Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm und den Hofrat Dr. Faber sowie die Hofrätin Dr. in Oswald als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Janitsch, über die Revision der C M, vertreten durch Mag. Sabine Barbach, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Albertgasse 1/ 2. Stock/Tür 14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3. Mai 2023, Zl. W166 2003742 1/161E, betreffend Abweisung von Anträgen nach dem Verbrechensopfergesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialministeriumservice), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag, Mag. Carmen Loibner Perger als Vorsitzende, die Richterin Mag. Ivona Grubesic sowie den fachkundigen Laienrichter DI Herbert Kasberger als Beisitzer als befangen abzulehnen, wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Auszahlung von 7 000, Euro durch die belangte Behörde wird zurückgewiesen.
Der Antrag, die belangte Behörde möge bestätigen, dass die Revisionswerberin an einem posttraumatischen Belastungssyndrom und wiederholten Stress Belastungsreaktionen als Folge des Verbrechens leide, wird zurückgewiesen.
1 1. Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 23. November 2017, Ra 2016/11/0160, und auf das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 2021, Ra 2019/11/0036, verwiesen.
2 1.1. Mit dem Erkenntnis vom 23. November 2017, Ra 2016/11/0160, hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. September 2016, mit dem aufgrund einer Säumnisbeschwerde der Revisionswerberin deren Anträge auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) wegen ihrem Vorbringen zufolge von einem im Dezember 2010 begangenen Verbrechen herrührenden Gesundheitsschädigungen abgewiesen worden waren, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, der Befundaufnahme durch die vom Verwaltungsgericht beigezogenen medizinischen Sachverständigen sei kein Dolmetscher beigezogen worden, was aber angesichts der Hinweise auf nicht ausreichende Deutschkenntnisse der Revisionswerberin notwendig gewesen wäre.
3 1.2. Mit dem Erkenntnis vom 3. Mai 2021, Ra 2019/11/0036, hob der Verwaltungsgerichtshof das im zweiten Rechtsgang ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 20. Dezember 2018, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf, weil das Verwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren keine neuerliche, von einem Dolmetscher unterstützte Befundaufnahme veranlasst, sondern lediglich im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlung eine Erörterung der bereits im ersten Rechtsgang eingeholten Sachverständigengutachten unter Beiziehung einer Dolmetscherin vorgenommen hatte.
4 In der Begründung dieses Erkenntnisses führte der Verwaltungsgerichtshof unter anderem aus:
„Der Verwaltungsgerichtshof betonte in seiner aufhebenden Entscheidung im ersten Rechtsgang, dass gerade dann, wenn den Angaben des Untersuchten im Rahmen der Befundaufnahme entscheidende Bedeutung zukommt, weil der aufzunehmende Befund Grundlage für das zu erstattende Gutachten ist, allfällige Verständigungsprobleme die Verlässlichkeit eines entscheidenden Beweismittels und damit die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung beeinträchtigen, sodass ‚erforderlichenfalls‘ auch bei einer Befragung im Rahmen einer Befundaufnahme durch einen Sachverständigen ein Dolmetscher beizuziehen ist, um dem Gebot des § 39a AVG, dessen Befolgung für ein mängelfreies Verfahren unabdingbar ist, zu entsprechen. Ist die im Sinne dieser Rechtsprechung notwendige Beiziehung eines Dolmetschers bei der Befundaufnahme, die als Grundlage eines [...] den entscheidungswesentlichen Feststellungen zugrunde gelegten Sachverständigengutachtens dient, unterblieben, so kann dieser Verfahrensmangel nicht durch eine bloße Erörterung der auf einer (insofern mangelhaften) Befundaufnahme basierenden Gutachten saniert werden. Die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts entsprach demnach auch nicht dem insofern bindenden Auftrag durch den Verwaltungsgerichtshof.
Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren wird das Verwaltungsgericht neuerliche Befundaufnahmen unter Beiziehung eines Dolmetschers für die englische Sprache zu veranlassen haben.“
5 2.1. Im fortgesetzten Verfahren beauftragte das Verwaltungsgericht eine Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, eine Fachärztin für Orthopädie/Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin, einen Facharzt für Augenheilkunde, einen Facharzt für Hals , Nasen und Ohrenheilkunde sowie einen Facharzt für Zahnheilkunde als Amtssachverständige mit der Erstellung medizinischer Gutachten. Die Revisionswerberin wurde (teilweise mehrmals) zu Untersuchungsterminen geladen, nahm die Termine jedoch jeweils unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht wahr.
