Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Weixelbraun als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag a . Tscherner und Mag a . Viktorin in der Rechtssache der klagenden Partei A* SA , **, Rumänien, vertreten durch Dr. Thomas Deschka, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch Lukas Weinhandl, LL.M. (WU), Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 40.827,22 samt Zinsen, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 20.6.2025, **-12, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.679,32 (darin EUR 613,22 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
E ntscheidungsgründe
Am 7.3.2023 schlossen die Klägerin und die Beklagte ein Lieferabkommen über die Lieferung von Dinkel für den Zeitraum von 22.3.2023 bis 14.7.2023. Auf Grundlage dieses Lieferabkommens lieferte die Klägerin im genannten Zeitraum insgesamt 20 Teillieferungen Dinkel an die Beklagte und legte über die einzelnen Lieferungen Rechnungen. Für die jeweiligen Rechnungen war eine Zahlungsfrist von sieben Tagen ab Lieferung vereinbart. Die letzte Lieferung der Klägerin erfolgte am 14.7.2023 und langte am 18.7.2023 bei der Beklagten ein.
Die Beklagte hat trotz entsprechender Lieferung durch die Klägerin folgende Rechnungen nicht beglichen:
• Rechnung **-200 vom 29.6.2023 über EUR 10.379,64 (abzüglich einer nachträglich ausgestellten Gutschrift über EUR 104,42);
• Rechnung **-209 vom 4.7.2023 über EUR 10.114,32;
• Rechnung **-216 vom 5.7.2023 über EUR 10.106,28;
• Rechnung **-249 vom 14.7.2023 über EUR 10.331,40.
Aus den genannten Teilrechnungen schuldet die Beklagte der Klägerin insgesamt EUR 40.827,22.
Die Klägerinbegehrt von der Beklagten aufgrund des Lieferabkommens und der erfolgten Lieferungen die Zahlung des offenen Rechnungsbetrags von EUR 40.827,22 samt Zinsen. Die Beklagte habe erstmals Ende Oktober 2023 - sohin nach mehrmonatigem Zahlungsverzug und außerhalb der Fristen des § 377 UGB - Mängel der Lieferungen der Klägerin behauptet. Zu diesem Zeitpunkt seien Mängeleinreden mangels rechtzeitiger Mängelrügen längst verfristet gewesen. Der Beklagten stünde kein Schadenersatzanspruch gegenüber der Klägerin zu. Die Lieferungen aus dem Vertrag vom 6.7.2023 seien deshalb unterblieben, weil sich die Beklagte in Bezug auf die Altverbindlichkeiten (aus dem Vertrag vom 7.3.2023) in Zahlungsverzug befunden habe. Die Klägerin habe der Beklagten daher mitgeteilt, dass sie weitere Lieferungen erst dann vornehme, wenn die Beklagte den gesamten Zahlungsrückstand begleiche, was jedoch nicht geschehen sei.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Sie brachte – soweit hier relevant – vor, zwei (nicht die hier eingeklagten Rechnungen betreffende, sondern bereits davor erfolgte) Teillieferungen der Klägerin hätten nicht den vertraglich vereinbarten Bestimmungen entsprochen, weil der gelieferte Dinkel mit Chlorpyrifosmethyl kontaminiert und damit unbrauchbar gewesen sei. Die beiden kontaminierten Teillieferungen habe die Beklagte am 12.6.2023 an ihre eigenen Kunden weitergeliefert. Über den Mangel sei sie erstmals am 31.10.2023 konkret informiert worden und habe diesen sodann umgehend gerügt. Der Klägerin sei die Mängelrüge am 7.11.2023 zugegangen.
Aufgrund der kontaminierten Lieferungen sei der Beklagten ein Schaden von EUR 114.070,80 entstanden, der seinen Ursprung ausschließlich in der vertragswidrigen Erfüllung durch die Klägerin habe. Mit Schreiben vom 29.12.2023 habe die Beklagte der Klägerin eine Schadensaufstellung übermittelt und die Aufrechnung und Einbehaltung eines Betrags in Höhe von EUR 40.827,22 als Teilabgeltung für den verursachten Schaden erklärt. Bezüglich der Schadensaufstellung werde auf ./J verwiesen.
