JudikaturJustiz11Os86/02

11Os86/02 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. August 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. August 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Traar als Schriftführer in der Strafsache gegen Geza C***** wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 104 Abs 1, 2 und 3 FrG, AZ 7 Vr 1528/00, Hv 4/01 des Landesgerichtes Eisenstadt, über die Grundrechtsbeschwerde des Verurteilten gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichtes Wien vom 6. November 2000, AZ 19 Bs 412/00, vom 15. November 2000, AZ 19 Bs 422/00, sowie vom 6. Februar 2001, AZ 19 Bs 11/01, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom 24. Oktober 2000 wurde über Geza C***** wegen des Verdachtes des Vergehens nach § 104 Abs 1 und Abs 2 FrG die Untersuchungshaft verhängt, deren Fortsetzung am 2. November 2000 beschlossen wurde. Den gegen diese Entscheidungen gerichteten Beschwerden des Beschuldigten wurde mit Beschlüssen des Oberlandesgerichtes Wien vom 6. November 2000, AZ 19 Bs 412/00 (ON 19), und vom 15. November 2000, AZ 19 Bs 422/00 (ON 23), nicht Folge gegeben. In der Folge ordnete das Oberlandesgericht Wien im Rahmen der Entscheidung über den Anklageeinspruch mit Beschluss vom 6. Februar 2001, AZ 19 Bs 11/01 (ON 38), die weitere Fortsetzung der Haft an. Geza C***** wurde schließlich am 14. März 2001 wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 104 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 FrG rechtskräftig zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und befindet sich derzeit in Strafhaft.

Mit am 4. Oktober 2001 zur Post gegebener, direkt beim Obersten Gerichtshof eingebrachter handschriftlicher Eingabe erklärte der Verurteilte ua - soweit für die gegenständliche Beurteilung relevant - gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 15. November 2000, AZ 19 Bs 422/00, Beschwerde zu erheben (ON 49). Anlässlich einer (vom Obersten Gerichtshof angeordneten) Befragung gab er nach Rechtsbelehrung im Sinne des § 3 GRBG an, dass er seine Eingabe als Grundrechtsbeschwerde aufrecht erhalte und die Beigebung eines Verteidigers gemäß § 41 Abs 2 StPO beantrage. Der hierauf bestellte Verteidiger brachte am 10. Juni 2002 eine "verbesserte" Grundrechtsbeschwerde ein, die neben der Unterschrift des Verteidigers und einer Kopie der handschriftlichen Beschwerde des Verurteilten die Ausführungen enthält, dass sich die Beschwerde nunmehr auch gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichtes vom 6. November 2000, AZ 19 Bs 412/00, und vom 6. Februar 2001, AZ 19 Bs 11/01, sowie drei - näher bezeichnete - Beschlüsse des Untersuchungsrichters und das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt richte.

Das für den Beginn der Beschwerdefrist maßgebliche Datum der Zustellung des Beschlusses des Oberlandesgerichtes vom 15. November 2000 wird weder in der handschriftlichen Eingabe des Verurteilten, noch in deren Verbesserung durch den Verteidiger angeführt. Hingegen wird im Schriftsatz des Verteidigers vom 10. Juni 2002 vorgebracht, dass die nunmehr ebenfalls bekämpften Entscheidungen des Oberlandesgerichtes vom 6. November 2000 und vom 6. Februar 2001 dem Verurteilten erst 14 Tage vor seiner Eingabe vom 4. Oktober 2001 zugestellt worden seien.

Rechtliche Beurteilung

Die als "Beschwerde" bezeichnete Eingabe des Verurteilten vom 4. Oktober 2001 ist - soweit sie sich gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes vom 15. November 2000 richtet - prinzipiell als Grundrechtsbeschwerde iSd § 1 Abs 1 GRBG anzusehen (s Mayrhofer/Steininger GRBG § 3 Rz 6 f).

Gemäß § 3 Abs 1 GRBG ist in der Grundrechtsbeschwerde anzugeben und zu begründen, worin der Beschwerdeführer die Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit erblickt. Dabei ist die angefochtene oder zum Anlass der Beschwerde genommene Entscheidung oder Verfügung genau zu bezeichnen. Schließlich muss auch der Tag, der für den Beginn der Beschwerdefrist maßgeblich ist, angeführt werden.

Gemäß § 3 Abs 2 GRBG muss die Grundrechtsbeschwerde von einem Verteidiger unterschrieben sein; ist dies nicht der Fall, ist sie zur Behebung dieses Mangels binnen einer Woche zurückzustellen. In der vom Verurteilten handschriftlich verfassten Grundrechtsbeschwerde wird weder der die Beschwerdefrist auslösende Tag, nämlich jener der Zustellung des angefochtenen Beschlusses an den Verteidiger oder den Beschuldigten (Verurteilten), genannt - diese Information enthält auch die Verbesserung nicht -, noch wird dargelegt, wodurch sich der Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt erachte. Weil die Grundrechtsbeschwerde die gemäß § 3 Abs 1 GRBG notwendigen Angaben nicht enthält, war sie mit einem nicht behebbaren Mangel behaftet und daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen (Hager/Holzweber GRBG § 3 E 1, 15 Os 46/00, 15 Os 177/00, 11 Os 21/02).

Die in der "verbesserten" Grundrechtsbeschwerde vom 10. Juni 2002 erfolgte Anfechtung auch der Beschlüsse des Oberlandesgerichtes vom 6. November 2000 und vom 6. Februar 2001 wäre - im Fall einer (hier nicht mehr vorzunehmenden) inhaltlichen Prüfung - als unzulässige Neuerung unbeachtlich, weil im Zuge eines Verbesserungsverfahrens gemäß § 3 Abs 2 GRBG weder eine neue Grundrechtsbeschwerde eingebracht noch die zur Unterfertigung zurückgestellte Grundrechtsbeschwerde in wesentlichen Punkten erweitert werden darf (Mayrhofer/Steininger GRBG § 3 Rz 23). Versteht man die am 10. Juni 2002 erfolgte Anfechtung der genannten weiteren Beschlüsse des Oberlandesgerichtes Wien aber als neue Grundrechtsbeschwerde, ist diese auch nach den Angaben des Beschwerdeführers verspätet, weil die Zustellung der angefochtenen Beschlüsse an diesen 14 Tage vor dem 3. Oktober 2001 erfolgt sei. Soweit mit diesem Schriftsatz auch weitere Beschlüsse (des Untersuchungsrichters) und das Urteil angefochten werden, steht dagegen eine Grundrechtsbeschwerde gemäß § 1 GRBG nicht zu.

Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen (§ 8 GRBG).

Rechtssätze
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