Europäisches Übereinkommen über Staatsangehörigkeit
Gegenstand des Übereinkommens
Art. 2Begriffsbestimmungen
Art. 3Zuständigkeit des Staates
Art. 4Grundsätze
Art. 5Gleichbehandlung
Art. 6Erwerb der Staatsangehörigkeit
Art. 7Verlust der Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes oder auf Veranlassung eines Vertragsstaates
Art. 8Verlust der Staatsangehörigkeit auf Veranlassung der Person
Art. 9Wiedererwerb der Staatsangehörigkeit
Art. 10Antragsbearbeitung
Art. 11Entscheidungen
Art. 12Recht auf Überprüfung
Art. 13Gebühren
Art. 14Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes
Art. 15Andere mögliche Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit
Art. 16Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit
Art. 17Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit mehrfacher Staatsangehörigkeit
Art. 18Grundsätze
Art. 19Regelung durch völkerrechtliche Vereinbarung
Art. 20Grundsätze für Personen, die keine Staatsangehörigen sind
Art. 21Erfüllung der Militärdienstpflicht
Art. 22Befreiung von der Militärdienstpflicht oder vom Zivilersatzdienst
Art. 23Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten
Art. 24Informationsaustausch
Art. 25Erklärungen zur Anwendung des Übereinkommens
Art. 26Auswirkungen dieses Übereinkommens
Art. 27Unterzeichnung und Inkrafttreten
Art. 28Beitritt
Art. 29Vorbehalte
Vorwort
Kapitel I
Allgemeine Angelegenheiten
Artikel 1
Art. 1 Gegenstand des Übereinkommens
Dieses Übereinkommen begründet Grundsätze und Vorschriften, die die Staatsangehörigkeit natürlicher Personen betreffen, und Vorschriften zur Regelung der Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit, nach denen sich das innerstaatliche Recht der Vertragsstaaten richten soll.
Artikel 2
Art. 2 Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieses Übereinkommens:
a) bedeutet „Staatsangehörigkeit“ das rechtliche Band zwischen einer Person und einem Staat und weist nicht auf die Volkszugehörigkeit einer Person hin;
b) bedeutet „mehrfache Staatsangehörigkeit“ den gleichzeitigen Besitz zweier oder mehrerer Staatsangehörigkeiten durch eine Person;
c) bedeutet „Kind“ jede Person unter 18 Jahren, soweit die Volljährigkeit nach dem für das Kind geltenden Recht nicht zu einem früheren Zeitpunkt erlangt wird;
d) bedeutet „innerstaatliches Recht“ alle Arten von Bestimmungen des nationalen Rechtssystems, einschließlich der Verfassung, der Gesetze, Verordnungen, Bescheide, des Fallrechts, der Vorschriften und der Handhabung des Gewohnheitsrechts, wie auch der Vorschriften, die aus verbindlichen Völkerrechtsinstrumenten entstehen.
Kapitel II
Allgemeine Grundsätze betreffend die Staatsangehörigkeit
Artikel 3
Art. 3 Zuständigkeit des Staates
(1) Jeder Staat bestimmt nach seinem eigenen Recht, wer seine Staatsangehörigen sind.
(2) Dieses Recht ist von den anderen Staaten anzuerkennen, soweit es mit anwendbaren internationalen Übereinkommen, völkerrechtlichem Gewohnheitsrecht und den in bezug auf die Staatsangehörigkeit allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen in Einklang steht.
Artikel 4
Art. 4 Grundsätze
Die Bestimmungen betreffend die Staatsangehörigkeit jedes Vertragsstaates müssen auf den folgenden Grundsätzen beruhen:
a) Jeder hat das Recht auf eine Staatsangehörigkeit.
b) Staatenlosigkeit ist zu vermeiden.
c) Niemandem darf seine Staatsangehörigkeit willkürlich entzogen werden.
d) Weder die Schließung noch die Auflösung einer Ehe zwischen einem Staatsangehörigen eines Vertragsstaates und einem Fremden, noch die Änderung der Staatsangehörigkeit eines Ehegatten während der Ehe berührt automatisch die Staatsangehörigkeit des anderen Ehegatten.
Artikel 5
Art. 5 Gleichbehandlung
(1) Die Bestimmungen eines Vertragsstaates betreffend die Staatsangehörigkeit dürfen keine Unterscheidungen oder Praktiken enthalten, die eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, der Religion, der Rasse, der Hautfarbe, der nationalen Herkunft oder der Volkszugehörigkeit beinhalten.