Die Beklagte habe am 6.7.2023 einen weiteren Vertrag mit der Klägerin über die Lieferung von 200 Tonnen Dinkel (wieder in mehreren Teillieferungen) bis 30.9.2023 abgeschlossen. Die Klägerin habe trotz Fälligkeit und mehrfacher Aufforderung keine einzige Lieferung aus diesem Vertrag durchgeführt. Zwischen dem Vertrag vom 7.3.2023 und 6.7.2023 bestehe kein Konnex, weshalb der Klägerin für den Vertrag vom 6.7.2023 kein Zurückbehaltungsrecht zukomme und die Zurückbehaltung der Lieferungen vertragswidrig erfolgt sei. Die Klägerin befinde sich in schuldhaftem Lieferverzug. Infolgedessen habe die Beklagte zur Erfüllung ihrer eigenen Lieferverpflichtungen einen Deckungskauf durchgeführt, der der Klägerin schriftlich angedroht worden sei. Der Preis pro Tonne Dinkel laut Vertrag mit der Klägerin vom 6.7.2023 betrage EUR 385, jener laut Deckungskauf EUR 580. Die Mehrkosten aus dem Deckungskauf beliefen sich somit auf EUR 39.000 .
Sowohl die Forderung von EUR 114.070,80 als auch jene von EUR 39.000 wendete die Beklagte – gestützt auf den Titel des Schadenersatzes – als Gegenforderungen ein. Die Einbehaltung des Klagsbetrages von EUR 40.827,22 werde auf die erhobenen Gegenforderungen gestützt. Eine Nacherfüllung der nicht ordnungsgemäßen Lieferungen werde von der Beklagten nicht begehrt.
Der Höhe nach stellte die Beklagte die Klagsforderung (samt Aufschlüsselung) zuletzt außer Streit (ON 9.4, S 2).
Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht (I.) die Klagsforderung mit EUR 40.827,22 als zu Recht bestehend, (II.) die Gegenforderungen bis zur Höhe des Klagebegehrens hingegen als nicht zu Recht bestehend und verpflichtete (III.) die Beklagte zur Zahlung von EUR 40.827,22 samt Zinsen von 9,2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 31.8.2023 sowie zum Kostenersatz an die Klägerin. Das Zinsenmehrbegehren von 9,2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 10.275,22 vom 7.7.2023 bis 30.8.2023, aus EUR 10.114,32 vom 12.7.2023 bis 30.8.2023, aus EUR 10.106,28 vom 13.7.2023 bis 30.8.2023 und aus EUR 10.331,40 vom 22.7.2023 bis 30.8.2023 wies es hingegen (unbekämpft) ab. Die Begehren der Beklagten, die Klägerin zu verpflichten, der Beklagten (a) den Betrag von EUR 40.827,22 samt Zinsen; (b) im Falle der Klagsstattgebung den Betrag bis zur Höhe der vom Gericht als zu Recht bestehend erachteten Klagsforderung samt Zinsen zu bezahlen, wies das Erstgericht zurück (V.).
Dieser Entscheidung legte das Erstgericht den eingangs dargestellten unstrittigen Sachverhalt zugrunde.
