JudikaturJustiz14Os44/03

14Os44/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. August 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. August 2003 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Habl, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Allmayer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Karl K***** und andere Angeklagte, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Felix P***** sowie über die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Finanzamtes Salzburg-Stadt gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 28. November 2002, GZ 37 Hv 28/02y-106, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Felix P***** wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch einschließlich des Strafausspruches aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Finanzamtes Salzburg-Stadt werden zurückgewiesen.

Der Angeklagte Felix P***** wird mit seiner Berufung auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Felix P***** in seiner Abwesenheit der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (Schuldsprüche 1./ und 3./) und § 33 Abs 2 lit a FinStrG (Schuldspruch 2./) schuldig erkannt.

Danach hat er in Salzburg vorsätzlich

1./ als Geschäftsführer der Fa. A***** Invest S.A. unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Abgabe unrichtiger Umsatz- und Körperschaftssteuererklärungen für die Jahre 1989 bis 1995, unrichtiger Erklärungen über die Abgabe von alkoholischen Getränken für die Jahre 1989 bis 1992, unrichtiger Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 1990 bis 1993 und Nichtabgabe von Kapitalertragsteueranmeldungen für die Jahre 1989 bis 1996 Abgaben, die teils bescheidmäßig festzusetzen, teils selbst zu berechnen waren, in der Gesamthöhe von 63,746.502 S verkürzt; 2./ als Geschäftsführer der Fa. A***** Invest S.A. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von den im § 21 UStG 1994 entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen für den Zeitraum Jänner 1996 bis April 1997 eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer der Gesellschaft in der Gesamthöhe von 7,165.096 S wissentlich bewirkt; 3./ unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe von Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1989 bis 1993 Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen waren, in der Gesamthöhe von 12,686.011 S verkürzt. Hingegen wurden Karl K***** und Silvia F***** von der wider sie wegen der Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 FinStrG erhobenen Anklage, es haben in Salzburg vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht,

A./ Karl K*****

1./ als inländischer Bevollmächtigter der Fa. H***** N.V. durch Abgabe unrichtiger Umsatz- und Körperschaftssteuererklärungen für die Jahre 1989 bis 1996, Nichtabgabe von Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 1989 bis 1993 und Nichtabgabe von Kapitalertragssteueranmeldungen für die Jahre 1989 bis 1996 Abgaben, die teils bescheidmäßig festzusetzen, teils selbst zu berechnen waren, in der Gesamthöhe von 24,694.797 S verkürzt; 2./ durch Nichtabgabe von Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1990 bis 1996, Nichtabgabe von Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 1991 bis 1993 sowie Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1989 bis 1993 bzw Nichtabgabe von Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1994 bis 1996 Abgaben, die bescheidmäßig festzulegen waren, in der Gesamthöhe von 22,206.645 S verkürzt; B./ Silvia F***** durch Nichtabgabe von Umsatz- und Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1989 bis 1996 sowie Gewerbesteuererklärungen für 1989 bis 1993 Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen waren, in der Gesamthöhe von 5,850.640,-- S verkürzt, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Nach den maßgeblichen Urteilsannahmen erwarb die auf den Niederländischen Antillen ansässige Kapitalgesellschaft H***** N.V. am 5. August 1983 ein Grundstück in Salzburg zum Preis von 4 Mio S. Im Jahr 1988 übernahm Karl K***** die Geschäftsanteile an der genannten Gesellschaft zu einem nicht feststellbaren Preis. Zu diesem Zweck schloss er einen Kreditvertrag in Höhe von 2 Mio DM ab. Einen Teil der ausbezahlten Darlehenssumme verwendete er zur Abdeckung der vierteljährlichen Rückzahlungsraten in Höhe von 65.000 DM bzw (von Juni 1991 bis Dezember 1995) 85.000 DM.

Ab Dezember 1988 wurde die Liegenschaft zu einem monatlichen Mietzins von 50.000 S an die spanische Kapitalgesellschaft A***** Invest S.A. vermietet. In der Folge betrieb Felix P***** als wirtschaftlich Berechtigter dieser Gesellschaft darauf ein Bordell namens "R*****-Club", ohne die im Urteil aufgelisteten Abgabenverbindlichkeiten zu begleichen.

