Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger und die Hofrätin Dr. in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter und Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision der O GmbH, vertreten durch die KPMG Alpen Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs und Steuerberatungsgesellschaft in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 7. Dezember 2022, Zl. RV/7101337/2019, betreffend Umsatzsteuer 2015 und 2016, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Die Revisionswerberin ist im Handel mit und dem Vertrieb von Strom und Gas tätig. Aufgrund einer Außenprüfung versagte das Finanzamt den Vorsteuerabzug aus vier Eingangsrechnungen, die von der E GmbH ausgestellt worden waren, weil die zugrunde liegenden Leistungen nicht erbracht worden seien.
2Die Revisionswerberin erhob gegen die Bescheide Beschwerde, der mittels Beschwerdevorentscheidung teilweise stattgegeben wurde. Begründend führte das Finanzamt in dieser aus, die Umsatzsteuerpflicht setze einen Leistungsaustausch zwischen bestimmten Personen, also eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Steuerobjekt der Umsatzsteuer sei die einzelne Leistung. Habe der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag, den er nach diesem Bundesgesetz für den Umsatz nicht schulde, gesondert ausgewiesen, so schulde er gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 diesen Betrag auf Grund der Rechnung, wenn er sie nicht gegenüber dem Abnehmer der Lieferung oder dem Empfänger der sonstigen Leistung entsprechend berichtige. Die Anwendung des § 11 Abs. 12 UStG 1994 setze jedoch voraus, dass ein Unternehmer eine Leistung ausführe. Der Anwendungsbereich des § 11 Abs. 14 UStG 1994 werde laut der Judikatur und der Lehre auf Fälle missbräuchlicher Rechnungslegung reduziert. Die Fälle der irrtümlichen Rechnungslegung würden daher § 11 Abs. 12 UStG 1994 zugeordnet und eine Berichtigungsmöglichkeit werde zugelassen.
Im vorliegenden Fall könne jedoch nicht von einer irrtümlichen Rechnungslegung ausgegangen werden. Dem leistenden Unternehmer habe bewusst sein müssen, dass Rechnungen über nicht erbrachte Leistungen ausgestellt worden seien. Darüber hinaus hätten dem Leistungsempfänger durchaus Zweifel hinsichtlich der tatsächlichen Leistungserbringung kommen müssen, insbesondere, wenn in den Rechnungen von Verteilaktionen bei Fußball-Bundesliga-Spielen die Rede sei. Selbst wenn man im vorliegenden Fall die Rechnungsberichtigung für zulässig erachten würde, so würde dies nur unter der Voraussetzung erfolgen können, dass der Aussteller der Rechnung die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt habe. Dies sei nicht erfolgt. Fehle es an einer Leistung, so könne eine Vorsteuer auch dann nicht abgezogen werden, wenn eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis vorliege und der Aussteller die Steuer gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994 schulde oder bezahlt habe. Unbestritten sei im vorliegenden Fall, dass die in Rechnung gestellten Leistungen (teilweise) nicht erbracht worden seien. Unklar sei im vorliegenden Fall hingegen, ob sich das Unternehmen auf seinen guten Glauben berufen könne, nachdem es davon ausgegangen sei, dass die Leistungen durchgeführt