JudikaturJustiz10ObS123/98f

10ObS123/98f – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. November 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Hübner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Johann Holper (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Robert P*****, vertreten durch Dr. Edeltraud Bernhart-Wagner, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1. Dezember 1997, GZ 9 Rs 333/97z-54, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22. Juli 1997, GZ 26 Cgs 21/96k-48, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 15. 11. 1965 geborene Kläger absolvierte bereits ab dem 8. Lebensjahr zweimal wöchentlich ein Fußballtraining und eine ganze Reihe von Fußballspielen. Nachdem er zunächst in einer Jugendmannschaft spielte, kam er 1978 zum Sportklub R*****, bei dem er in einer Nachwuchsmannschaft bis 1982 bereits wöchentlich viermal trainierte und jeweils ein Spiel absolvierte. Durch das Training sollten Ballannahme, Ballführung, Kopfballspiel, Schußtechnik, fußballtechnische Fähigkeiten im allgemeinen, Ausdauer, Zweikampfstärke und Muskelfunktionen verbessert werden. Hinzu kamen weiters Spielanalysen und Trainingslager mit starkem Konditionstraining. Von 1982 bis 1986 spielt der Kläger in der U 21( = unter 21 Jahren)-Mannschaft des Sportklubs R*****. In dieser Zeit absolvierte er vier bis fünf Trainingseinheiten pro Woche, nahm an Trainingslagern mit der Kampfmannschaft teil und brachte es auch zu Einsätzen in der österreichischen Juniorenmannschaft, österreichischen U 21-Mannschaft und Olympia-Nationalmannschaft.

Parallel zu seiner Tätigkeit als Fußballer absolvierte der Kläger vom 1. 9. 1981 bis 28. 2. 1985 eine Lehre als Elektromechaniker und war anschließend noch bis 10. 7. 1985 in diesem Beruf tätig. Ab diesem Zeitpunkt begann er dann beim Sportklub R***** als Berufsfußballer und wurde als Angestellter zur Sozialversicherung angemeldet. Neben häufigen Trainingseinheiten und Bewerbspielen war eine andere berufliche Tätigkeit nicht mehr möglich. Abgesehen vom normalen körperlichen Training wurden auch mentale Streßbewältigung trainiert, regelmäßige medizinische und sportmedizinische Kontrollen durchgeführt, der Umgang mit Medien und Fans gelehrt und auf die Einhaltung eines speziellen Diätplans geachtet. Während seiner Tätigkeit für den Sportklub R***** als Berufsfußballer wurde der Kläger auch in die österreichische Nationalmannschaft einberufen und kam zu insgesamt 32 Einsätzen bei Länderspielen sowie auch zu einer Teilnahme an der Fußballweltmeisterschaft 1990.

Die Tätigkeit als Berufsfußballer erfordert körperliche Fitneß, psychische Ausdauer, Geschicklichkeit insbesondere bei der Ballführung, Schußtechnik, besondere körperliche Einsatzbereitschaft, Kraft, Schnelligkeit, Reaktionsfähigkeit, psychische Belastbarkeit, Willenskraft, Durchsetzungsvermögen, Spiel- und Wettkampfverständnis und Teamgeist. Um eine Spitzenstellung im Fußballsport (erste Auswahl, Nationalmannschaft) zu erreichen, muß der Betreffende in der Lage sein, die genannten Fähigkeiten hervorragend im Wettkampf umzusetzen. Hiezu bedarf es eines regelmäßigen jahrelangen Trainings, theoretischer Schulungen insbesondere hinsichtlich Spieltaktik, regelmäßiger medizinischer Kontrollen und einer auf die Erfordernisse des Spitzensports, insbesondere auch im Hinblick auf die Ernährung abgestellten Lebensführung. Im Gegensatz zu anderen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bewerteten Berufen ist die Tätigkeit des Berufsfußballers von vornherein mit einem Lebensalter von 27 - 30 Jahren (bei Tormännern etwas darüber) zeitlich begrenzt und sie wird auch vom Bewußtsein getragen, daß der überwiegende Teil des Berufslebens in zeitlicher Hinsicht außerhalb der aktiven Fußballertätigkeit liegt.

