JudikaturBVwG

W176 2307265-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
17. September 2025

Spruch

W176 2307265-1 /2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU), gegen den Bescheid des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.11.2024, Zl. 2024-0.470.434-4-A, betreffend Beteiligtengebühren zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird, soweit sie eventualiter die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt, stattgegeben und der Bescheid aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 25.06.2024 brachte die nunmehrige Beschwerdeführerin (BF) beim Bundesverwaltungsgericht einen mit 13.06.2024 datierten gebührenrechtlichen Antrag ein und machte darin für ihre Teilnahme an der dort in den – die Beschwerden ihrer drei mj. Kinder betreffenden – Verfahren Zlen. XXXX abgehaltenen Beschwerdeverhandlung Beteiligtengebühren geltend.

2. Auf Anfrage teilte die in den genannten Verfahren zuständige Richterin mit, dass die BF in der betreffenden Verhandlung „ausschließlich die gesetzliche Vertretung“ innegehabt habe.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts (im Folgenden: belangte Behörde) den genannten Antrag der BF zurück.

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass die BF in der Niederschrift der genannten Verhandlung explizit als gesetzliche Vertreterin vermerkt und als solche einvernommen worden sei, wobei überdies auf die Punkt 2. dargestellte Auskunft verwiesen wurde. Da die BF im Rahmen der Verhandlung somit ausschließlich als gesetzliche Vertreterin – und nicht als Beteiligte oder Zeugin – fungiert habe, sei ihr Antrag auf Zuspruch von Gebühren mangels Rechtsgrundlage zurückzuweisen.

3. Dagegen erhob die BF fristgerecht Beschwerde, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, die BF sei als gesetzliche Vertreterin ihrer Kinder Beteiligte in deren Beschwerdeverfahren.

Die BF beantragte, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass ihrem gebührenrechtlichen Antrag stattgegeben wird, bzw. in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

4. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX .06.2024 in den Verfahren über die von den mj. Kindern der BF erhobenen Beschwerden eine mündliche Verhandlung durch.

1.2. Die BF wurde in dieser Verhandlung förmlich gemäß § 51 AVG iVm § 49 AVG als Beteiligte zu Beweiszwecken einvernommen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellung zu Punkt 1.1. ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsunterlagen.

2.2.1 Die Feststellung zu Punkt 1.2. stützt sich auf folgende Überlegungen:

Zwar wird die BF im Verhandlungsprotokoll durchgängig als „gesetzliche Vertreterin“ bzw. (abgekürzt) „Ges. V“ bezeichnet, jedoch wurde sie vor Beginn ihrer Befragung wie folgt belehrt (vgl. Verhandlungsschrift S 3 unten):

„Die gesetzliche Vertreterin wird gemäß § 51 AVG iVm § 49 AVG iVm § 17 VwGVG und im Sinne des § 13a AVG belehrt (die Aussage darf verweigert werden, wenn die Beantwortung der Fragen für die Beteiligte oder bestimmte nahestehende Personen Schande oder die Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung bewirken würde oder gesetzliche Verschwiegenheitspflichten verletzt würden; will eine Beteiligte die Aussage verweigern, so hat sie seine Gründe glaubhaft zu machen).“

Daraus ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht eindeutig, dass ihre Vernehmung als Beteiligte erfolgte. Dass sie nicht bloß als Vertreterin ihrer Kinder befragt wurde, zeigt weiters der vorangehende Absatz des Verhandlungsprotokolls, demzufolge die BF von der zuständigen Richterin auf die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen und davon in Kenntnis wurde, dass auch eine mangelnde Mitwirkung bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen sei.

Dass die Einvernahme zu Beweiszwecken erfolgte, ergibt sich daraus, dass die der BF in der genannten Verhandlung gestellten Fragen jedenfalls zT darauf abzielten, mögliche eigene Fluchtgründe von deren Kindern, insbesondere der ältesten Tochter, zu erheben (vgl. die Fragen auf Seite 9 oben des Protokolls betreffend die Gefahr einer Genitalverstümmelung, aber auch die Frage zur Situation im Herkunftsstaat S 9 unten).

