JudikaturJustiz13Os117/11x

13Os117/11x – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. November 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. November 2011 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ludwig als Schriftführer in der Strafsache gegen Susanne B***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Geschworenengericht vom 4. Juli 2011, GZ 27 Hv 59/11w 57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Susanne B***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie am 15. Dezember 2010 in G***** Gerold A***** durch einen Schuss mit einer Schrotflinte gegen den Kopf vorsätzlich getötet.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 6, 8 und 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten geht fehl.

Indem die Fragenrüge (Z 6) die Abänderung der Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes dahin begehrt, dass die Schussdistanz nicht mit „einem halben Meter“, sondern mit „50 bis 100 cm“ angegeben werde, ohne darzulegen, aus welchem Grund es hier zulässig sein soll, eine vom Anklagesachverhalt (ON 35) abweichende Hauptfrage zu stellen (Schindler , WK StPO § 312 Rz 8), bringt sie den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung.

Hinzu kommt, dass es den Geschworenen deren Information von § 325 Abs 2 StPO sichergestellt wird gestattet war, die Frage unter Beifügung angenommener Beschränkungen nur teilweise zu bejahen (§ 330 Abs 2 StPO).

Soweit sich die Beschwerde gegen die Formulierung der Eventualfragen nach den Verbrechen des Totschlags (§ 76 StGB), der absichtlichen schweren Körperverletzung (§ 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB) und der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§ 86 StGB) mit dem Vorbringen wendet, für ein in Eifersucht bestehendes Tatmotiv mangle es an in der Hauptverhandlung vorgekommenen Indizien, fehlt ihr angesichts der von § 330 Abs 2 StPO eröffneten Möglichkeit, Modifikationen des eine andere rechtliche Beurteilung indizierenden Sachverhalts unabhängig von der Fragestellung vorzunehmen, die Beschwer (RIS Justiz RS0118719), sodass die Fragenrüge auch insoweit unzulässig ist. Nach Ansicht des Beschwerdeführers von gestellten Eventualfragen abweichende, eine andere rechtliche Beurteilung indes nicht indizierende Sachverhaltsannahmen betreffen, was zum besseren Verständnis angemerkt sei, definitonsgemäß keine entscheidenden Tatsachen und sind daher unter dem Aspekt von Fragen und Instruktionsrüge ohne Relevanz, stattdessen Gegenstand einer auch hier der Sache nach geltend gemachten, jedoch mangels jeglicher Bedenken an begangenem Mord offenbar unbegründeten Tatsachenrüge (Z 10a). Von der Tatsachenrüge erfasste Bedenken von vornherein auszuräumen ermöglicht die vorstehend angesprochene Vorschrift des § 330 Abs 2 StPO.

Die Geschworenen hätten also die Eventualfrage nach Totschlag ohne weiteres mit der Einschränkung „aber nicht aus Eifersucht“ beantworten können.

Auch mit der Forderung nach Fragen in Richtung von Notwehr und sogenanntem Putativnotwehrexzess wird die Fragenrüge nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, weil die Beschwerde keine Verfahrensergebnisse aufzeigt, die eine entsprechende Fragestellung indiziert hätten ( Ratz , WK StPO § 345 Rz 42; Schindler , WK StPO § 313 Rz 6 bis 17).

Es wird nämlich nicht dargelegt, aus welchem Grund eine von der Beschwerde so bezeichnete „Ich oder Er Situation“ Anlass für die verlangte Fragestellung geboten haben soll.

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass aus der Aussage der Sachverständigen Dr. K*****, auf die sich die Rüge insoweit bezieht, keineswegs ein tatsächlich vorgelegener oder vermeintlicher Angriff des Opfers abzuleiten ist. Vielmehr gibt die Sachverständige in der angesprochenen Passage ihrer Exploration die Tatschilderung der Beschwerdeführerin wieder, wonach diese sich nach reiflicher Überlegung bewaffnet habe, mit der Schrotflinte im Anschlag vor das im Bett liegende, von ihr abgewendete Opfer getreten sei und gezielt gegen dessen Kopf geschossen habe (S 5 f der Beilage ./1 zu ON 54).

Die Instruktionsrüge (Z 8), die fehlende Belehrung zum Schuldausschließungsgrund des Notstands (§ 10 StGB) einwendet, geht schon im Ansatz fehl, weil den Geschworenen eine diesbezügliche Zusatzfrage nicht gestellt worden ist ( Ratz , WK StPO § 345 Rz 63).

Die Tatsachenrüge (Z 10a) argumentiert nicht aus in der Hauptverhandlung Vorgekommenem und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung ( Ratz , WK StPO § 345 Rz 12).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344 StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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