Ab 1. 7. 1995 wurde der Vertrag des Klägers mit dem Sportklub R***** wegen massiver Knieprobleme (mehrfache beidseitige Meniskusoperationen, starke Knorpelschädigung, verstärkte Abnützungserscheinungen) nicht mehr verlängert. Seither ist der Kläger als Sportschuhvertreter im Außendienst beruflich tätig.

Der Kläger ist aus gesundheitlichen Gründen nur mehr in der Lage, leichte und mittelschwere Arbeiten im Sitzen sowie bis zu einem Drittel der Arbeitszeit im Stehen und Gehen zu verrichten. Das gelegentliche Heben von Lasten über 25 kg ist möglich, nicht jedoch das Tragen derartiger Lasten. Ausgeschlossen sind Arbeiten im Knien, Hocken oder Laufen, weiters Arbeiten, die ein maximales Strecken und Beugen der Knie erfordern, sowie Arbeiten an hochexponierten Stellen. Eine weitere Tätigkeit des Klägers als Berufsfußballer ist wegen mehrfacher Kalkülsüberschreitung ausgeschlossen, weil sie neben schwerer körperlicher Belastung mit Extremanforderungen an Laufen, Stehen, Gehen, Bücken und Hocken verbunden wäre. Die Tätigkeit des Berufsfußballers ist derart spezialisiert, daß es auf dem Arbeitsmarkt keine auch nur annähernd verwandte Tätigkeit gibt. Der Beruf des Fußballtrainers ist ebenfalls nicht verwandt; er erfordert eine mehrjährige, insbesondere auch sportpädagogische Ausbildung; im übrigen existiert auch kein ausreichender Arbeitsmarkt.

Mit Bescheid vom 25. 10. 1995 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 26. 4. 1995 auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension mangels Berufsunfähigkeit ab.

Mit der gegen diesen Bescheid gerichteten Klage begehrt der Kläger die Gewährung der Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß mit der Begründung, er sei aufgrund seiner Knieleiden nicht mehr in der Lage, die Tätigkeit eines Berufsfußballers auszuüben.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß kein Berufsschutz bestehe. Bei der Tätigkeit des Klägers als Berufsfußballer habe es sich um keine Angestellten-, sondern um eine Arbeitertätigkeit gehandelt. Im übrigen könne der Kläger weiterhin im erlernten Beruf als Elektromechaniker arbeiten.

Das Erstgericht wies das Begehren, dem Kläger ab 1. 5. 1995 eine Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, ab. Ausgehend von den einleitend wiedergegebenen wesentlichen Feststellungen gelangte es zur rechtlichen Beurteilung, daß die Tätigkeit als Berufsfußballer keinen Berufsschutz begründe. Jedem Berufsfußballer sei von vornherein klar, daß seine körperlichen Möglichkeiten mit zunehmendem Alter schwinden und er im Alter zwischen 27 und 30 Jahren (mit einigen Ausnahmen bei Tormännern) wieder aus dem Berufssportleben ausscheiden müsse. Viele Sportler träfen daher rechtzeitig Vorsorge für ihre spätere Karriere etwa als Trainer. Die Tätigkeit des Berufsfußballers sei keine Angestelltentätigkeit, weil weder kaufmännische, noch höhere, nichtkaufmännische Dienste im Sinne des § 1 AngG verrichtet werden. Trotz besonderer Kenntnisse und Fähigkeiten stünde beim Berufsfußballer die mechanische körperliche Seite im Vordergrund. Mangels Berufsschutzes sei der Kläger auf dem gesamten Arbeitsmarkt verweisbar, wobei es eine ganze Reihe möglicher Verweisungstätigkeiten gebe.

Das Berufungsgericht gab der auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Berufung des Klägers nicht Folge und trat der Beurteilung des Erstgerichtes bei. Die Zugehörigkeit zur Pensionsversicherung der Angestellten werde zwar auch durch eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer begründet; das Leistungsrecht stelle jedoch auf die tatsächliche Tätigkeit des Versicherten ab. Arbeiter seien alle Arbeitnehmer, die nicht Angestellte seien oder unter Sonderregelungen fielen. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sei schon in einem Rundbrief vom 28. 7. 1983 davon ausgegangen, daß bei Vertragsfußballspielern in der Regel die Zugehörigkeit zur Pensionsversicherung der Arbeiter gegeben sei, daß jedoch den Vereinen eine Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der von ihnen abzuschließenden Arbeitsverträgen zustehe (MGA ASVG Anm 2 zu § 14).

