JudikaturJustiz10Ob65/97z

10Ob65/97z – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. März 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj.Kinder Veronika S*****, geboren am 15.3.1990, Paul S*****, geboren am 1.8.1991, und Jakob S*****, geboren am 17.5.1994, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der drei mj.Kinder, vertreten durch ihre Mutter und gesetzliche Vertreterin Andrea S*****, diese vertreten durch Dr.Elisabeth Constanze Schaller, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 2.Oktober 1996, GZ 45 R 894/96w-14, womit infolge Rekurses der drei mj.Kinder der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 21.August 1996, GZ 3 P 56/96-11, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Den drei mj.Kindern wurde mit Testament ihres Urgroßvaters ***** vom 25.2.1992, der am 3.2.1995 verstorben ist, je ein Geldlegat in der Höhe von 20.000 S vermacht.

Mit dem am 19.8.1996 eingelangten Schreiben beantragte die Mutter und gesetzliche Vertreterin namens der Kinder, ihr die vermachten Beträge zur rechnungsfreien Verwendung freizugeben, weil eine mündelsichere Veranlagung der eher als geringfügig zu bezeichnenden Legate unzweckmäßig und dem Kindeswohl nicht dienlich wäre.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab und führte aus, gemäß § 149 Abs 1 ABGB hätten die Eltern das Vermögen eines mj.Kindes mit der Sorgfalt ordentlicher Eltern zu verwalten. Sie hätten es in seinem Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren, wobei Geld nach den Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeld anzulegen sei. Da es sich bei den als Legat vermachten Beträgen von 20.000 S je Kind keinesfalls um geringfügiges Vermögen handle und diese Beträge bis zur Erreichung der Volljährigkeit der Kinder durchaus gewinnbringend angelegt werden könnten, sei der Antrag abzuweisen.

Das Rekursgericht gab dem von der Mutter namens der drei Kinder erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. § 149 ABGB enthalte die Grundsätze für die Verwaltung des Kindesvermögens durch die Eltern. § 150 Abs 1 ABGB sehe vor, daß die Eltern über das Vermögen des mj.Kindes dem Gericht jährlich Rechnung zu legen hätten; über die Erträgnisse jedoch nur, soweit sie nicht für den Unterhalt des Kindes verwendet worden seien. Nach § 150 Abs 2 ABGB könne das Gericht die Eltern von der Rechnungslegung ganz oder teilweise befreien, soweit keine Bedenken bestünden, daß sie das Vermögen des Kindes ordentlich verwalten würden. Diese Bestimmung enthalte lediglich eine Begünstigung der Eltern im Rahmen ihrer Rechnungslegungspflicht. Die Mutter habe aber nicht die Befreiung von der Rechnungslegungspflicht im Sinne der zitierten Bestimmung beantragt, sondern die Freigabe des Kindesvermögens zu einer weiters nicht bestimmten und auch in Zukunft nicht nachzuweisenden Verwendung. Ein Betrag von 20.000 S pro Kind könne nicht als so geringfügig bezeichnet werden, daß sein jederzeitiger Verbrauch ohne diesbezüglichen Nachweis gerechtfertigt wäre. Die Mutter sei im Sinne des § 149 Abs 1 ABGB verpflichtet, das Vermögen ihrer mj.Kinder mit der Sorgfalt ordentlicher Eltern zu verwalten und nicht ohne Notwendigkeit zum Verbrauch der Kinder aufzuwenden.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter und gesetzlichen Vertreterin namens ihrer drei Kinder mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß dem Antrag auf Freigabe zur rechnungsfreien Verwendung voll stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG jedenfalls unzulässig.

