JudikaturVwGH

Ra 2024/12/0082 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
14. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede, Hofrätin Dr. Holzinger, Hofrätin Mag. Dr. Pieler und Hofrätin Mag. Dr. Kusznier als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision des Dr. F T in S, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, LL.M., und Dr. Christof Rampl, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 27. März 2024, LVwG 2023/37/2833 14, betreffend Ersatzansprüche nach dem Tiroler Landes Gleichbehandlungsgesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Am 29. Dezember 2022 wurde die Ausschreibung der Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol im Boten für Tirol veröffentlicht. Dabei wurde auf die Ernennungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 3 Tiroler Landesverwaltungsgerichtsgesetzes (TLVwGG) sowie darauf hingewiesen, dass von den Bewerberinnen und Bewerbern weiters folgende Voraussetzungen erwartet werden:

2 Der Revisionswerber, der als Verwaltungsrichter des Landesverwaltungsgerichtes Tirol in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol steht, bewarb sich auf diese Position.

3 In der Folge führte eine beigezogene Begutachtungskommission mit den insgesamt sieben Bewerbern jeweils ein Hearing durch und erstattete sodann einen nicht gereihten Dreiervorschlag an die Tiroler Landesregierung. Der Revisionswerber wurde in diesen Dreiervorschlag nicht aufgenommen.

4 Auf Grundlage eines Regierungsantrags vom 20. März 2023 wurde A B, einer der im Dreiervorschlag der Begutachtungskommission genannten Bewerber, mit Beschluss der Tiroler Landesregierung mit Wirksamkeit zum 1. Mai 2023 zum Mitglied des Landesverwaltungsgerichtes Tirol und zu dessen Präsidenten ernannt.

5 Mit Schreiben vom 12. April 2023 erhob der Revisionswerber eine „Beschwerde“ wegen Diskriminierung aufgrund des Alters und aufgrund der Weltanschauung gemäß § 17 iVm §§ 5, 29 und 39 Tiroler Landes Gleichbehandlungsgesetz 2005 (LGlBG 2005) und beantragte die Feststellung, dass eine vom Land Tirol zu vertretende Verletzung des Gleichheitsgebotes vorliege. Der Revisionswerber begehrte die Leistung von Schadenersatz sowohl für den erlittenen Vermögensschaden als auch für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

6 In seiner Antragsbegründung führte der Revisionswerber ins Treffen, er habe in seinem Bewerbungsschreiben zu sämtlichen gesetzlich vorgeschriebenen und in der Ausschreibung vorgesehenen Voraussetzungen konkrete Angaben gemacht und Nachweise vorgelegt. Insbesondere habe er als langjähriges Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Tirol (UVS Tirol) und des Landesverwaltungsgerichtes Tirol seine Erfahrungen und Leistungen im Zusammenhang mit seiner richterlichen Tätigkeit hervorgehoben. Im Rahmen der Einladung zum Hearing sei er aufgefordert worden, vor der Begutachtungskommission eine Präsentation über seinen Werdegang und sein Interesse an der vakanten Funktion abzuhalten, und er sei darauf hingewiesen worden, dass Fragen gestellt würden. Demgemäß habe er eine 20 minütige Präsentation zu den geforderten Voraussetzungen, seinem beruflichen Werdegang, seinen außerberuflichen Leistungen und seinen Vorstellungen in Bezug auf die ausgeschriebene Funktion vorbereitet.

7 Schon wenige Tage vor dem Hearing sei ein Artikel in der Tiroler Tageszeitung erschienen, in dem der später zum Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol ernannte A B als „heiße Aktie“ für diese Funktion genannt worden sei. Dies sei seitens des Landes Tirol nicht dementiert worden.

8 Im Rahmen des Hearings vor der neunköpfigen Begutachtungskommission sei dem Revisionswerber, obgleich er darauf hingewiesen habe, dass er gemäß der ihm übermittelten Einladung eine längere Präsentation vorbereitet habe, lediglich Gelegenheit zu einer kurzen Vorstellung von etwa drei bis vier Minuten gegeben worden. Er sei dann auch nach wenigen Minuten unterbrochen und ihm seien Fragen gestellt worden. Zwischen den Fragen habe er in der Folge weitere zwei bis drei Minuten Zeit bekommen, um seine Ziele und Motive darzulegen, dann sei er jedoch wieder unterbrochen und es seien weitere Fragen gestellt worden. Ihm sei keine Möglichkeit gegeben worden, alle seine Vorstellungen und Motive zu erläutern bzw seine Publikationen, Fachvorträge oder außerberuflichen Interessen zu referieren. Die Gesamtdauer seiner Anhörung habe 45 Minuten betragen. Am Ende sei er gefragt worden, ob er noch Fragen habe. Daraufhin habe er angegeben, noch weitere Ausführungen zu den Ausschreibungskriterien und seinen Vorstellungen für das Amt des Präsidenten machen zu wollen. Auf sein Drängen hin habe er noch zwei bis drei Minuten Zeit bekommen, um über seine Auslandsaufenthalte sprechen zu können, wobei er den Eindruck gehabt habe, dass dies die Kommission bereits genervt habe.