Karl K***** wollte im Zusammenwirken mit Felix P***** auf dem Grundstück einen gutgehenden Geschäftsbetrieb aufbauen, um später die Liegenschaft "gewinnbringend (steuerschonend)" zu veräußern. Dabei sollte der Veräußerungserlös - abzüglich der Kreditkosten - zu gleichen Teilen zwischen Karl K***** und Felix P***** aufgeteilt werden. Die in der Folge zwischen diesen beiden Angeklagten aufgetretenen Streitigkeiten führten schließlich dazu, dass Karl K***** ab Spätsommer 1996 die Darlehensrückzahlungen nicht mehr leisten konnte.

Während das Schöffengericht die Felix P***** angelasteten Finanzvergehen als objektiv und subjektiv verwirklicht erachtete, gelangte es zur Ansicht, dass den beiden Mitangeklagten Karl K***** und Silvia F***** keine Abgabenverkürzungen nachzuweisen seien, weil Karl K***** von der Fa. A***** Invest S.A. weder höhere als die in den Umsatzsteuererklärungen angeführten Mieterlöse (von 50.000 S), noch (sonstige) Zahlungen aus dem Geschäftsbetrieb des "R*****-Clubs" erhielt und Silvia F***** nur auf Anweisung ihres Lebensgefährten Felix P***** (im Nachtgeschäft) und ohne selbstständigen Aufgabenbereich handelte.

Der Angeklagte Felix P***** ficht die ihn betreffenden Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerde aus Z 3, 4 und 11 des § 281 Abs 1 StPO an. Mit jeweils auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden bekämpfen die Staatsanwaltschaft den Freispruch des Angeklagten Karl K***** und das Finanzamt Salzburg-Stadt die Freisprüche der Angeklagten Karl K***** und Silvia F*****.

Rechtliche Beurteilung

Nur dem Rechtsmittel des Angeklagten Felix P***** kommt Berechtigung zu.

A./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Felix P*****

In der Verfahrensrüge (§§ 281 Abs 1 Z 3 iVm § 427 StPO) wendet der Beschwerdeführer ein, das angefochtene Urteil hätte mangels ordnungsgemäßer Ladung zur Hauptverhandlung sowie auch deswegen nicht in seiner Abwesenheit ergehen dürfen, weil eine vollkommen beruhigende Aufklärung des Sacherhaltes im Sinne des § 427 Abs 2 StPO nicht zu erwarten gewesen sei.

Während die Beantwortung der letztgenannten Frage vollständig dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtes überlassen und damit einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde unzugänglich ist (vgl Mayerhofer StPO4 § 427 E 73; 14 Os 90/98), bemängelt der Nichtigkeitswerber zu Recht die unterbliebene persönliche Zustellung einer schriftlichen Vorladung zur - am 3. Oktober 2002 begonnenen und am 28. November 2002 gemäß § 276a erster Satz StPO fortgesetzten - Hauptverhandlung.

Die Durchführung eines Abwesenheitsverfahrens ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn eine Zustellung der an den Angeklagten gerichteten - schriftlichen - Ladung zur Hauptverhandlung rechtzeitig (§ 221 Abs 1 erster Satz StPO) und persönlich (dh zu eigenen Handen oder durch Hinterlegung - § 79 Abs 1 erster Satz StPO; §§ 21 Abs 2, 17 ZustellG; vgl Mayerhofer StPO4 § 79 E 24, 26; Foregger/Fabrizy StPO8 § 427 Rz 5) erfolgte und dem Gericht ein entsprechender Zustellnachweis vorliegt.

