Ra 2016/21/0101 2 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Liegt eine Konstellation nach § 75 Abs. 20 AsylG 2005 vor, so ist die Feststellung gemäß § 52 Abs 9 FrPolG 2005 soweit sie sich auf den Herkunftsstaat bezieht, regelmäßig nur die Konsequenz der Nichtgewährung von Asyl und von subsidiärem Schutz. Das gilt allerdings nur bei unveränderter Sachlage (Hinweis E 16. Dezember 2015, Ra 2015/21/0119). Steht dagegen im Raum, dass sich die Verhältnisse maßgeblich verändert - aus der Sicht des Fremden:
verschlechtert - haben, so ist eine Überprüfung dahingehend vorzunehmen, ob eine Abschiebung in den Herkunftsstaat vor dem Hintergrund (insbesondere) des Art. 3 MRK (noch) zulässig ist. Grundlage einer solchen Überprüfung werden meist entsprechende Behauptungen des Fremden sein, mit dem im Fall eines ausreichend substantiierten Vorbringens - aber auch dann, wenn von vornherein notorische Umstände bestehen, die gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat sprechen - mit Blick auf § 51 Abs. 2 FrPolG 2005 die Stellung eines neuerlichen Antrags auf internationalen Schutz zu erörtern sein wird (Hinweis E 28. August 2014, 2013/21/0218). Stehen maßgebliche Veränderungen im Sinn des Vorgesagten zur Debatte, so ist es ausgeschlossen, ohne Weiteres die besagte Feststellung über die Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat zu treffen. Gibt es darüber hinaus auch keinen Drittstaat, der faktisch als Zielland einer Abschiebung in Betracht käme, so ist dann aber auch (zunächst) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in aller Regel nicht zulässig. Diese ist nämlich schon nach dem einleitenden Gesetzeswortlaut des § 52 Abs. 9 FrPolG 2005 grundsätzlich mit der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung zu verknüpfen ("Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig
festzustellen, dass eine Abschiebung ... ZULÄSSIG ist"), was
letztlich vor dem Hintergrund der mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 8 FrPolG 2005 verbundenen Ausreiseverpflichtung zu sehen ist; gibt es keine "positive" Feststellung, bliebe offen, wohin die Ausreise zu erfolgen habe bzw. wie sie allenfalls zwangsweise durchgesetzt werden könnte. Dass es ohne eine "positive" Feststellung keine Rückkehrentscheidung geben soll, erhellt auch aus der Einschränkung im letzten Halbsatz des § 52 Abs. 9 FrPolG 2005 ("es sei denn, ..."). Denn diese Einschränkung macht, würde man sie streng dem Wortlaut folgend auf die Feststellung bezogen lesen, keinen Sinn. Dass im Fall einer nicht möglichen Feststellung keine Feststellung zu treffen ist, versteht sich von selbst und bedürfte, zumal in Form einer dann nicht nachvollziehbaren Ausnahme, keiner gesetzlichen Anordnung. Sie muss sich also auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung beziehen, die demnach bei Unmöglichkeit einer "positiven" Feststellung zu unterbleiben hat, es sei denn, die Unmöglichkeit beruht - ausnahmsweise - auf vom Fremden zu vertretenden Gründen.