Berufsfußballer verrichteten weder kaufmännische Dienste noch Kanzleiarbeiten, aber auch keine höheren, nichtkaufmännischen Dienste. Aus den Bestimmungen einerseits etwa über das Konkurrenzverbot und den Entlassungsgrund der Untreue, andererseits über die Provision und die Entgeltfortzahlung bei Krankenständen und Unfällen bzw die längeren Kündigungstermine und Fristen sei ableitbar, daß Angestellte eine besondere Vertrauensstellung innehaben und in besonderer Weise in den Betrieb integriert seien. Dies sei bei Berufsfußballern nicht der Fall. Diese seien in ihrem Verhalten bei den Spielen genau überprüfbar; die Integration in den Betrieb beschränke sich auf das Zusammenspiel mit den anderen Spielern. Die besondere Qualifikation sei nicht die Folge eines bestimmten Ausbildungsweges, sondern eher der Förderung besonderer Begabungen. Mangels Angestelltentätigkeit sei der Anspruch des Klägers wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nach den Regeln der Arbeiterpensionsversicherung zu beurteilen. Für den Berufsfußballer bestünden keine besonderen Ausbildungsvorschriften, kein bestimmter Ausbildungsgang und keine Lehrabschlußprüfung. Kenntnisse und Fähigkeiten eines Berufsfußballers, die eher auf die Förderung individueller Begabungen zurückgingen, seien auch keinem erlernten Beruf gleichzuhalten. Da der Kläger in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag weder einen erlernten noch einen angelernten Beruf ausgeübt habe, sei die Invalidität auch nicht nach § 255 Abs 1 ASVG zu beurteilen. Daß durch eine besondere Begabung zum Berufsfußballer auch sehr hohe Entgelte erzielt werden können, sei für die Einordnung des Berufes und die Frage der Verweisbarkeit nicht relevant. Für den Kläger käme daher nur die allgemeine Berufsgruppe der ungelernten Arbeiter in Betracht.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben (gemeint: abzuändern) und dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Unstrittig ist der Kläger zur beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten leistungszugehörig und diese für den Kläger leistungszuständig. Zutreffend wies aber das Berufungsgericht darauf hin, daß ungeachtet dessen bei der Prüfung eines Pensionsanspruches wegen geminderter Arbeitsfähigkeit die tatsächlich verrichtete Tätigkeit des Versicherten entscheidend ist. Die arbeitsvertragliche Einstufung als Arbeiter oder Angestellter ist nicht maßgeblich (SSV-NF 2/57, 2/119, 3/156, 8/25 ua).

Der Revisionswerber stützt sich primär darauf, daß seine Tätigkeit als Berufsfußballer ein höherer, nicht kaufmännischer Dienst iSd § 1 AngG gewesen sei. Die Kriterien Einzigartigkeit, Nichtaustauschbarkeit und Nichtersetzbarkeit durch eine beliebige Ersatzkraft seien vom Kläger erfüllt worden. Auch ein qualifizierter Musiker widme sein gesamtes Leben, seine gesamte Ausbildung, seine gesamte Zeit seinem Beruf. Von einer rein mechanischen Tätigkeit könne beim Berufsfußballer, noch dazu bei einer Spitzenstellung mit Einberufungen in die Nationalmannschaft, keine Rede sein. Es habe sich daher bei der Tätigkeit des Klägers um eine Angestelltentätigkeit gehandelt. Lediglich der Vorsicht halber, sollte der Oberste Gerichtshof "überraschend" der Rechtsansicht sein, daß kein höherer Dienst im Sinne des AngG vorgelegen sei, so dann auszugehen, daß die Tätigkeit des Klägers als Berufsfußballer jedenfalls einem erlernten oder angelernten Beruf entsprochen habe. Auch wenn keine Ausbildungsvorschriften bestünden, sei das jahrelange besondere Training eines Berufsfußballers mit einem Ausbildungsvorgang vergleichbar, der sogar die übliche Dauer einer Lehre bei weitem überschreite.