Die Ladungen des Beschwerdeführers zur Hauptverhandlung (einerseits die Bekanntgabe der Verlegung der ursprünglich für 8. August 2002 angesetzten Hauptverhandlung auf den 3. Oktober 2002 - S 1 hh - und andererseits die Ladung zur fortgesetzten Hauptverhandlung am 28. November 2002 - vgl nicht einjournalisiertes, dem AV-Bogen beiliegendes Rückscheinkonvolut) genügen den aufgezeigten Erfordernissen nicht, weil aus den den Zustellvorgang bekundenden (internationalen) Rückscheinen mit Blick auf die Vergleichsunterschriften in ON 62 nicht (zweifelsfrei) zu entnehmen ist, dass Felix P***** die (schriftlichen) Vorladungen tatsächlich persönlich zugekommen sind. Dies ergibt sich auch weder aus der vom Zweitangeklagten mit dem Erstgericht (per Fax) geführten Korrespondenz (in welcher der Beschwerdeführer lediglich sein berufsbedingtes Nichterscheinen zur - abgesetzten - Hauptverhandlung am 8. August 2002 ankündigte, entgegen der Auffassung des Erstgerichts aber damit keine Erklärung abgab, allen künftigen Verhandlungen fernbleiben zu wollen; vgl ON 88) noch aus der Mitteilung des Verteidigers zu Beginn der (fortgesetzten) Hauptverhandlung am 28. November 2002 (wonach dem Beschwerdeführer der Termin der zweiten Hauptverhandlung bekannt ist, er aber "wieder" nicht erscheinen werde; S 84/IV).

Fallbezogen liegen auch die besonderen Voraussetzungen des Abwesenheitsverfahrens nach §§ 231, 235 FinStrG nicht vor, mit denen § 427 StPO in Bezug auf die gehörige Ladung des Abwesenden modifiziert wird (vgl Dorazil/Harbich FinStrG Anm zum aufgehobenen § 234; 13 Os 55/91). Nach § 235 FinStrG gelten im gerichtlichen Finanzstrafverfahren Zustellungen an einen flüchtigen Angeklagten als bewirkt, wenn das entsprechende Gerichtsstück (und damit auch die Vorladung zur Hauptverhandlung) seinem Verteidiger zugestellt worden ist. Eine solche Zustellung der Ladung des Angeklagten zur Hauptverhandlung an seinen Verteidiger erfolgte im vorliegenden Fall nicht.

Somit verstießen die Durchführung der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Zweitangeklagten sowie die Fällung des Abwesenheitsurteiles am 28. November 2002 gegen §§ 79 Abs 1 erster Satz, 427 Abs 1 erster Satz StPO. Daher ist das Urteil mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO behaftet.

Da (auch in Bezug auf die Hauptverhandlung vom 28. November 2002) keine Anhaltspunkte für eine zeitgerechte (§ 221 Abs 1 erster Satz StPO) mündliche Verständigung des Zweitangeklagten von den Hauptverhandlungsterminen vorliegen, ist ein nachteiliger Einfluss dieser Formverletzung nicht auszuschließen (§ 281 Abs 3 StPO; vgl Mayerhofer StPO4 § 427 E 14a).

Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdepunkte. B./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft

Die Tatrichter leiteten die Urteilsannahme, dass Karl K***** bzw die von ihm geführte Firma H***** N.V. für die Überlassung der bezeichneten Liegenschaft von der Fa. A***** Invest S.A. (ab dem Jahr 1989) weder höhere als die in den Umsatzsteuererklärungen angeführten Mieterlöse von 50.000 S (US 9, 24), noch sonstige Zahlungen (US 12 f, 17, 26) erhielt, in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) aus dem Scheincharakter des bei einer Hausdurchsuchung vorgefundenen - zur Erzielung eines höheren Kaufpreises (vorgeblich) abgeschlossenen - Mietvertrages über einen monatlichen Mietzins von 350.000 S (US 10, 23 f) und aus den durch die sonstigen Verfahrensergebnisse (im Zweifel) als nicht widerlegt erachteten (leugnenden) Aussagen dieses Angeklagten ab. Dass aus den Angaben des Felix P***** vor dem Finanzamt und dem Untersuchungsrichter nicht die der Beschwerdeführerin "entsprechenden" Rückschlüsse auf das Bestehen einer - eine jeweils 50%-ige Gewinnbeteiligung umfassenden - Partnerschaft zwischen den Angeklagten Karl K***** und Felix P***** gezogen wurden, ist daher als Ergebnis denkfehlerfreier Würdigung der diesbezüglichen Beweisresultate im schöffengerichtlichen Verfahren einer Anfechtung aus Z 5 (vierter Fall) des § 281 Abs 1 StPO entzogen.

