Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Rieder, in der Rechtssache der Revision des B K, vertreten durch Dr. Norbert Kittenberger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Opernring 7/18, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2024, W241 2291867 1/6E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005 sowie Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Er verließ sein Heimatland im Sommer des Jahres 2020 und reiste über den Iran in die Türkei, wo er dreieinhalb Jahre lebte. Dann verließ er die Türkei und reiste via Bulgarien, Serbien und Bosnien Herzegowina nach Kroatien weiter, wo er am 27. August 2023 einen Asylantrag stellte. Anschließend reiste er über Italien in die Schweiz, wo er ebenfalls einen Asylantrag stellte. Am 9. Februar 2024 reiste der Revisionswerber schließlich unrechtmäßig in Österreich ein, wo er am selben Tag den hier gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) stellte.
2 Der Revisionswerber brachte soweit für das Revisionsverfahren wesentlich vor, am 2. Mai 2023 seine in Österreich lebende Freundin in traditioneller Weise nach islamischem Ritus „per Internet Video“ geheiratet zu haben. Er und seine Freundin seien nicht am gleichen Ort anwesend gewesen. Anhand einer vom Revisionswerber vorgelegten Urkunde ergibt sich das weitere Vorbringen (was auch in den in der Revision enthaltenen Ausführungen dort unter dem Blickwinkel eines dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufenen Verfahrensfehlers Entsprechung findet), dass die Erklärungen der Brautleute, die Ehe eingehen zu wollen, gegenüber einer Person abgegeben worden seien, die zur Vornahme von nach islamischem Ritus abzuhaltenden Trauungen befugt sei, wobei sich die Freundin zu dieser Zeit in Gegenwart dieser Person in Österreich und der Revisionswerber in der Türkei befunden hätten. Die Freundin sei afghanische Staatsangehörige und schon früher in Österreich als Asylberechtigte anerkannt worden. Der Revisionswerber habe sie vor etwa eineinhalb bis zwei Jahren via „social media“ kennengelernt. Ein persönliches Treffen zwischen ihr und dem Revisionswerber habe es erstmals nach seiner Einreise in das Bundesgebiet gegeben. Davor hätten sie nur „telefoniert und Video telefoniert“. Nach seiner Ausreise aus der Türkei sei das Zielland des Revisionswerbers von Beginn an Österreich gewesen, weil er hier „bei seiner Frau“ leben wolle. Sie hätten bereits einen Termin bei einem Standesamt in Wien, weil sie „offiziell heiraten“ wollten, damit sie Ehepartner seien. Sie hätten zwar schon geheiratet, aber sie hätten auch „offiziell für den Staat“ als Ehepartner zählen wollen.
3 Der vom Revisionswerber gestellte Antrag wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, das das Asylverfahren des Revisionswerbers nicht zugelassen hatte, mit Bescheid vom 24. April 2024 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz nach der Dublin III Verordnung Kroatien zuständig sei. Unter einem wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) eine Anordnung zur Außerlandesbringung erlassen sowie festgestellt, dass „demzufolge“ gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Revisionswerbers nach Kroatien zulässig sei.
4 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging soweit für das gegenständliche Revisionsverfahren von Belang davon aus, dass der Revisionswerber vor seiner Einreise in Österreich seine in Österreich lebende Freundin (bloß) traditionell nach islamischem Ritus geheiratet gehabt habe und die standesamtliche Eheschließung geplant sei. Erkennbar legte die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde, dass eine in Österreich als gültig anzusehende Ehe nicht vorliege.
5 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 15. Oktober 2024 als unbegründet abgewiesen. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
6 Das Bundesverwaltungsgericht führte bezugnehmend auf das im Beschwerdeverfahren erstattete Vorbringen, Österreich sei aufgrund des Art. 9 Dublin III Verordnung zur Entscheidung über den vom Revisionswerber gestellten Antrag auf internationalen Schutz zuständig in seiner Begründung zunächst aus, dass es nicht davon ausgehe, dass die behauptete, nach islamischem Ritus vorgenommene Eheschließung tatsächlich stattgefunden habe. Insoweit verwies es auf seine beweiswürdigenden Erwägungen, wonach es sich bei dem vom Revisionswerber vorgelegten Schreiben, das er als „Islamische Heiratsurkunde“ bezeichnet habe, um ein von ihm oder seiner Lebensgefährtin verfasstes Schreiben handle, das nicht geeignet sei, einen Nachweis über die vor der Einreise erfolgte Eheschließung zu erbringen.