worden seien. Die Frage, ob das Unternehmen, das den Vorsteuerabzug geltend machen wolle, im Hinblick auf § 12 Abs. 14 UStG 1994 von einem Mehrwertsteuerbetrug bei einem voroder nachgelagerten Umsatz gewusst habe oder hätte wissen müssen, sei nur dann von Bedeutung, wenn Umsätze iSd UStG 1994 (zB Lieferungen, sonstige Leistungen) tatsächlich erbracht worden seien (arg.: der betreffende Umsatz). Ein Großteil der in Rechnung gestellten Lieferungen oder sonstigen Leistungen (Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994) seien tatsächlich nicht erbracht worden. In diesem Fall komme es nicht mehr darauf an, ob der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer von einem Mehrwertsteuerbetrug gewusst habe oder hätte wissen müssen bzw. ob er gutgläubig gewesen sei oder nicht. Vielmehr ergebe sich bereits aus § 12 Abs. 1 erster Satz UStG 1994, dass Voraussetzung für den Vorsteuerabzug das Vorliegen von Umsätzen sei. Unabhängig davon hätten beim Leistungsempfänger durchaus Zweifel hinsichtlich der vermeintlich erbrachten Verteilaktionen aufkommen müssen. Insbesondere wenn in den Leistungsnachweisen von Verteilaktionen vor Profi Fußballspielen die Rede sei. Auch einem nicht fußballaffinen Beobachter sei bewusst, dass Verteilaktionen von Glühsparlampen im Vorfeld eines Fußballspiels aus Sicherheitsaspekten (Verwendung der Sparlampen als Wurfgeschosse) wohl kaum eine Genehmigung gefunden hätten und tatsächlich durchführbar gewesen wären. Aufgrund der Beschreibung in den Leistungsnachweisen hätten der Revisionswerberin bereits Zweifel kommen müssen, ob die „vermeintlich“ erbrachten Leistungen tatsächlich erbracht worden seien. Dem Sorgfaltsmaßstab eines sorgfältigen Kaufmanns entsprechend hätten hinsichtlich der beschriebenen Leistungen lt. Leistungsnachweis Nachforschungen angestellt werden müssen.
3 Die Revisionswerberin stellte einen Vorlageantrag.
4 Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde im Sinne der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge. Es stellte fest, dass die mit den strittigen Eingangsrechnungen von der E GmbH in Rechnung gestellten Leistungen in den zwischen diesem Unternehmen als Verkäuferin und der Revisionswerberin als Käuferin abgeschlossenen Verträgen vereinbart worden seien, welche jeweils mit „Vereinbarung zur Übertragung von Energieeffizienzmaßnahmen nach dem österreichischen Bundes-Energieeffizienzgesetz“ übertitelt gewesen seien. Der strittige Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der E GmbH betreffe Energieeffizienzmaßnahmen, bei welchen die ausgewiesenen Energieeinsparungen durch einen (fiktiven) Austausch alter Glühbirnen durch LED Leuchtmittel errechnet worden seien. Da durch Ermittlungen der Finanzverwaltung aufgedeckt worden sei, dass die für eine vollumfängliche Durchführung der Verteilaktionen erforderliche Anzahl an LED Leuchtmitteln bei den Vorlieferanten der E GmbH überhaupt nicht vorhanden gewesen seien, sei zweifelsfrei erwiesen, dass mit den Eingangsrechnungen (teilweise) Leistungen in Rechnung gestellt worden seien, die nicht erbracht worden seien. Aufgrund nachträglicher Leistungserbringung im Rahmen von Gewährleistungsmaßnahmen sei ein Teil der Vorsteuern in der Beschwerdevorentscheidung anerkannt worden.