Daraus folgt, dass die BF in der Verhandlung förmlich als Beteiligte zu Beweiszwecken einvernommen wurde. Die gegenteilige Auskunft der zuständigen Richterin kann daran nichts ändern.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Der durch die Beschwerde gemäß § 27 VwGVG festgelegte Prüfungsumfang ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausschließlich an das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei gebunden. „Sache“ des Bescheidbeschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist (nur) jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der belangten Behörde gebildet hat, d.h. jene Angelegenheit, die von der belangten Behörde entschieden wurde (vgl. etwa VwGH 8.2.2022, Ro 2021/04/0033).

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Gemäß § 26 Abs. 1 VwGVG haben Zeugen, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu Beweiszwecken vernommen werden (oder deren Vernehmung ohne ihr Verschulden unterbleibt), Anspruch auf Gebühren nach § 2 Abs. 3 und den §§ 3 bis 18 GebAG. Die Gebühr ist gemäß § 19 GebAG binnen 14 Tagen beim Verwaltungsgericht geltend zu machen.

Gemäß § 26 Abs. 5 VwGVG gelten die Abs. 1 bis 4 leg. cit, § 26 VwGVG auch für Beteiligte.

Der Gebührenanspruch eines Beteiligten nach § 26 Abs. 5 VwGVG setzt voraus, dass seine Einvernahme im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu Beweiszwecken erfolgt ist (vgl. VwGH 24.4.2020, Ro 2020/16/0005; 23.9.2021, Ra 2021/16/0011; 27.03.2025, Ro 2022/16/0024).

Der Anspruch auf die Gebühr kommt auch dem Zeugen oder Beteiligten zu, der ohne Ladung gekommen und vernommen worden oder der auf Grund einer Ladung gekommen, dessen Vernehmung aber ohne sein Verschulden unterblieben ist (vgl. VwGH 23.9.2021, Ra 2021/16/0011).

3.2.2. Wie oben festgestellt wurde die BF in der Verhandlung am XXXX 2024 förmlich gemäß § 51 AVG iVm § 49 AVG als Beteiligte zu Beweiszwecken einvernommen. Somit hat sie gemäß § 26 Abs. 1 iVm Abs. 5 VwGVG Anspruch auf Gebühren nach § 2 Abs. 3 und den §§ 3 bis 18 GebAG.

3.2.3 Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den gebührenrechtlichen Antrag der BF mit der Begründung zurückgewiesen, dass ihr ein solcher Gebührenanspruch „mangels Rechtsgrundlage“ nicht zustehe.

Damit hat sie den verfahrenseinleitenden Antrag der BF nicht inhaltlich geprüft und über ihn nicht inhaltlich entschieden. Vielmehr hat sie die inhaltliche Prüfung des Antrags verweigert. „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ist daher lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des gebührenrechtlichen Antrags der BF. Dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht. Da Sache des Beschwerdeverfahrens keine inhaltliche Entscheidung der belangten Behörde ist, hat das Bundesverwaltungsgericht weder den gebührenrechtlichen Antrag der BF inhaltlich zu prüfen noch darüber inhaltlich zu entscheiden. Eine solche meritorische Entscheidung hätte vielmehr eine rechtswidrige Überschreitung des Gegenstands des Bescheidbeschwerdeverfahrens zur Folge.

Daher war (wie in der Beschwerde in eventu beantragt) der angefochtene Bescheid (ersatzlos) aufzuheben und die Beschwerde, soweit sie beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem gebührenrechtlichen Antrag der BF stattgegeben werde, als unbegründet abzuweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde den gebührenrechtlichen Antrag der BF inhaltlich zu prüfen haben.

3.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

3.4. Zu Spruchpunkt B):

3.4.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.4.2 Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, an welcher es somit auch nicht fehlt; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

3.4.3. Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.