(2) Jeder Vertragsstaat soll von dem Grundsatz geleitet sein, seine Staatsangehörigen nicht zu diskriminieren, unabhängig davon, ob es sich bei diesen um Staatsangehörige durch Geburt handelt oder ob sie die Staatsangehörigkeit später erworben haben.
Kapitel III
Vorschriften in bezug auf die Staatsangehörigkeit
Artikel 6
Art. 6 Erwerb der Staatsangehörigkeit
(1) Jeder Vertragsstaat sieht in seinem innerstaatlichen Recht vor, daß seine Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes von den folgenden Personen erworben wird:
a) von Kindern, wenn ein Elternteil zur Zeit der Geburt dieser Kinder die Staatsangehörigkeit des Vertragsstaates besitzt, vorbehaltlich der Ausnahmen, die sein innerstaatliches Recht für im Ausland geborene Kinder vorsieht. Bei Kindern, für die die Vaterschaft durch Anerkennung, gerichtliche Entscheidungen oder ähnliche Verfahren festgestellt wird, kann jeder Vertragsstaat vorsehen, daß das Kind die Staatsangehörigkeit entsprechend dem durch das innerstaatliche Recht festgelegten Verfahren erwirbt;
b) von in seinem Hoheitsgebiet aufgefundenen Findelkindern, wenn diese andernfalls staatenlos wären.
(2) Jeder Vertragsstaat sieht in seinem innerstaatlichen Recht vor, daß seine Staatsangehörigkeit von Kindern erworben wird, die in seinem Hoheitsgebiet geboren sind und die bei Geburt keine andere Staatsangehörigkeit erwerben. Die Staatsangehörigkeit wird entweder:
a) kraft Gesetzes bei der Geburt oder
b) staatenlos gebliebenen Kindern später gewährt, wenn von dem betreffenden Kind oder in seinem Namen in der durch innerstaatliches Recht des Vertragsstaates vorgeschriebenen Weise ein Antrag bei der zuständigen Behörde gestellt wird. Dieser Antrag kann von einem rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet von höchstens fünf Jahren vor der Antragstellung abhängig gemacht werden.
(3) Jeder Vertragsstaat sieht in seinem innerstaatlichen Recht die Möglichkeit der Einbürgerung von Personen vor, die ihren rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet haben. Bei der Festlegung der Voraussetzungen für eine Einbürgerung darf ein Vertragsstaat keine Aufenthaltsdauer von mehr als zehn Jahren für die Antragstellung vorsehen.
(4) Jeder Vertragsstaat erleichtert in seinem innerstaatlichen Recht folgenden Personen den Erwerb seiner Staatsangehörigkeit:
a) Ehegatten von Staatsangehörigen;
b) Kindern eines Staatsangehörigen, die unter die Ausnahmen des Artikels 6 Absatz 1 lit. a fallen;
c) Kindern, von denen ein Elternteil seine Staatsangehörigkeit erwirbt oder erworben hat;
d) Kindern, die von einem seiner Staatsangehörigen adoptiert wurden;
e) Personen, die in seinem Hoheitsgebiet geboren sind und dort ihren rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt haben;
f) Personen, die seit einem durch das innerstaatliche Recht des betroffenen Vertragsstaates festgelegten Zeitpunkt vor Erreichen des 18. Lebensjahres ihren rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet haben;
g) staatenlosen Personen und anerkannten Flüchtlingen, die ihren rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet haben.
Artikel 7
Art. 7 Verlust der Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes oder auf Veranlassung eines Vertragsstaates
(1) Ein Vertragsstaat darf mit Ausnahme der folgenden Fälle in seinem innerstaatlichen Recht nicht den Verlust der Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes oder auf Veranlassung des Vertragsstaates vorsehen:
a) freiwilliger Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit;
b) Erwerb der Staatsangehörigkeit des Vertragsstaates durch arglistiges Verhalten, falsche Angaben oder die Verschleierung erheblicher Tatsachen, wenn diese dem Antragsteller zuzurechnen sind;
c) freiwilliger Dienst in einer fremden Armee;
d) Verhalten, das den lebenswichtigen Interessen des Vertragsstaates schwerwiegend abträglich ist;
e) Fehlen einer echten Beziehung zwischen dem Vertragsstaat und einem Staatsangehörigen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland;
f) Feststellung während der Minderjährigkeit des Kindes, daß die durch innerstaatliches Recht bestimmten Voraussetzungen, die zum Erwerb der Staatsangehörigkeit des Vertragsstaates kraft Gesetzes geführt haben, nicht mehr erfüllt sind;
g) Adoption eines Kindes, wenn das Kind die ausländische Staatsangehörigkeit eines oder beider adoptierender Elternteile erwirbt oder besitzt.