5 Die Versagung des strittigen Vorsteuerabzuges sei deshalb erfolgt, weil mit den Eingangsrechnungen der E GmbH Leistungen in Rechnung gestellt worden seien, die erwiesenermaßen nicht erbracht worden seien. Die Revisionswerberin argumentiere, dass die in Rechnung gestellten Leistungen sehr wohl erbracht worden seien und die abweichende Sichtweise der Abgabenbehörde auf einem irrigen Verständnis der vertraglich vereinbarten Leistungen beruhe. Aus Punkt 1 der „Vereinbarung zur Übertragung von Energieeffizienzmaßnahmen nach dem österreichischen Bundes-Energieeffizienzgesetz“ gehe explizit hervor, dass von der E GmbH „die anrechenbaren HH Maßnahmen“ an die Revisionswerberin veräußert worden seien, bezüglich welcher von der Verkäuferin überdies bestätigt worden sei, dass diese bereits gesetzt worden seien. Dadurch komme der Vertragswille auf eindeutige Weise zum Ausdruck. Der zwischen den Vertragspartnern vereinbarte Leistungsgegenstand solle demnach in tatsächlich gesetzten Energieeffizienzmaßnahmen bestehen. Abgesehen davon, dass die Vereinbarung in Punkt 1 eindeutig sei und keine andere Interpretation zulasse, finde diese Beurteilung die Bestätigung in Punkt 6 der Verträge, wonach die Zahlung „nach vollständiger Übergabe der Unterlagen zur Dokumentation der Energieeffizienzmaßnahmen“ erfolgen solle. Die Veräußerung und der Erwerb anrechenbarer Energieeffizienzmaßnahmen bzw. der Rechte an solchen Maßnahmen stehe logischerweise unter der Voraussetzung der tatsächlichen Leistung der Maßnahme, zumal es andernfalls zu einem Unterlaufen der in § 2 des Bundes Energieeffizienzgesetzes (BGBl. I Nr. 72/2014) normierten Gesetzeszwecke kommen würde. Insoweit auf die Handelbarkeit von Energieeffizienzmaßnahmen rekurriert werde, gelte es grundsätzlich zu bedenken, dass Energieeffizienzmaßnahmen, die niemals geleistet worden seien, aus zivilrechtlicher Perspektive überhaupt nicht den Gegenstand von rechtswirksamen Kaufvereinbarungen bilden könnten. An Maßnahmen, die nicht gesetzt worden seien, könnten definitiv keine Rechte erworben werden. Energieeffizienzmaßnahmen, die in der Realität nicht gesetzt worden seien, könnten daher nicht den objektiv nachvollziehbaren Gegenstand eines Vertrages bilden und folglich auch keinen Leistungsgegenstand im umsatzsteuerlichen Sinne darstellen, sondern lediglich zum Gegenstand von Scheinverträgen gemacht werden.
6Da von der E GmbH in den gegenständlichen Rechnungen Steuerbeträge gesondert ausgewiesen worden seien, obwohl die in Rechnung gestellten Leistungen erwiesenermaßen nicht ausgeführt worden seien, schulde das rechnungslegende Unternehmen diese Beträge. Der vorliegende Sachverhalt sei von der belangten Behörde zu Recht als klassischer Anwendungsfall des § 11 Abs. 14 UStG 1994 beurteilt worden. Es werde auf die in allen Punkten rechtlich zutreffende Begründung in der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde verwiesen, die im Sachverhaltsteil dieser Entscheidung vollinhaltlich wiedergegeben sei. Insoweit sich die Revisionswerberin gegen die Versagung des Vorsteuerabzuges aus den gegenständlichen Rechnungen der E GmbH wende und sich auf guten Glauben berufe, sei auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu verweisen, wonach ein Vorsteuerabzug generell nur dann zustehe, wenn der andere Unternehmer eine Lieferung oder sonstige Leistung erbringe. Fehle es daran, so könne eine Vorsteuer auch dann nicht abgezogen werden, wenn eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis vorliege und der Aussteller die Steuer gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994 schulde. Aus den dargelegten Gründen ermangle es aufgrund der gegebenen Sachverhaltskonstellation an den Voraussetzungen für eine Gewährung des Vorsteuerabzuges aus den Rechnungen der E GmbH, insoweit realiter keine Energieeffizienzmaßnahmen gesetzt worden seien.
7Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die in ihrer Zulässigkeitsbegründung vorbringt, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es für umsatzsteuerliche Zwecke nicht relevant, welche Leistung vereinbart worden sei, sondern welche Leistung tatsächlich ausgeführt und entgolten werde. Die vertragliche Vereinbarung könne daher für die umsatzsteuerliche Einordnung einer Leistung von Bedeutung sein. Ob und welche vertragliche Vereinbarung getroffen worden sei, spiele aber für die Frage, ob eine umsatzsteuerlich relevante Leistung erbracht worden sei, keine Rolle. Selbst wenn es keine vertragliche Vereinbarung gebe oder diese zivilrechtlich ungültig sei, könne eine umsatzsteuerlich relevante Leistung vorliegen. Weiche die erbrachte Leistung von der vertraglich vereinbarten Leistung ab, richte sich die umsatzsteuerliche Beurteilung nach der ausgeführten Leistung. Selbst wenn die vertraglich vereinbarte Leistung nicht erbracht worden sei, könne daraus nicht abgeleitet werden, dass generell keine Lieferung oder sonstige Leistung erbracht worden sei. Das Bundesfinanzgericht hätte vielmehr prüfen müssen, ob eine andere, womöglich vom Vertragsinhalt abweichende Leistung erbracht worden sei, über die eine Rechnung ausgestellt worden sei. Sei dies der Fall, bleibe für die Anwendung des § 11 Abs. 14 UStG 1994 kein Raum. Insofern liege eine Verletzung von Verfahrensvorschriften und damit auch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Es wäre (gegebenenfalls zusätzlich) zu prüfen gewesen, ob (irgend)eine, womöglich vom Vertragsinhalt abweichende Leistung erbracht und aufgrund dieser Leistung die maßgebenden Rechnungen ausgestellt worden seien.
8 Die Revisionswerberin habe sich in der Beschwerde darauf berufen, dass es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) der Grundsatz der Effektivität gebiete, „dass der Dienstleistungsempfänger seinen Antrag auf Erstattung unmittelbar an die Steuerbehörden richten kann“, wenn die Erstattung der Umsatzsteuer durch den Rechnungsaussteller „unmöglich oder übermäßig erschwert wird, insbesondere im Fall der Zahlungsunfähigkeit“. Es existiere allerdings weder EuGH Judikatur noch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob eine Zahlungsunfähigkeit (oder ein, einer solchen vergleichbarer Fall) auch dann vorliege, wenn wie im vorliegenden Fall davon auszugehen sei, dass eine Klagsführung gegen die E GmbH, mit dem Ziel, die mangels erbrachter Leistung zu Unrecht verrechnete Umsatzsteuer rückerstattet zu bekommen, „zu einer Insolvenz [des Lieferanten] [führen] würde“, welche anderen Fälle abgesehen von der Zahlungsunfähigkeit dazu führen würden, dass die Erstattung der Umsatzsteuer durch den Rechnungsaussteller „unmöglich oder übermäßig erschwert wird“ und ob im Falle des Vorliegens eines derartigen Anspruchs des Leistungsempfängers dieser Anspruch bereits im Umsatzsteuerfestsetzungsverfahren oder in einem Nachsichtsverfahren geltend zu machen sei.
9 Von der Revisionswerberin sei auf die EuGH Judikatur verwiesen worden, wonach Unternehmern, „die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug sei es eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder ein sonstiger Betrug einbezogen sind, auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen können [müssen], ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren“. Das Bundesfinanzgericht, welches auf die Begründung der Abgabenbehörde verweise, befasse sich weder mit der in der Bescheidbeschwerde erwähnten EuGHJudikatur noch mit dem einschlägigen Schrifttum, sondern beschränke sich darauf festzuhalten, dass kein Anwendungsfall des § 12 Abs. 14 UStG 1994 vorliege. Es bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich mit der Frage befasse, ob der Vorsteuerabzug einem gutgläubigen Rechnungsempfänger zustehe, der aus guten Gründen davon ausgehe, die verrechnete Leistung erhalten zu haben, und nicht „wusste oder wissen musste“, dass in Wahrheit keine Leistung erbracht worden sei.
10 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
13Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 Die Revision macht (unter der Überschrift „Gutglaubens bzw. Vertrauensschutz“) geltend, es bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich mit der Frage befasse, ob der Vorsteuerabzug einem gutgläubigen Rechnungsempfänger zustehe, der aus guten Gründen davon ausgehe, die verrechnete Leistung erhalten zu haben, und nicht „wusste oder wissen musste“, dass in Wahrheit keine Leistung erbracht worden sei.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, dass es eine der materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ist, dass eine Lieferung oder Dienstleistung von einem anderen Steuerpflichtigen erbracht wurde. Wurden die verrechneten Leistungen nicht bewirkt, besteht kein Recht auf Vorsteuerabzug (vgl. z.B. VwGH 24.8.2023, Ra 2023/13/0052; 22.10.2024, Ra 2024/13/0008, je mwN). Auf eine Gutoder Bösglaubigkeit des Steuerpflichtigen, der den Vorsteuerabzug vornehmen möchte, kommt es in diesem Fall nicht an (vgl. VwGH 29.3.2023, Ra 2020/13/0050; 3.1.2024, Ra 2021/15/0014, je mwN).