9 Später habe er erfahren, dass A B fast doppelt so viel Zeit eingeräumt worden sei, um sich zu präsentieren bzw Fragen zu beantworten.

10 Besonders auffallend sei auch gewesen, dass die weit überwiegende Anzahl der im Hearing gestellten Fragen mit Führungs und Leitungsbezug gestellt worden seien, aber keine einzige Frage zum Bereich des Judiziums oder zur richterlichen Tätigkeit. Sämtliche Aspekte im Zusammenhang mit einer richterlichen Qualifikation oder Erfahrung seien gänzlich ausgespart worden. Dies sei insbesondere deshalb nicht erklärbar, weil in der Ausschreibung ausdrücklich weitreichende Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts und der Rechtsprechung gefordert worden seien. Er selbst sei etwa 15 Jahre im Kommando einer 120 Mann starken Feuerwehr tätig und leite seit fünf Jahren einen Kammerchor mit fast 40 Sängerinnen und Sängern. Beide Funktionen erforderten nicht nur menschliche, sondern auch umfassende wirkungsorientierte ökonomische Führungsqualität.

11 Insgesamt sei beim Revisionswerber bereits kurz nach seiner Anhörung der Eindruck entstanden, dass ein von vornherein feststehendes Ergebnis in geplanter und gewollter Zusammenarbeit umgesetzt werden sollte, möge dies auch einzelnen Kommissionsmitgliedern nicht bewusst gewesen sein. Allein die Zusammensetzung der Kommission (nur drei von neun Mitgliedern hätten richterliche Erfahrungen gehabt, drei Mitglieder seien nicht einmal aus einem rechtskundigen Beruf gekommen) sei nicht erklärbar und entspreche nicht europa und verfassungsrechtlichen Standards.

12 In einer mit 20. März 2023 datierten E Mail sei dem Revisionswerber sodann mitgeteilt worden, dass ein anderer Bewerber bestellt worden sei.

13 Am 21. März 2023 sei in der Tiroler Tageszeitung ein Artikel erschienen, demzufolge die Landesregierung an diesem Tag die Bestellung des A B „absegne“.

14 A B sei der einzige Verwaltungsbeamte bzw „Nichtrichter“ gewesen, der sich um die ausgeschriebene Funktion beworben habe. Offenkundig sei auch die richterliche Tätigkeit des Revisionswerbers nachteilig beurteilt worden, während die Loyalität des Landesbeamten A B als positiv bewertet worden sei und vielleicht sogar den Ausschlag gegeben habe. A B habe sich in der Vergangenheit nie als Richter am Landesverwaltungsgericht Tirol beworben, sondern sei unter einem zum Richter und Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol ernannt worden, ohne dass jedoch wie bei jedem „einfachen Richter“ seine Qualifikation im Ernennungsverfahren durch die Vollversammlung des Landesverwaltungsgerichtes geprüft worden sei.

15 Aus den nach der Ernennung des A B veröffentlichten Pressemitteilungen und Presseaussendungen sei nicht nur erkennbar, dass diesem die in der Ausschreibung geforderte Qualifikation der weitreichenden Kenntnisse und praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts und der Rechtsprechung gänzlich fehle, sondern, dass dies absichtlich ignoriert worden sei.

16 Der Revisionswerber habe weit höhere Qualifikationen und Erfahrungen als A B. Folglich sei bei dem Bestellungsverfahren sowohl durch die Art des Auswahlverfahrens als auch durch die getroffene Auswahl gegen das Gleichbehandlungsgebot des Tiroler Landes Gleichbehandlungsgesetzes 2005 verstoßen worden. Es liege eine Altersdiskriminierung vor, weil bei dem erheblich jüngeren Kandidaten ein Kriterium der Ausschreibung völlig ignoriert worden sei. Die fehlende Erfahrung als Richter könne auch nicht durch andere Qualifikationen des A B kompensiert werden, zumal der Revisionswerber über eine weit größere, auch internationale berufliche Erfahrung verfüge, und seine langjährige Vortragstätigkeit, seine zahlreichen Publikationen und seine langjährigen außerberuflichen Erfahrungen unberücksichtigt geblieben seien. Auch liege eine Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung vor, weil die Bestellung willkürlich aufgrund verpönter Motive erfolgt sei. Die Auswahl des A B sei aus Gründen der politischen Nähe und der politischen Gunst erfolgt. Dies folge auch aus dem Ablauf des Hearings und der (nichtrichterlichen) Zusammensetzung der Begutachtungskommission.

