JudikaturVwGH

Ra 2024/19/0431 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
16. Dezember 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des H A, vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Rheinstraße 243, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. August 2024, I404 22952291/2E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der minderjährige Revisionswerber ist syrischer Staatsangehöriger. Er stellte am 18. Juli 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, dass in Syrien Krieg herrsche und er Angst habe, getötet zu werden.

2 Mit Bescheid vom 23. Mai 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Das BVwG führte begründend aus, dass der Revisionswerber in seinem Herkunftsstaat keiner persönlichen Verfolgung ausgesetzt sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass bei einer Rückkehr die Gefahr einer Zwangsrekrutierung bestehe.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, dass der Revisionswerber in seinem Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG und darüber hinaus in seinem Recht auf Beurteilung seines Aussageverhaltens (vor dem BFA) anhand des für Minderjährige geltenden Maßstabs verletzt worden sei. Das BVwG habe sich weder ausreichend mit dem Beschwerdevorbringen noch mit der individuellen Situation des Revisionswerbers auseinandergesetzt. Dem angefochtenen Erkenntnis seien keine Ausführungen dahingehend zu entnehmen, dass das BVwG das Aussageverhalten des Revisionswerbers anhand des für Minderjährige geltenden Maßstabs beurteilt habe. Gerade vor diesem Hintergrund wäre die Durchführung einer mündlichen Verhandlung geboten gewesen, um sich einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens zu verschaffen.

7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, sowie aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 18.6.2024, Ra 2024/19/0266, mwN).

8 Der Revision gelingt es mit ihrem pauschalen Vorbringen nicht darzutun, dass das BVwG im vorliegenden Fall von diesen Leitlinien abgewichen wäre.

9 Soweit sich das Zulässigkeitsvorbringen darauf bezieht, dass mangels Berücksichtigung der Minderjährigkeit des Revisionswerbers in der Beweiswürdigung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung geboten gewesen wäre und sich das BVwG weder ausreichend mit dem Beschwerdevorbringen noch mit der Situation des Revisionswerbers auseinandergesetzt habe, zeigt die Revision weder auf, dass in der Beschwerde des Revisionswerbers der von der Verwaltungsbehörde festgestellte Sachverhalt substantiiert bestritten worden wäre, noch dass das BVwG eine (nicht bloß unwesentliche) ergänzende Beweiswürdigung vorgenommen hätte.

10Wenn die Revision mit der behaupteten Außerachtlassung der Minderjährigkeit des Revisionswerbers im Rahmen der Beweiswürdigung für sich genommen eine Abweichung von der hg. Rechtsprechung geltend macht, gelingt es ihr nicht stichhaltig aufzuzeigen, inwiefern die beweiswürdigenden Überlegungen des BVwG eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Mangelhaftigkeit aufweisen würden (vgl. zu dem für die Beweiswürdigung maßgeblichen Prüfungsmaßstab im Revisionsverfahren etwa VwGH 11.10.2024, Ra 2023/20/0367, mwN).

11 Soweit die Revision den Entfall der mündlichen Verhandlung mit Verweis auf Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes rügt, ist darauf hinzuweisen, dass das (behauptete) Abweichen von Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes schon auf Grund des eindeutigen Gesetzeswortlautes des Art. 133 Abs. 4 BVG keine Zulässigkeit der Revision zu begründen vermag (vgl. VwGH 12.10.2020, Ra 2020/20/0355, mwN).

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

13Im Übrigen erweist sich die Revision auch als nicht zulässig, weil sie keine ordnungsgemäß ausgeführten Revisionspunkte aufweist (vgl. dazu etwa VwGH 10.10.2024, Ra 2024/19/0374, mwN).

14Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 16. Dezember 2024