Leitsatz
Auswertung in Arbeit
Spruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Das Land Vorarlberg ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreter die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 28. Oktober 2022 wurde dem Beschwerdeführer zusammengefasst vorgeworfen, er habe am 12. März 2022 um 14:40 Uhr in Dalaas, Schnellstraße S 16, Strkm 50,9, Fahrtrichtung Deutschland mit einem näher bezeichneten Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 52 km/h überschritten. Über den Beschwerdeführer wurde wegen der Übertretung des §52 lita Z10a StVO gemäß §99 Abs2e StVO eine Geldstrafe in Höhe von € 415,– verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen und 23 Stunden festgesetzt. Die dagegen erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers an das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg langte am Vormittag des 12. Dezember 2022 bei diesem ein. Am Vormittag des 12. Dezember 2022 langten sieben weitere, den Zuständigkeitsbereich "Verkehrs- und Kraftfahrrecht" betreffende Beschwerden beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg ein.
2. Mit nunmehr angefochtenem Erkenntnis vom 1. Dezember 2023 wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab.
3. Dagegen richtet sich die auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.
Begründend wird darin im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
In der Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg würden keine Vorkehrungen für den Fall getroffen, dass an einem Tag zwei oder mehrere Geschäftsfälle bzw im Konvolut von einer Bezirkshauptmannschaft aus demselben Zuständigkeitsbereich beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg einlangen würden. Die beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg einlangenden Geschäftsfälle würden mit einem Eingangsvermerk versehen, der (lediglich) den Tag, aber nicht die Uhrzeit des Einlangens dokumentiere. Eine Reihung und Zuweisung im Sinne der in der Geschäftsverteilung festgelegten fortlaufenden Zuteilung nach dem (konkreten) Zeitpunkt des Einlangens an einem Tag, insbesondere wenn wie gegenständlich mehrere Beschwerden desselben Zuständigkeitsbereiches von einer Bezirkshauptmannschaft im Konvolut vorgelegt würden, sei sohin nicht möglich. Es sei im Ergebnis nicht nachvollziehbar und überprüfbar, warum in einer solchen Konstellation ein Geschäftsfall gerade einem bestimmten Richter zugewiesen würde. In der Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg würden auch keine Vorkehrungen – etwa in Gestalt einer Regelung, wie mit gleichzeitig einlangenden Geschäftsfällen umgegangen werden muss – getroffen, um die Zuteilung an einen bestimmten Richter nachvollziehbar festzulegen und somit überprüfbar zu machen.
Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass mit der – dem angefochtenen Erkenntnis zugrundeliegenden – Beschwerde weitere von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz im Konvolut gemeinsam übermittelte Beschwerden aus dem Zuständigkeitsbereich "Verkehrs- und Kraftfahrrecht" beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (gleichzeitig) eingelangt seien. Auf der Beschwerdevorlage der Bezirkshauptmannschaft Bregenz sei der Tag, aber nicht der konkrete Zeitpunkt des Einlangens der Geschäftsfälle vom Landesverwaltungsgericht dokumentiert und anschließend dem nach der Geschäftsverteilung angeführten Richter zugewiesen worden.
Daraus folge, dass die Zuständigkeit für die Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses nicht in der von Art83 Abs2 iVm Art135 Abs2 B VG gebotenen eindeutigen Weise und damit nachvollziehbar sowie nachprüfbar feststehe.
4. Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat den Gerichtsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der es den Beschwerdebehauptungen im Wesentlichen mit folgender Begründung entgegentritt:
Beschwerden würden dem Landesverwaltungsgericht Vorarlberg auf unterschiedliche Art vorgelegt, per Post, elektronisch, durch Boten oder durch die sogenannte Hauspost (physischer Postverkehr zwischen Landesbehörden). Im gegenständlichen Verfahren sei gemäß der Kanzleiordnung der Tag des Einlangens – 12. Dezember 2022 – auf dem Vorlageschreiben der Behörde mit einer roten Stampiglie festgehalten worden. Weisungsgemäß sei von der Einlaufstelle vermerkt worden, dass die Beschwerde am Vormittag "(VM)" vorgelegt worden sei. Auf Grund interner Weisungen seien die einlangenden Beschwerden sowohl nach dem Zeitpunkt des Einlangens als auch (bei gleichzeitigem Einlangen) nach der Reihenfolge, wie sie sich im Eingangspostkorb der Hauspost befunden hätten, in die dem Präsidenten vorzulegende Postmappe eingeordnet und vom Sekretariat fortlaufend durchnummeriert worden (im gegenständlichen Fall Nr 9). Im Anschluss sei die Postmappe dem Präsidenten zur Zuweisung gemäß der Geschäftsverteilung vorgelegt worden. Vom Präsidenten sei auf dem Vorlageschreiben vermerkt worden, in welchen Zuständigkeitsbereich die Beschwerde falle (im gegenständlichen Fall "Verkehrs- und Kraftfahrrecht"). In der Folge seien die Beschwerden vom Sekretariat weisungsgemäß entsprechend der Zuweisung und Nummerierung in die Zuteilungsliste eingetragen worden. Dadurch sei eine jederzeit nachvollziehbare Zuweisung nach dem Wortlaut der Geschäftsverteilung sichergestellt und dokumentiert. Dem Grundsatz der festen Geschäftsverteilung sei entsprochen worden.
Ein uhrzeitmäßiges Festhalten des Einlangens der Beschwerden böte wenig Mehrwert, weil sich die meisten vorgelegten Beschwerden gegen Bescheide von Landesbehörden (organisatorisch) richten würden. Diese würden zwei Mal täglich, vormittags und nachmittags, und damit zur gleichen Uhrzeit, mit der Hauspost übermittelt.
Das angefochtene Erkenntnis sei nach Inkrafttreten der Geschäftsverteilung 2023, Nr 4, verfasst und erlassen worden. Um sicherzustellen, dass künftige Zuteilungen jedenfalls verfassungskonform erfolgten, sei in §4 Abs2 der Geschäftsverteilung für den Fall, dass in einem Zuständigkeitsbereich mehrere Verfahren in derselben Tageshälfte einlangten, die auf Grund derselben Zuständigkeitsregelung mehreren Einzelmitgliedern zuzuweisen seien, normiert, dass sich die Reihenfolge der Zuweisung nach dem Alphabet richte. Nähere Regelungen zur alphabetischen Reihung seien in §4a der Geschäftsverteilung getroffen worden. Flankierend sei in §19 Abs6 der Geschäftsverteilung festgelegt, dass alle Verfahren, die bei Inkrafttreten der Geschäftsverteilung anhängig seien, den Mitgliedern zugewiesen würden, denen die Verfahren bei Inkrafttreten dieser Geschäftsverteilung zugewiesen gewesen seien. Auch vor diesem Hintergrund sei die Richterin zuständig gewesen, die das nunmehr angefochtene Erkenntnis erlassen habe.
Die Zuweisung des gegenständlichen Verfahrens sei nach dem Wortlaut der Geschäftsverteilung erfolgt. Dass das Verfahren der Reihenfolge nach den im Zuständigkeitsbereich "Verkehrs- und Kraftfahrrecht" genannten Richterinnen und Richtern fortlaufend in der Reihenfolge zugewiesen worden sei, sei durch interne Erlässe und Weisungen sowie durch eine entsprechende Dokumentation sichergestellt und jederzeit nachprüfbar gewesen. Der Beschwerdeführer bringe nicht vor, welcher Richter sonst für die Erledigung des Verfahrens zuständig gewesen sein sollte.
5. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz hat den Verwaltungsakt vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Vbg Gesetzes über das Landesverwaltungsgericht (Landesverwaltungsgerichtsgesetz, LVwG-G), LGBl 19/2013, idF LGBl 69/2019 lauten auszugsweise wie folgt:
"§11
Geschäftsverteilung
(1) Vor Ablauf jedes Kalenderjahres hat die Vollversammlung für die Dauer des nächsten Kalenderjahres die Geschäftsverteilung zu beschließen.
(2) In der Geschäftsverteilung sind insbesondere zu regeln:
a) die Zahl der Senate und ihre Zusammensetzung,
b) die Verteilung der Geschäfte auf die Senate und auf die Einzelmitglieder,
c) die Heranziehung von Richtern und Richterinnen als Ersatz (§12 Abs2).
(3) Jedes Mitglied des Landesverwaltungsgerichtes kann mehreren Senaten angehören.
(4) Bei der Verteilung der Geschäfte ist auf eine möglichst gleichmäßige Auslastung aller Mitglieder des Landesverwaltungsgerichtes Bedacht zu nehmen.