17 Durch die aufgezeigten Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes sei dem Revisionswerber ein Vermögensschaden entstanden, der sich aus dem Entgang der sich aus § 27 TLVwGG ergebenden Zulage samt erhöhter Aufwandsentschädigung bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand sowie der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung ergebe.

18 Die Tiroler Landesregierung wies die Anträge des Revisionswerbers mit Bescheid vom 13. Oktober 2023 jeweils als unbegründet ab.

19 Begründend verwies die Tiroler Landesregierung zunächst auf die bundesverfassungsrechtlichen und landesgesetzlichen Vorgaben für die Ernennung des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol. Demnach erfolge die Ernennung sämtlicher „einfacher“ Mitglieder des Landesverwaltungsgerichtes gemäß § 2 TLVwGG iVm Art. 134 Abs. 2 B VG durch die Landesregierung auf Grundlage eines Dreiervorschlags der Vollversammlung oder eines aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und fünf sonstigen aus der Vollversammlung gewählten Mitgliedern des Landesverwaltungsgerichtes bestehenden Ausschusses, wobei der Dreiervorschlag keine Reihung enthalten müsse und im Übrigen nicht bindend sei. Bezüglich der exekutiven Bestellung der Leitungsorgane des Verwaltungsgerichtes sei durch Art. 134 Abs. 2 B VG vorgegeben, dass diese zwingend ohne Bindung an Vorschläge eines richterlichen Gremiums erfolge. Bei der Ernennung des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Landesverwaltungsgerichtes sei kein Dreiervorschlag der Vollversammlung zu erstellen und ein solcher sei von der Landesregierung nicht einzuholen. Diese Mitglieder könnten sohin ohne Einbindung der Mitglieder des Landesverwaltungsgerichtes ernannt werden.

20 Bei der Ernennung von Landesverwaltungsrichtern handle es sich um eine gemäß Art. 51 Abs. 2 Tiroler Landesordnung 1989 der Landesregierung als Kollegium vorbehaltene Angelegenheit. Dementsprechend sei gemäß § 2 Abs. 3 Z 19 Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung die Landesregierung mit der Ernennung des Präsidenten, des Vizepräsidenten und der weiteren Mitglieder des Landesverwaltungsgerichtes sowie von fachkundigen Laienrichtern und Ersatzrichtern mittels Kollegialbeschluss betraut.

21 Bei der Besetzung der Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes seien die von der Tiroler Landesregierung beschlossenen Richtlinien für die Besetzung von leitenden Funktionen und enddienstklassenfähigen Planstellen (Ausschreibungsrichtlinien) anzuwenden. Gemäß diesen Ausschreibungsrichtlinien sei zur Erstattung eines Dreiervorschlags eine Begutachtungskommission eingerichtet worden. Fallbezogen sei die Begutachtungskommission über die Anforderungen der Ausschreibungsrichtlinie hinaus erweitert worden, um einen transparenten und objektiven Bewerbungsprozess zu gewährleisten. Vier Mitglieder der Begutachtungskommission hätten über einschlägige Erfahrung in der richterlichen Tätigkeit verfügt.

22 Weiters wies die Tiroler Landesregierung nach einer Darstellung der Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes darauf hin, dass der Vorhalt des Revisionswerbers, wonach A B kein Verfahren zur Richterbestellung durchlaufen habe, deshalb nicht greife, weil aufgrund der gesetzlichen Vorgaben auch nichtrichterliche Personen, die die notwendigen Voraussetzungen erfüllten, Präsident des Landesverwaltungsgerichtes werden könnten. Der Ausschluss von Personen, die keine richterliche Funktion innehätten, sei rechts und verfassungswidrig.

