Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision der R A, vertreten durch Dr. Gregor Holzknecht, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 29/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juni 2024, W284 22663001/11E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die minderjährige Revisionswerberin ist syrische Staatsangehörige. Sie stellte am 26. Jänner 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte sie vor, Syrien wegen des Krieges verlassen zu haben.
2 Mit Bescheid vom 10. Jänner 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Revisionswerberin hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab, erkannte ihr jedoch den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihr eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Die gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
4 In der Begründung stellte das BVwG unter anderem fest, dass die Obsorgeübertragung an den im Bundesgebiet asylberechtigten Bruder der Revisionswerberin erst in Österreich und nicht bereits vor der Einreise stattgefunden habe.
Aus diesem Grund könne die Revisionswerberin den Asylstatus auch nicht von ihrem gesetzlichen Vertreter (Bruder) ableiten.
Dass der Bruder der Revisionswerberin zum Vertreter bestellt worden sei, ergebe sich so das BVwG in seinen beweiswürdigenden Erwägungen aus dem Beschluss des Bezirksgerichts Oberpullendorf vom 15. September 2022. Dem gesetzlichen Vertreter komme der Status des Asylberechtigten in Österreich zu. Dass das Vertretungsverhältnis bereits vor der Einreise bestanden hätte, sei erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG vorgebracht worden, nämlich als die rechtliche Relevanz der Wortfolge „sofern die gesetzliche Vertretung jeweils bereits vor der Einreise bestanden hat“ diskutiert worden sei. Aus der neunseitigen Beschwerdeschrift lasse sich dazu nichts entnehmen. Es seien zudem keine Urkunden in Vorlage gebracht worden, die die Behauptungen hätten stützen können. Auch erscheine die Übertragung der Obsorge von den Eltern auf einen Bruder der Revisionswerberin vor der Einreise schon deswegen nicht plausibel, weil die Familie damals gemeinsam im Familienverband im Libanon gelebt habe.
5 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, dass die Übertragung der Obsorge an den Bruder der Revisionswerberin vor der Einreise stattgefunden habe. Dies sei in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG auch vorgebracht worden. Der Obsorgebeschluss des Bezirksgerichts Oberpullendorf habe lediglich deklarativen Charakter. Die Obsorge sei bereits in Syrien übertragen worden, weil dort die Ausreise mit den Eltern vereinbart worden sei. Davon könne aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen ausgegangen werden, „weil dies dem Gewohnheitsrecht entspreche“. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein ausländisches Rechtsverhältnis nicht allein nach dem entsprechenden Recht, sondern auch nach der Anwendungspraxis des jeweiligen Staates zu beurteilen. Damit sei das BVwG auch von dieser Rechtsprechung abgewichen.
8Der Revision zielt mit ihrem Vorbringen in erster Linie darauf ab, die eigenen beweiswürdigenden Erwägungen an die Stelle jener des BVwG zu setzen. Damit gelingt es ihr aber nicht, einen vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel der Beweiswürdigung darzutun (vgl. VwGH 5.9.2024, Ra 2024/19/0389, mwN).
Mit dem weiteren Vorbringen, „sofern sich die Revisionswerberin auf Verfahrensfehler stützt, wird dargelegt, dass diese jedenfalls für den Ausgang des Verfahrensgangs relevant seien, da bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschriften das Verfahren einen anderen Ausgang genommen hätte“, wird den Anforderungen an die Zulässigkeitsbegründung einer Revision nicht entsprochen (vgl. VwGH 10.10.2024, Ra 2024/19/0374, mwN).
9 In der Revision (die im Übrigen auch keine tauglichen Revisionspunkte enthält) werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 12. Dezember 2024