JudikaturVwGH

Ra 2024/12/0055 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
15. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Mag. Dr. Kusznier als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., MA, über die Revision des Dr. A, vertreten durch Mag. Thomas Preisinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 27. März 2024, LVwG 2023/37/2832 13, betreffend Ersatzansprüche nach dem Tiroler Landes Gleichbehandlungsgesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Am 29. Dezember 2022 wurde die Ausschreibung der Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol im Boten für Tirol veröffentlicht. Dabei wurde auf die Ernennungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 3 Tiroler Landesverwaltungsgerichtsgesetzes (TLVwGG) sowie darauf hingewiesen, dass von den Bewerberinnen und Bewerbern weiters folgende Voraussetzungen erwartet werden:

2 Der Revisionswerber, der als Verwaltungsrichter in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol stand und mit der Funktion des Vizepräsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol betraut war, bewarb sich auf diese Position.

3 In der Folge führte eine beigezogene Begutachtungskommission mit den insgesamt sieben Bewerbern jeweils ein Hearing durch und erstattete sodann einen nicht gereihten Dreiervorschlag an die Tiroler Landesregierung. Der Revisionswerber wurde in diesen Dreiervorschlag aufgenommen.

4 Auf Grundlage eines Regierungsantrags vom 20. März 2023 wurde A B, einer der im Dreiervorschlag der Begutachtungskommission genannten Bewerber, mit Beschluss der Tiroler Landesregierung mit Wirksamkeit zum 1. Mai 2023 zum Mitglied des Landesverwaltungsgerichtes Tirol und zu dessen Präsidenten ernannt.

5 Mit Schreiben vom 5. April 2023 stellte der Revisionswerber einen „Antrag gemäß § 29 iVm § 35 Tiroler Landes Gleichbehandlungsgesetz 2005 (LGlBG 2005)“ auf Feststellung, dass eine vom Land Tirol zu vertretende Verletzung des Gleichheitsgebotes vorliege. Der Revisionswerber begehrte die Leistung von Schadenersatz sowohl für den erlittenen Vermögensschaden als auch für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

6 In seiner Antragsbegründung führte der Revisionswerber ins Treffen, er habe in seiner Bewerbung konkrete Ausführungen getroffen, um das Vorliegen sowohl der gesetzlichen als auch der darüber hinaus geforderten Voraussetzungen zu belegen. Wesentlicher Teil seiner Ausführungen sei dabei im Hinblick auf die in der Ausschreibung vorausgesetzten „weitreichenden Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts und der Rechtsprechung“ insbesondere auch die Darlegung seiner Erfahrungen und bisherigen erbrachten und dokumentierten Leistungen im Zusammenhang mit seiner richterlichen Tätigkeit gewesen. Im Rahmen der Einladung zum Hearing sei ihm mitgeteilt worden, dass er vor der Begutachtungskommission eine Präsentation über seinen Werdegang und seine Vorstellungen im Hinblick auf die Ausübung des Amtes des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol abhalten könne, und er sei darauf hingewiesen worden, dass Fragen gestellt würden.

7 Schon wenige Tage vor dem Hearing sei ein Artikel in der Tiroler Tageszeitung erschienen, in dem der später zum Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol ernannte A B als Favorit für diese Funktion genannt worden sei.

8 Im Rahmen des Hearings vor der neunköpfigen Begutachtungskommission sei dem Revisionswerber lediglich Gelegenheit zu einer kurzen Vorstellung von etwa fünf Minuten gegeben worden. Im Anschluss habe eine Fragerunde von ca. 50 Minuten stattgefunden, an der sich fast alle Mitglieder des Gremiums beteiligt hätten. Ihm sei keine Möglichkeit für eine Präsentation im Sinne eines strukturierten Vortrages gegeben worden, vielmehr habe es sich um ein unstrukturiertes Hearing gehandelt.