23 Weiters könne auch der Vorhalt der fehlenden Qualifikation des A B nicht nachvollzogen werden. Allein der Umstand, dass A B bis zu seiner Ernennung keine richterliche Funktion ausgeübt habe, dürfe nicht den Ausschlag geben. A B verfüge über langjährige Erfahrung im Verwaltungsdienst, insbesondere auch in leitender Funktion als Vorstand der Abteilung Landwirtschaftliches Schulwesen und Landwirtschaftsrecht. Eben diese Führungskompetenz sei für die Betrauung mit der Funktion des Präsidenten von maßgeblicher Bedeutung. Die Aufgaben eines Präsidenten gingen weit über die richterliche Tätigkeit hinaus und erforderten weitreichende Erfahrungen in der Leitung einer gesamten Organisationseinheit. A B sei als Vorstand der Abteilung Landwirtschaftliches Schulwesen und Landwirtschaftsrecht für legistische Regelungsvorhaben, für Vollzugsfragen und höchstgerichtliche Verfahren verantwortlich gewesen. Auch sei er Verfahrensführer in Verwaltungsverfahren und als bescheiderlassendes Organ tätig gewesen. Solche Verfahren der Einzelentscheidung gegenüber Rechtsunterworfenen enthielten viele Elemente, die sich mit solchen in verwaltungsgerichtlichen Verfahren als gleichförmig erwiesen, zumal sie auch mit umfassenden verfahrensrechtlichen Verpflichtungen einhergingen. Durch seine einjährige Tätigkeit als juristischer Mitarbeiter des Verfassungsgerichtshofes weise A B auch Erfahrungen im Bereich der richterlichen Entscheidungsfindung auf höchstgerichtlicher Ebene auf. Noch vor der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit sei A B im Rahmen seiner Tätigkeit als Verwaltungsjurist zudem mit zahlreichen Entscheidungen im Berufungsverfahren betraut gewesen.

24 Zur behaupteten Diskriminierung aufgrund des Alters wies die Tiroler Landesregierung darauf hin, dass A B die in § 2 Abs. 3 TLVwGG iVm Art. 134 Abs. 2 B VG definierten Voraussetzungen erfülle und die Begutachtungskommission ihre Entscheidung über die Zusammensetzung des Dreiervorschlags im Einklang mit den in den Ausschreibungsrichtlinien vorgesehenen Kriterien getroffen habe. Anders als A B verfüge der Revisionswerber nicht über die für die Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes geforderte Führungserfahrung und Führungskompetenz. Die Tätigkeiten als Mitglied im Kommando der Feuerwehr und als Obmann eines Chors könnten nicht mit den Aufgaben des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes verglichen werden. Die Begutachtungskommission sei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Revisionswerber nicht über die erforderliche persönliche und fachliche Eignung für die Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes verfüge; insbesondere erfülle er nicht die ausschlaggebende Voraussetzung der mehrjährigen Führungserfahrung und Führungskompetenz.

25 Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung beruhe die Entscheidung der Begutachtungskommission auf sachlich nachvollziehbaren Erwägungen. Dafür spreche auch, dass die Entscheidung einstimmig gefallen sei.

26 Weiters sei die Berufungskommission ohnehin nur mit der Erstellung eines ungereihten Dreiervorschlags befasst gewesen. Die Entscheidung, wer als bestgeeignetster Kandidat zum Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes ernannt werde, obliege aufgrund verfassungsrechtlicher Vorschriften ausschließlich der Landesregierung, die frei von jeglichen Wertungen und ohne Bindung an einen Vorschlag der Begutachtungskommission im eigenen Ermessen einen Kandidaten zum Präsidenten ernennen dürfe. Schon deshalb gehe der Vorwurf des Revisionswerbers, aufgrund des Alters diskriminiert worden zu sein, ins Leere.

27 Auch könne dem Vorwurf der Diskriminierung aufgrund des Alters wegen einer Mindergewichtung spezifischer Berufserfahrung nicht gefolgt werden. Gerade im Gegenteil würde das Abstellen auf die Berufserfahrung eine Diskriminierung aufgrund des Alters darstellen, weil diesfalls stets der dienstältere Bewerber im Vorteil wäre.

28 Zur behaupteten Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung verwies die Tiroler Landesregierung auf ihre Ausführungen zur Diskriminierung aufgrund des Alters. Im Übrigen habe dem Verfahren vor der Begutachtungskommission keine Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung anhaften können, weil diese lediglich über die Eignung der Bewerber zu entscheiden gehabt habe und nicht mit der „finalen Betrauung“ des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes befasst gewesen sei. Die Beurteilung der Besteignung habe nicht der Begutachtungskommission oblegen.

29 Soweit der Revisionswerber die erfolgte Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung daraus ableite, dass er über den Ablauf des Hearings falsch informiert worden sei und die angekündigte „Präsentation“ nicht in der Form stattgefunden habe, wie er sich dies vorgestellt habe, verwies die Tiroler Landesregierung darauf, dass keine solche „Fehlinformation“ stattgefunden habe. Auch seien allen Bewerbern dieselben Fragen gestellt worden. Schließlich sei die Begutachtungskommission nicht willkürlich und ergebnisfokussiert besetzt worden, sondern anhand der Ausschreibungsrichtlinien und es seien weitere Mitglieder mit richterlicher Expertise beigezogen worden. Im Übrigen würden die vom Revisionswerber getätigten Ausführungen zur Parteizugehörigkeit des A B keinen Bezug zu einer Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung gemäß § 29 LGlBG 2005 aufweisen.