7 Weiters legte das Bundesverwaltungsgericht dar, dass die (behauptete) „Ferntrauung“, bei der sich der Revisionswerber in der Türkei und seine Freundin in Österreich aufgehalten hätten, (selbst wenn sie stattgefunden hätte) in Österreich keine Rechtswirkungen entfalte. Eine solche Form der Eheschließung sei nach österreichischem Recht nicht vorgesehen. Auch die nach dem (vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten) türkischen Recht maßgeblichen Formvorschriften für eine Eheschließung in der Türkei seien nicht eingehalten worden. Somit sei auch aufgrund des § 16 Abs. 2 IPR Gesetz (IPRG) nicht von einer in Österreich gültigen Ehe auszugehen. Warum für die Beurteilung des gegenständlichen Falles, „in dem eine ‚Eheschließung‘ in Österreich bzw. der Türkei“ erfolgt sei, ausschließlich afghanisches Recht zur Anwendung kommen sollte, sei der vom Revisionswerber an das Bundesverwaltungsgericht erstatteten Stellungnahme (vom 10. September 2024) nicht zu entnehmen. Wenn in dieser Stellungnahme betreffend die Eigenschaft, als Familienangehöriger zu gelten, auf Art. 2 lit. g Dublin III Verordnung verwiesen werde, so verkenne der Revisionswerber, dass er nach der darin enthaltenen Definition gerade nicht Familienangehöriger sei. Nach dieser Bestimmung sei es nämlich erforderlich, dass die Familie bereits im Herkunftsstaat bestanden habe. Das sei hier nicht der Fall, weil die „Ehe“ schon den eigenen Angaben des Revisionswerbers zufolge erst nach seiner Ausreise aus Afghanistan geschlossen worden sei. Art. 9 Dublin III Verordnung sehe zwar „eine weitere Definition“ des Begriffs Familienangehöriger vor. Diese Eigenschaft zu erfüllen setze „jedoch eine Prüfung der Familienangehörigeneigenschaft nach dem Recht des Ortes, an dem die Angehörigeneigenschaft begründet wurde, voraus“. Im Weiteren führte das Bundesverwaltungsgericht noch aus, weshalb es im vorliegenden Fall auch nicht geboten sei, das nach Art. 17 Dublin III Verordnung vorgesehene Selbsteintrittsrecht auszuüben.
8 Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 26. November 2024, E 4310/2024 5, die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen.
12 Der Revisionswerber macht in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision geltend, dass gemäß Art. 9 Dublin III Verordnung Österreich für die Behandlung des von ihm gestellten Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei. Es komme darauf an, ob es sich bei seiner in Österreich asylberechtigen „Ehefrau“ um eine Familienangehörige im Sinn dieser Bestimmung handle. Art. 2 lit. g Dublin III Verordnung enthalte eine Legaldefinition des Begriffs des „Familienangehörigen“, die auch den „Ehegatten“ erfasse. Zum dort verwendeten Begriff des Ehegatten enthalte die Dublin III Verordnung keine (weitere) Legaldefinition. Entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts habe die Beurteilung, ob der Revisionswerber und seine Frau „Ehegatten“ im Sinn des Art. 2 lit. g und somit nach dieser Bestimmung und damit auch nach jener des Art. 9 „Familienangehörige“ seien, weder anhand des österreichischen Ehegesetzes noch anhand des § 16 Abs. 2 IPRG zu erfolgen. Vielmehr komme den Bestimmungen der Dublin III Verordnung Vorrang vor nationalem Eherecht zu. Diese seien autonom nach Unionsrecht und nicht nach nationalem Recht auszulegen.
13 Der Revisionswerber gehe davon aus, dass die Frage, ob er als „Ehegatte“ im Sinn des Art 2 lit. g Dublin III Verordnung anzusehen sei, zu bejahen sei, weil er nach afghanischem Recht als Ehegatte gelte. Dass afghanisches Recht maßgeblich sei, ergebe sich daraus, dass die Dublin III Verordnung für die Prüfung, ob der Ehegattenbegriff erfüllt sei, nicht festlege, dass diese nach den eherechtlichen Bestimmungen des die Zuständigkeit (für die Bearbeitung des Antrages auf internationalen Schutz) prüfenden Staates oder dessen Bestimmungen über das internationale Privatrecht zu erfolgen habe. Es sei nicht davon auszugehen, dass es „die Idee“ des Unionsgesetzgebers gewesen sei, die Frage, ob jemand als „Ehegatte“ im Sinn des Art. 2 lit. g Dublin III Verordnung gelte, nach dem nationalen Recht des die Zuständigkeit prüfenden Mitgliedstaats beurteilen zu lassen. Dafür spreche auch der Erwägungsgrund 14 dieser Verordnung, wonach die Achtung des Familienlebens eine vorrangige Erwägung der Mitgliedstaaten sein solle, wenn die Dublin III Verordnung angewendet werde. Der Revisionswerber sei „mit Sicherheit“ als Familienangehöriger im Sinn des Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) anzusehen. Für die Auslegung des in Art. 7 GRC festgelegten Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens und damit für die Auslegung des Familienangehörigenbegriffs sei Art. 8 EMRK und auch die dazu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu beachten. Dass der Revisionswerber und seine „Ehefrau“ ungeachtet der Frage des Bestehens der Ehe im rechtlichen Sinn als Familienangehörige im Sinn des Art. 8 EMRK anzusehen seien, ergebe sich aus der ständigen Rechtsprechung zu dieser Bestimmung.