6 2.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das im Säumnisweg zuständig gewordene Verwaltungsgericht den verfahrenseinleitenden Antrag der Revisionswerberin auf Gewährung von Hilfeleistungen nach dem VOG in Form von Ersatz des Verdienstentganges, Übernahme der Heilfürsorge in Form von Selbstbehalten, orthopädischer Versorgung in Form von Zahnersatz und Brille sowie Rehabilitation ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
7 In der Entscheidungsbegründung stellte das Verwaltungsgericht soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse fest, die Revisionswerberein sei am 26. Dezember 2010 bei einer Auseinandersetzung mit ihrem Lebensgefährten von diesem verletzt worden. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16. Juli 2014 sei das Strafverfahren gegen den Lebensgefährten der Revisionswerberin wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB mit Diversion erledigt worden.
8 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. November 2013 sei der Revisionswerberin zur Aufarbeitung der durch den Vorfall am 26. Dezember 2010 erlittenen psychischen Schädigung die Übernahme der Kosten für eine psychotherapeutische Krankenbehandlung bewilligt worden. In Bezug auf die weiteren Anträge der Revisionswerberin sei die belangte Behörde säumig.
9 Es könne nicht festgestellt werden, ob bzw. welche Gesundheitsschädigungen bei der Revisionswerberin aktuell vorlägen, die kausal auf das Verbrechen zurückzuführen seien. Ebenfalls könne nicht festgestellt werden, ob eine verbrechenskausale Arbeitsunfähigkeit vorliege.
10 Beweiswürdigend hielt das Verwaltungsgericht fest, die Revisionswerberin sei zu Untersuchungen der beauftragten ärztlichen Amtssachverständigen geladen worden, sie habe jedoch keinen der Untersuchungstermine wahrgenommen. Aus den von der Revisionswerberin vorgelegten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsmeldungen, die jeweils über einen begrenzten Zeitraum beginnend mit dem Untersuchungstermin oder dem Vortag und teilweise ohne Untersuchung der Revisionswerberin ausgestellt worden seien, gehe nicht hervor, dass die Revisionswerberin nicht in der Lage gewesen wäre, die Untersuchungstermine wahrzunehmen, zumal die Revisionswerberin sehr wohl in der Lage sei, regelmäßig ärztliche Behandlungen in Anspruch zu nehmen. Sowohl in der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtsgang als auch in ihrer Stellungnahme vom 10. Oktober 2022 habe die Revisionswerberin ausdrücklich erklärt, dass sie zu keiner ärztlichen Befundaufnahme mehr gehen werde. Es sei so das Verwaltungsgericht in den beweiswürdigenden Erwägungen weiter sehr aufwändig, Amtssachverständige zu finden, die in der Lage und auch bereit seien, Gutachtensaufträge anzunehmen und auch an einer Verhandlung zur Gutachtenserörterung teilzunehmen. Aus jedem der benötigten Fachgebiete sei österreichweit jeweils lediglich ein fachärztlicher Amtssachverständiger konkret zur Verfügung gestanden. Überdies habe für jeden Untersuchungstermin auch ein Dolmetscher geladen werden müssen. Aus diesen Gründen habe das Verwaltungsgericht nach einer „begonnenen zweiten Ladungsrunde“ betreffend die Fachärzte für Psychiatrie/Neurologie und Unfallchirurgie/Orthopädie sowie Allgemeinmedizin aus verfahrensökonomischen Gründen von wiederholten Ladungen der Revisionswerberin abgesehen. Eine Entscheidung auf Basis der von der Revisionswerberin vorgelegten medizinischen Unterlagen sei ohne Beurteilung fachärztlicher Sachverständiger nicht möglich. Das Verwaltungsgericht habe eine mündliche Verhandlung anberaumt, im Rahmen derer die Revisionswerberin im Hinblick auf ihre Bereitschaft zur Wahrnehmung persönlicher Untersuchungstermine hätte befragt werden sollen. Die Revisionswerberin habe aber mitgeteilt, dass sie nicht an der Verhandlung teilnehmen werde.
11 In rechtlicher Hinsicht ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass dem mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Mai 2021, Ra 2019/11/0036, erteilten Auftrag, eine neuerliche Befundaufnahme unter Beiziehung eines Dolmetschers durchzuführen, aufgrund der fehlenden Mitwirkung der Revisionswerberin nicht habe nachgekommen werden können.