Während die Frage, ob das Vertragsverhältnis eines Berufsfußballers ein Arbeitsverhältnis ist, in Lehre und Rechtsprechung überwiegend bejaht wird (Tomandl/Schrammel in JBl 1972, 234 ff [236]; Holzer in DRdA 1972, 63 ff [64 ff]; Thaurer, Arbeitsrechtliche Probleme beim Berufsfußballer in Österreich, 15; SZ 65/124; SSV-NF 6/151; DRdA 1994/25; BSGE 16 Nr 21; vgl auch Arb 8.321 und Arb 9.678 zum Eishockeyspieler; vgl auch Schimke, Sportrecht 20 f, mit Belegstellen, die "hochbezahlte Fußballprofis" als selbständige Gewerbetreibende sehen), gehen in der Frage, ob es sich beim Berufsfußballer um eine Arbeiter- oder Angestelltentätigkeit handelt, die Meinungen auseinander. Tomandl/Schramml (aaO 237 ff) treten dafür ein, die Berufsfußballer nach den für Arbeiter geltenden Rechtsnormen zu behandeln, auch wenn die Art ihres Vertragsverhältnisses nicht dem Typus dieser Arbeitnehmer entspricht. Ihrer Einordnung folgten das Arbeits- und Sozialgericht Wien (ARD 4305/7/91), daß Oberlandesgericht Innsbruck (Arb 10.955) und das Oberlandesgericht Wien (ARD 4656/11/95); die Tätigkeit des Berufsfußballers sei der eines Arbeiters ähnlicher als der eines Angestellten. Holzer (aaO 66 f) und Binder (Glosse zu DRdA 1994/25) qualifizieren demgegenüber den Berufsfußballer als Angestellten. Eisenberger (Berufssport und Recht, 80 ff) fordert für die Schirennläufer Angestellteneigenschaft, wenn sogar der vergleichsweise "primitive" Fußballsport als Arbeitsleistung im Sinne des AngG angesehen werde. Im deutschen Schrifttum qualifiziert beispielsweise Gitter (Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd 2, Individualarbeitsrecht II, Rz 40 f zu § 195, S 1308) unter Berufung auf Rechtsprechung des BAG und BSG den Berufsfußballer als Angestellten (BSGE 16 Nr 21); ebenso Schaub (Arbeitsrechts-Handbuch8 1554). Thaurer (aaO 16) mißt der Lösung dieser Frage nur sehr geringe Bedeutung zu, weil eine klare Tendenz bestehe, einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff zu schaffen.

Der Oberste Gerichtshof, jeweils in Arbeitsrechtssachen damit befaßt, konnte diese Frage bisher offenlassen (SZ 65/124; DRdA 1994/25; vgl auch Arb 8.321 und Arb 9.678 zum Eishockeyspieler). Wie im folgenden zu zeigen sein wird, kann sie auch in der vorliegenden Sozialrechtssache auf sich beruhen.

Während der Oberste Gerichtshof im vorliegenden Verfahren erstmals mit der Frage eines Pensionsanspruches eines Berufsfußballers wegen geminderter Arbeitsfähigkeit befaßt wird, hatte das deutsche Bundessozialgericht bereits am 25. 4. 1989 den Fall der Berufsunfähigkeit eines Berufsfußballers zu beurteilen, der dem vorliegenden durchaus vergleichbar ist (BSG Sozialrecht 2200 [RVO] § 1246 Nr 161). Zur Beurteilung stand dort der Fall eines 1951 geborenen Lizenzfußballers bei einem Berliner Verein, der als Angestellter versichert war und 1974 bei einem Fußballspiel eine Knieverletzung erlitt, die in der Folge operative Behandlungen des betroffenen Kniegelenks erforderlich machte. Im Jahr 1976 schied dieser Berufsfußballer schließlich verletzungsbedingt aus seinem Vertragsverhältnis aus. Er hatte vor Beginn seiner Fußballertätigkeit eine Ausbildung zum technischen Zeichner absolviert und hatte nach Beendigung seiner Fußballerkariere zunächst in einem Sägewerk gearbeitet und schließlich wieder die Tätigkeit als technischer Zeichner aufgenommen. Der von ihm in der Folge gestellte Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit wurde in allen Instanzen abgelehnt. Die Revision blieb erfolglos, wobei die vom BSG entwickelten Gedanken - trotz teilweise unterschiedlicher Rechtslage - auch für das österreichische Pensionsrecht und den gegenständlichen Fall fruchtbar gemacht werden können.

