JudikaturJustiz12Os53/06w

12Os53/06w – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Juni 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juni 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Thomas E***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten E***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 21. Februar 2006, GZ 36 Hv 119/05b-63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten E***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch den rechtskräftigen Freispruch des mitangeklagten Jürgen Z***** und einen ebenso unangefochtenen Teilfreispruch des Thomas E***** enthält, wurde der Zweitgenannte des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3 StGB (I), des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach §§ 159 Abs 1, Abs 5 Z 3 , Z 4, 161 Abs 1 StGB (II) und des Vergehens (richtig: der Vergehen - Markel in WK² § 198 Rz 82) der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB (III) schuldig erkannt.

Danach hat er

I.) im Zeitraum zweites Halbjahr 2002 bis 2003 mit dem Vorsatz, sich und Jürgen Z***** durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nach Abschluss eines Factoring-Vertrages zwischen der T***** GmbH und der I***** AG im Juni 2002, mit dem alle nach dem 1. Juni 2002 entstandenen Forderungen der T***** GmbH unter Bevorschussung an die I***** AG kaufweise abgetreten wurden, Angestellte der I***** AG durch Veranlassung der Vorlage von Rechnungen der T***** GmbH, denen keine Forderungen zugrunde lagen oder Gegenforderungen bestanden, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur Überweisung von Vorschüssen im Ausmaß von 80 % der Forderungen der T***** GmbH, somit zu Handlungen verleitet, die die I***** AG an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Schaden 50.000 Euro überstieg, und zwar durch Vorlage über nachstehende Beträge ausgestellter, teilweise gefälschter, an folgende Firmen gerichteter Rechnungen, sohin zT unter Verwendung falscher Urkunden

Rechtliche Beurteilung

Zum Schuldspruch I:

Die Erwägungen der Mängelrüge (Z 5) über eine nicht „vorherrschende Stellung" des Angeklagten in der T***** GmbH hat ebensowenig Bedeutung für die Schuldfrage und den anzuwendenden Strafsatz wie der Umstand, ob der Beschwerdeführer mit den zu I 6 bis I 30 angeführten Unternehmen „Kontakt hatte". Die weiteren Ausführungen zur „Nachvollziehbarkeit" der Verantwortung Thomas E*****s über einen Forderungsverkauf von der AO***** GmbH an die T***** GmbH, zu den Arbeitsbedingungen beim zweitgenannten Unternehmen und dem daraus dazu abgeleiteten Wissensstand der dort Beschäftigten, zur Verantwortung des Rechtsmittelwerbers zum Faktum I 1 (Maschinenfabrik L*****), gipfelnd in der Behauptung, „Thomas E***** hätte von den übrigen Fällen nicht einmal Kenntnis", lassen die Darstellung von Formalmängeln des Urteiles vermissen, sie erschöpfen sich vielmehr in in diesem Zusammenhang unstatthaften, somit unbeachtlichen beweiswürdigenden Überlegungen.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) versucht zusätzlich zu den gerade erörterten Argumenten durch Bezugnahme auf eine Liste, in der Ausgangsrechnungen der T***** GmbH namentlich bezeichneten Sachbearbeitern zugeordnet sind (S 213 ff/IV in - nach sichtlicher Umjournalisierung - ON 61), gegen einen Teil der entscheidenden Tatsachen der Schuldspruchgruppe I erhebliche Bedenken zu erwecken: Dem Nichtigkeitswerber ist zwar einzuräumen, dass bei einigen der inkriminierten Rechnungen (S 411 ff in ON 37/IV) vom Angeklagten verschiedene Personen als Bearbeiter aufscheinen ([Fakten laut Schuldspruch I, Seitenzahlen jeweils aus Band IV] 2-261, 3-121, 4-245, 13-229, 14-231, 21-269, 25-289, 27-293, 28, 30-297). Dabei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass selbst die Ausstellung falscher und verfälschter Rechnungen durch die jeweiligen Bearbeiter (vgl etwa Zeuge Th***** S 8/V) keineswegs qualifizierte Zweifel an den (davon unberührten) Urteilsannahmen hervorruft, dass der Angeklagte diese betrügerisch der I***** AG vorlegte (US 12 ff, 18 ff), wird er doch mit dieser hier entscheidenden Benützung falscher und verfälschter Urkunden von den Zeugen Wi***** (S 399 in ON 37/IV, S 15 f/III) und Ec***** (S 128/III) sowie vom rechtskräftig freigesprochenen Jürgen Z***** (S 261, 465/II) in untrennbaren Zusammenhang gebracht. Die von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisste „Begründung der Vorwürfe 6 bis 31 der Anklage" (gemeint wohl die entsprechenden Feststellungen) übergeht die Konstatierungen in US 13, das gleiche Vorbringen zur Benützung falscher und verfälschter Rechnungen jene in US 12; die bloße Behauptung der Nichttäterschaft vermag materiellrechtliche Nichtigkeit nicht prozessordnungsgemäß zu bezeichnen. Dies gilt ebenso für die beweiswürdigenden Erörterungen der Aussagen Wi*****, Ec***** und Z*****. Welchen Nichtigkeit begründenden Feststellungsmangel der Beschwerdeführer inhaltlich mit dem Vorbringen, „eine Begründung, dass der Angeklagte Thomas E***** nach außen hin Geschäftsführer war, ist nicht angeführt", und mit dem Vergleich seiner Tätigkeit mit jener Jürgen Z*****s anspricht, bleibt angesichts der umfangreichen Erörterungen US 18 ff im Dunkeln.