30 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde. Dabei machte er sowohl verfahrensrechtliche als auch inhaltliche Mängel des Bescheides vom 13. Oktober 2023 geltend und brachte unter anderem vor, es sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund er selbst als für die Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes aus persönlichen und fachlichen Gründen weniger geeignet angesehen worden sei, als A B. Seine weit höhere Qualifikation und einschlägige Erfahrung seien unrichtig beurteilt worden.

31 Diese Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Tirol nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

32 In dem angefochtenen Erkenntnis traf das Verwaltungsgericht nach einer Darstellung des Verfahrensganges Feststellungen zu den Anforderungen für die Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol gemäß der am 29. Dezember 2022 veröffentlichten Ausschreibung und zum Inhalt der Bewerbung des Revisionswerbers bzw des A B, zum Ablauf des Ernennungsverfahrens sowie zum Lebenslauf des Revisionswerbers bzw des A B. Im Rahmen einer „Gegenüberstellung der beruflichen Werdegänge“ hob das Verwaltungsgericht hervor, dass der Revisionswerber zunächst 13 Jahre als Sachbearbeiter im Stadtmagistrat Innsbruck tätig gewesen sei und seit 2004 eine verwaltungsgerichtliche Tätigkeit, zunächst als Mitglied des UVS Tirol und später als Richter des Landesverwaltungsgerichtes Tirol ausgeübt habe. Weiters sei er von 2007 bis 2016 Mitglied des Geschäftsverteilungsausschusses des UVS Tirol bzw des Landesverwaltungsgerichtes Tirol gewesen. A B sei vor seiner Bestellung zum Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes 13 Jahre in unterschiedlichen Funktionen in der Landesverwaltung und von 1. April 2018 bis 30. April 2023 als Vorstand der Abteilung Landwirtschaftliches Schulwesen und Landwirtschaftsrecht tätig gewesen. Überdies hielt das Verwaltungsgericht fest, dass sowohl der Revisionswerber als auch A B nebenberuflich wissenschaftlich tätig seien.

33 Nach beweiswürdigenden Ausführungen ging das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung sodann soweit für die vorliegende Revisionssache maßgeblich zusammengefasst davon aus, dass auch „nicht richterliche Personen“, die die in Art. 134 Abs. 2 B VG und § 2 Abs. 3 TLVwGG normierten Voraussetzungen erfüllten, Präsident des Landesverwaltungsgerichtes Tirol werden könnten. Ein Ausschluss des A B, der bis zu seiner Bewerbung nicht richterlich tätig gewesen sei, wäre verfassungswidrig gewesen. Art. 134 Abs. 2 zweiter Satz B VG verbiete die Bevorzugung von Bewerbern aufgrund ihrer bisherigen (verwaltungs ) richterlichen Tätigkeit. Im Übrigen seien Verfahren und die Entscheidungsfindung in Verwaltungsverfahren mit der richterlichen Tätigkeit vergleichbar. Sowohl der Revisionswerber als auch A B erfüllten die in Art. 134 Abs. 2 letzter Satz B VG normierten Voraussetzungen für die Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol.

34 Weiters unterstreiche § 8 TLVwGG die Leitungsfunktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol. Der in dieser Bestimmung umschriebene Aufgabenbereich umfasse administrative Tätigkeiten. Zwar möge für einzelne Aufgaben eine vorherige verwaltungsrichterliche Tätigkeit von Vorteil sein. Dennoch sei nicht schlüssig, dass „nicht richterliche Personen“ die Aufgaben des Präsidenten nicht bewältigen könnten.