9 Besonders auffallend sei auch gewesen, dass die weit überwiegende Anzahl der im Hearing gestellten Fragen mit Führungs und Leitungsbezug gestellt worden sei, aber keine einzige Frage zum Bereich des Judiziums oder zur richterlichen Tätigkeit. Sämtliche Aspekte im Zusammenhang mit einer richterlichen Qualifikation oder Erfahrung seien gänzlich ausgespart worden. Dies sei insbesondere deshalb nicht erklärbar, weil in der Ausschreibung ausdrücklich weitreichende Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts und der Rechtsprechung gefordert worden seien.

10 Insgesamt sei beim Revisionswerber bereits während der Anhörung der Eindruck entstanden, dass ein von vornherein feststehendes Ergebnis in geplanter und gewollter Zusammenarbeit umgesetzt werden sollte, möge dies auch einzelnen Kommissionsmitgliedern nicht bewusst gewesen sein. Allein die Zusammensetzung der Kommission (nur drei von neun Mitgliedern hätten richterliche Erfahrung gehabt, drei Mitglieder hätten über keine juristische Erfahrung verfügt) sei befremdlich.

11 In einer mit 20. März 2023 datierten E Mail sei dem Revisionswerber sodann mitgeteilt worden, dass ein anderer Bewerber bestellt worden sei.

12 Am 21. März 2023 habe der Revisionswerber eine E Mail der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit erhalten, in der ihm mitgeteilt worden sei, dass die Landesregierung am selben Tag A B als Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes ernannt habe. Gleichzeitig sei er um Überprüfung und Freigabe einer vorbereiteten Presseaussendung zu dieser Ernennung gebeten worden.

13 Aus dieser Pressemitteilung sei nicht nur erkennbar, dass die in der Ausschreibung geforderte Qualifikation der „weitreichenden Kenntnisse und praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts und der Rechtsprechung“ gänzlich fehle, sondern, dass dies absichtlich ignoriert worden sei.

14 Durch das gegenständliche Bestellungsverfahren sei folglich sowohl durch die Art des Auswahlverfahrens als auch durch die getroffene Auswahl gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen worden. Da im gesamten Verfahren offensichtlich das in der Ausschreibung geforderte Erfordernis „der praktischen Erfahrung auf dem Gebiet der Rechtsprechung“ letztlich völlig ignoriert worden sei, liege jedenfalls eine Altersdiskriminierung vor. Der ständigen Judikatur folgend, sei aber gerade eine unvertretbare Mindergewichtung von (spezifischer) Berufserfahrung per se eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Alters, da im Regelfall (dienst )ältere Personen erhöhte derartige Berufserfahrung aufweisen würden. Die fehlende Erfahrung als Richter könne auch nicht dadurch kompensiert werden, dass die Tiroler Landesregierung aus einer höheren Qualifikation des A B in anderen Anforderungskriterien einen Eignungsvorsprung ableiten könne, weil eine derartige alternative Qualifikation nicht feststellbar sei. Auch liege eine Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung vor, weil die Bestellung willkürlich aufgrund verpönter Motive erfolgt sei. Die Auswahl des A B sei aus Gründen der politischen Nähe und der politischen Gunst erfolgt.

15 Durch die aufgezeigten Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes sei dem Revisionswerber ein Vermögensschaden entstanden, der sich aus dem Entgang der sich aus § 27 TLVwGG ergebenden und zu kapitalisierenden ruhegenussfähigen Zulage sowie der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung ergebe.

16 Die Tiroler Landesregierung wies die Anträge des Revisionswerbers mit Bescheid vom 5. Oktober 2023 jeweils als unbegründet ab.