(5) Die Geschäftsverteilung kann durch die Vollversammlung während des Jahres geändert werden, wenn dies infolge der Zuweisung neuer Angelegenheiten, infolge von Veränderungen im Personalstand oder infolge der Überbelastung einzelner Senate oder von Einzelmitgliedern erforderlich ist.
(6) Der Präsident oder die Präsidentin des Landesverwaltungsgerichtes hat die Geschäftsverteilung an den Bund zu übermitteln und im Internet unter der Adresse 'www.ris.bka.gv.at' durch Freigabe zur Abfrage kundzumachen; die §§3 und 6 des Kundmachungsgesetzes gelten sinngemäß.
§12
Geschäftszuweisung
(1) Der Präsident oder die Präsidentin des Landesverwaltungsgerichtes hat die anfallenden Rechtssachen jenen Senaten oder Einzelmitgliedern zuzuweisen, die nach der Geschäftsverteilung zuständig sind.
(2) Die einem Richter oder einer Richterin zufallenden Aufgaben dürfen nur durch Verfügung der Vollversammlung abgenommen werden, wenn er oder sie verhindert ist oder sonst wegen des Umfangs der Aufgaben an deren Erledigung binnen angemessener Frist gehindert ist. Der Präsident oder die Präsidentin hat die Vertretung des Richters oder der Richterin durch jene Person zu verfügen, die nach der Geschäftsverteilung dafür zuständig ist."
2. Die Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg für das Jahr 2022, (LVwG-GV 2022), Nr 4, lautet auszugsweise wie folgt:
"§1
Zuständigkeitsbereiche
(1) Die Geschäfte des Landesverwaltungsgerichtes werden aufgrund der nachfolgenden Bestimmungen auf seine Senate und Einzelmitglieder verteilt.
(2) Zum Zwecke der Verteilung der Geschäfte auf die einzelnen Senate und Mitglieder werden folgende Zuständigkeitsbereiche gebildet:
a) Verkehrs- und Kraftfahrrecht:
Insbesondere Bodensee-SchifffahrtsO, BundesstraßenmautG, EisenbahnG, FührerscheinG, GefahrgutbeförderungsG, GelegenheitsverkehrsG, GüterbeförderungsG, KFG, KraftfahrlinienG, LuftfahrtG, SchifffahrtsG, SeilbahnG, StVO;
zusätzlich ImmissionsschutzG-Luft hinsichtlich Geschwindigkeitsüberschreitungen, ParkabgabeG, StraßenG, TiertransportG.
[…]
§4
Verteilung der Geschäfte auf die Einzelmitglieder
In den Angelegenheiten, in denen das Landesverwaltungsgericht nach den gesetzlichen Vorschriften durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat, werden die Geschäfte nach den §§5 bis 16 verteilt.
§5
Zuständigkeit der Einzelmitglieder
für Verkehrs- und Kraftfahrrecht
(1) Verfahren aus dem Bereich Verkehrs- und Kraftfahrrecht (§1 Abs2 lita) werden den nachfolgend angeführten Mitgliedern fortlaufend in der Reihenfolge Mag. Nikolaus Brandtner, Mag.a Birgit König, Dr. Johannes Schlömmer, Dr. Dietmar Ellensohn, Dr.in Eva-Maria Längle, Dr.in Elisabeth Wischenbart, Mag. Otto-Imre Pathy, Mag.a Eva Ostermeier, Mag.a Katharina Feuersinger, Dr. Reinhold Köpfle, Mag.a Claudia Brugger, Dr.in Magdalena Honsig-Erlenburg, Mag. Manuel Fleisch, Dr.in Claudia Drexel BA und Dr. Wilhelm Wachter LL.M. zugewiesen.
(2) Mag. Nikolaus Brandtner, Mag.a Birgit König, Dr. Dietmar Ellensohn, Dr.in Eva-Maria Längle, Dr.in Elisabeth Wischenbart, Mag.a Eva Ostermeier, Mag.a Katharina Feuersinger, Mag.a Claudia Brugger und Dr.in Magdalena Honsig-Erlenburg sind bei der Zuweisung nach Abs1 jedes zweite Mal zu übergehen.
(3) Verfahren nach dem GefahrgutbeförderungsG werden abweichend von Abs1 Dr.in Elisabeth Wischenbart zugewiesen.
