JudikaturJustiz10ObS144/07k

10ObS144/07k – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. März 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger und Dr. Hoch als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. Gerold K*****, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Versicherungsanstalt des Österreichischen Notariats, Florianigasse 2, 1082 Wien, vertreten durch Dr. Leopold Riess, Rechtsanwalt in Wien, wegen Alterspension, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Juli 2007, GZ 8 Rs 95/07k-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 16. April 2007, GZ 2 Cgs 17/07i-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Aus Anlass der Revision wird das angefochtene Urteil als nichtig aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung in einem Senat aufgetragen, in dem alle fachkundigen Laienrichter dem Kreis der Arbeitgeber angehören. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Mit dem bekämpften Bescheid vom 4. 12. 2006 hat die beklagte Versicherungsanstalt die dem Kläger mit Bescheid vom 4. 12. 2004 gewährte Alterspension nach den am 31. 12. 2000 geltenden Bestimmungen des NVG 1972 neu bemessen und demnach ab 1. 1. 2007 mit monatlich brutto 5.610,22 EUR festgesetzt.

Das Erstgericht verpflichtete die beklagte Partei - in Wiederholung des durch die Klage außer Kraft getretenen Bescheids - zur Zahlung einer Alterspension in der angeführten Höhe und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren ab. Grundlage für die Erlassung des bekämpften Bescheids sei der mit der 12. Novelle zum NVG 1972 (BGBl I 98/2006) in Kraft getretene § 112 Abs 2 NVG, wonach Pensionen mit einem Stichtag nach dem 31. 12. 2000 und vor dem 1. 9. 2004 von Amts wegen nach den am 31. 12. 2000 geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes neu zu bemessen seien. Die Rechtskraft bereits ergangener Entscheidungen stehe dem nicht entgegen. Die neu bemessene Pension gebühre nach der zitierten Bestimmung ab 1. 1. 2007 (10 ObS 28/06z). In der zitierten Entscheidung habe der Oberste Gerichtshofs zu § 112 Abs 2 NVG ausgeführt, der Gesetzgeber habe mit dieser Übergangsbestimmung klar zum Ausdruck gebracht, dass für die Frage, welche Rechtslage im Zuge der Pensionsanpassung gemäß § 48 Abs 2 NVG nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 28. 6. 2004, G 60/03 (VfSlg 17.254) zur Anwendung gelangen solle, das allgemein geltende Stichtagsprinzip maßgebend sei. Außerdem habe der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass gegen das im Pensionsversicherungsrecht allgemein geltende Stichtagsprinzip und die sich daraus ergebenden zeitlichen Differenzierungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil, weil es der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 10 ObS 28/06z ebenfalls folgte und daher auch die in der Berufung geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die zitierte Bestimmung nicht teilte. Es entschied in nichtöffentlicher Sitzung, wobei dem erkennenden Senat je ein fachkundiger Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer angehörte.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil aus Anlass des Rechtsmittels eine Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen ist und dieser Frage immer erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtssicherheit zukommt (SZ 68/220 ua, RIS-Justiz RS0042743; 10 ObS 243/03p mwN). Gemäß § 12 Abs 3 zweiter Halbsatz ASGG haben in Streitsachen ua nach dem NVG 1972, wenn der Kläger - wie hier - Notar ist, alle fachkundigen Laienrichter dem Kreis der Arbeitgeber anzugehören. Dagegen hat das Berufungsgericht verstoßen, weil dem erkennenden Senat ein fachkundiger Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehörte. Das Berufungsgericht war daher nicht vorschriftsmäßig besetzt, was die Entscheidung nach § 2 Abs 1 ASGG iVm § 477 Abs 1 Z 2 ZPO nichtig macht (RIS-Justiz RS0042176). Der dem Berufungsgericht unterlaufene Verstoß gegen § 12 Abs 3 ASGG wurde auch nicht geheilt, weil die Parteien mangels Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung keine Möglichkeit hatten, ihn geltend zu machen (SSV-NF 1/31 ua). Es musste daher das angefochtene Urteil als nichtig aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen werden (10 ObS 243/03p; 10 ObS 298/98k). Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO. Da nur die Entscheidung ohne ein vorausgegangenes Verfahren aufgehoben wurde, findet § 51 ZPO keine Anwendung (RIS-Justiz RS0035870).