17 Begründend verwies die Tiroler Landesregierung zunächst auf die bundesverfassungsrechtlichen und landesgesetzlichen Vorgaben für die Ernennung des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol. Demnach erfolge die Ernennung sämtlicher „einfacher“ Mitglieder des Landesverwaltungsgerichtes gemäß § 2 TLVwGG iVm Art. 134 Abs. 2 B VG durch die Landesregierung auf Grundlage eines Dreiervorschlags der Vollversammlung oder eines aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und fünf sonstigen aus der Vollversammlung gewählten Mitgliedern des Landesverwaltungsgerichtes bestehenden Ausschusses, wobei der Dreiervorschlag keine Reihung enthalten müsse und im Übrigen nicht bindend sei. Bezüglich der exekutiven Bestellung der Leitungsorgane des Verwaltungsgerichtes sei durch Art. 134 Abs. 2 B VG vorgegeben, dass diese zwingend ohne Bindung an Vorschläge eines richterlichen Gremiums erfolge. Bei der Ernennung des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Landesverwaltungsgerichtes sei kein Dreiervorschlag der Vollversammlung zu erstellen und ein solcher sei von der Landesregierung nicht einzuholen. Diese Mitglieder könnten sohin ohne Einbindung der Mitglieder des Landesverwaltungsgerichtes ernannt werden.

18 Bei der Ernennung von Landesverwaltungsrichtern handle es sich um eine gemäß Art. 51 Abs. 2 Tiroler Landesordnung 1989 der Landesregierung als Kollegium vorbehaltene Angelegenheit. Dementsprechend sei gemäß § 2 Abs. 3 Z 19 Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung die Landesregierung mit der Ernennung des Präsidenten, des Vizepräsidenten und der weiteren Mitglieder des Landesverwaltungsgerichtes sowie von fachkundigen Laienrichtern und Ersatzrichtern mittels Kollegialbeschluss betraut.

19 Bei der Besetzung der Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes seien die von der Tiroler Landesregierung beschlossenen Richtlinien für die Besetzung von leitenden Funktionen und enddienstklassenfähigen Planstellen (Ausschreibungsrichtlinien) anzuwenden. Gemäß diesen Ausschreibungsrichtlinien sei zur Erstattung eines Dreiervorschlags eine Begutachtungskommission eingerichtet worden. Fallbezogen sei die Begutachtungskommission über die Anforderungen der Ausschreibungsrichtlinie hinaus erweitert worden, um einen transparenten und objektiven Bewerbungsprozess zu gewährleisten. Vier Mitglieder der Begutachtungskommission hätten über einschlägige Erfahrung in der richterlichen Tätigkeit verfügt.

20 Weiters wies die Tiroler Landesregierung nach einer Darstellung der Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes darauf hin, dass der Vorhalt des Revisionswerbers, wonach A B kein Verfahren zur Richterbestellung durchlaufen habe, deshalb nicht greife, weil aufgrund der gesetzlichen Vorgaben auch nichtrichterliche Personen, die die notwendigen Voraussetzungen erfüllten, Präsident des Landesverwaltungsgerichtes werden könnten. Der Ausschluss von Personen, die keine richterliche Funktion innehätten, sei rechts und verfassungswidrig.

21 Weiters könne auch der Vorhalt der fehlenden Qualifikation des A B nicht nachvollzogen werden. Allein der Umstand, dass A B bis zu seiner Ernennung keine richterliche Funktion ausgeübt habe, dürfe nicht den Ausschlag geben. A B verfüge über langjährige Erfahrung im Verwaltungsdienst, insbesondere auch in leitender Funktion als Vorstand der Abteilung Landwirtschaftliches Schulwesen und Landwirtschaftsrecht. Eben diese Führungskompetenz sei für die Betrauung mit der Funktion des Präsidenten von maßgeblicher Bedeutung. Die Aufgaben eines Präsidenten gingen weit über die richterliche Tätigkeit hinaus und erforderten weitreichende Erfahrungen in der Leitung einer gesamten Organisationseinheit. A B sei als Vorstand der Abteilung Landwirtschaftliches Schulwesen und Landwirtschaftsrecht für legistische Regelungsvorhaben, für Vollzugsfragen und höchstgerichtliche Verfahren verantwortlich gewesen. Auch sei er Verfahrensführer in Verwaltungsverfahren und als bescheiderlassendes Organ tätig gewesen. Solche Verfahren der Einzelentscheidung gegenüber Rechtsunterworfenen enthielten viele Elemente, die sich mit solchen in verwaltungsgerichtlichen Verfahren als gleichförmig erwiesen, zumal sie auch mit umfassenden verfahrensrechtlichen Verpflichtungen einhergingen. Durch seine einjährige Tätigkeit als juristischer Mitarbeiter des Verfassungsgerichtshofes weise A B auch Erfahrungen im Bereich der richterlichen Entscheidungsfindung auf höchstgerichtlicher Ebene auf. Noch vor der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit sei A B im Rahmen seiner Tätigkeit als Verwaltungsjurist zudem mit zahlreichen Entscheidungen im Berufungsverfahren betraut gewesen.