(2) Ein Vertragsstaat kann außer in den Fällen des Absatzes 1 lit. c und d den Verlust der Staatsangehörigkeit für Kinder vorsehen, deren Eltern die Staatsangehörigkeit des Vertragsstaates verlieren. Kinder verlieren jedoch diese Staatsangehörigkeit nicht, wenn einer ihrer Elternteile sie beibehält.
(3) Ein Vertragsstaat darf mit Ausnahme der in Absatz 1 lit. b genannten Fälle in seinem innerstaatlichen Recht den Verlust der Staatsangehörigkeit nach den Absätzen 1 und 2 nicht vorsehen, wenn der Betreffende dadurch staatenlos würde.
Artikel 8
Art. 8 Verlust der Staatsangehörigkeit auf Veranlassung der Person
(1) Jeder Vertragsstaat gestattet die Aufgabe seiner Staatsangehörigkeit, wenn die Betreffenden dadurch nicht staatenlos werden.
(2) Ein Vertragsstaat kann in seinem innerstaatlichen Recht jedoch vorsehen, daß die Aufgabe nur von Staatsangehörigen bewirkt werden kann, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben.
Artikel 9
Art. 9 Wiedererwerb der Staatsangehörigkeit
Jeder Vertragsstaat erleichtert in den in seinem innerstaatlichen Recht vorgesehenen Fällen und unter den dort festgelegten Bedingungen den Wiedererwerb seiner Staatsangehörigkeit durch ehemalige Staatsangehörige, die ihren rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet haben.
Kapitel IV
Verfahren in bezug auf die Staatsangehörigkeit
Artikel 10
Art. 10 Antragsbearbeitung
Jeder Vertragsstaat stellt sicher, daß Anträge auf Erwerb, Beibehaltung, Verlust, Wiedererwerb oder Bestätigung der Staatsangehörigkeit in angemessener Zeit bearbeitet werden.
Artikel 11
Art. 11 Entscheidungen
Jeder Vertragsstaat stellt sicher, daß Entscheidungen über den Erwerb, die Beibehaltung, den Verlust, den Wiedererwerb oder die Bestätigung der Staatsangehörigkeit eine schriftliche Begründung enthalten.
Artikel 12
Art. 12 Recht auf Überprüfung
Jeder Vertragsstaat stellt sicher, daß Entscheidungen, die den Erwerb, die Beibehaltung, den Verlust, den Wiedererwerb oder die Bestätigung seiner Staatsangehörigkeit betreffen, in Übereinstimmung mit seinem innerstaatlichen Recht einer Überprüfung durch die Verwaltung oder die Gerichte unterzogen werden können.
Artikel 13
Art. 13 Gebühren
(1) Jeder Vertragsstaat stellt sicher, daß die Gebühren für den Erwerb, die Beibehaltung, den Verlust, den Wiedererwerb oder die Bestätigung seiner Staatsangehörigkeit angemessen sind.
(2) Jeder Vertragsstaat stellt sicher, daß die Gebühren für eine Überprüfung der Entscheidungen durch die Verwaltung oder die Gerichte kein Hindernis für die Antragsteller darstellen.
Kapitel V
Mehrfache Staatsangehörigkeit
Artikel 14
Art. 14 Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes
(1) Ein Vertragsstaat gestattet
a) Kindern, die bei der Geburt automatisch unterschiedliche Staatsangehörigkeiten erworben haben, die Beibehaltung dieser Staatsangehörigkeiten;
b) seinen Staatsangehörigen den Besitz einer weiteren Staatsangehörigkeit, wenn die weitere Staatsangehörigkeit durch Eheschließung automatisch erworben wird.
(2) Die Beibehaltung der Staatsangehörigkeiten nach Absatz 1 gilt vorbehaltlich der einschlägigen Bestimmungen in Artikel 7 dieses Übereinkommens.