Nach § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Verfahrensgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand) an Geld oder Geldwert 50.000 S nicht übersteigt. Diese absolute Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gilt selbst dann, wenn die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt. Eine Ausnahme gilt nach § 14 Abs 3 AußStrG, wenn der Entscheidungsgegenstand nicht vermögensrechtlicher Natur oder ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch ist. In diesen beiden Fällen entfällt die Abhängigkeit vom Streitwert, nicht aber das Erfordernis einer erheblichen Rechtsfrage (EFSlg 73.529 = ÖA 1994, 109 mwN). Vermögensrechtliche Ansprüche sind solche, die vererblich oder veräußerbar sind, nicht jedoch die Personen- und Familienrechte (NZ 1994, 234; EFSlg 67.420, 67.423, 67.425; Fucek, AußStrG MTA 23; Mayr, Die allgemeinen Anordnungen des Außerstreitgesetzes7 46 mwN).

Die vorliegenden Ansprüche der drei mj.Kinder auf das von ihrem Urgroßvater testamentarisch vermachte Geldlegat von je 20.000 S sind rein vermögensrechtlicher Natur und stellen keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch dar. Für sie gilt daher die oben zitierte Bestimmung des § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG, nach der allerdings auch die §§ 54 Abs 2, 55 Abs 1 bis 3, 56 Abs 3, 57, 58 und 60 Abs 2 JN sinngemäß anzuwenden sind. In Betracht kommt hier nur § 55 Abs 1 JN, wonach mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen sind, wenn sie von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhoben wurden und in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (Z 1), oder sie von mehreren Parteien oder gegen mehrere Parteien erhoben werden, die Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO sind (Z 2). Von materiellen Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 1 ZPO spricht man dann, wenn sie in Ansehung des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus demselben tatsächlichen Grund oder solidarisch berechtigt oder verpflichtet sind. Da die Ansprüche der Kinder auf Leistung der Geldlegate nicht in dem dargestellten materiellen Zusammenhang stehen, hat eine Zusammenrechnung der Beträge nicht zu erfolgen, woraus sich weiters ergibt, daß der Entscheidungsgegenstand für jedes der drei Kinder nur 20.000 S beträgt und somit 50.000 S nicht übersteigt.

Der im Revisionsrekurs vorgebrachten Auffassung, daß durch den angefochtenen Beschluß auch die Mutter selbst beschwert sei, die insgesamt 60.000 S mündelsicher anzulegen und zu verwalten habe, weshalb der Geldwert jedenfalls die Grenze von 50.000 S übersteige, kann nicht beigepflichtet werden. Durch die Art der Verwaltung des Vermögens eines Kindes werden nämlich nur dessen Rechte und nicht auch die Rechte desjenigen berührt, der es verwaltet, zumal dieser selbst keinen Anspruch darauf hat, daß das Vermögen in einer bestimmten Art verwaltet wird. Da somit durch die Entscheidung über die Art der Verwaltung eigene Rechte nicht verletzt werden, ist der zur Verwaltung Berechtigte durch die über die Verwaltung ergangene Entscheidung nicht im Sinn des § 9 Abs 1 AußStrG beschwert und daher grundsätzlich nicht berechtigt, dagegen ein Rechtsmittel zu erheben (so ausdrücklich 3 Ob 2204/96f). Das angebliche Rekursinteresse der Mutter führt daher nicht zur Zusammenrechnung der drei die einzelnen Kinder betreffenden Geldlegate. Übersteigt aber der Verfahrensgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, (Entscheidungsgegenstand) nicht 50.000 S, dann ist der vorliegende Revisionsrekurs nach § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig, ohne daß geprüft werden müßte, ob gemäß § 11 Abs 2 AußStrG, der auch für Revisionsrekurse gilt (EvBl 1991/91 mwN; 3 Ob 2390/96h), auf den verspäteten Revisionsrekurs Bedacht genommen werden könnte und ob eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG vorliegt. Im Interesse der Rechtssicherheit sei darauf verwiesen, daß die vom Erstgericht vertretene Auffassung, für den vorliegenden Revisionsrekurs gelte eine Frist von vier Wochen, unvertretbar ist. Auch für Revisionsrekurse gilt die 14 Tage-Frist des § 11 Abs 1 AußStrG (EvBl 1991/91; Mayr aaO 39; vgl auch Dolinar, Österreichisches Außerstreitverfahrensrecht Allgemeiner Teil 173).