35 Ausgehend von dem der Landesregierung eingeräumten weiten Ermessensspielraum sei diese berechtigt gewesen, insbesondere im Hinblick darauf, dass der Präsident des Landesverwaltungsgerichtes Tirol in erster Linie Führungsaufgaben zu erfüllen habe, diesem Kriterium wesentliches Gewicht beizumessen. Das Verwaltungsgericht verkenne nicht, dass die Tätigkeit des Revisionswerbers im Geschäftsverteilungsausschuss im Zeitraum von 2007 bis 2016 mit Führungsaufgaben verbunden gewesen sei. Allerdings handle es sich beim Geschäftsverteilungsausschuss um ein Gremium und kein Mitglied desselben trage somit Alleinverantwortung. Sofern der Revisionswerber vorgebracht habe, die Tätigkeit als Richter sei mit Führungsaufgaben verbunden, gelte dies für jeden Sachbearbeiter im Rahmen der Verwaltung. Gerade in Anlagenverfahren oder im Zusammenhang mit Umweltverträglichkeitsprüfungen werde von den Sachbearbeitern ein „hohes Maß an Projektmanagement“ verlangt. Daraus lasse sich jedenfalls keine höhere Eignung des Revisionswerbers gegenüber A B, der über einen relevanten Zeitraum „in der Verwaltung rechtsprecherisch tätig“ gewesen sei, ableiten. Für das Verwaltungsgericht ließen sich auch aus den nebenberuflichen Tätigkeiten des Revisionswerbers im Rahmen der Feuerwehr sowie als Chorleiter keine relevanten Schlüsse auf die Kompetenzen zur Führung eines Gerichtes ableiten. Unabhängig davon weise auch A B als Einsatzleiter der österreichischen Wasserrettung, aber auch während seiner langjährigen Tätigkeit als Rafting und Schluchtenführer außerberufliche Erfahrungen im Zusammenhang mit der Führung von Menschen auf. A B sei rund fünf Jahre als Vorstand der Abteilung Landwirtschaftliches Schulwesen und Landwirtschaftsrecht alleinverantwortlich für die Führung und damit für die Organisation und Weiterentwicklung dieser Abteilung zuständig gewesen. Diesem Umstand besonderes Gewicht beizumessen stelle keine willkürliche Vorgangsweise dar. Die vom Revisionswerber monierte Altersdiskriminierung sei nicht zu erkennen, auch wenn dieser über eine längere Berufserfahrung verfüge. Es hätten sachliche Gründe bestanden, im Hinblick auf die ausgeschriebene Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol „ein besonderes Gewicht auf Führungserfahrung zu legen“. Die Entscheidung der Landesregierung sei aus nachvollziehbaren Gründen erfolgt. Sie sei nicht von vornherein festgestanden und beruhe nicht auf verpönten Motiven.

36 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 B VG an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 10. Juni 2024, E 1685/2024 12, ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

37 In der Folge erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hat ein Vorverfahren durchgeführt, in dessen Rahmen die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht eine Revisionsbeantwortung erstattete.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

38 §§ 4, 5, 17, 29 und 35 Tiroler Landes Gleichbehandlungsgesetz 2005 (LGlBG 2005), LGBl. Nr. 1/2005, lauten auszugsweise (§ 4 in der Fassung LGBl. Nr. 40/2013):

§ 4

Allgemeines Diskriminierungsverbot

(1) Niemand darf aufgrund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe und Familienstand, unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

a) bei der Begründung des Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses,

b) bei der Festsetzung des Entgelts,

c) bei der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen,

d) bei Maßnahmen der Aus und Weiterbildung,

e) beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen),

f) bei den sonstigen Arbeitsbedingungen und

g) bei der Beendigung des Dienst oder Ausbildungsverhältnisses.

...

§ 5

Unzulässige Auswahlkriterien

Bei der Auswahlentscheidung zwischen Bewerberinnen und Bewerbern oder zwischen weiblichen und männlichen Bediensteten dürfen insbesondere folgende Kriterien nicht herangezogen werden:

a) das Lebensalter,

b) der Familienstand,

c) Teilzeitbeschäftigungen, Herabsetzungen der Wochendienstzeit oder frühere Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit,

d) eigene Einkünfte der Ehegattin oder Lebensgefährtin oder des Ehegatten oder Lebensgefährten einer Bewerberin oder eines Bewerbers,

e) zeitliche Belastungen durch Rehabilitationsmaßnahmen oder durch die Betreuung von Kindern oder von pflegebedürftigen Angehörigen und

f) die Absicht, von der Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung oder der Herabsetzung der Wochendienstzeit Gebrauch zu machen, soweit sich nicht aus der Funktion die Notwendigkeit einer Vollbeschäftigung ergibt.

...

§ 17

Beruflicher Aufstieg von Beamtinnen und Beamten

(1) Ist eine Beamtin oder ein Beamter wegen einer vom Land Tirol zu vertretenden Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach den §§ 4 Abs. 1 lit. e, 5 oder 7 nicht mit einer Verwendung (Funktion) betraut worden, so ist das Land Tirol zum angemessenen Schadenersatz verpflichtet. Dieser umfasst den Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

(2) Der Ersatzanspruch beträgt:

a) die Bezugsdifferenz für mindestens drei Monate, wenn die Beamtin oder der Beamte bei diskriminierungsfreier Auswahl mit der Verwendung (Funktion) betraut worden wäre;

b) die Bezugsdifferenz bis zu drei Monate, wenn die Beamtin oder der Beamte im Verfahren für den beruflichen Aufstieg diskriminiert worden ist, aber wegen der besseren Eignung der oder des beruflich aufgestiegenen Bediensteten auch bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht mit der Verwendung (Funktion) betraut worden wäre.

Maßgeblich für die Bemessung des Ersatzanspruches ist jeweils die Differenz zwischen dem Monatsbezug, den die Beamtin oder der Beamte bei erfolgter Betrauung mit der Verwendung (Funktion) erhalten hätte, und dem tatsächlichen Monatsbezug.

...