12 Eine Befangenheit des erkennenden Senates des Verwaltungsgerichtes aufgrund der Vorgehensweise bei der Bestellung von Amtssachverständigen liege entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin nicht vor. Dem Verwaltungsgericht seien nur die fünf konkret beauftragten Sachverständigen zur Verfügung gestanden, weshalb drei der fünf Untersuchungen außerhalb von Wien nämlich in St. Pölten und Linz hätten stattfinden sollen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb diese Vorgehensweise eine Befangenheit begründe.
13 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
14 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
15 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
17 4.1. In der demnach für die Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung wird auf das Wesentliche zusammengefasst vorgebracht, es liege noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob (von der Revisionswerberin vorgelegte) ärztliche Bestätigungen ausreichend seien, um die Kausalität iSd VOG zu bestätigen oder ob trotz damit verbundener Retraumatisierung Befundaufnahmen durch gerichtlich beeidete Sachverständige notwendig seien. Mit dem rechtlich gebotenen Schutz von Opfern von (sexueller) Gewalt vor Retraumatisierung sei es nicht vereinbar, dass ein Opfer jede Art von Beweis antreten müsse, selbst wenn sich im Akt bereits unzählige Beweismittel befänden. Das Verwaltungsgericht sei auch von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach nachvollziehbar zu begründen sei, weshalb eine Kausalität iSd VOG nicht bestehe, abgewichen, indem es das traumabedingte Nichterscheinen zu Sachverständigenuntersuchungen als ausreichenden Grund angesehen habe, sich über sämtliches Vorbringen der Revisionswerberin hinwegzusetzen. Überdies liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage vor, ob der erkennende Senat in der Sache selbst entscheiden dürfe, ohne dass vollständig über einen „Befangenheitsantrag“ entschieden worden sei.
18 4.2. Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht dargelegt:
19 4.2.1. Zu den vom Verwaltungsgericht bei Prüfung eines Antrages auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz zu setzenden Schritten (insbesondere konkrete Feststellungen zu den Tathandlungen, eine rechtliche Qualifikation dieser Handlungen unter dem Gesichtspunkt des § 1 Abs. 1 VOG sowie die Kausalitätsprüfung) wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Punkte I.1. bis I.3. des hg. Erkenntnisses vom 6. Mai 2022, Ra 2021/11/0171, verwiesen.
20 In dieser Hinsicht wendet sich die gegenständliche Revision der Sache nach gegen die vom Verwaltungsgericht seiner Kausalitätsprüfung zugrunde gelegte (Negativ )Feststellung, es könne nicht festgestellt werden, ob bzw. welche Gesundheitsschädigungen der Revisionswerberin vorlägen, die kausal auf das Verbrechen zurückzuführen seien und ob eine verbrechenskausale Arbeitsunfähigkeit vorliege.
21 Das Verwaltungsgericht hat bei der Kausalitätsprüfung aufbauend auf die konkreten Feststellungen zur Gesundheitsschädigung (sowie zu einer allfälligen Grunderkrankung) und zu den jeweiligen Handlungen im Sinn von § 1 Abs. 1 VOG die rechtliche Beurteilung vorzunehmen, ob mit der für das VOG erforderlichen Wahrscheinlichkeit ein Kausalzusammenhang zwischen der Gesundheitsschädigung und den Handlungen im Sinn von § 1 Abs. 1 VOG besteht, und zwar auf der Basis von Feststellungen, denen ein ärztliches Sachverständigengutachten zugrunde zu legen ist (siehe erneut VwGH 6.5.2022, Ra 2021/11/0171, mwN).
22 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes korrespondiert dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken. Das Offizialprinzip entbindet die Parteien nicht davon, durch ein substantiiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhalts beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf. Dort, wo es der Behörde (bzw. dem Verwaltungsgericht) nicht möglich ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ohne Mitwirkung der Partei festzustellen, ist von einer Mitwirkungspflicht der Partei auszugehen, was insbesondere bei Informationen betreffend personenbezogene Umstände der Fall ist, über die allein die Partei verfügt. Die Mitwirkungspflicht der Partei ist gerade dort von Bedeutung, wo ein Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden kann, weil die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) außerstande ist, sich die Kenntnis von ausschließlich in der Sphäre der Partei liegenden Umständen von Amts wegen zu beschaffen. So ist etwa die Weigerung ohne triftigen Grund, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, als Verletzung der Mitwirkungspflicht der Partei angesehen worden; die Verweigerung der Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes ist derart nur dann berechtigt, wenn hiefür ausreichende Gründe vorliegen oder dem Betroffenen der Nachweis gelingt, dass die Anordnung dieser Untersuchung den Bestimmungen des § 39 Abs. 2 AVG widerstreitet, also dass die Untersuchung unbegründet angeordnet worden ist (siehe etwa VwGH 19.6.2018, Ra 2018/03/0021, mwN).