Artikel 15
Art. 15 Andere mögliche Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit
Die Bestimmungen dieses Übereinkommens beschränken nicht das Recht eines Vertragsstaates, in seinem innerstaatlichen Recht zu bestimmen, ob
a) seine Staatsangehörigen, die die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erwerben oder besitzen, seine Staatsangehörigkeit behalten oder verlieren;
b) der Erwerb oder die Beibehaltung seiner Staatsangehörigkeit von der Aufgabe oder dem Verlust einer anderen Staatsangehörigkeit abhängt.
Artikel 16
Art. 16 Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit
Ein Vertragsstaat darf den Erwerb oder die Beibehaltung seiner Staatsangehörigkeit nicht von der Aufgabe oder dem Verlust einer anderen Staatsangehörigkeit abhängig machen, wenn die Aufgabe oder der Verlust unmöglich oder unzumutbar ist.
Artikel 17
Art. 17 Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit mehrfacher Staatsangehörigkeit
(1) Die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates, die eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen, haben in dem Hoheitsgebiet des Vertragsstaates, in dem sie ansässig sind, dieselben Rechte und Pflichten wie andere Staatsangehörige dieses Vertragsstaates.
(2) Die Bestimmungen dieses Kapitels lassen
a) die völkerrechtlichen Vorschriften über den diplomatischen oder konsularischen Schutz durch einen Vertragsstaat für einen seiner Staatsangehörigen, der gleichzeitig eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt, und
b) in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit die Anwendung der Vorschriften des internationalen Privatrechts jedes Vertragsstaates
unberührt.
Kapitel VI
Staatennachfolge und Staatsangehörigkeit
Artikel 18
Art. 18 Grundsätze
(1) In Staatsangehörigkeitsangelegenheiten in Fällen einer Staatennachfolge beachtet jeder betroffene Vertragsstaat, insbesondere um Staatenlosigkeit zu vermeiden, die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, die Vorschriften der Menschenrechte und die in den Artikeln 4 und 5 dieses Übereinkommens und in Absatz 2 dieses Artikels enthaltenen Grundsätze.
(2) Bei der Entscheidung über die Verleihung oder Beibehaltung der Staatsangehörigkeit in Fällen der Staatennachfolge berücksichtigt jeder Vertragsstaat insbesondere:
a) die echte und tatsächliche Beziehung des Betroffenen zum Staat;
b) den gewöhnlichen Aufenthalt des Betroffenen zur Zeit der Staatennachfolge;
c) den Willen des Betroffenen;
d) die territoriale Herkunft des Betroffenen.
(3) In den Fällen, in denen der Staatsangehörigkeitserwerb vom Verlust einer ausländischen Staatsangehörigkeit abhängig ist, sind die Bestimmungen des Artikels 16 dieses Übereinkommens anzuwenden.
Artikel 19
Art. 19 Regelung durch völkerrechtliche Vereinbarung
In Fällen einer Staatennachfolge bemühen sich die betroffenen Vertragsstaaten, Fragen der Staatsangehörigkeit untereinander und gegebenenfalls auch im Verhältnis zu anderen betroffenen Staaten durch Vereinbarung zu regeln. Derartige Vereinbarungen beachten die in diesem Kapitel enthaltenen oder erwähnten Grundsätze und Vorschriften.
Artikel 20
Art. 20 Grundsätze für Personen, die keine Staatsangehörigen sind
(1) Jeder Vertragsstaat beachtet die folgenden Grundsätze:
a) Staatsangehörige eines Vorgängerstaates, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Gebiet haben, dessen Souveränität auf einen Nachfolgestaat übergegangen ist, und die dessen Staatsangehörigkeit nicht erworben haben, haben das Recht, in diesem Staat zu bleiben;
b) die in lit. a genannten Personen sind hinsichtlich sozialer und wirtschaftlicher Rechte genauso zu behandeln wie Staatsangehörige des Nachfolgestaates.
(2) Jeder Vertragsstaat kann die in Absatz 1 behandelten Personen von der Beschäftigung im öffentlichen Dienst, die die Ausübung hoheitlicher Befugnisse beinhaltet, ausschließen.