Rechtlich führte das Erstgericht – soweit im Berurungsverfahren relevant – aus, die Klägerin habe die den eingangs genannten Rechnungen zugrundeliegenden Dinkel(teil)lieferungen an die Beklagte ausgeführt und daher Anspruch auf Zahlung des dafür geschuldeten Entgelts. Gemäß § 1052 Satz 1 ABGB habe der Gläubiger, wenn der Schuldner seine Leistung nicht oder mangelhaft erbringe, ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Leistung. Im Rahmen von Sukzessivlieferungsverträgen könne die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nicht nur bezüglich der unmittelbar gegenüberstehenden Teilgegenleistungen erhoben werden; sie sei vielmehr umfassend zu gewähren, das heiße, der vorleistungspflichtige Verkäufer könne die nächste fällige Leistung zurückhalten, wenn die frühere noch nicht bezahlt sei, und der Käufer dürfe den Preis für spätere Leistung zurückhalten, wenn eine früher fällige Sachleistung noch nicht erbracht worden sei, weil das für die Einrede maßgebliche Austauschverhältnis nicht nur zwischen den korrespondierenden Teilleistungen bestehe, sondern zwischen der Gesamtheit der beiderseitigen Sachleistungen. Das Leistungsverweigerungsrecht nach § 1052 ABGB gelte auch nach Leistungsannahme für Gewährleistungsansprüche, solange der Veräußerer dem Verlangen nach Nacherfüllung nicht entsprochen habe. Entsprechend der Zielsetzung des § 1052 ABGB könne damit nur der Verbesserungs- und Austauschanspruch gesichert werden. Wo Verbesserung nicht oder nicht mehr in Betracht komme, ein durch das Gewährleistungsrecht aufrechter Erfüllungsanspruch gegen den Unternehmer nicht oder nicht mehr bestehe, sei auch kein Recht zur Verweigerung der Gegenleistung anzuerkennen. Da die Beklagte erklärt habe, hinsichtlich jener Lieferungen, die nicht ordnungsgemäß erfolgt seien, keine Nacherfüllung zu begehren, scheide die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts gemäß § 1052 ABGB durch die Beklagte aus. Im Übrigen wäre eine Beurteilung, ob und in welchem Ausmaß der Beklagten aufgrund der angeblich kontaminierten Teillieferungen (sekundäre) Gewährleistungsrechte zukämen, nicht möglich, weil die Beklagte das von ihr bezahlte Entgelt für diese (angeblich kontaminierten) Teillieferungen trotz Erörterung durch das Gericht nicht beziffert habe.
Das Erfordernis der hinreichenden Substantiierung (Konkretisierung) des Anspruchs bestehe gleichermaßen für dessen klageweise wie dessen einredeweise Geltendmachung. Das Vorbringen der Beklagten müsse daher eine zur Dartuung des Rechtsbestands der Gegenforderung entsprechende Konkretisierung und Spezifizierung enthalten. Ebenso wie ein Klagebegehren sei eine Gegenforderung rechtlich schlüssig, wenn das Sachbegehren der Beklagten materiell-rechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden könne. Das Gericht habe aufgrund des materiellen Rechts zu prüfen, ob das Vorbringen die Gegenforderung rechtfertige, ob also der Tatsachenvortrag den Tatbestand eines Rechtssatzes verwirkliche, aus dem sich die von der Beklagten begehrte Rechtsfolge ergebe. Sei das zu verneinen, sei der Vortrag unschlüssig. Gegenforderungen seien ziffernmäßig aufzuschlüsseln und es sei bei jeder einzelnen Gegenforderung der Sachverhalt zu konkretisieren. Die Ermittlung der auf die einzelnen Ansprüche entfallenden Beträge könne nicht dem Beweisverfahren überlassen werden. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, durch Heranziehung von Urkunden im Zusammenhang mit geltend gemachten Pauschalbeträgen im Wege der Interpretation die ziffernmäßige Höhe einer compensando geltend gemachten Gegenforderung herauszufiltern.
Das Vorbringen der Beklagten zu der von ihr erhobenen Gegenforderung über EUR 114.070,80 werde diesen Erfordernissen nicht gerecht. Fehlendes Vorbringen könne auch nicht durch Verweis auf vorgelegte Urkunden ersetzt werden.