23 Der Revisionswerberin gelingt es mit dem nicht näher substantiierten Verweis auf eine mögliche Retraumatisierung nicht darzutun, dass ausreichende Gründe dafür vorgelegen wären, an der Befundaufnahme durch die vom Verwaltungsgericht beauftragten Amtssachverständigen nicht mitzuwirken, zumal sie auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren diesbezüglich lediglich nicht näher konkretisierte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt hatte und nicht erkennbar ist, dass sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren substantiiert die Unzumutbarkeit der Wahrnehmung von Terminen zur Befundaufnahme durch Ärzte männlichen Geschlechts dargelegt habe.
24 Dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision, die Einholung neuer Sachverständigengutachten sei angesichts der von der Revisionswerberin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen über ihre Gesundheitsschädigungen nicht notwendig gewesen, ist entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht mangels eigenen ärztlichen Fachwissens schon nach § 9 Abs. 4 VOG verpflichtet war, medizinische Amtssachverständige zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes zu beauftragen. In dieser Hinsicht war dem Verwaltungsgericht mit dem aufhebenden hg. Erkenntnis im zweiten Rechtsgang vom 3. Mai 2021, Ra 2019/11/0036, zudem bindend aufgetragen worden, im fortgesetzten Verfahren neuerliche Befundaufnahmen unter Beiziehung eines Dolmetschers für die englische Sprache zu veranlassen (siehe oben Rn. 3 f).
25 4.2.2. Insoweit die Revision zu ihrer Zulässigkeitsbegründung in Frage stellt, ob der erkennende Senat des Verwaltungsgerichtes angesichts eines von der Revisionswerberin gestellten „Befangenheitsantrages“ selbst entscheiden habe können, ist darauf hinzuweisen, dass sich nach § 6 VwGVG u.a. Mitglieder des Verwaltungsgerichtes unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes „wegen Befangenheit“ (nicht aber bereits bei bloßer Behauptung des Vorliegens einer Befangenheit durch eine Partei) zu enthalten haben. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine allfällige Befangenheit von Amts wegen wahrzunehmen, ein Ablehnungsrecht der Parteien besteht diesbezüglich nicht. Eine Verletzung des § 6 VwGVG durch ein Mitglied des Verwaltungsgerichtes begründet jedoch eine Rechtswidrigkeit der von ihm getroffenen Entscheidung infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und hat bei Zulässigkeit der Revision zur Aufhebung der Entscheidung aus diesem Grunde zu führen (vgl. etwa VwGH 23.1.2024, Ra 2024/02/0009, mwN).
26 Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision besteht also bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage „ob wenn nicht vollständig über einen Befangenheitsantrag entschieden wurde der erkennende Senat in der Sache selbst entscheiden kann“. Mit den konkreten Ausführungen des Verwaltungsgerichtes in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, wonach fallbezogen kein Anschein einer Befangenheit bestehe, befasst sich die Revision nicht.
27 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründet im Übrigen der Einwand der Befangenheit der entscheidenden Richter nur dann die Zulässigkeit der Revision, wenn vor dem Hintergrund des konkret vorgelegenen Sachverhaltes die Teilnahme eines oder mehrerer Mitglieder des Verwaltungsgerichtes an der Verhandlung und Entscheidung tragende Rechtsgrundsätze des Verfahrensrechtes verletzt hätte bzw. in unvertretbarer Weise erfolgt wäre (vgl. etwa VwGH 7.9.2021, Ra 2019/11/0190, mwN). Die in dieser Hinsicht bloß allgemein gehaltenes unsubstantiiertes Vorbringen enthaltende Revision legt nicht dar, dass die erkennenden Richter bei Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses voreingenommen gewesen wären.
28 4.3. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
29 5. Die an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Anträge auf Ablehnung der Mitglieder des erkennenden Senates des Verwaltungsgerichtes, auf Auszahlung eines Betrages von 7 000, Euro durch die belangte Behörde und auf Bestätigung der im Spruch genannten gesundheitlichen Beschwerden durch die belangte Behörde waren schon mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.
Wien, am 28. Jänner 2025