Kapitel VII
Erfüllung der Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit
Artikel 21
Art. 21 Erfüllung der Militärdienstpflicht
(1) Wer die Staatsangehörigkeit zweier oder mehrerer Vertragsstaaten besitzt, braucht seine Militärdienstpflicht nur gegenüber einem dieser Vertragsstaaten zu erfüllen.
(2) Die Anwendung des Absatzes 1 kann durch Sonderabkommen zwischen den beteiligten Vertragsstaaten näher geregelt werden.
(3) Sind oder werden keine anderslautenden Sonderabkommen geschlossen, so gelten für Personen, welche die Staatsangehörigkeit zweier oder mehrerer Vertragsstaaten besitzen, folgende Bestimmungen:
a) Der Betreffende ist gegenüber demjenigen Vertragsstaat zur Leistung des Militärdienstes verpflichtet, in dessen Hoheitsgebiet er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Es steht ihm jedoch bis zum Alter von 19 Jahren frei, seine Militärdienstpflicht bei jedem anderen Vertragsstaat zu erfüllen, dessen Staatsangehörigkeit er ebenfalls besitzt, indem er als Freiwilliger einen Militärdienst von mindestens der gleichen tatsächlichen Gesamtdauer ableistet, wie sie für den aktiven Militärdienst des erstgenannten Vertragsstaates vorgesehen ist.
b) Wer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, oder im Hoheitsgebiet eines Nichtvertragsstaates hat, kann wählen, bei welchem Vertragsstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, er seine Militärdienstpflicht ableisten will.
c) Hat eine Person nach Maßgabe von lit. a oder lit. b ihre Militärdienstpflicht gegenüber einem Vertragsstaat im Einklang mit dessen Rechtsvorschriften erfüllt, so gilt ihre Militärdienstpflicht auch gegenüber dem Vertragsstaat oder den Vertragsstaaten als erfüllt, deren Staatsangehörigkeit sie ebenfalls besitzt.
d) Hat eine Person vor Inkrafttreten dieses Übereinkommens zwischen denjenigen Vertragsstaaten, deren Staatsangehörigkeit sie besitzt, bei einem dieser Vertragsstaaten die dort gesetzlich vorgesehene Militärdienstpflicht erfüllt, so gilt die Militärdienstpflicht auch gegenüber dem Vertragsstaat oder den Vertragsstaaten als erfüllt, deren Staatsangehörigkeit die betreffende Person ebenfalls besitzt.
e) Wer seinen aktiven Militärdienst bei einem der Vertragsstaaten, deren Staatsangehörigkeit er besitzt, gemäß lit. a geleistet hat und danach seinen gewöhnlichen Aufenthalt in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates verlegt, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, kann nur vom letzteren zur Leistung des Militärdienstes in der Reserve herangezogen werden.
f) Die Anwendung dieses Artikels berührt nicht die Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen.
g) Im Falle der Mobilmachung eines Vertragsstaates ist dieser nicht an die Verpflichtungen gebunden, die sich aus diesem Artikel ergeben.
Artikel 22
Art. 22 Befreiung von der Militärdienstpflicht oder vom Zivilersatzdienst
Vorbehaltlich eines geschlossenen oder allenfalls noch zu schließenden Sonderabkommens gelten auch folgende Bestimmungen für Personen, welche die Staatsangehörigkeit zweier oder mehrerer Vertragsstaaten besitzen:
a) Artikel 21 Absatz 3 lit. c dieses Übereinkommens gilt für Personen, die vom Militärdienst befreit wurden oder ersatzweise Zivildienst geleistet haben.
b) Bei Personen, die Staatsangehörige eines Vertragsstaates sind, der keinen Militärdienst vorsieht, ist davon auszugehen, daß sie ihre Militärdienstpflicht erfüllt haben, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaates haben. Dennoch ist davon auszugehen, daß sie ihre Militärdienstpflicht gegenüber einem Vertragsstaat oder Vertragsstaaten, deren Staatsangehörige sie gleichermaßen sind und in dem bzw. denen Militärdienstpflicht besteht, nicht erfüllt haben, es sei denn, der erwähnte gewöhnliche Aufenthalt wurde bis zu einem bestimmten Alter aufrechterhalten, das jeder betreffende Vertragsstaat bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde bekanntgibt.