Die Revision macht dazu (als Verletzung von Verfahrensvorschriften) weiters geltend, das Bundesfinanzgericht hätte prüfen müssen, ob (irgend)eine, womöglich eine vom Vertragsinhalt (Verpflichtungsgeschäft) abweichende Leistung erbracht (Erfüllungsgeschäft) worden sei, über die eine Rechnung ausgestellt worden sei.
15 Bei der Geltendmachung von Verfahrensmängeln als Zulassungsgründe ist auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, darzutun. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 18.1.2024, Ra 2021/13/0029, mwN).
16 Diesem Erfordernis wird die Revision nicht gerecht, die in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht darlegt, welche konkrete Leistung von der E GmbH erbracht und verrechnet worden sei. Dass aber der Vorsteuerabzug aus Rechnungen geltend gemacht werde, in denen wie von der Revisionswerberin im Rahmen der Revisionsgründe als bloße Möglichkeit dargelegt Leistungen betreffend die Dokumentation über nicht gesetzte Maßnahmen verzeichnet worden seien, um diese Unterlagen bei der Monitoringstelle in der Hoffnung einzureichen, die Energieeffizienzmaßnahmen zu Unrecht anerkannt zu bekommen (strafbare „Fälschungsleistung“), behauptet auch die Revisionswerberin nicht. Derartiges geht auch nicht aus den in der Revision unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts zum konkreten Inhalt der Rechnungen hervor.
Die Revision macht schließlich geltend, ein Dienstleistungsempfänger könne einen Antrag auf Erstattung unmittelbar an die Steuerbehörden richten, wenn die Erstattung der Umsatzsteuer durch den Rechnungsaussteller unmöglich oder übermäßig erschwert sei (Hinweis insbesondere auf EuGH 15.3.2007, Reemtsma Cigarettenfabriken , C 35/05). Es liege keine Rechtsprechung zu der Frage vor, ob ein derartiger Anspruch auch dann bestehe, wenn eine Klagsführung gegen den Lieferanten zu einer Insolvenz des Lieferanten führen würde; welche anderen Fälle abgesehen von der Zahlungsunfähigkeit dazu führten, dass die Erstattung der Umsatzsteuer durch den Rechnungsaussteller unmöglich oder übermäßig erschwert werde; und ob im Falle des Vorliegens eines derartigen Anspruchs des Leistungsbeziehers dieser Anspruch bereits im Umsatzsteuer Festsetzungsverfahren oder in einem Nachsichtsverfahren geltend zu machen sei.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass das Bundesfinanzgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, dass eine Erstattung der Umsatzsteuer vom Rechnungsaussteller nicht (oder nur erschwert) erreicht werden könne; das Fehlen von Feststellungen zu diesem Thema wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht gerügt. Der direkte Anspruch eines Dienstleistungsempfängers gegenüber dem Finanzamt stellt aber eine Ausnahme dar und ist nur dann eröffnet, wenn der Dienstleistungsempfänger alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um seine Rechte anderweitig, insbesondere gegenüber dem Dienstleistungserbringer, geltend zu machen (vgl. EuGH 5.9.2024, H GmBH , C 83/23, Rn. 44). Dass eine Rechtsanwaltskanzlei die im vorliegenden Verfahren nicht näher belegte Annahme vertrete, eine Klagsführung gegenüber dem Dienstleistungserbringer würde zu dessen Insolvenz führen, vermag einen unmittelbaren Anspruch gegenüber dem Finanzamt nicht zu begründen.
17 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
18Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. August 2025