22 Zur behaupteten Diskriminierung aufgrund des Alters wies die Tiroler Landesregierung darauf hin, dass die Entscheidung, wer als „bestgeeigneter“ Kandidat zum Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes ernannt werde, aufgrund verfassungsrechtlicher Vorschriften ausschließlich der Landesregierung obliege, die frei von jeglichen Wertungen und ohne Bindung an einen Vorschlag der Begutachtungskommission im eigenen Ermessen einen Kandidaten zum Präsidenten ernennen dürfe. Schon deshalb gehe der Vorwurf des Revisionswerbers, aufgrund des Alters diskriminiert worden zu sein, ins Leere. Sowohl A B als auch der Revisionswerber seien seitens der Begutachtungskommission als geeignet empfunden und in den ungereihten Dreiervorschlag aufgenommen worden, weshalb von einer Diskriminierung des Antragstellers gar nicht erst gesprochen werden könne.

23 Auch könne dem Vorwurf der Diskriminierung aufgrund des Alters wegen einer Mindergewichtung spezifischer Berufserfahrung nicht gefolgt werden. Gerade im Gegenteil würde das Abstellen auf die Berufserfahrung eine Diskriminierung aufgrund des Alters darstellen, weil diesfalls stets der dienstältere Bewerber im Vorteil wäre.

24 Zur behaupteten Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung verwies die Tiroler Landesregierung auf ihre Ausführungen zur Diskriminierung aufgrund des Alters. Im Übrigen habe dem Verfahren vor der Begutachtungskommission keine Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung anhaften können, weil diese lediglich über die Eignung der Bewerber zu entscheiden gehabt habe und nicht mit der „finalen Betrauung“ des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes befasst gewesen sei. Die Beurteilung der Besteignung habe nicht der Begutachtungskommission oblegen.

25 Soweit der Revisionswerber die erfolgte Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung daraus ableite, dass er über den Ablauf des Hearings falsch informiert worden sei und die angekündigte „Präsentation“ nicht in der Form stattgefunden habe, wie er sich dies vorgestellt habe, verwies die Tiroler Landesregierung darauf, dass keine solche „Fehlinformation“ stattgefunden habe. Auch seien allen Bewerbern dieselben Fragen gestellt worden. Schließlich sei die Begutachtungskommission nicht willkürlich und ergebnisfokussiert besetzt worden, sondern anhand der Ausschreibungsrichtlinien und es seien weitere Mitglieder mit richterlicher Expertise beigezogen worden. Im Übrigen würden die vom Revisionswerber getätigten Ausführungen zur Parteizugehörigkeit des A B keinen Bezug zu einer Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung gemäß § 29 LGlBG 2005 aufweisen. Auch die vom Revisionswerber vorgebrachte „Verfälschung“ der Qualifikationsvoraussetzungen liege nicht vor. Abschließend werde nochmals festgehalten, dass eine Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung allein schon wegen der Aufnahme des Revisionswerbers in den (ungereihten) Dreiervorschlag nicht vorliegen könne.

