (D./) wird über den Angeklagten nach § 156 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 12. November 2008, GZ 13 Hv 49/08f-44, eine Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Mit seiner Berufung wird er auf die Entscheidung zur Strafneubemessung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthält - wurde Harald W***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (A./), des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 (erster und) zweiter Fall StGB (B./), der Vergehen der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 StGB (C./) und der Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 StGB (D./) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung - in A***** und an anderen Orten Österreichs

A./ Bestandteile seines Vermögens verheimlicht, beiseite geschafft, veräußert oder sonst sein Vermögen wirklich oder zum Schein verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert, wobei er durch die Tat einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte, und zwar:

1./ spätestens seit Mitte April 2002 bis zur Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen am 26. Mai 2006, indem er von nicht mehr feststellbaren Auftraggebern geleistete, in der Buchhaltung nicht oder nicht vollständig verbuchte Honorarzahlungen in nicht mehr feststellbarer Höhe „schwarz" vereinnahmte und für eigene, seinen notwendigen Unterhalt übersteigende Bedürfnisse verwendete; 2./ ab Mitte April 2002 bis zur Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen am 26. Mai 2006 dadurch, dass er trotz seiner angespannten Vermögenslage wegen der Scheidung von seiner Ehefrau Susanne K*****, wegen einer strittigen Honorarforderung gegen die Firma H***** von 197.000 Euro und wegen einer strittigen Forderung der Raiffeisenkasse R***** von 80.000 Euro bei im Mai 2002 bereits bestehenden Schulden von zumindest 199.000 Euro allein bei seiner Hausbank S***** weiterhin übermäßigen, mit seinen Vermögensverhältnissen und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand trieb, indem er einen finanziell aufwändigen, seinen notwendigen Unterhalt übersteigenden persönlichen Lebensstil pflegte;

3./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2004 oder 2005 durch Schenkung eines Pferdes im Wert von 10.000 Euro an Thorsten W*****;

5./ Ende 2004 oder Anfang 2005 durch Schenkung von 32.000 Euro an Thorsten W***** für den Kauf eines LKW Iveco Pferdetransporter;

6./ im Mai 2005 durch schenkungsweise Bezahlung einer Ratenschuld von 5.300 Euro für Thorsten W*****;

7./ spätestens im Dezember 2005 durch die Veräußerung eines Pferdes an Susanne N***** um einen weit unter dem tatsächlichen Wert gelegenen Preis, Schaden 5.000 Euro;

8./ Ende Dezember 2005 durch Schenkung von 10.500 Euro an Thorsten W***** für den Ankauf eines Pferdes;

9./ durch Übergabe von Bargeldbeträgen an Susanne N***** zwecks Einzahlung auf den Gläubigern nicht bekannte Sparbücher, und zwar a./ spätestens am 29. Dezember 2005 10.500 Euro;

b./ spätestens am 30. Dezember 2005 5.000 Euro;

c./ spätestens am 13. März 2006 6.500 Euro;

d./ spätestens am 21. März 2006 8.000 Euro;

10./ Ende Mai 2006 durch Schenkung von zumindest 15.000 Euro Bargeld

an Thorsten W*****;

11./ am 6. Juni 2006 in Enns durch Schenkung von 50.000 Euro Bargeld an Susanne N*****;

B./ mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Geschädigte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen verleitet, welche die Genannten um die angeführten Beträge am Vermögen schädigten, wobei er die Betrugshandlungen mit einem 50.000 Euro übersteigenden Schaden spätestens seit Anfang 2003 auch in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung von auch schweren Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

...

5./ am 20. November 2003 in Klosterneuburg Christoph M***** durch Vorspiegelung, er werde das Geld den ausführenden Firmen St***** und P***** als „schwarze" Akontozahlungen gegen die Gewährung von Preisnachlässen übergeben, zur Übergabe von 55.200 Euro Bargeld, gewidmet als Anzahlung von 40.200 Euro für St***** und 15.000 Euro für P*****; Schaden M*****s 30.200 Euro;

...

9./ am 16. Juni 2004 in Waidhofen/Ybbs den Gerhard St***** durch die Vorspiegelung, er werde ihn für eine von Christoph M***** betrügerisch herausgelockte, für die Firma St***** gewidmete Anzahlung von zumindest 20.000 Euro durch Bezahlung von zumindest 18.000 Euro bis 18. Juli 2004 schadlos halten, zur Abstandnahme von der Einforderung von zumindest 20.000 Euro bei seinem Auftraggeber Christoph M***** für geleistete Bauarbeiten; Schaden des St***** zumindest 18.000 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch zu A./ und B./9./ mit einer auf § 281 Abs 1 Z 3, 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Verfahrensrüge nach Z 3 behauptet einen Widerspruch zwischen dem zu A./9./ ergangenen Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO und den dazu als erwiesen angenommenen Tatsachen der Entscheidungsgründe (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 272), bezieht sich aber zu letzteren fälschlich auf jene zu A./11./ (US 33 f) und lässt die tatsächlich zu A./9./ erkenntniskonform getroffenen Konstatierungen (US 34) außer Acht.