§ 29

Allgemeines Diskriminierungsverbot

(1) Niemand darf aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Religion, seiner Weltanschauung, einer Behinderung, seines Alters oder seiner sexuellen Orientierung unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

a) bei der Begründung des Dienst oder Ausbildungsverhältnisses,

b) bei der Festsetzung des Entgelts,

c) bei der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen,

d) bei Maßnahmen der Aus und Weiterbildung,

e) beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen),

f) bei den sonstigen Arbeitsbedingungen und

g) bei der Beendigung des Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses.

(2) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrer Religion, ihrer Weltanschauung, einer Behinderung, ihres Alters oder ihrer sexuellen Orientierung in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(3) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer bestimmten ethnischen Gruppe angehören, Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, Personen mit einer bestimmten Behinderung, Personen eines bestimmten Alters oder Personen mit einer bestimmten sexuellen Orientierung in besonderer Weise gegenüber anderen Personen benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(4) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung einer Person zur Diskriminierung aufgrund der im Abs. 1 genannten Diskriminierungsgründe vor.

...

§ 35

Anwendung von Bestimmungen

(1) Hinsichtlich

a) der Rechtsfolgen einer vom Land Tirol zu vertretenden Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach den §§ 29, 31 oder 32,

b) der Rechtsfolgen einer Belästigung nach § 34 und

c) der Bemessung des Schadenersatzes

gelten die §§ 12 bis 21 sinngemäß.

(2) Bei der Geltendmachung von Ansprüchen nach Abs. 1 gelten hinsichtlich

a) der Fristen,

b) der Beweislastumkehr,

c) des Benachteiligungsverbotes und

d) der Nebenintervention durch Verbände, Organisationen oder andere juristische Personen, die nach ihren gesetz oder satzungsmäßigen Zielen ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung der Bestimmungen des 3. Abschnittes haben,

die §§ 23 bis 26 sinngemäß.“

39 Zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision macht der Revisionswerber unter Hinweis auf näher genannte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter anderem geltend, es sei nicht nachvollziehbar begründet worden, aufgrund welcher Erwägungen A B ihm gegenüber der Vorzug gegeben worden sei.

40 Aufgrund dieses Vorbringens erweist sich die vorliegende Revision als zulässig; sie ist auch berechtigt.

41 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem Bundes Gleichbehandlungsgesetz (BGlBG) ist es im Verfahren betreffend einen Ersatzanspruch notwendig, im Bescheid bzw im Erkenntnis die für die Beurteilung der Frage der besseren Eignung notwendigen Tatsachenfeststellungen (Berufslaufbahn, Fähigkeiten etc) hinsichtlich der zu vergleichenden Bewerber zu treffen und im Folgenden nachvollziehbar und schlüssig darzustellen, weshalb daraus die bessere Eignung eines der Bewerber abzuleiten ist (vgl VwGH 12.3.2024, Ra 2022/12/0135, Rn. 18, mwN). Dabei ist auch festzustellen, welche Tatsachen bei der Beurteilung der Qualifikation der Bewerber zu berücksichtigen sind. Dies betrifft etwa auch die Bewerbungsunterlagen. Erst wenn die erforderlichen Feststellungen betreffend die Bewerber vorliegen, ist eine Beurteilung möglich, wer die oder der Bestgeeignete ist (VwGH 21.3.2023, Ra 2021/12/0048, Rn. 33).

42Aufgrund der getroffenen Feststellungen soll es ermöglicht werden, zu beurteilen, welche Kenntnisse die Bewerber aufwiesen, um sodann einen Vergleich anzustellen, wessen Kenntnisse die umfangreicheren waren und in welchem Ausmaß sie die Kenntnisse der Mitbewerber überstiegen bzw allenfalls ein gleiches Ausmaß an Kenntnissen nachvollziehbar darzulegen. Die Verpflichtung, entsprechende Feststellungen zu treffen, gilt für alle von der Ausschreibung geforderten Fähigkeiten und Kenntnisse (vgl VwGH 29.2.2024, Ra 2022/12/0096, Rn. 17, mwN).

43Weiters geht der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung davon aus, dass die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtes gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG zu begründen sind. Diese Begründung hat, wie der Verwaltungsgerichtshof schon vielfach ausgesprochen hat, jenen Anforderungen zu entsprechen, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Demnach sind in der Begründung eines Erkenntnisses die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert dies im ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch der Entscheidung geführt haben. Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte zudem (nur) dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben (vgl neuerlich VwGH 29.2.2024, Ra 2022/12/0096, nunmehr Rn. 20, mwN).