Voranzustellen ist zunächst, daß die Anspruchsvoraussetzung "Erreichung eines bestimmten Lebensalters" bei der Alterspension auf der Zweckbestimmung der Pensionsversicherung beruht, einen Ersatz für den durch das Absinken der Arbeitskraft bedingten Entfall des Arbeitseinkommen zu schaffen. Die Altersgrenze stellt hiebei jenen Zeitpunkt dar, von dem ab - allein oder in Verbindung mit anderen Voraussetzungen - von Gesetzes wegen eine solche Verringerung der Arbeitsfähigkeit des Menschen aus physiologischen Gründen angenommen wird, daß die Erwerbung eines ausreichenden Arbeitseinkommens nicht mehr gewährleistet ist. Mit der Erreichung dieses auch als "Anfallsalter" bezeichneten Zeitpunktes gilt der Versicherungsfall als eingetreten. Das Anfallsalter für die "normalen" Alterspensionen (§§ 253, 270, 276 ASVG, § 130 GSVG, § 121 BSVG) ist bei Männern mit Vollendung des 65. Lebensjahres festgesetzt (Teschner in Tomandl, SV-System, 10. ErgLfg 359). Der Gesetzgeber bezeichnete dieses Pensionsalter in Art 7 Z 109 und 128, Art 8 Z 66 und Art 10 Z 53 des Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1997 - ASRÄG 1997, BGBl I 1997/139, als "Regelpensionsalter" und fügte diesen Begriff mit der genannten Novelle in den §§ 253 Abs 1, 276 Abs 1 ASVG, § 130 Abs 1 GSVG und § 121 Abs 1 BSVG jeweils als Klammerausdruck ein. Daneben kennt das Gesetz bei der Alterspension auch verschiedene Fälle eines "vorzeitigen" Anspruches männlicher Versicherter ab dem 60. Lebensjahr (§§ 253a, 253b, 270 ASVG, §§ 131, 131a GSVG, §§ 122, 122a BSVG) bzw 57. Lebensjahr (§§ 253d, 270 ASVG, § 131c GSVG, § 122c BSVG).

Vor dem Hintergrund der vorgenannten Versicherungsfälle des Alters sind die Versicherungsfälle der geminderten Arbeitsfähigkeit zu sehen, bei denen ausnahmsweise schon vor Erreichung eines bestimmten Lebensalters nach Maßgabe verschiedener Voraussetzungen durch eine Pensionsgewährung dem durch das Absinken der Arbeitskraft bedingten Entfall des Arbeitseinkommens Rechnung getragen werden soll (Teschner in Tomandl aaO 359, 368 ff). Die Bestimmungen über die Versicherungsfälle der geminderten Arbeitsfähigkeit setzen unzweifelhaft als Leitbild des bisherigen Berufes eine Tätigkeit voraus, die potentiell zumindest bis zum 57. bzw 60. Lebensjahr, regelmäßig aber bis zum 65. Lebensjahr ausgeübt werden kann.

Demgegenüber können - wie allgemein kundig ist - Berufsfußballer ihre Tätigkeit selbst bei völliger Gesundheit schon "altersbedingt" nur eine relativ kurze Zeitspanne lang ausüben. Zu Recht hob deshalb bereits das Erstgericht diesen Umstand besonders hervor und traf hiezu die unbekämpft gebliebene Feststellung, daß die Tätigkeit eines Berufsfußballers von vornherein mit einem Lebensalter von 27 bis 30 Jahren (bei Tormännern etwas darüber) zeitlich begrenzt ist und demzufolge auch vom Bewußtsein des Betroffenen getragen wird, daß der überwiegende Teil des Berufslebens in zeitlicher Hinsicht außerhalb der aktiven Fußballertätigkeit liegt. Deshalb hinkt auch der vom Revisionswerber angestellte Vergleich mit einem Musiker, der sein "gesamtes Leben" seinem Beruf widmet.

Dazu kommt, daß die Tätigkeit eines Berufsfußballers, wie ebenfalls allgemeinkundig ist, besonders gefahrengeneigt ist (vgl etwa SSV-NF 3/90), sodaß selbst dann, wenn Sportinvalidität nicht eintritt, berufstypische Überbeanspruchung und Verletzungsfolgen geeignet sind, die berufssportliche Laufbahn noch vor Eintritt der "altersbedingten" Ungeeignetheit wieder zu beenden.

