JudikaturVwGH

Ra 2024/20/0191 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
24. September 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in den Rechtssachen der Revisionen 1. der E A, 2. des H A, 3. des K A, 4. des R A, alle vertreten durch Dr. Roman Keltner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Augustinerstraße 12/13, gegen die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts je vom 8. Februar 2024, 1. I421 2284087 1/2E, 2. I421 2284089 1/2E, 3. I421 2284090 1/2E und 4. I421 2284091 1/2E, jeweils betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in einer Angelegenheit betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden als gegenstandslos geworden erklärt und die Verfahren eingestellt.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von jeweils € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Mit den in Revision gezogenen Beschlüssen wurden die von den revisionswerbenden Parteien erhobenen Beschwerden vom Bundesverwaltungsgericht als verspätet zurückgewiesen.

2 Das Bundesverwaltungsgericht führte aus, die revisionswerbenden Parteien hätten zwar bei der Behörde Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gestellt und diesen sei auch vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Jedoch ging das Bundesverwaltungsgericht in der Folge davon aus, dies stehe der Zurückweisung der auch nach den Ausführungen in den Revisionen unstrittig nicht innerhalb der Beschwerdefrist erhobenen Beschwerden schon vor dem Abspruch über die Anträge auf Wiedereinsetzung nicht entgegen.

3 Dagegen richten sich die von den revisionswerbenden Parteien erhobenen Revisionen, in denen sie darauf verweisen, dass ihren Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die aufschiebende Wirkung zugekommen sei. Die Beschwerden hätten daher nicht zurückgewiesen werden dürfen.

4 Während der Anhängigkeit der Revisionsverfahren teilte das Bundesverwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass die Verfahren über die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mittlerweile rechtskräftig abgeschlossen worden seien. Demnach wurden sämtliche Anträge nach Erhebung von Beschwerden gegen die von der Behörde in diesen Verfahren erlassenen Bescheide mit den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts je vom 15. Juli 2024 abgewiesen.

5 Vom Verwaltungsgerichtshof wurde daraufhin den revisionswerbenden Parteien die Gelegenheit eingeräumt, sich zu diesem Sachverhalt sowie zur Frage, ob und weshalb sie weiterhin ein rechtliches Interesse an einer inhaltlichen Entscheidung über die Revisionen aufwiesen, zu äußern. Eine Stellungnahme wurde dazu nicht erstattet.

6 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist die Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.

7 § 33 Abs. 1 VwGG ist nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. etwa VwGH 29.9.2022, Ro 2020/16/0035, mwN).

8 Dass in der hier gegenständlichen Konstellation die revisionswerbenden Parteien nach rechtskräftigem Abschluss jener Verfahren, in denen ihre Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurden, und somit dem Umstand, dass diesen Anträgen aufschiebende Wirkung zugekommen ist, selbst nach Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse keine Bedeutung mehr zukäme, weiterhin ein rechtliches Interesse an einer inhaltlichen Entscheidung über die Revisionen hätten, ist nicht zu sehen. Von den revisionswerbenden Parteien wurde auch eine Begründung dafür nicht vorgetragen.

9 Sohin waren die Revisionen in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und die Verfahren einzustellen.

10 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf § 58 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

11 Die nach § 58 Abs. 2 VwGG vorzunehmende Prüfung ergibt, dass die Revisionen erfolgreich gewesen wären.

12 Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar festgestellt, dass den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. Jedoch hat es dem in Verkennung der Rechtslage keine Bedeutung zugemessen.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat worauf sich das Bundesverwaltungsgericht stützt in seiner Rechtsprechung mit näherer Begründung dargelegt, dass über die Frage der Verspätung eines Rechtsmittels unabhängig von einem bloß anhängigen, aber noch nicht bejahend entschiedenen Wiedereinsetzungsantrag entschieden werden darf (vgl. VwGH verst. Sen. 23.10.1986, 85/02/0251).

14 Das Bundesverwaltungsgericht hat aber nicht beachtet, dass eine Ausnahme davon dann besteht, wenn einem solchen Antrag die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde (vgl. auch dazu VwGH verst. Sen. 85/02/0251). In den hier vorliegenden Fällen, in denen dies gegeben war, war es somit nicht statthaft, die Zurückweisung der Beschwerden vor Eintritt der Rechtskraft der Entscheidungen über die Wiedereinsetzungsanträge auszusprechen.

Wien, am 24. September 2024

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