44 Diesen Anforderungen wird das angefochtene Erkenntnis nicht gerecht. Das Verwaltungsgericht traf zwar Feststellungen zu den gemäß der Stellenausschreibung für die vakant werdende Funktion des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol maßgeblichen Anforderungen und auch zu den beruflichen Werdegängen und Qualifikationen des Revisionswerbers und des A B. Im Rahmen der „Gegenüberstellung der beruflichen Werdegänge“ beschränkte sich das Verwaltungsgericht jedoch auf eine bloße Wiederholung der bisherigen beruflichen Stationen dieser beiden Bewerber und die Feststellung, beide seien nebenberuflich wissenschaftlich tätig. Auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung erfolgte keine umfassende Gegenüberstellung der Qualifikationen vor dem Hintergrund sämtlicher von der Ausschreibung geforderten Fähigkeiten und Kenntnisse. Lediglich hinsichtlich der Anforderung der „Führungserfahrung“ führte das Verwaltungsgericht bloß kursorisch aus, A B sei besser geeignet als der Revisionswerber. Auch in diesem Zusammenhang hat es das Verwaltungsgericht unterlassen, die konkreten Führungserfahrungen, Führungskompetenzen sowie Fähigkeiten zur wirkungsorientierten ökonomischen Verwaltungsführung (siehe Ausschreibung) der Bewerber festzustellen und einander gegenüber zu stellen. Auch sonst ist eine Gegenüberstellung der Fähigkeiten bzw Kenntnisse des Revisionswerbers und des A B im Lichte der weiteren in der Ausschreibung formulierten Anforderungen gänzlich unterblieben.

45Damit entspricht das angefochtene Erkenntnis nicht den in der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes formulierten Erfordernissen und es war schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

46 Für das fortgesetzte Verfahren wird darauf hingewiesen, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn das Verwaltungsgericht davon ausgeht, die in der am 29. Dezember 2022 veröffentlichten Ausschreibung formulierte Anforderung, wonach von den Bewerbern „Weitreichende Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts und der Rechtsprechung“ verlangt würden, schließe eine Bewerbung des A B, der zuvor nicht selbst rechtsprechend tätig gewesen sei, nicht aus, zumal nicht davon auszugehen ist, dass die in der Ausschreibung formulierten Anforderungen soweit sie nicht ohnehin gesetzlich zwingend vorgegeben sind von jedem Bewerber vollumfänglich erfüllt werden müssten. Allerdings wird das Verwaltungsgericht im Rahmen der gemäß der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anzustellenden Eignungsbeurteilung auch zu diesem Kriterium soweit vorhandendie einschlägigen Erfahrungen und Kenntnisse der zu vergleichenden Bewerber zu berücksichtigen haben und dabei nicht nur nachvollziehbar darzulegen haben, welches Gewicht es diesem Kriterium im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung zumisst, sondern auch schlüssig zu begründen haben, weshalb es (gegebenenfalls) davon ausgeht, dass zu diesem Kriterium die Erfahrungen und Kenntnisse eines Bewerbers die Erfahrungen und Kenntnisse des anderen Bewerbers übersteigen (zur Notwendigkeit, auch Feststellungen dazu zu treffen, welche Tatsachen bei der Beurteilung der Qualifikation der Bewerber zu berücksichtigen sind, siehe wiederum VwGH 21.3.2023, Ra 2021/12/0048, Rn. 33, mwN).

47 Weiters wird darauf hingewiesen, dass der Ersatzanspruch nach § 17 Abs. 2 lit. a LGlBG 2005 nach dem klaren Gesetzeswortlaut voraussetzt, dass der Beamte bei diskriminierungsfreier Auswahl beruflich aufgestiegen wäre. Die über einen solchen Anspruch absprechende Dienstbehörde kann daher Letzteren dadurch entkräften, dass sie sei es auch erst aufgrund von im Schadenersatzverfahren gewonnenen Beweisergebnissen darlegt, dass der Anspruchswerber im Ergebnis zu Recht nicht ernannt wurde (zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach § 18a Abs. 2 Z 1 BGlBG siehe VwGH 10.10.2023, Ra 2022/12/0039, Rn. 21). Vor diesem Hintergrund kann entgegen der offenbar vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis vertretenen Rechtsansicht das Nichtbestehen eines Anspruchs des Revisionswerbers nach § 17 Abs. 2 lit. a LGlBG 2005 nicht allein damit begründet werden, dass dieser nicht habe nachweisen können, dass die Entscheidung, A B zum Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes zu ernennen, auf „verpönten Motiven“ beruhe.

48 Zudem wird auch zu klären sein, ob der Revisionswerber auch einen Ersatzanspruch nach § 17 Abs. 2 lit. b LGlBG 2005 geltend machen wollte, der vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 1.9.2020, Ra 2020/12/0006, Rn. 22 ff, mwN) auch als von der Sache des gegenständlichen Verfahrens umfasst anzusehen wäre.

49Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 14. Mai 2025