Bezüglich der Gegenforderung von EUR 39.000 infolge eines Deckungskaufs habe sich die Beklagte darauf gestützt, dass dieser notwendig gewesen wäre, weil die Klägerin ihre Lieferverbindlichkeiten aus dem Vertrag vom 6.7.2023 nicht erfüllt habe. Angesichts des – sich aus dem eigenen Vorbringen der Beklagten ergebenden - Umstands dass sich die Beklagte zum Zeitpunkt der von ihr behaupteten Fälligkeit der Lieferungen aus dem Vertrag vom 6.7.2023 am 30.9.2023 zumindest mit dem Klagsbetrag von EUR 40.827,22 sowie mit einem weiteren „hohen“ Betrag im Zahlungsrückstand befunden habe, könne von einem rechtswidrigen Verhalten der Klägerin keine Rede sein. Vertragsparteien stehe aus einem Sukzessivlieferungsverhältnis die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nicht nur bezüglich der unmittelbar gegenüberstehenden Teilgegenleistungen zu; vielmehr bestehe das Austauschverhältnis zwischen der Gesamtheit der beiderseitigen Sachleistungen. Da die Verträge vom 7.3.2023 und 6.7.2023 jeweils Sukzessivlieferungen von Dinkel beträfen und in unmittelbar zeitlicher Abfolge abgeschlossen worden seien (Vertrag vom 7.3.2023: Lieferzeitraum: 22.3.2023 bis 14.7.2023; Vertrag vom 6.7.2023: Lieferzeitraum bis 30.9.2023), stelle sich der Abschluss des Vertrags vom 6.7.2023 als bloße Fortsetzung des bisherigen Sukzessivlieferungsverhältnisses dar. Angesichts dessen stehe der Klägerin ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Dinkellieferungen aus dem Vertrag vom 6.7.2023 zu. Auf einen anderen Grund für eine Vertragswidrigkeit habe sich die Beklagte nicht berufen, sodass der von ihr behauptete Schadenersatzanspruch schon deshalb zu verneinen sei. Im Übrigen habe die Beklagte nicht konkretisiert, wann sie das Deckungsgeschäft vorgenommen habe.
Der Sachvortrag der Beklagten bezüglich der Gegenforderungen sei trotz Erörterung bis zuletzt unschlüssig geblieben, weshalb auszusprechen gewesen sei, dass die Gegenforderungen bis zur Höhe des Klagsbetrags nicht zu Recht bestünden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und sekundärer Feststellungsmängel mit dem Abänderungsantrag, „den Gegenforderungen zur Gänze stattzugeben“. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1.Das Berufungsgericht erachtet die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts für überzeugend, die in der Berufung enthaltenen Argumente hingegen für nicht stichhaltig, weshalb auf das angefochtene Urteil verwiesen wird (§ 500a ZPO).
2. Den Berufungsausführungen ist noch Folgendes zu erwidern:
2.1 Die Beklagte hat zwar einen aufgrund der kontaminierten Lieferungen der Klägerin entstandenen Schaden von EUR 114.070,80 behauptet und damit eine ziffernmäßig bestimmte Gegenforderungerhoben, jedoch besteht – wie schon vom Erstgericht zutreffend aufgezeigt – auch für die einredeweise Geltendmachung eines Anspruchs das Erfordernis der hinreichenden Substantiierung und Konkretisierung. Das Vorbringen der Beklagten muss eine zur Dartuung des Rechtsbestands der Gegenforderung entsprechende Konkretisierung und Spezifizierung enthalten, die die Voraussetzung dafür ist, dass die Klägerin die Möglichkeit erhält, zu den Behauptungen im Einzelnen auch Stellung zu nehmen (RS0041043 [T 1]).
2.1.1 Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine derartige Konkretisierung und Spezifizierung in Ansehung des von ihr behaupteten Schadenersatzanspruchs – trotz Erörterung durch das Erstgericht – nicht erfolgt. Abgesehen von der (auch in der Berufung nicht näher präzisierten) Behauptung, der Schaden habe seine Ursache in der aus der Sphäre der Klägerin stammenden Kontamination der Lieferungen, geht aus dem Vorbringen der Beklagten nicht hervor, worin der konkrete Schaden überhaupt gelegen sein soll und woraus sich der eingewandte Betrag von EUR 114.070,80 ergibt. Welchen – adäquat kausal durch die Klägerin verschuldeten – Schaden (Mangelschaden, Mangelfolgeschaden) die Beklagte erlitten haben soll, lässt sich anhand ihres Vorbringens nicht schlüssig nachvollziehen, zumal die Beklagte weder das von ihr für die angeblich kontaminierten Teillieferungen bezahlte Entgelt ziffernmäßig bestimmte, noch präzisierte, wie sich der Schadenersatzbetrag von EUR 114.070,80 zusammensetzt.