Mit den als übergangen reklamierten (Z 5 zweiter Fall) Angaben des Felix P***** im Zuge eines mit Karl K***** geführten - auf Tonband aufgezeichneten - Telefongespräches haben sich die Tatrichter dem Rechtsmittelvorbringen zuwider ebenso auseinandergesetzt (US 12 f, 23, 25 f) wie mit der - mittels Generalvollmacht erteilten - Zeichnungsberechtigung des Karl K***** auf den Geschäftskonten der Fa. A***** Invest S.A. (US 15 f, 26 f, 28).

Welchen entscheidungserheblichen Umstand die von Karl K***** und dem Steuerberater Mag. E***** - aufgrund freundschaftlicher Beziehung - gemeinsam vorgenommene Erledigung der Buchhaltungs- und Finanzangelegenheiten betreffen soll, wird im Rechtsmittel nicht deutlich und bestimmt (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO) dargetan.

Mit Kritik an der entgegen dem Beschwerdevorbringen nach den Gesetzen folgerichtigen Denkens abgeleiteten Urteilsannahme, wonach Karl K***** (als bloßer Vermieter der Betriebsliegenschaft) Aufzeichnungen betreffend den Geschäftsgang nur zu Beweiszwecken und zur eigenen Absicherung besaß, wird nur die erstinstanzliche Beweiswürdigung nach Art einer im Kollegialverfahren unzulässigen Schuldberufung bekämpft. Da das Erstgericht den Inhalt der Kreditunterlagen der O***** und die darin dokumentierten Umsatzerweiterungen ohnehin berücksichtigte (US 23, 27), war insoweit die von der Beschwerdeführerin geforderte Würdigung der Angaben des Zeugen Horst K***** über die im Kreditakt (von ihm) verfassten Vermerke über steigende Umsätze (S 96 f/IV) entbehrlich.

Entsprechend dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) war das Schöffengericht nicht verpflichtet, sich mit jedem Detail der bereits erwähnten und in der gebotenen Gesamtschau bewerteten (US 12 f, 23, 25 - 27) Gesprächsaufzeichnung zu befassen. Darüber hinaus legten die Tatrichter auch unter Anführung entsprechender Beweisergebnisse dar, weshalb sie der den Angeklagten Karl K***** belastenden Einlassung des Felix P***** keinen Glauben schenkten (US 26).

Der weiteren Beschwerdekritik zuwider hat das Schöffengericht die (teilweise) ungeklärten Zahlungsflüsse auf den Konten des Karl K***** ohnedies miteinbezogen (US 26 f), diesen jedoch mit formell unanfechtbarer Argumentation einen anderen als den von der Staatsanwaltschaft gewünschten Beweiswert zuerkannt. Der Einwand fehlender Erwägungen über die Herkunft der zur Kreditfinanzierung - infolge des Zurückbleibens der monatlichen Mietzinszahlungen von 50.000 S hinter den vierteljährlichen Rückzahlungsraten von 65.000 DM bzw (in der Folge) 85.000 DM - zusätzlich erforderlichen Mittel übergeht die - von der Beschwerdeführerin (an anderer Stelle) selbst referierten - Konstatierungen zur teilweisen Kredittilgung aus der ausbezahlten Kreditvaluta sowie aus anderen Finanzquellen, insbesondere den entgegen der Beschwerde ausdrücklich festgestellten sonstigen Nebeneinkünften des Angeklagten Karl K***** (US 27). Mit der Kritik, eine derartige Vorgangsweise sei "völlig unwirtschaftlich und lebensfremd" und mit den "Denkgesetzen nicht vereinbar", wird abermals nach Art einer hier unzulässigen Schuldberufung die erstgerichtliche Beweiswürdigung bekämpft.