Mit der der Sache nach behaupteten unzureichenden Individualisierung der Tat zu A./1./ macht die Mängelrüge (Z 5 erster Fall) keine Undeutlichkeit der entsprechenden Konstatierungen geltend, zumal aus diesen (US 30) unzweifelhaft erkennbar ist, dass die Tatrichter alle für den Ausspruch über die Schuld oder die Subsumtion der Tat entscheidenden Tatsachen festgestellt haben.

Im Übrigen bestehen gegen einen Schuldspruch wegen nur pauschal individualisierter gleichartiger Taten (sogenannter gleichartiger Verbrechensmenge) keine rechtlichen Bedenken (RIS-Justiz RS0119552). Eine ungenaue Konkretisierung der einzelnen Taten wirkt sich regelmäßig insoweit zugunsten des Angeklagten aus, als im Zweifel eine spätere Verfolgung wegen im Urteil undeutlich bezeichneter Tathandlungen nach dem Grundsatz „ne bis in idem" (§ 17 Abs 1 StPO) ausgeschlossen wird (RIS-Justiz RS0098795).

Ob die Übergabe eines Bündels Banknoten an Susanne W***** zu (richtig) A./11./ (US 33) vor oder nach Konkurseröffnung erfolgt ist, betrifft keine für die Schuld oder die Beurteilung der Tat nach § 156 StGB entscheidende Frage, weil das Verbrechen der betrügerischen Krida weder die Eröffnung des Konkurses noch die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Täters voraussetzt (RIS-Justiz RS0094831). Die Subsumtionsrüge (Z 10) reklamiert ein Fehlen von Feststellungen über den Zeitpunkt, in dem dem Angeklagten der Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit bekannt gewesen sei. Somit sei die rechtliche Beurteilung nicht möglich, ob die Tat „allenfalls eine grob fahrlässige Vereitelung oder Schmälerung der Befriedigung der Gläubiger des Angeklagten in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit" und somit nach § 159 Abs 2 StGB zu beurteilen gewesen sei.

Damit vernachlässigt die Beschwerde jedoch die vorliegenden Urteilskonstatierungen zum bedingten Vorsatz hinsichtlich aller zur Beurteilung der Tat nach § 156 StGB maßgeblichen Umstände (US 34). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang zu verwerfen. Zutreffend zeigt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) jedoch auf, dass es sich - nach den vorliegenden Feststellungen (US 42 ff) - bei der zu B./9./ dargestellten Tat um eine straflose Nachtat zu jener zu B./5./ handelt.

Nur wenn im Anschluss an das erste Vermögensdelikt durch eine mit Täuschung verbundene Deckungs- und Verwertungshandlung ein Dritter (erneut) positiv geschädigt bzw. ein Schaden auf ihn überwälzt wird, kann darin ein selbstständig strafbarer Betrug liegen (Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 146 Rz 260; EvBl 2000/82; 14 Os 151/99), was im hier vorliegenden Fall - nämlich einer bewirkten Abstandnahme des Gerhard St***** von der Geltendmachung einer gegenüber dem Geschädigten Christoph M***** bestehenden Forderung - nicht der Fall ist. Die Beschwerde zeigt zutreffend auf, dass die Täuschungshandlung zum Nachteil des Gerhard St***** für sich allein keinen weiteren, über die Haupttat hinausreichenden tätergewollten Vermögensschaden zu bewirken vermochte und daher von der vorausgegangenen Betrugshandlung zum Nachteil des Christoph M***** unter dem Scheinkonkurrenztyp einer straflosen Nachtat verdrängt wurde, weshalb die durch den Schuldspruch zu B./9./ vorgenommene doppelte strafrechtliche Zurechnung rechtsirrig erfolgte (Ratz in WK2 Vorbem §§ 28-31 Rz 66; Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 146 Rz 135). In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinem Schuldspruch zu B./9./ und demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und es war daher der Angeklagte in diesem Punkt gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren und wertete dabei den langen Tatzeitraum, das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen und Vergehen, die Faktenvielzahl, die über die Gewerbsmäßigkeit hinausgeht, die dreifache Überschreitung der Wertgrenze zu A./ und die vierfache Überschreitung der Wertgrenze zu B./ als erschwerend, als mildernd hingegen das teilweise Geständnis und die Unbescholtenheit des Angeklagten.

Bei der nunmehr erforderlichen Strafneubemessung waren diese zutreffend angeführten Strafzumessungsgründe zu übernehmen. Unter Rücksichtnahme auf alle für und wider den Angeklagten sprechenden Umstände und unter Bedachtnahme auf den gegenüber dem Ersturteil geringfügig reduzierten Schuldvorwurf sowie die gemäß §§ 31, 40 StGB zu berücksichtigende 18-monatige Freiheitsstrafe, die im Verfahren 13 Hv 49/08f des Landesgerichts St. Pölten über den Angeklagten verhängt worden ist, erachtete der Oberste Gerichtshof eine zusätzliche Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren als tat- und tätergerecht. Die bedingte Nachsicht eines Teils der Strafe gemäß § 43a Abs 4 StGB war im Hinblick auf die vielfachen Tatwiederholungen innerhalb eines langen Zeitraums nicht möglich, rechtfertigen doch diese nicht die Annahme einer hohen Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begehen werde. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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