JudikaturJustiz12Os133/14x

12Os133/14x – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. November 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. November 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Bachner Foregger, Dr. Oshidari und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krampl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Nacym E***** wegen des Vergehens der Weitergabe und des Besitzes nachgemachten oder verfälschten Geldes nach § 233 Abs 1 Z 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 25. August 2014, GZ 36 Hv 84/14a 29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Nacym E***** abweichend von der auch auf das Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach den §§ 15 Abs 1, 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB gerichteten Anklage nur „des Vergehens der Weitergabe und des Besitzes nachgemachten oder verfälschten Geldes nach § 233 Abs 1 Z 1 und 2 StGB“ schuldig erkannt.

Danach hat er am 12. Juli 2014 in I***** und anderen Orten „nachgemachtes Geld mit dem Vorsatz, dass es als echt und unverfälscht ausgegeben werde, besessen, eingeführt und befördert und es als echt und unverfälscht ausgegeben, indem er mit 17 nachgemachten 100 Euro Noten von Italien kommend über den Brenner nach Österreich einreiste und sodann mit einer nachgemachten Note eine Zechschuld zahlte“.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die eine Unterstellung des festgestellten Sachverhalts auch unter das Vergehen des schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB anstrebt.

Soweit für die Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz trafen die Tatrichter nachstehende Feststellungen:

Der Angeklagte reiste am 12. Juli 2014 von Italien über den Brenner nach Österreich ein, wobei er 17 nachgemachte 100 Euro Noten bei sich hatte. Mit einer dieser nachgemachten 100 Euro Noten bezahlte er in I***** in einem Gasthaus eine Zechschuld.

Zur subjektiven Tatseite konstatierte der Schöffensenat das Wissen des Angeklagten, dass er nachgemachtes Geld bei sich hat. Er hat es nach Österreich eingeführt und wollte es als echt und unverfälscht ausgeben (US 3).

Nacym E***** wollte bei der Zahlung der Zechschuld den Kellner über die Echtheit der 100 Euro Note täuschen, mit dem Falschgeld seine Schuld begleichen, sich dadurch um 100 Euro unrechtmäßig bereichern und zugleich den Kellner um diesen Betrag schädigen. Er wollte dies durch den Einsatz des nachgemachten Geldes erreichen (US 3 f).

Der Behandlung des Beschwerdevorbringens ist voranzustellen, dass die Staatsanwaltschaft nicht erklärt, warum ein Geldschein dem Urkundenbegriff des § 74 Abs 1 Z 7 StGB entsprechen und die Verwendung einer gefälschten 100 Euro Note als Täuschungsmittel beim Betrug somit die Qualifikation des § 147 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB erfüllen sollte (vgl Kienapfel/Schmoller BT III Vorbem §§ 232 ff Rz 6; Kienapfel/Schroll in WK² StGB Vorbem zu den §§ 223 ff Rz 6a; Oshidari , SbgK Vorbem zu §§ 232 241 Rz 12; Schroll in WK² StGB Vorbem zu §§ 232 241 Rz 2; ders in KK² StGB § 232 Rz 35 iVm § 233 Rz 27; anders jedoch ohne Begründung - Fabrizy , StGB 11 § 232 Rz 9).

Mit der bloßen Rechtsbehauptung, die unterschiedlichen (primären) Rechtsschutzziele der Weitergabe und des Besitzes nachgemachten oder verfälschten Geldes einerseits und des Betrugs andererseits ließen eine Verdrängung des Betrugs als subsidiär nicht zu, leitet die Subsumtionsrüge nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb eine an den konkreten Umständen des Tatgeschehens zu messende ( Ratz in WK² StGB Vor §§ 28 bis 31 Rz 36 und 57) Konsumtion des § 146 StGB im Sinn einer typischen Begleittat zu § 233 Abs 1 Z 2 StGB trotz des wesentlich geringeren Unwertgehalts (vgl RIS Justiz RS0124022; RS0090829; RS0091179; RS0091453; RS0091710 [T1]; Ratz in WK² StGB Vor §§ 28 31 Rz 58) nicht vorliege.

Auch mit dem Hinweis auf das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 12. Mai 2011, 13 Os 134/10w (= JBl 2012, 66 mit Anm Wessely ), entspricht die Subsumtionsrüge nicht den prozessualen Zulässigkeitsvoraussetzungen (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 590). Die Staatsanwaltschaft legt nämlich nicht dar, warum aus der in dieser Entscheidung abgeleiteten Verneinung der Verdrängung eines nach § 147 Abs 3 StGB schadensqualifizierten Betrugs durch Weitergabe nachgemachten Geldes nach § 233 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB unter dem Aspekt einer sogenannten typischen Begleittat ein Ausschluss der Verdrängung (auch) in Ansehung eines nicht qualifizierten Betrugs nach § 146 StGB abzuleiten sei (vgl Kirchbacher in WK² StGB § 146 Rz 172; Fabrizy , StGB 11 § 146 Rz 32; Kert , SbgK § 146 Rz 421).

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Bleibt betreffend den Schuldspruch wegen „des Vergehens der Weitergabe und des Besitzes nachgemachten oder verfälschten Geldes nach § 233 Abs 1 Z 1 und 2 StGB“ anzumerken, dass die Tatvarianten des Abs 1 Z 1 jeweils Vorbereitungshandlungen zum Ausgeben iSd Abs 1 Z 2 sind. Insoweit ist von einer stillschweigenden Subsidiarität auszugehen ( Schroll in WK 2 StGB § 233 Rz 21 mwN). Richtigerweise hat der Angeklagte nach dem festgestellten Sachverhalt ein Vergehen nach Abs 1 Z 1 und ein Vergehen nach Abs 1 Z 2 leg cit begangen. Der erstgerichtliche Subsumtionsfehler hat dem Angeklagten, zumal das Schöffengericht nur ein Vergehen angenommen hat, nicht konkret zum Nachteil gereicht (§ 290 Abs 1 StPO).

Rechtssätze
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