14 Der Revisionswerber bestreite nicht, dass er weder nach österreichischem noch nach türkischem Eherecht als „Ehegatte“ gelte. Er habe aber bereits in der Beschwerde unter Vorlage von Quellen ausgeführt, dass nach afghanischem internationalen Privatrecht für die Beurteilung der Gültigkeit der vorliegenden Ehe afghanisches Eherecht zur Anwendung komme. Das afghanische internationale Privatrecht stelle nämlich auf den Heimatstaat der Verlobten ab. Das sei im gegenständlichen Fall Afghanistan. Die nach dem afghanischen Eherecht zu erfüllenden Formvorschriften für das Vorliegen einer gültigen Ehe seien hier erfüllt. Somit sei der Revisionswerber nach afghanischem Eherecht, das nach afghanischem internationalen Privatrecht zur Anwendung komme, „Ehegatte“. Das müsse für die Erfüllung des in Art. 2 lit. g Dublin III Verordnung enthaltenen Begriffes des „Ehegatten“ ausreichend sein.
15 Die Zulässigkeit der Revision wird mit diesem Vorbringen nicht dargetan.
16 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt in Bezug auf ausländisches Recht der Grundsatz „iura novit curia“ nicht, sodass dieses in einem grundsätzlich amtswegigen Ermittlungsverfahren festzustellen ist, wobei aber auch hier die Mitwirkung der Beteiligten erforderlich ist, soweit eine Mitwirkungspflicht der Partei besteht. Die Feststellung des Inhalts ausländischen Rechts samt dessen Auslegung und Anwendung ist also dem Tatsachenbereich zuzuordnen (vgl. etwa VwGH 20.3.2024, Ra 2021/20/0069; 19.1.2022, Ra 2021/20/0310, mwN).
17 Das Bundesverwaltungsgericht hat im vorliegenden Fall keine Feststellungen zum Inhalt des afghanischen Rechts getroffen. Diesem allerdings lediglich unter der vom Revisionswerber behaupteten Prämisse der Maßgeblichkeit afghanischen Rechts gegebenen Feststellungsmangel käme nur dann Relevanz für den Verfahrensausgang zu, wenn sich aus den nach dem Vorbringen festzustellenden Tatsachen der vom Revisionswerber gewünschte Schluss ziehen ließe.
18 Dazu findet sich in der Revision aber kein konkretes Vorbringen. Es wird lediglich unsubstantiiert auf die Ausführungen in der an das Bundesverwaltungsgericht erhobenen „Beschwerde unter Vorlage von Quellen“ verwiesen und bloß pauschal behauptet, die nach dem afghanischen Eherecht vorgesehenen Formvorschriften für das Vorliegen einer gültigen Ehe wären „fallgegenständlich erfüllt“.
19 Der Verweis auf das Vorbringen in der Beschwerde vermag die erforderliche gesonderte Darlegung der Zulässigkeit der Revision im Sinn des § 28 Abs. 3 VwGG nicht zu ersetzen (vgl. etwa VwGH 13.9.2016, Ra 2016/22/0074, mwN).
20 Selbst wenn man das im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erstattete Vorbringen berücksichtigen würde, könnte daraus wenn das Verwaltungsgericht diesem Vorbringen entsprechende Feststellungen getroffen hätte die vom Revisionswerber gewünschte Schlussfolgerung nicht abgeleitet werden.
21 Der Revisionswerber legte mit seiner Beschwerde eine Abschrift von Auszügen einer von der Universität Wien und dem Österreichischen Integrationsfonds herausgegebenen Informationsbroschüre „Islamisches Familienrecht in grenzüberschreitenden Ehen“ vor. Dort wird unter der Überschrift „3.1.3 Formvoraussetzungen“ soweit es das hier interessierende Thema betrifft ausgeführt:
„Für eine wirksame Eheschließung muss ein Angebot und eine Annahme zwischen Frau und Mann stattgefunden haben, zwei geschäftsfähige muslimische Zeugen oder vier muslimische Zeuginnen müssen anwesend sein und der Vertrag muss im Rahmen einer einzigen Zusammenkunft geschlossen werden.