26 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde. Dabei machte er sowohl verfahrensrechtliche als auch inhaltliche Mängel des Bescheides vom 5. Oktober 2023 geltend und brachte unter anderem vor, der erste wohl vorsätzlich diskriminierende Schritt sei die Erstellung eines ungereihten Dreiervorschlages durch eine willkürlich zusammengesetzte Kommission gewesen. Der zweite Schritt sei sodann die nach dem Hearing erfolgte „Entscheidungsfindung“ gewesen. Die getroffene Auswahlentscheidung ergebe sich fließend durch das vorgeschaltete willkürliche Auswahlverfahren in Verbindung mit den nachfolgenden verzerrenden Bewertungen. Entgegen der in der öffentlichen Ausschreibung ausdrücklich als Voraussetzung geforderten „praktischen Erfahrung auf dem Gebiet der Rechtsprechung“ sei dann jener Bewerber bestellt worden, der diese Anforderung explizit nicht erfülle.

27 Diese Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Tirol nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

28 In dem angefochtenen Erkenntnis traf das Verwaltungsgericht nach einer Darstellung des Verfahrensganges Feststellungen zu den Anforderungen für die Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol gemäß der am 29. Dezember 2022 veröffentlichten Ausschreibung und zum Inhalt der Bewerbung des Revisionswerbers bzw des A B, zum Ablauf des Ernennungsverfahrens sowie zum Lebenslauf des Revisionswerbers bzw des A B. Im Rahmen einer „Gegenüberstellung der beruflichen Werdegänge“ hob das Verwaltungsgericht hervor, dass der Revisionswerber zunächst sieben Jahre in der Landesverwaltung in unterschiedlichen Funktionen tätig gewesen sei und seit 1. Mai 2001 eine verwaltungsgerichtliche Tätigkeit, zunächst als Mitglied des UVS Tirol und ab 1. Januar 2014 als Richter des Landesverwaltungsgerichtes Tirol ausgeübt habe. Als Vizepräsident des UVS Tirol von 1. Mai 2004 bis 31. Dezember 2013 und als Vizepräsident des Landesverwaltungsgerichtes Tirol sei der Revisionswerber mit Führungsaufgaben betraut. A B sei vor seiner Bestellung zum Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes 13 Jahre in unterschiedlichen Funktionen in der Landesverwaltung und von 1. April 2018 bis 30. April 2023 als Vorstand der Abteilung Landwirtschaftliches Schulwesen und Landwirtschaftsrecht tätig gewesen. Überdies hielt das Verwaltungsgericht fest, dass der Revisionswerber seit mehreren Jahren als Lehrbeauftragter am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck sowie an der UMIT Tirol tätig sei. A B sei seit März 2023 Lehrbeauftragter am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck. Vor seinem Eintritt in den Landesdienst sei A B fünf Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Universitätsassistent am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre tätig gewesen.

29 Nach beweiswürdigenden Ausführungen ging das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung sodann soweit für die vorliegende Revisionssache maßgeblich zusammengefasst davon aus, dass auch „nicht richterliche Personen“, die die in Art. 134 Abs. 2 B VG und § 2 Abs. 3 TLVwGG normierten Voraussetzungen erfüllten, Präsident des Landesverwaltungsgerichtes Tirol werden könnten. Ein Ausschluss des A B, der bis zu seiner Bewerbung nicht richterlich tätig gewesen sei, wäre verfassungswidrig gewesen. Art. 134 Abs. 2 zweiter Satz B VG verbiete die Bevorzugung von Bewerbern aufgrund ihrer bisherigen (verwaltungs ) richterlichen Tätigkeit. Im Übrigen seien Verfahren und die Entscheidungsfindung in Verwaltungsverfahren mit der richterlichen Tätigkeit vergleichbar. Sowohl der Revisionswerber als auch A B erfüllten die in Art. 134 Abs. 2 letzter Satz B VG normierten Voraussetzungen für die Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol.

30 Weiters unterstreiche § 8 TLVwGG die Leitungsfunktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol. Der in dieser Bestimmung umschriebene Aufgabenbereich umfasse administrative Tätigkeiten. Zwar möge für einzelne Aufgaben eine vorherige verwaltungsrichterliche Tätigkeit von Vorteil sein. Dennoch sei nicht schlüssig, dass „nicht richterliche Personen“ die Aufgaben des Präsidenten nicht bewältigen könnten.

