Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie den Hofrat Mag. Haunold und die Hofrätin Dr. Holzinger als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, über die Revisionen 1. der A A, 2. der H S, 3. des G S, 4. der T P, 5. des A P, 6. der A B, 7. des W B, 8. der G M, 9. des R M und 10. des M H, alle vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 26. Mai 2025, LVwG AV 2795/0112023, betreffend Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde in einer Angelegenheit des AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptfrau von Niederösterreich; mitbeteiligte Partei: F GmbH, vertreten durch die Niederhuber Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Aufwandersatz findet nicht statt.
1 Die mitbeteiligte Partei betreibt in der Marktgemeinde A. eine Abfallbehandlungsanlage zur Zwischenlagerung und Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen. Mit Schreiben vom 15. März 2023 beantragte sie die Bewilligung für die Änderung dieser Anlage durch die Errichtung und den Betrieb einer Biogasanlage und näher genannter damit in Zusammenhang stehender Anpassungsmaßnahmen.
2 Mit Bescheid vom 6. November 2023 erteilte die Landeshauptfrau von Niederösterreich der mitbeteiligten Partei eine abfallrechtliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Abfallbehandlungsanlage durch die Errichtung und den Betrieb einer Biogasanlage samt damit verbundener näher bezeichneter Anpassungsmaßnahmen (Spruchpunkte I. bis III.). Unter einem wurden eine forstrechtliche und eine naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt (Spruchpunkte IV. und V.). Darüber hinaus wurde die aufschiebende Wirkung einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B VG gegen diesen Bescheid ausgeschlossen (Spruchpunkt VI.).
3 Gegen diesen Bescheid erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde und sie stellten unter anderem den Antrag, Spruchpunkt VI. des Bescheides vom 6. November 2023 aufzuheben, der mitbeteiligten Partei die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes aufzutragen, sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
4 Mit Beschluss vom 6. Februar 2024 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) den Antrag, Spruchpunkt VI. des Bescheides vom 6. November 2023 aufzuheben und der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als unbegründet ab (Spruchpunkt 1.). Weiters wurde der Antrag, der mitbeteiligten Partei die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes aufzutragen, als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt 2.).
5Diesen Beschluss hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 19. Dezember 2024, Ra 2024/07/0055 bis 0064, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.
6 Im fortgesetzten Verfahren gab das Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 28. März 2025 der Beschwerde der revisionswerbenden Parteien hinsichtlich des Ausspruchs über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde Folge und hob Spruchpunkt VI. des Bescheides vom 6. November 2023 auf. Weitere Anträge der revisionswerbenden Parteien wurden zurückgewiesen.
7 Mit Schriftsatz vom 9. April 2025 beantragte die mitbeteiligte Partei den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 6. November 2023.
8 Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss gab das Verwaltungsgericht diesem Antrag Folge und es schloss die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 6. November 2023 aus. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
9 Gegen diesen Beschluss erhoben die revisionswerbenden Parteien die vorliegende Revision.
10 Mit Erkenntnis vom 7. Juli 2025 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid vom 6. November 2023 ab und es bestätigte den angefochtenen Bescheid mit für das gegenständliche Revisionsverfahren nicht wesentlichen Maßgaben.
11Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall (wegen Gegenstandslosigkeit) liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. VwGH 3.10.2023, Ra 2023/12/0093, Rn. 5, mwN).
12 Im Revisionsfall ist durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes über die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien in der Hauptsache deren Rechtsschutzinteresse im Hinblick auf den hier angefochtenen Beschluss über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der nunmehr erledigtenBeschwerde gegen den Bescheid vom 6. November 2023 weggefallen (zu einer vergleichbaren Konstellation siehe etwa erneut VwGH 3.10.2023, Ra 2023/12/0093).
13 Mit verfahrensleitender Anordnung vom 23. Juli 2025 wurde den revisionswerbenden Parteien Gelegenheit zur Äußerung zur Frage des Vorliegens eines rechtlichen Interesses an der Entscheidung über die eingebrachte Revision trotz zwischenzeitig erfolgter Entscheidung in der Hauptsache eingeräumt.
14Die revisionswerbenden Parteien teilten dazu mit, ihr fortbestehendes rechtliches Interesse ergebe sich aus dem Prinzip der Rechtssicherheit, weil die Beurteilungen des Verwaltungsgerichtes in dem angefochtenen Beschluss in Bezug auf § 22 Abs. 3 VwGVG „in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise“ erfolgt seien.
15 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass ungeachtet der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in der Hauptsache ein rechtliches Interesse an der Entscheidung betreffend die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegeben sei:
16Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits wiederholt festgehalten, dass das Rechtsschutzinteresse eines Revisionswerbers, dessen Revision sich gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts betreffend die aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde richtet, nicht mehr gegeben ist, sobald das Verwaltungsgericht über die Beschwerde selbst erkannt hat (vgl. VwGH 12.9.2022, Ra 2021/10/0153, Rn. 14, mwN).
17Daran ändert auch das Interesse an der grundsätzlichen Klärung einer Rechtsfrage, die auch für künftige Fälle von Bedeutung sein kann, nichts (vgl. neuerlich VwGH 12.9.2022, Ra 2021/10/0153, Rn. 15, mwN).
18Folglich war das Verfahren nach Anhörung der revisionswerbenden Parteien gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
19Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt im vorliegenden Fall die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch an die Revisionswerberin gemäß § 55 VwGG nicht vor. Der Zuspruch von Kosten nach § 58 Abs. 2 VwGG setzt voraus, dass die Entscheidung hierüber keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Dies ist im Revisionsfall nicht gegeben. Somit kann nach § 58 Abs. 2 VwGG kein Aufwandersetz zuerkannt werden.
Wien, am 21. August 2025