[…]
§19
Schlussbestimmungen
(1) Diese Geschäftsverteilung tritt am 01.06.2022 in Kraft.
[…]
(6) Soweit in dieser Geschäftsverteilung nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Zuständigkeit nach der im Zeitpunkt des Einlangens geltenden Geschäftsverteilung bzw im Falle der Abnahme einer Aufgabe nach der daran anschließenden Zuweisung."
3. Die Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg für das Jahr 2023, (LVwG-GV 2023), Nr 4, lautet auszugsweise wie folgt:
"§19
Schlussbestimmungen
(1) Diese Geschäftsverteilung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.
(2) In den Zuständigkeitsbereichen, in denen sich die Zuständigkeit nach der Reihenfolge des Einlangens richtet, wird mit In-Kraft-Treten dieser Geschäftsverteilung an die Reihenfolge der zuvor gültigen Geschäftsverteilung angeknüpft. Ist die Änderung einer Zuweisung erforderlich, hat dies keine Auswirkungen auf die bereits vorgenommenen anderen Zuteilungen. Bei den nachfolgenden Zuteilungen erfolgt der entsprechende Ausgleich.
(3) Übertragung von Verfahren aufgrund der Verhinderung von Mitgliedern:
Verfahren, für die bis 24.05.2023 Dr.in Claudia Drexel BA zuständig war, werden nach diesem Zeitpunkt Mag.a Hava Ostoverschnigg übertragen. Dies gilt nicht für Verfahren nach §12 (Vergaberecht).
(4) Wird festgestellt, dass ein Geschäftsfall nicht im Sinne der Geschäftsverteilung zugeteilt wurde oder werden kann, erfolgt die Zuteilung so, als wäre der Geschäftsfall neu eingelangt.
(5) Auf das Verfahren LVwG-1-346/2021-R12 ist mit In-Kraft-Treten dieser Geschäftsverteilung Abs4 sinngemäß anzuwenden.
(6) Alle Verfahren, die bei In-Kraft-Treten dieser Geschäftsverteilung anhängig sind, werden den Mitgliedern zugewiesen, denen die Verfahren bei In-Kraft-Treten dieser Geschäftsverteilung zugewiesen waren."
III. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Art135 Abs2 B VG bestimmt, dass die vom Verwaltungsgericht zu besorgenden Geschäfte durch die Vollversammlung oder einen aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss, der aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und einer gesetzlich zu bestimmenden Zahl von sonstigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes zu bestehen hat, auf die Einzelrichter und die Senate für die gesetzlich bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen sind. Dieser Grundsatz der festen Geschäftsverteilung entspricht den Regelungen für die ordentliche Gerichtsbarkeit in Art87 Abs3 B VG. Dieser Grundsatz stellt sicher, dass durch generelle Vorschriften von vornherein festgelegt ist, wer der zuständige Richter in einem Verfahren sein wird. Es darf dabei kein Spielraum für eine wie immer geartete Einflussnahme bleiben und es muss jedenfalls eindeutig nachvollziehbar und verlässlich überprüfbar sein, warum eine Rechtssache gerade einem bestimmten Richter oder einer bestimmten Richterin zugeteilt wurde ( Piska , Art87 Abs3 BVG, in: Korinek/Holoubek et al [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 9. Lfg. 2009, Rz 26 f.). Für das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg sieht §11 LVwG-G vor, dass die Geschäftsverteilung durch die Vollversammlung des Landesverwaltungsgerichtes zu erlassen ist (vgl VfSlg 20.630/2023; VfGH 27.2.2024, E3937/2023).
3. Der Beschwerdeführer macht die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B VG) geltend, weil die Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg im Fall des Einlangens am selben Tag von zwei oder mehreren Geschäftsfällen bzw im Konvolut von einer Bezirkshauptmannschaft aus demselben Zuständigkeitsbereich beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg keine nachvollziehbare und überprüfbare Zuweisung eines Geschäftsfalles an einen bestimmten Richter ermögliche.