31 Ausgehend von dem der Landesregierung eingeräumten weiten Ermessensspielraum sei diese berechtigt gewesen, insbesondere im Hinblick darauf, dass der Präsident des Landesverwaltungsgerichtes Tirol in erster Linie Führungsaufgaben zu erfüllen habe, diesem Kriterium wesentliches Gewicht beizumessen. Der Revisionswerber weise in seiner Berufslaufbahn Führungsfunktionen auf, insbesondere als Vizepräsident des UVS und als Vizepräsident des Landesverwaltungsgerichtes Tirol. Allerdings habe während dieser Zeit der jeweilige Vorsitzende des UVS und der Präsident des Landesverwaltungsgerichtes Tirol die Letztverantwortung getragen. Auch in seiner Funktion als Leiter der Referate 6 und 7 der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck sei der Revisionswerber gegenüber dem jeweiligen Bezirkshauptmann weisungsunterworfen. Zudem sei die Führungsaufgabe zu relativieren, weil sie noch in die Ausbildungszeit des Revisionswerbers falle und er diese Aufgabe knapp acht Monate nach Dienstantritt zugeteilt erhalten habe. A B sei demgegenüber als Vorstand der Abteilung Landwirtschaftliches Schulwesen und Landwirtschaftsrecht maßgeblich für die Organisation und Weiterentwicklung dieser Abteilung zuständig gewesen. Diese Funktion habe er nach einer mehr als siebenjährigen Tätigkeit im Landesdienst erhalten, wobei er schon von Oktober 2010 bis Mai 2012 dieser Abteilung zugeteilt gewesen sei. Die vom Revisionswerber monierte Altersdiskriminierung sei nicht zu erkennen, auch wenn dieser über eine längere Berufserfahrung verfüge. Es hätten sachliche Gründe bestanden, im Hinblick auf die ausgeschriebene Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol „ein besonderes Gewicht auf Führungserfahrung zu legen“. Die Entscheidung der Landesregierung sei aus nachvollziehbaren Gründen erfolgt. Sie sei nicht von vornherein festgestanden und beruhe nicht auf verpönten Motiven.

32 In der Folge erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hat ein Vorverfahren durchgeführt, in dessen Rahmen die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht eine Revisionsbeantwortung erstattete.

Der Verwaltungsgerichtshof hatin einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

33 Zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision macht der Revisionswerber unter Hinweis auf näher genannte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter anderem geltend, es sei nicht nachvollziehbar begründet worden, aufgrund welcher Erwägungen A B ihm gegenüber der Vorzug gegeben worden sei.

34 Aufgrund dieses Vorbringens erweist sich die vorliegende Revision als zulässig; sie ist auch berechtigt.

35Der Revisionsfall gleicht in Hinblick auf die anzuwendende Rechtslage und die entscheidungswesentlichen Rechtsfragen jenem, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Mai 2025, Ra 2024/12/0082, zugrunde lag, sodass vorweg gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf dessen Begründung und die dort angeführte Judikatur verwiesen wird.

36 Den darin dargelegten Anforderungen wird das angefochtene Erkenntnis nicht gerecht. Das Verwaltungsgericht traf zwar Feststellungen zu den gemäß der Stellenausschreibung für die vakant werdende Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol maßgeblichen Anforderungen und auch zu den beruflichen Werdegängen und Qualifikationen des Revisionswerbers und des A B. Im Rahmen der „Gegenüberstellung der beruflichen Werdegänge“ beschränkte sich das Verwaltungsgericht jedoch auf eine bloße Wiederholung der bisherigen beruflichen Stationen und der wissenschaftlichen Tätigkeit dieser beiden Bewerber. Auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung erfolgte keine umfassende Gegenüberstellung der Qualifikationen vor dem Hintergrund sämtlicher von der Ausschreibung geforderten Fähigkeiten und Kenntnisse. Lediglich hinsichtlich der Anforderung der „Führungserfahrung“ führte das Verwaltungsgericht bloß kursorisch aus, A B sei besser geeignet als der Revisionswerber. In diesem Zusammenhang hat es das Verwaltungsgericht unterlassen, die konkreten Führungserfahrungen, Führungskompetenzen sowie Fähigkeiten zur wirkungsorientierten ökonomischen Verwaltungsführung (siehe Ausschreibung) der Bewerber festzustellen und einander gegenüber zu stellen. Auch sonst ist eine Gegenüberstellung der Fähigkeiten bzw Kenntnisse des Revisionswerbers und des A B im Lichte der weiteren in der Ausschreibung formulierten Anforderungen gänzlich unterblieben.