Im Gegensatz zu den österreichischen Formvoraussetzungen können sich die Verlobten nach afghanischem Recht vertreten lassen. Zu diesen Personen gehören der gesetzliche Vormund und von den Brautleuten bevollmächtigte Personen. Es ist also nicht zwingend, dass Braut und Bräutigam persönlich bei der Eheschließung anwesend sind. Die Zeugen oder Zeuginnen müssen bei einem muslimischen Ehepaar ebenfalls muslimischen Glaubens sein. ...“
22 Daraus ergibt sich lediglich, dass nach afghanischem Recht nicht beide Brautleute bei der Trauung anwesend sein müssten, sondern die Erklärung, die Ehe eingehen zu wollen, auch für einen bei der Trauung nicht anwesenden Verlobten von einem bei der Trauung anwesenden Stellvertreter wirksam abgegeben werden könnte. Dass es aber zulässig wäre, dass diese Erklärung von einer bei der Trauung nicht persönlich anwesenden Person gültig etwa telefonisch oder im Weg anderer elektronischer audio visueller Übertragung abgegeben werde könnte, ist den vom Revisionswerber mit der Beschwerde vorgelegten Unterlagen gerade nicht zu entnehmen (vielmehr wird darin davon gesprochen, dass der Vertrag „im Rahmen einer einzigen Zusammenkunft“ geschlossen werden müsse, was nahelegt, dass die persönliche Anwesenheit der die Erklärung abgebenden Person sei es der Nupturient selbst oder ein Stellvertreter erforderlich ist). Von der Gültigkeit der Eheschließung in jener Form, wie sie im hier gegenständlichen Fall vorgenommen wurde, ist somit selbst nach den vom Revisionswerber im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Behauptungen zum Inhalt des afghanischen Rechts nicht auszugehen.
23 Vor diesem Hintergrund hängt die Revision von der Klärung der vom Revisionswerber angesprochenen Rechtsfragen nicht ab. Selbst wenn diese Rechtsfragen im vom Revisionswerber gewünschten Sinn beantwortet werden würden, würde dies nicht zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses führen, weil eine Verletzung in den hier maßgeblichen subjektiven Rechten nach dem Gesagten nicht gegeben wäre.
24 Es war infolgedessen schon deswegen auch entbehrlich, der Anregung des Revisionswerbers zu folgen, mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union heranzutreten.
25 Es stellt sich vor dem Hintergrund des oben Gesagten zudem nicht als entscheidungswesentlich dar, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner Begründung dem Vorbringen, wonach eine „Eheschließung“ (in der behaupteten Form) stattgefunden habe, die Glaubwürdigkeit versagte. Den in diesem Zusammenhang vom Revisionswerber gesehenen Verfahrensfehlern (im Besonderen durch das Unterbleiben der Vernehmung jener Person, die in Österreich die Trauung nach islamischem Ritus vorgenommen habe) kommt keine Relevanz für den Verfahrensausgang zu.
26 Der Revisionswerber bringt weiters vor, das Bundesverwaltungsgericht habe keine umfänglichen Feststellungen zur Situation in Kroatien getroffen. Es habe einen von „Human Rights Watch“ herausgegebenen Bericht vom 3. Mai 2023 nicht berücksichtigt, aus dem sich ergebe, dass „die kroatische Polizei regelmäßig (‚Pushbacks from Croatia to the non European Union countries at borders are now common.‘) und oftmals gewaltsam und auf erniedrigende Weise Asylwerber nach Kroatien [Anm.: offenbar gemeint an der Grenze Kroatiens in Drittstaaten] zurückstößt, ohne ihnen Zugang zu einem Asylverfahren zu gewähren. Mit seinen Pushbacks“ verstoße Kroatien gegen internationales Recht.
27 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich anhand der im Zeitpunkt seiner Entscheidung hinreichend aktuellen Berichtslage mit den für die hier vorzunehmende Beurteilung maßgeblichen Feststellungen zur Situation in Kroatien, darunter auch dem an kroatische Behörden gerichteten Vorwurf der Vornahme unrechtmäßiger Zurückweisungen und Zurückschiebungen in angrenzende Drittstaaten, ausreichend befasst. Es hat bei seiner Beurteilung was in der Revision gänzlich ausgeblendet wird auch auf die individuelle Situation des Revisionswerbers Bedacht genommen und ist anhand einer die maßgeblichen Umstände einbeziehenden Betrachtung zum Ergebnis gekommen, dass im Fall der Überstellung des Revisionswerbers nach Kroatien kein reales Risiko der Verletzung seiner gemäß Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte bestehe. Dem wird in der Revision, in der auf die konkrete Situation des Revisionswerbers nicht Bezug genommen wird, nur pauschal und mit auf den von ihm zitierten Bericht gegründeten Mutmaßungen die bloße Behauptung entgegengesetzt, er werde in Kroatien einer den Menschenrechten widersprechenden Situation ausgesetzt sein. Das lässt sich allerdings mit den vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen selbst unter Berücksichtigung des vom Revisionswerbers zitierten Berichts nicht in Einklang bringen.
28 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 20. Jänner 2025