Dieses Vorbringen trifft zu:
3.1. Die Geschäftsverteilung ist eine Aufgabe der Justizverwaltung, welche in Verwaltungsgerichten von Verfassungs wegen gemäß Art135 Abs2 B VG durch ein richterliches Kollegialorgan zu besorgen ist, sodass die Mitwirkung der Mitglieder dieses Kollegialorgans gemäß Art134 Abs7 iVm Art87 Abs2 BVG in Ausübung ihres richterlichen Amtes und sohin unabhängig erfolgt (VfSlg 19.825/2013, 20.630/2023; VfGH 28.11.2024, E1806/2024). Die Geschäftsverteilung eines Verwaltungsgerichtes ist demnach keine Verordnung im Sinne des Art89 und des Art139 BVG, sondern ein genereller Akt der Gerichtsbarkeit (vgl VfSlg 20.630/2023; VfGH 18.9.2014, V79/2014 ua; 18.6.2018, G39/2018; 28.11.2024, E1806/2024; VwGH 22.1.2021, Ra 2020/21/0457, Rz 22; 7.10.2021, Ra 2021/06/0140, Rz 9). Aus diesem Grund ist dem Verfassungsgerichtshof die Überprüfung einer Geschäftsverteilung eines Verwaltungsgerichtes in einem Verfahren gemäß Art139 B VG verwehrt.
In Betracht kommt allerdings das Aufgreifen einer in der Geschäftsverteilung – allenfalls im Verein mit der Vorgangsweise des Verwaltungsgerichtes bei der Dokumentation des Einlangens von Geschäftsfällen – begründeten Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter in einem Verfahren gemäß Art144 BVG (vgl VfSlg 20.630/2023; VfGH 28.11.2024, E1806/2024).
3.2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B VG) wird durch eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes verletzt, wenn das Verwaltungsgericht eine ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (vgl zB VfSlg 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002). Dies ist im Hinblick auf den Grundsatz der festen Geschäftsverteilung gemäß Art135 Abs2 BVG auch dann der Fall, wenn ein nach der Geschäftsverteilung nicht zuständiger Richter oder Senat des Verwaltungsgerichtes entscheidet (vgl VfSlg 20.630/2023; VfGH 28.11.2024, E1806/2024; zu den Unabhängigen Verwaltungssenaten und zum Asylgerichtshof vgl zB VfSlg 19.514/2011, 19.556/2011, 19.764/2013).
Eine Verletzung des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter liegt vor diesem Hintergrund (auch) immer dann vor, wenn sich für einen konkreten Geschäftsfall aus der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtes gemäß Art135 Abs2 BVG und, soweit diese auf den Zeitpunkt des Einlangens eines Geschäftsfalles abstellt, aus der Dokumentation des Verwaltungsgerichtes über diesen Zeitpunkt keine zweifelsfrei nachvollziehbare und überprüfbare, sohin eindeutige Zuständigkeit eines Richters oder eines Senates ergibt (vgl VfSlg 20.630/2023; VfGH 27.2.2024, E3937/2023; 28.11.2024, E1806/2024; vgl in diesem Zusammenhang auch VfSlg 15.937/2000, 17.771/2006, 19.425/2011, 19.764/2013 zu den auf Grund des Art83 Abs2 B VG erhöhten Bestimmtheitsanforderungen an Zuständigkeitsregelungen).
3.3. Die Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg sieht für das Jahr 2022 (LVwG-GV 2022), Nr 4, in §5 vor, dass die – hier maßgeblichen – Geschäftsfälle aus dem Zuständigkeitsbereich "Verkehrs- und Kraftfahrrecht" fortlaufend in der Reihenfolge namentlich genannten Richtern zuzuweisen sind.
Es werden jedoch in der Geschäftsverteilung keine Vorkehrungen für den Fall getroffen, dass an einem Tag bzw Halbtag zwei oder mehrere Geschäftsfälle aus demselben Zuständigkeitsbereich beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg einlangen.
Aus dem Beschwerdevorbringen und der Gegenschrift des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg ergibt sich, dass die beim Landesverwaltungsgericht einlangenden Geschäftsfälle mit einem Eingangsvermerk versehen werden, der (lediglich) den Tag und den Halbtag (Vor- oder Nachmittag), aber nicht die Uhrzeit des Einlangens dokumentiert. Eine Reihung und Zuweisung im Sinne der in der Geschäftsverteilung festgelegten fortlaufenden Zuteilung nach dem (konkreten) Zeitpunkt des Einlangens an einem Tag ist sohin nicht möglich. An diesem Ergebnis ändert auch die in der Gegenschrift dargestellte Vorgehensweise des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg, wonach die einlangenden Beschwerden vom Sekretariat fortlaufend durchnummeriert und nach dem Zeitpunkt des Einlangens in die dem Präsidenten vorzulegende Postmappe eingeordnet werden und die Postmappe anschließend dem Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg "zur Zuweisung" vorgelegt wird, nichts.