37Damit entspricht das angefochtene Erkenntnis nicht den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes formulierten Erfordernissen und es war schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

38 Für das fortgesetzte Verfahren wird darauf hingewiesen, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn das Verwaltungsgericht davon ausgeht, die in der am 29. Dezember 2022 veröffentlichten Ausschreibung formulierte Anforderung, wonach von den Bewerbern „Weitreichende Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts und der Rechtsprechung“ verlangt würden, schließe eine Bewerbung des A B, der zuvor nicht selbst rechtsprechend tätig gewesen sei, nicht aus, zumal nicht davon auszugehen ist, dass die in der Ausschreibung formulierten Anforderungen soweit sie nicht ohnehin gesetzlich zwingend vorgegeben sind von jedem Bewerber vollumfänglich erfüllt werden müssten. Allerdings wird das Verwaltungsgericht im Rahmen der gemäß der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anzustellenden Eignungsbeurteilung auch zu diesem Kriterium soweit vorhandendie einschlägigen Erfahrungen und Kenntnisse der zu vergleichenden Bewerber zu berücksichtigen haben und dabei nicht nur nachvollziehbar darzulegen haben, welches Gewicht es diesem Kriterium im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung zumisst, sondern auch schlüssig zu begründen haben, weshalb es (gegebenenfalls) davon ausgeht, dass zu diesem Kriterium die Erfahrungen und Kenntnisse eines Bewerbers die Erfahrungen und Kenntnisse des anderen Bewerbers übersteigen (zur Notwendigkeit, auch Feststellungen dazu zu treffen, welche Tatsachen bei der Beurteilung der Qualifikation der Bewerber zu berücksichtigen sind, siehe wiederum VwGH 21.3.2023, Ra 2021/12/0048, Rn. 33, mwN).

39 Weiters wird darauf hingewiesen, dass der Ersatzanspruch nach § 17 Abs. 2 lit. a LGlBG 2005 nach dem klaren Gesetzeswortlaut voraussetzt, dass der Beamte bei diskriminierungsfreier Auswahl beruflich aufgestiegen wäre. Die über einen solchen Anspruch absprechende Dienstbehörde kann daher Letzteren dadurch entkräften, dass sie sei es auch erst aufgrund von im Schadenersatzverfahren gewonnenen Beweisergebnissen darlegt, dass der Anspruchswerber im Ergebnis zu Recht nicht ernannt wurde (zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach § 18a Abs. 2 Z 1 BGlBG siehe VwGH 10.10.2023, Ra 2022/12/0039, Rn. 21). Vor diesem Hintergrund kann entgegen der offenbar vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis vertretenen Rechtsansicht das Nichtbestehen eines Anspruchs des Revisionswerbers nach § 17 Abs. 2 lit. a LGlBG 2005 nicht allein damit begründet werden, dass dieser nicht habe nachweisen können, dass die Entscheidung, A B zum Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes zu ernennen, auf „verpönten Motiven“ beruhe.

40 Zudem wird auch zu klären sein, ob der Revisionswerber auch einen Ersatzanspruch nach § 17 Abs. 2 lit. b LGlBG 2005 geltend machen wollte, der vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 1.9.2020, Ra 2020/12/0006, Rn. 22 ff, mwN) auch als von der Sache des gegenständlichen Verfahrens umfasst anzusehen wäre.

41 Die Überprüfung der Erhebung eines Rechtsmittels gegen den Ernennungsakt ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

42Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 15. September 2025