JudikaturVwGH

Ra 2024/19/0374 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
10. Oktober 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des A M, vertreten durch Mag. Andreas Meissner, Mag. Thomas Laherstorfer und Dr. Otto Urban, Rechtsanwälte in 4840 Vöcklabruck, Feldgasse 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Februar 2024, I419 22832331/3E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Dem Revisionswerber einem aus Syrien stammenden staatenlosen Palästinenser wurde mit Bescheid vom 31. August 2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass dem Revisionswerber die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

2 Am 20. März 2023 leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Aberkennungsverfahren von Amts wegen ein.

3Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Wels vom 6. Juli 2023 wurde der Revisionswerber wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1, 5. Fall, Abs. 2 Z 3 SMG, des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 15 Abs. 1 StGB, § 28 Abs. 1, 1. und 2. Fall SMG und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1, Z 1, 1. und 2. Fall SMG schuldig gesprochen. Der Revisionswerber wurde zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt, davon wurde ein Teil von 20 Monaten bedingt nachgesehen.

4Mit Bescheid vom 20. November 2023 erkannte das BFA den Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ab, stellte gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 fest, dass dem Revisionswerber keine Flüchtlingseigenschaft mehr zukomme (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu und stellte fest, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Syrien gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig sei (Spruchpunkt II.).

5 Die vom Revisionswerber gegen den Bescheid des BFA erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

6 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 11. Juni 2024, E 1153/2024 7, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

7 Der Revisionswerber brachte daraufhin die vorliegende Revision ein.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 In der nunmehr erhobenen Revision bringt der Revisionswerber unter der Überschrift „Revisionspunkte“ vor, dass er in seinem Recht „auf Sachentscheidung, inhaltliche Entscheidung seiner Beschwerde“ verletzt worden sei, wobei das Erkenntnis sowohl an Rechtswidrigkeit des Inhalts als auch an Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften leide.

12Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.

13Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht zu bezeichnen hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. VwGH 1.10.2015, Ra 2015/19/0208, mwN). Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. VwGH 13.8.2018, Ra 2018/14/0012, mwN).

14Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Im Recht auf Sachentscheidung kann der Revisionswerber daher schon deshalb nicht verletzt sein, weil das BVwG eine (inhaltliche) Sachentscheidung und keine zurückweisende Entscheidung getroffen hat (vgl. VwGH 17.3.2023, Ra 2023/09/0026, mwN).

15Ebenso wenig wird mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften dargetan, in welchen subjektiven Rechten sich der Revisionswerber verletzt erachtet. Es handelt sich dabei nicht um die Geltendmachung eines Revisionspunktes, sondern um die Behauptung von Aufhebungsgründen (vgl. VwGH 16.11.2022, Ra 2022/10/0171, mwN).

16 Da der Revisionswerber somit in den geltend gemachten Revisionspunkten nicht verletzt werden konnte, erweist sich die Revision als nicht zulässig.

17Im Übrigen wird zur Zulässigkeit vorgebracht, dass das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche, weil bei der Beurteilung, ob dem Revisionswerber bei einer Rückkehr in die Heimat eine Verletzung seiner durch Art. 2 und Art. 3 EMRK geschützten Rechte drohe, eine besondere Vulnerabilität im Speziellen zu berücksichtigen sei.

18Dabei übersieht die Revision, dass der Revisionswerber wie vom BVwG näher dargelegt, einen Ausschlussgrund nach § 8 Abs. 3a AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 gesetzt hat, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten jedoch nicht zuzuerkennen war.

19Bei Geltendmachung einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die Zulässigkeitsbegründung in der Revision enthält bloß pauschale Behauptungen und entspricht somit nicht diesen Anforderungen (vgl. VwGH 24.4.2024, Ra 2024/19/0112, mwN).

20 Soweit in der Revision ein Vorbringen dahingehend erstattet wird, dass sich das BVwG nicht mit dem konkreten Sachverhalt auseinandergesetzt habe und bei richtiger Auseinandersetzung zum Schluss gekommen wäre, dass vom Revisionswerber keine Gefahr ausgehe, ist anzumerken, dass der Verwaltungsgerichtshofauch in Zusammenhang mit einer Beurteilung nach § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 bereits darauf hingewiesen hat, dass eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Gefährdungsprognose im Allgemeinen, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wird, keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG aufwirft (vgl. VwGH 9.3.2023, Ra 2022/19/0238, mwN).

21Der Revision gelingt es nicht, der vom BVwG vorgenommenen Einzelfallbeurteilung entgegenzutreten und schlüssig darzulegen, weshalb das BVwG von den hg. Leitlinien abgewichen wäre (vgl. zu diesen Kriterien VwGH 25.7.2023, Ra 2021/20/0246, Rn 93 95, mwN).

22 In der Revision werden sohin insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 10. Oktober 2024