Auch aus der Sicht des Berufsfußballers stellt sich diese Tätigkeit von vornherein nur als eine zeitlich befristete, also eine nur vorübergehende Erwerbsquelle dar. Die Rückkehr in die vor Aufnahme des Berufssports verrichtete Berufstätigkeit oder die Aufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit für die weiteren Jahrzehnte, die regelmäßig bis zum Erreichen des Regelpensionsalters noch zurückzulegen sind, liegt also schon vor Beginn dieser Tätigkeit an als in absehbarer naher Zukunft unvermeidbar im Blickfeld des Berufsfußballers. Die Notwendigkeit der Rückkehr in einen "normalen" Beruf nach absehbar vorübergehender Zeit kennzeichnet somit die Tätigkeit des Berufsfußballers in unverwechselbarer Weise.

Diese besondere Charakterisierung der Berufstätigkeit eines Berufsfußballers unterscheidet sich signifikant von den "normalen" Berufsanforderungen, von denen das Gesetz ausgeht. Der Berufsfußballer fiele regelmäßig mit etwa 30 Jahren aus dem Erwerbsprozeß heraus und könnte zufolge seiner besonderen Spezialisierung nicht auf einen anderen Beruf eingeordnet werden. Er würde damit als "Nur-Fußballspieler" ohne sonstige Kenntnisse und Fähigkeiten praktisch unverweisbar und somit pensionsrechtlich ungerechtfertigt besser gestellt als andere Versicherte mit einem Kraft beruflicher Qualifikation weiteren Verweisungsspektrum, die potentiell bis zur Erreichung des Regelpensionsalters im Erwerbsleben stehen.

Nicht übersehen werden darf aber auch, daß die Versicherten eine Solidargemeinschaft bilden. Den Angehörigen dieser Risikogemeinschaft kann nicht zugemutet werden, aus den Erträgnissen ihrer in der Regel bis zum Erreichen des Regelpensionsalters ausgeübten "normalen" Erwerbstätigkeit die Beiträge aufzubringen, aus denen die Sportinvalidität eines noch jungen ehemaligen Berufsfußballers eine Pensionsleistung nach sich zöge, obwohl er unstrittig noch fähig ist, im "normalen" Erwerbsleben eine Tätigkeit gewinnbringend auszuüben.

Zusammenfassend hat der Kläger als Berufsfußballer - ungeachtet der Frage, ob es sich dabei um eine Angestellten- oder Arbeitertätigkeit handelt - weder Berufsschutz nach § 273 ASVG noch nach § 255 Abs 1 und 2 ASVG, weil die gegenüber anderen Berufen völlig untypisch kurze Zeit der Ausübbarkeit von Anfang an feststand. Der Kläger mußte schon bei Beginn seiner Tätigkeit mit einem späteren Berufswechsel rechnen. Derartige Risken können nicht versichert sein. Das Problem der Verweisung des Klägers auf andere Berufe stellt sich nicht, weil die Arbeitsfähigkeit des Klägers als Berufsfußballer nicht in einem Beruf herabgesunken ist, der zufolge der oben dargestellten Besonderheiten geeignet ist, gemäß den §§ 255 Abs 1 und 2, § 273 ASVG das Verweisungsfeld abzustecken. Ob der Kläger noch gesundheitlich in der Lage ist, seinen ursprünglich erlernten Beruf als Elektromechaniker auszuüben, wird von der Revision zu Recht nicht thematisiert, weil dieser Beruf nicht überwiegend iSd § 255 Abs 2 ASVG ausgeübt wurde. Es liegt am Kläger, ob er in seinen alten Beruf zurückkehrt oder wie er seinen (Wieder )Eintritt in das "normale" Erwerbsleben gestaltet, wobei aber nach dem festgestellten Leistungskalkül trotz "Sportinvalidität" davon auszugehen ist, daß noch eine ganze Reihe von Berufen offensteht, die ohne Kalkülsüberschreitung ausgeübt werden können.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch aus Billigkeit wurden nicht dargetan und sind nach der Aktenlage auch nicht ersichtlich.

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