Weshalb die bis Dezember 1995 rückstandslos erfolgte Kreditrückzahlung und die ab 1996 entstehenden Streitigkeiten zwischen Felix P***** und Karl K***** im Widerspruch zur Urteilsannahme stehen sollen, dass Letzterer bei tatsächlichem Erhalt der von Felix P***** behaupteten Zahlungen seine Kreditvertragsverpflichtungen ohne Schwierigkeiten (über die gesamte Laufzeit) einhalten hätte können, ist dem Rechtsmittel nicht deutlich und bestimmt (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO) zu entnehmen. Vielmehr versucht die Anklagebehörde mit lediglich spekulativen Erwägungen über eine Ursächlichkeit der Einstellung von steuerlich nicht deklarierten Vermögensflüssen seitens des Felix P***** für die Rückzahlungsschwierigkeiten des Angeklagten Karl K***** erneut die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung zu bekämpfen.

Angesichts der - denkfehlerfrei aus mangelnden objektiven Anhaltspunkten abgeleiteten - Negativfeststellung zur Kaufpreishöhe für die Geschäftsanteile an der Fa. H***** N.V. (US 10, 24 f) fehlt schon die Vergleichgrundlage für die von der Beschwerdeführerin aus dem (in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht näher bezeichneten, in der unjournalisierten Beilagenmappe der PAST - FA Linz befindlichen) Schreiben der O***** an die Österreichische Nationalbank vom 18. November (richtig:) 1988 erschlossene gänzliche Verwendung der erhaltenen Kreditsumme von 2 Mio. DM für den Erwerb der Fa. H***** N.V., zumal in dieser Mitteilung lediglich der intendierte Verwendungszweck erwähnt, aber nichts über die tatsächliche Verwendung des Geldes berichtet wird. Inwiefern aus dem Schätzgutachten über den Verkaufswert der Liegenschaft zum Zeitpunkt des Ankaufes durch Karl K*****lee Anhaltspunkte für die tatsächliche Verfügung über die Kreditvaluta abzuleiten wären, lässt die Beschwerde offen. Diese als übergangen reklamierten Beweisergebnisse bedurften daher keiner weiteren Erörterung.

Die bloß pauschal auf die Ausführungen zur Mängelrüge verweisende und das dabei erstattete Vorbringen teilsweise wiederholende Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt den bei Geltendmachung materiellrechtlicher Beurteilungsfehler notwendigen Vergleich des im Urteil festgestellten Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz und damit eine prozessordnungsgemäße Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.

C./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Finanzamtes Salzburg-Stadt

Die formell auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO (sachlich auch auf Z 5a) gestützte (allerdings undifferenziert ausgeführte) Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich zunächst mit weitwendiger Argumentation gegen die Urteilsannahme, dass die von Karl K***** seitens der Fa. A***** Invest S.A. bezogenen monatlichen Miet- bzw sonstigen Einnahmen 50.000 S nicht überstiegen.

Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, dass die vom Schöffensenat vorgenommene Einschätzung der Beweiskraft der Erkenntnisquellen als Akt tatrichterlicher Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) im Nichtigkeitsverfahren keiner Überprüfung unterliegt (Ratz WK-StPO § 281 Rz 450 f). Dass aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens auch andere, für den Standpunkt der Rechtsmittelwerberin günstigere Schlüsse möglich gewesen wären, vermag den (insoweit sachlich) herangezogenen Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht zu begründen.

In diesem Sinn erschöpfen sich daher die aus dem Kreditakt der O*****, dem bei der Hausdurchsuchung vorgefundenen Mietvertrag über 350.000 S, einem Verkaufsexposé, den sichergestellten Geschäftsaufzeichnungen sowie aus allgemeinen wirtschaftlichen Überlegungen abgeleiteten eigenständigen Schlussfolgerungen des Finanzamtes in einer unzulässigen Beweiswürdigungskritik. Mit dem Einwand, das Erstgericht habe es "für nicht erforderlich erachtet", auf die Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht der - die Aussage gemäß § 152 Abs 1 Z 4 StPO verweigernden (S 51/IV) - Zeugen Mag. E***** und Andrea R***** hinzuwirken, wird von der Finanzbehörde lediglich eine - zum Nachteil des Angeklagten unzulässige (§ 281 Abs 2 StPO) und auch ansonsten prozessordnungswidrig ausgeführte (vgl Ratz WK-StPO § 281 Rz 480) - Tatsachenrüge nach der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO geltend gemacht. Aus den bei Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft dargelegten Gründen betrifft das an die Nationalbank gerichtete Schreiben der O***** vom 18. November 1988 keinen entscheidungserheblichen Umstand.