Zum Schuldspruch II:

Die in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen lassen außer Acht, dass - insoweit unbekämpft - eine der Ursachen der Zahlungsunfähigkeit der AO***** GmbH (vgl zur für die Tatbestandserfüllung genügenden Mitverursachung Kirchbacher/Presslauer in WK² § 159 Rz 70) - unabhängig von den in der Zuordnung strittigen Salden der Verrechnungskonten - der übermäßige Aufwand (§ 159 Abs 5 Z 3 StGB) durch Bezug eines Geschäftsführergehaltes von 876.293,04 ATS (entspricht 63.682 Euro) für 2001 durch Thomas E***** war (US 8 f, 16).

Der aus Z 4 relevierte Beweisantrag „auf Auswertung der CD hinsichtlich der Verkehrsbuchhaltung der AO***** GmbH und der T***** GmbH zum Beweis dafür, „dass Herr E***** keinesfalls so gehandelt hat, dass sein Handeln im auffallenden Widerspruch zu seinen Ausgaben stand, er somit keinesfalls ein Geschäftsführergehalt von 63.682 Euro gehabt hat" (S 11/V) ließ die Anführung von (hier nicht von selbst einsichtigen) Gründen vermissen, aus denen die Einsicht in dieses Rechenwerk bilanzwidrig (S 335/II) ein solches Ergebnis erwarten lasse (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327, 330; 15 Os 89/04 uva). Ob „aufgrund dieser Verkehrsbuchhaltung Kontrollmaßnahmen gesetzt" wurden, „aufgrund derer die Malversationen des Peter E***** festgestellt haben werden können" (S 11/V), kann aus den eingangs dargelegten rechtlichen Überlegungen ebenso auf sich beruhen wie allfällige Erkenntnisse dazu aus Straf- und Zivilakten des Landesgerichtes Salzburg, deren Beischaffung ohne Verstoß gegen verfassungsmäßig geschützte Verteidigungsrechte (Art 6 MRK) abgelehnt wurde (S 12/V); da das Beweisthema einer Publizitäts- und Seriositätsprüfung von Kunden der AO***** GmbH in erster Instanz nicht releviert wurde, ist es dem Nichtigkeitsverfahren entzogen. Mit neuerlichen Hinweisen auf vermeintliche Fehlzuordnungen bei den Verrechnungskonten, die Verkehrsbuchhaltung als angebliche Kontrollmaßnahme und den - zufolge dessen behaupteter Prüfung bei der T***** GmbH - bonitätsmäßig unbedenklichen Kundenstock der AO***** GmbH zeigt die Mängelrüge (Z 5) keine formalen Begründungsfehler auf, sondern bekämpft einmal mehr - unzulässig - die Beweiswürdigung der Tatrichter (US 16 ff), und vermag die Tatsachenrüge (Z 5a) - ergänzt durch den Hinweis auf Malversationen des Peter E***** - keine erheblichen Bedenken gegen die den Schuldspruch II tragenden Feststellungen erwecken.

Die Wiederholung eben dieser Argumente in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt den bei Geltendmachung materiellrechtlicher Nichtigkeit unabdingbaren Vergleich des Tatsachensubstrates der angefochtenen Entscheidung mit der Rechtslage und entzieht sich damit meritorischer Erörterung. Ebenso wenig geeignet für eine sachbezogene Erwiderung ist die substratlose Behauptung, „eine grobe Fahrlässigkeit der Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit der Firma AO***** GmbH kann nicht gegeben sein", und die abermals die Urteilskonstatierungen (US 9) vernachlässigende Hypothese mangelnder Vorhersehbarkeit der Insolvenz und Gläubigerschädigung.

Zum Schuldspruch III:

Der in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrüge (Z 4) mangelt es schon in formeller Hinsicht an entsprechender Antragstellung in der Hauptverhandlung.

Auch zu diesem Faktum wird die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, indem sie die tatrichterlichen Annahmen zu den objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen (US 14 ff, 22 ff) ignoriert, ohne Abstützung auf das Gesetz eine Spezifizierung alternativer Arbeitsmöglichkeit fordert und eigenständig beweiswürdigend mutmaßt, eine geeignete Einkommensmöglichkeit zu finden sei dem Angeklagten unmöglich gewesen, sowie als Antithese zu den erstgerichtlichen Konstatierungen behauptet, aufgrund der Unterhaltsleistungen für seine jetzige Familie habe dieser weiteren Unterhalt für die Söhne aus erster Ehe nicht aufbringen können.

Der Vollständigkeit halber (§ 290 Abs 1 Satz 2 StPO) sei darauf hingewiesen, dass der erstgerichtliche Schuldspruch dem Beschwerdeführer weder aus dem Blickwinkel des Anspannungsgrundsatzes (Markel in WK² § 198 Rz 7 ff, 49 ff) noch der anteilsmäßigen Befriedigung mehrerer Unterhaltsberechtigter (WK² § 198 Rz 48; 15 Os 32/02 = SSt 64/34) zum Nachteil gereicht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Erledigung der unter einem erhobenen Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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