c) Ebenso ist bei Personen, die Staatsangehörige eines Vertragsstaates sind, der keinen obligatorischen Militärdienst vorsieht, davon auszugehen, daß sie ihre Militärdienstpflicht erfüllt haben, wenn sie freiwillig den Militärdienst in diesem Vertragsstaat in einer tatsächlichen Gesamtdauer geleistet haben, die mindestens dem aktiven Militärdienst des Vertragsstaates oder der Vertragsstaaten entspricht, deren Staatsangehörige sie ebenfalls sind, unabhängig davon, wo sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Kapitel VIII
Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten
Artikel 23
Art. 23 Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten
(1) Um die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten zu erleichtern, informieren ihre zuständigen Behörden
a) den Generalsekretär des Europarates über ihr innerstaatliches Staatsangehörigkeitsrecht, einschließlich der Fälle von Staatenlosigkeit und mehrfacher Staatsangehörigkeit und über Entwicklungen hinsichtlich der Anwendung des Übereinkommens;
b) einander auf Ersuchen über ihr innerstaatliches Staatsangehörigkeitsrecht und über die Entwicklungen hinsichtlich der Anwendung des Übereinkommens.
(2) Die Vertragsstaaten arbeiten untereinander und mit den anderen Mitgliedstaaten des Europarates im Rahmen des entsprechenden zwischenstaatlichen Gremiums des Europarates zusammen, um alle einschlägigen Probleme zu behandeln und um die fortschreitende Entwicklung der Rechtsgrundsätze und der Rechtspraxis hinsichtlich der Staatsangehörigkeit und damit zusammenhängender Angelegenheiten zu fördern.
Artikel 24
Art. 24 Informationsaustausch
Jeder Vertragsstaat kann zu jeder Zeit erklären, daß er vorbehaltlich anwendbarer Datenschutzbestimmungen einen anderen Vertragsstaat, der dieselbe Erklärung abgegeben hat, vom freiwilligen Erwerb seiner Staatsangehörigkeit durch Staatsangehörige des anderen Vertragsstaates in Kenntnis setzen wird. Eine solche Erklärung kann Bedingungen enthalten, unter denen der Vertragsstaat diese Informationen liefern wird. Die Erklärung kann jederzeit widerrufen werden.
Kapitel IX
Anwendung des Übereinkommens
Artikel 25
Art. 25 Erklärungen zur Anwendung des Übereinkommens
(1) Jeder Vertragsstaat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde erklären, daß er Kapitel VII von der Anwendung des Übereinkommens ausschließt.
(2) Die Bestimmungen des Kapitels VII gelten nur zwischen Vertragsstaaten, für die es in Kraft ist.
(3) Jeder Staat kann dem Generalsekretär des Europarates zu jedem späteren Zeitpunkt mitteilen, daß er die Bestimmungen des Kapitels VII, die er bei der Unterzeichnung oder in seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde ausgeschlossen hatte, anwenden wird. Diese Mitteilung wird zum Zeitpunkt ihres Einlangens wirksam.
Artikel 26
Art. 26 Auswirkungen dieses Übereinkommens
(1) Die Bestimmungen dieses Übereinkommens stehen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts und verbindlicher Völkerrechtsinstrumente nicht entgegen, die bereits in Kraft sind oder möglicherweise in Kraft treten werden und die den Personen im Bereich der Staatsangehörigkeit günstigere Rechte gewähren oder gewähren würden.
(2) Dieses Übereinkommen hat keinen Einfluß auf die Anwendung
a) des Übereinkommens aus dem Jahre 1963 über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit und seiner Protokolle,
b) anderer verbindlicher völkerrechtlicher Instrumente, soweit sie mit diesem Übereinkommen vereinbar sind,
im Verhältnis zwischen den Vertragsstaaten dieser Instrumente.
Kapitel X
Schlußklauseln
Artikel 27
Art. 27 Unterzeichnung und Inkrafttreten
(1) Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarates und für die Nichtmitgliedstaaten, die an seiner Ausarbeitung mitgewirkt haben, zur Unterzeichnung auf. Diese Staaten können ihre Zustimmung, gebunden zu sein, zum Ausdruck bringen,
a) indem sie es ohne Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen; oder
b) indem sie es vorbehaltlich der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen und später ratifizieren, annehmen oder genehmigen.
Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarates hinterlegt.
(2) Für alle Staaten, die ihre Zustimmung zur Bindung durch dieses Übereinkommen zum Ausdruck gebracht haben, tritt dieses Übereinkommen am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem drei Mitgliedstaaten des Europarates nach den Bestimmungen des Absatzes 1 ihre Zustimmung zum Ausdruck gebracht haben, durch dieses Übereinkommen gebunden zu sein.