Entgegen der weiteren Mängelrüge (Z 5) hat das erkennende Gericht die Negativfeststellung, wonach der Angeklagten Silvia F***** die Ausübung einer (gesondert steuerpflichtigen) "Managertätigkeit im R*****-Club" nicht nachzuweisen war (US 21), mit dem Hinweis auf ihre als unwiderlegbar erachtete Verantwortung und die übrigen dafür maßgeblichen Verfahrensergebnisse (vgl US 30) mängelfrei begründet. Dass die aus den Verfahrensergebnissen vom Erstgericht gezogenen Schlüsse nicht mit der Einschätzung der "Beweislage" durch die Beschwerdeführerin übereinstimmen, vermag den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht zu begründen.

Soweit sich die beide Freisprüche bekämpfende Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzbehörde formell auch auf den materiellen Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO stützt, ist sie mangels Vergleiches der im Urteil getroffenen Feststellungen mit dem darauf angewendeten Gesetz nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt. Da sich im Hinblick auf den vom Angeklagten Felix P***** dargestellten Nichtigkeitsgrund zeigt, dass die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, war der von ihm ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde bei nichtöffentlicher Beratung sofort Folge zu geben (§ 285e StPO).

Die teils offenbar unbegründeten (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), teils nicht gesetzmäßig ausgeführten (§§ 285d Abs 1 Z 1, 285a Z 2 StPO) Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Finanzamtes Salzburg-Stadt waren gleichfalls bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte Felix P***** auf den kassatorischen Entscheidungsteil zu verweisen.

Rechtssätze
10
  • RS0036350OGH Rechtssatz

    05. August 2003·3 Entscheidungen

    Die österreichische Strafprozeßordnung kennt einen "Zustellungsbevollmächtigten" (im Sinne der §§ 94 - 99 ZPO) nicht. Durch die Zustellung der Ladung des im Ausland wohnenden Angeklagten zur Hauptverhandlung in erster Instanz an dessen als inländischer Zustellungsbevollmächtigter einschreitenden Wahlverteidiger wird dem von § 427 Abs 1 StPO aufgestellten Erfordernis der Zustellung der bezüglichen Vorladung an den Angeklagten persönlich (zu eigenen Handen) gemäß § 79 Abs 1 und 3 StPO nicht entsprochen. Auch im § 235 FinStrG ist die Vorladung zur Hauptverhandlung von der Regelung ausgenommen, wonach die Zustellung von Gerichtsstücken an den Flüchtigen (§ 231 FinStrG) als bewirkt gilt, sobald sie seinem Verteidiger zugestellt sind. Einen flüchtigen Beschuldigten im Finanzstrafverfahren kraft dieser Vorschrift dann als gehörig geladen anzusehen, falls die Ladung zur Hauptverhandlung in erster Instanz an einen von ihm vorher bestellten Verteidiger zugestellt wurde, geht daher nicht an. Gegen einen Abwesenden kann demnach wegen eines Finanzdeliktes erstinstanzlich nur verhandelt werden, wenn er entweder nach § 79 Abs 1 und 3 StPO persönlich zu eigenen Handen oder im Sinne des § 234 FinStrG öffentlich geladen worden ist. Eine anderweitige Verständigung vom Hauptverhandlungstermin (in erster Instanz) ist rechtlich irrelevant. Sie bewirkt auch keine Heilung eines Zustellungsmangels nach der sonst im Strafverfahren analog anwendbaren Bestimmung des § 108 ZPO.