Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm und die Hofrätin MMag. Ginthör, den Hofrat Dr. Faber sowie die Hofrätinnen Dr. in Oswald und Dr. Kronegger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, über die Revision der L reg.Gen.m.b.H, vertreten durch die Tws rechtsanwälte og in St. Pölten, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 24. November 2023, Zl. LVwG AV 1572/001 2023, betreffend grundverkehrsbehördliche Genehmigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Grundverkehrsbehörde Bruck an der Leitha; mitbeteiligte Partei: F GmbH, vertreten durch die bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH in Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1.1. Mit Bescheid vom 24. Jänner 2023 wies die belangte Behörde den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Kaufvertrages zwischen dieser als Käuferin und fünf namentlich genannten Personen als Verkäufer über näher bestimmte Grundstücke im Ausmaß von insgesamt 345,5106 ha zu einem Kaufpreis von € 7.532.121,00 gemäß § 3, § 4 und § 6 Abs. 2 Z 1 iVm § 1 Z 1 und 2, § 7 Abs. 1 und § 11 NÖ Grundverkehrsgesetz 2007 (NÖ GVG 2007) ab.
2 Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die mitbeteiligte Partei als juristische Person nicht die Landwirteigenschaft nach § 3 Z 2 lit. a und b NÖ GVG 2007 erfülle. Die revisionswerbende Partei habe eine ordnungsgemäße Interessentenanmeldung iSd § 3 Z 4 lit. c NÖ 2007 abgegeben, weswegen gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 die Genehmigung nicht zu erteilen sei.
3 1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei.
4 Das Verwaltungsgericht stellte, soweit hier maßgeblich, fest, im Kundmachungsverfahren hätten die revisionswerbende Partei sowie J G und H E eine Interessentenanmeldung abgegeben.
5 Die revisionswerbende Partei habe in ihrer Interessentenanmeldung erklärt, in der Lage zu sein, den ortsüblichen Verkehrswert zu bezahlen und als Nachweis eine Finanzierungsbestätigung der NÖ Landes Landwirtschaftskammer über € 8 Mio. vorgelegt. Zudem habe sich die revisionswerbende Partei verpflichtet, alle land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke innerhalb von fünf Jahren an bäuerliche Landwirte weiterzugeben.
6 Sodann stellte das Verwaltungsgericht als ortsüblichen Verkehrswert der Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 3.455.106 m 2 entsprechend einem „vorgelegten Gutachten“ € 7.532.131,00 (€ 2,18 pro Quadratmeter) bis höchstens € 7.601.233,20 (€ 2,20 pro Quadratmeter) fest.
7 Im Beschwerdeverfahren habe die revisionswerbende Partei mit (im Erkenntnis wiedergegebenem) Schreiben vom 1. August 2023 ihre Interessentenerklärung zurückgezogen. Mit Stellungnahme vom 21. August 2023 hätten die Eigentümervertreter dem „Rückziehungsantrag“ ausdrücklich zugestimmt.
8 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, die mitbeteiligte Partei sei weder Landwirt noch „werdender Landwirt“ iSd NÖ GVG 2007, wofür die Bestreitung des Lebensunterhaltes aus landwirtschaftlicher Tätigkeit ein wesentliches Merkmal sei, was bei einer juristischen Person aber von vornherein ausscheide. Überdies habe die mitbeteiligte Partei mangels Vorlage eines Betriebskonzepts ihre Absicht, den eigenen und den Lebensunterhalt der Familie zumindest zu einem erheblichen Teil aus einem land und forstwirtschaftlichen Betrieb zu bestreiten, nicht durch ausreichende Gründe dargelegt. Bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 sei die Genehmigung daher zu versagen.
9 J G und H E seien (aus näher genannten Gründen) nicht als Interessenten iSd § 3 Z 4 lit. a NÖ GVG 2007 zu qualifizieren.
10 Hingegen entspreche die Interessentenerklärung der revisionswerbenden Partei sämtlichen Voraussetzungen des § 3 Z 4 lit. c NÖ GVG 2007. Daran ändere auch die im Beschwerdeverfahren mitgeteilte Zurückziehung der Interessentenerklärung und die Zustimmung der Verkäuferseite dazu nichts. Bei dieser Zustimmung handle es sich lediglich um eine zivilrechtliche Vereinbarung, die im Rahmen des hier anzuwendenden öffentlichen Rechts keine Wirkung entfalten könne, weil andernfalls der Zweck des grundverkehrsbehördlichen Verfahrens durch allfällige Parteienvereinbarungen umgangen werden könne.
11 Die revisionswerbende Partei habe die Zurückziehung der Interessentenerklärung damit begründet, dass entgegen ursprünglicher Ankündigungen das Interesse an den gegenständlichen Waldflächen sehr gering bis nicht vorhanden sei, weshalb sie durch einen Ankauf ihren Auftrag zur Förderung der regionalen bäuerlichen Familienbetriebe nicht erfüllen würde. Diese Begründung sei schon deswegen nicht von Relevanz bzw. nicht nachvollziehbar, weil das NÖ GVG 2007 die revisionswerbende Partei nicht zur sofortigen Weitergabe an bäuerliche Landwirte verpflichte, sondern dafür eine Frist von fünf Jahren einräume.
12 Der revisionswerbenden Partei komme bei einer ordnungsgemäßen Anmeldung ihres Kaufinteresses innerhalb der Anmeldefrist gemäß § 3 Z 4 lit. c NÖ GVG 2007 kraft Gesetzes die Landwirteigenschaft zu, weswegen der Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 vorliege.