(3) Für jeden Staat, der später seine Zustimmung zum Ausdruck bringt, durch dieses Übereinkommen gebunden zu sein, tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach der Unterzeichnung oder der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt.
Artikel 28
Art. 28 Beitritt
(1) Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarates jeden Nichtmitgliedstaat des Europarates, der an seiner Ausarbeitung nicht teilgenommen hat, einladen, diesem Übereinkommen beizutreten.
(2) Für jeden beitretenden Staat tritt dieses Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach der Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarates folgt.
Artikel 29
Art. 29 Vorbehalte
(1) Zu den Bestimmungen der Kapitel I, II und VI dieses Übereinkommens dürfen keine Vorbehalte eingelegt werden. Bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde kann ein Staat einen oder mehrere Vorbehalte zu den anderen Bestimmungen des Übereinkommens einlegen, solange sie mit dem Gegenstand und dem Zweck dieses Übereinkommens vereinbar sind.
(2) Ein Staat, der einen oder mehrere Vorbehalte einlegt, teilt dem Generalsekretär des Europarates den einschlägigen Inhalt seines innerstaatlichen Rechts oder andere einschlägige Informationen mit.
(3) Ein Staat, der in Übereinstimmung mit Absatz 1 einen oder mehrere Vorbehalte eingelegt hat, muß ihren teilweisen oder vollständigen Widerruf prüfen, sobald die Umstände dies zulassen. Der Widerruf erfolgt mittels einer an den Generalsekretär des Europarates gerichteten Notifikation und wird zum Zeitpunkt des Einlangens wirksam.
(4) Ein Staat, der die Anwendung dieses Übereinkommens auf ein Gebiet erstreckt, das in der in Artikel 30 Absatz 2 angeführten Erklärung erwähnt wird, kann in bezug auf das betroffene Gebiet einen oder mehrere Vorbehalte in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der vorstehenden Absätze einlegen.
(5) Ein Vertragsstaat, der in bezug auf eine der Bestimmungen des Kapitels VII des Übereinkommens Vorbehalte eingelegt hat, kann von einem anderen Staat nicht die Anwendung der besagten Bestimmungen verlangen, bzw. nur insoweit, als er diese Bestimmungen selbst anerkannt hat.
Artikel 30
Art. 30 Territoriale Anwendung
(1) Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde ein oder mehrere Gebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet.
(2) Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Gebiet erstrecken, für dessen völkerrechtliche Beziehungen er verantwortlich oder für das er berechtigt ist, Verträge abzuschließen.
Für ein solches Gebiet tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Einlangen der Erklärung beim Generalsekretär folgt.
(3) Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in bezug auf jedes darin bezeichnete Gebiet durch eine an den Generalsekretär gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Zeitpunkt des Einlangens der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Artikel 31
Art. 31 Kündigung
(1) Jeder Vertragsstaat kann jederzeit das gesamte Übereinkommen oder nur Kapitel VII durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Notifikation kündigen.
(2) Die Kündigung tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Einlangen der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Artikel 32
Art. 32 Notifikationen durch den Generalsekretär
Der Generalsekretär des Europarates notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarates, jedem Unterzeichner, jedem Vertragsstaat und jedem anderen Staat, der diesem Übereinkommen beigetreten ist,
a) jede Unterzeichnung;
b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde;
c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach den Artikeln 27 und 28 dieses Übereinkommens;
d) jeden Vorbehalt und jeden Widerruf eines Vorbehalts nach den Bestimmungen des Artikels 29 dieses Übereinkommens;
e) jede nach den Artikeln 23, 24, 25, 27, 28, 29, 30 und 31 dieses Übereinkommens erfolgte Notifikation oder Erklärung;
f) jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen.
Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Gefertigten dieses Übereinkommen unterzeichnet.
Geschehen zu Straßburg am 6. November 1997 in englischer und französischer Sprache, wobei beide Texte gleichermaßen authentisch sind, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarates hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarates übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarates, den Nichtmitgliedstaaten, die an der Ausarbeitung dieses Übereinkommens beteiligt waren, und jedem Staat, der zum Beitritt zu diesem Übereinkommen eingeladen wird, eine beglaubigte Abschrift.