Daher ist es im Ergebnis nicht nachvollziehbar und überprüfbar, warum in einer solchen Konstellation ein Geschäftsfall gerade einem bestimmten Richter zugewiesen wird (vgl VfSlg 20.630/2023; VfGH 28.11.2024, E1806/2024; 28.11.2024, E1841/2024). Es werden in der Geschäftsverteilung auch keine anderen Vorkehrungen – etwa durch eine Regelung, wie mit gleichzeitig einlangenden Geschäftsfällen umgegangen werden muss – getroffen, um die Zuteilung an einen bestimmten Richter nachvollziehbar festzulegen und somit überprüfbar zu machen.
3.4. Die – dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegende – Beschwerde langte ebenso wie sieben weitere, den Zuständigkeitsbereich "Verkehrs- und Kraftfahrrecht" betreffende Beschwerden am Vormittag des 12. Dezember 2022 beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg ein. Nach dem Beschwerdevorbringen bzw der Gegenschrift des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg wurden der Tag und der Halbtag (hier: Vormittag) des Einlangens, nicht aber auch der konkrete Zeitpunkt des Einlangens dieser Geschäftsfälle vom Landesverwaltungsgericht Vorarlberg dokumentiert. Die Geschäftsfälle wurden jeweils einer bzw einem der in §5 der Geschäftsverteilung angeführten Richterinnen und Richter zugewiesen.
Daraus folgt, dass die Zuständigkeit für die Erlassung des hier angefochtenen Erkenntnisses nicht in der von Art83 Abs2 iVm Art135 Abs2 BVG gebotenen eindeutigen Weise und damit nachvollziehbar sowie nachprüfbar feststeht (vgl VfSlg 20.630/2023; VfGH 27.2.2024, E3937/2023; 28.11.2024, E1806/2024).
3.5. Dem Vorbringen des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg zur Geschäftsverteilung LVwG-GV 2023, Nr 4, ist Folgendes zu entgegnen: §19 Abs6 LVwG GV 2023, Nr 4, der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses in Geltung stand, ordnet an, dass alle Verfahren, die bei Inkrafttreten dieser Geschäftsverteilung anhängig sind, den Mitgliedern "zugewiesen werden", denen die Verfahren bei Inkrafttreten dieser Geschäftsverteilung zugewiesen waren.
Entgegen der Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg kann diese Regelung – selbst unter der vom Verwaltungsgericht vertretenen Prämisse ihrer Anwendbarkeit im vorliegenden Fall – jedoch für Fälle wie den vorliegenden, in denen eine eindeutige und nachvollziehbare Zuteilung auf Grund der Geschäftsverteilung zum Zeitpunkt des erstmaligen Einlangens des Geschäftsfalles nicht erfolgen konnte, keine Sanierung bewirken. Die Regelung des §19 Abs6 LVwG-GV 2023, Nr 4, hat in einem solchen Fall zur Folge, dass die Zuteilung, die nach der früheren Geschäftsverteilung nicht in einer dem Art83 Abs2 iVm Art135 Abs2 B VG entsprechenden Weise erfolgen konnte, abermals nicht nach im Vorhinein bestimmten abstrakten Kriterien, sondern konkret wiederum an jenen Richter erfolgt, dem sie bereits zuvor in nicht nachvollziehbarer und überprüfbarer Weise zugeteilt worden war.
Dadurch wird die Zuständigkeit für die Erlassung des hier angefochtenen Erkenntnisses abermals nicht in der von Art83 Abs2 iVm Art135 Abs2 BVG gebotenen eindeutigen Weise und damit nachvollziehbar sowie überprüfbar festgelegt (vgl VfGH 28.11.2024, E1806/2024; 28.11.2024, E1841/2024; 11.3.2025, E3961/2023).
IV. Ergebnis
1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Das Erkenntnis ist daher aufzuheben.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten. Die als "Erhöhungsbetrag (ERV)" geltend gemachten Kosten sind schon deshalb nicht zuzusprechen, da diese bereits mit dem Pauschalsatz abgegolten sind (vgl zB VfSlg 19.912/2014).