13 Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob in einem laufenden grundverkehrsbehördlichen Verfahren eine rechtmäßig erstattete Interessentenerklärung rechtwirksam vor Erlassung der Beschwerdeentscheidung zurückgezogen werden könne.
14 1.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. Im Vorverfahren wurden keine Revisionsbeantwortungen erstattet.
15 2. Das NÖ Grundverkehrsgesetz 2007 (NÖ GVG 2007), LGBl. 6800 0 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 38/2019, lautet (auszugsweise):
„§ 3
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes gelten als:
...
4. Interessent oder Interessentin ist bzw. sind:
...
c) der NÖ landwirtschaftliche Förderungsfonds und die land und forstwirtschaftliche Boden- und Grunderwerbsgenossenschaft für Niederösterreich reg.Gen.m.b.H., wenn sie bereit ist, anstelle des Rechtserwerbers oder der Rechtserwerberin durch ein rechtsverbindliches Anbot ein gleichartiges Rechtsgeschäft unter Lebenden über alle vertragsgegenständlichen Grundstücke abzuschließen und in der Lage ist, die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes oder Pachtzinses und die sonstigen ortsüblichen und für den Verkäufer oder die Verkäuferin (Verpächter oder Verpächterin und dgl.) lebensnotwendiger Vertragsbedingungen zu erfüllen und sich verpflichtet, alle land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke innerhalb von fünf Jahren an bäuerliche Landwirte oder bäuerliche Landwirtinnen weiterzugeben (§ 1 Z 1).
...
§ 6
Genehmigungsvoraussetzungen
...
(2) Die Grundverkehrsbehörde hat einem Rechtsgeschäft die Genehmigung zu erteilen, wenn es dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes nicht widerspricht. Soweit ein solches Interesse im Einzelfall nicht besteht, ist die Genehmigung auch dann zu erteilen, wenn das Rechtsgeschäft dem Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht. Die Genehmigung ist insbesondere nicht zu erteilen, wenn
1. der Rechtserwerber oder die Rechtserwerberin kein Landwirt oder keine Landwirtin ist und zumindest ein Interessent oder eine Interessentin vorhanden ist;
...“
16 3.1. Die revisionswerbende Partei stützt ihre Revisionslegitimation auf Art. 133 Abs. 6 Z 1 BVG. Prozessvoraussetzung für die Erhebung einer Revision ist (unter anderem) das objektive Rechtsschutzinteresse an der Kontrolle der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof (Beschwer). Eine derartige Beschwer liegt vor, wenn das angefochtene verwaltungsgerichtliche Handeln vom Antrag des Revisionswerbers zu dessen Nachteil abweicht (formelle Beschwer) oder mangels Antrages das Verwaltungsgericht den Revisionswerber durch seine Entscheidung belastet (vgl. etwa VwGH 14.2.2023, Ra 2020/13/0107, mwN).
173.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die subjektive Rechtssphäre von landwirtschaftlichen Interessenten iSd § 3 Z 4 NÖ GVG 2007 im Verfahren zur Erlangung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung allerdings nicht unbeschränkt. Zwar haben solche Interessenten jedenfalls in Ansehung des Versagungsgrundes nach § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 (Erwerber kein Landwirt) eine subjektiv-öffentliche Abwehrrechtsposition, die in § 11 Abs. 6 NÖ GVG 2007 klargestellt ist, dh sie haben ein Recht darauf, dass die Genehmigung eines Rechtserwerbs durch einen Nichtlandwirt unterbleibt. Die Abwehrrechtsposition eines Interessenten reicht nur so weit, dass er einerseits seine prozessuale Stellung als Interessent verteidigen und andererseits verhindern kann, dass der Rechtserwerb durch einen Nichtlandwirt grundverkehrsbehördlich genehmigt wird (vgl. VwGH 6.10.2023, Ra 2022/11/0129, mwN).
18 In diesem Recht konnte die revisionswerbende Partei durch das angefochtene Erkenntnis aber schon deswegen nicht verletzt werden, weil mit dieser Entscheidung der Rechtserwerb durch die mitbeteiligte Partei nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ein Nichtlandwirt grundverkehrsrechtlich gerade nicht genehmigt wurde.
19 3.3. Die revisionswerbende Partei strebt mit der Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses an, nicht mehr an ihr ursprünglich mit der Interessentenanmeldung verbundenes Angebot zum Erwerb der gegenständlichen Liegenschaften gebunden zu sein.
20Eine diesbezügliche Rechtsverletzung scheidet im Revisionsfall allerdings schon deswegen aus, weil Sache des gegenständlichen Verfahrens bloß die grundverkehrsrechtliche Genehmigung des zwischen der mitbeteiligten Partei als Käuferin und fünf namentlich genannten Personen als Verkäufer abgeschlossenen Kaufvertrages über die gegenständlichen Grundstücke, die mit dem angefochtenen Erkenntnis versagt wurde, ist. Die Rechtskraftwirkung eines verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses kann sich grundsätzlich allein auf den Spruch und nicht auf einzelne Begründungselemente beziehen (vgl. VwGH 10.5.2023, Ra 2023/07/0006, mwN). Nur der Versagung der grundverkehrsrechtlichen Genehmigung kommt somit Bindungswirkung zu, nicht auch der für die Begründung dieses Spruches vorausgesetzten rechtlichen Beurteilung, es liege trotz Zurückziehung der Interessentenanmeldung (weiterhin) ein verbindliches Angebot der revisionswerbenden Partei zum Erwerb der gegenständlichen Liegenschaften vor.
21 Die revisionswerbende Partei kann daher auch unter diesem Gesichtspunkt durch das angefochtene Erkenntnis nicht beschwert sein.
224. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Wien, am 16. September 2025