2.1.2Zur Schlüssigkeit der Gegenforderung bedarf es aber der Behauptung der rechtserzeugenden Tatsachen. Fehlendes Vorbringen dazu kann auch nicht durch den (wiederholten) Hinweis auf angeschlossene urkundliche Belege – hier die von der Klägerin vorgelegte ./J – ersetzt werden (vgl RS0001252, RS0017844, RS0037915), was bereits das Erstgericht zutreffend aufzeigte. Es ist nämlich nicht Aufgabe des Gerichts, Urkunden dahin zu überprüfen, ob sich ungenügendes Vorbringen daraus allenfalls vervollständigen ließe, und im Wege der Interpretation die ziffernmäßige Höhe einer compensando geltend gemachten Gegenforderung herauszufiltern (vgl RS0001252 [T10], RS0034059 [T2]). Fehlendes Vorbringen kann auch nicht durch eigene Berechnungen des Gerichts ersetzt werden (RS0017844 [T5]).
2.1.3Die Rechtsprechung kennt zwar teilweise Erleichterungen beim Präzisierungsgebot: insbesondere wenn sich der Anspruch aus zahlreichen Einzelforderungen zusammensetzt, kann für die Schlüssigkeit und Bestimmtheit ein Verweis auf vorgelegte Urkunden, Tabellen, Honorarnoten oder dergleichen ausreichen (vgl RS0037907; 1 Ob 97/21b, 1 Ob 253/15k, 3 Ob 244/13y).
2.1.4 Diese – auch in der Berufung zum Teil zitierten Entscheidungen – sind jedoch für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil es hier bereits an einem ausreichend konkretisierten Tatsachenvorbringen der Beklagten zur (schlüssigen) Begründung des als Gegenforderung eingewandten Schadenersatzanspruchs mangelt (← 2.1.2). Die – den genannten Entscheidungen im Kern zugrundeliegende – Frage der Zumutbarkeit der genauen Aufgliederung eines aus zahlreichen Einzelforderungen zusammengesetzten Begehrens stellt sich im vorliegenden Fall ausgehend vom Vorbringen der Beklagten gar nicht. Gleiches gilt für die in der Berufung angeführte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 3 Ob 244/13y, welche die Heranziehung von umfangreichen Berechnungen in Tabellenform zur rechnerischen Überprüfung des Klagebegehrens betrifft.
2.1.5 Derartiges lässt sich im Übrigen auch der in ihrer Echtheit nicht bestrittenen ./J nicht entnehmen. Dabei handelt es sich um eine von der Beklagten an die Klägerin ausgestellte Rechnung über einen Pauschalbetrag von EUR 114.070,80 (./J, S 1). Die beigefügte einseitige „ Kostenaufstellung Chlorpyrifos in Dinkel Oktober 2023 “ (./J, S 2) enthält entgegen der Ansicht der Beklagten keine nachvollziehbare Aufschlüsselung der einzelnen Schadenspositionen „im Detail“ samt „monetärer Bewertung und Addition“, sondern vielmehr eine schlagwortartige Auflistung diverser Positionen ohne ziffernmäßige Aufgliederung. Für den rechtlichen Standpunkt der Beklagten ist daraus nichts zu gewinnen.
2.2 Auch in Bezug auf die Gegenforderung über EUR 39.000 aus dem behaupteten Deckungskauf ist das Erstgericht zu Recht von einer Unschlüssigkeit (im eigentlichen Sinn) ausgegangen. Eine solche liegt dann vor, wenn sich der behauptete Tatbestand nicht unter die für die Rechtsfolge maßgebenden Rechtsnormen subsumieren und sich das Begehren (hier die erhobene Gegenforderung) daraus nicht rechtlich ableiten lässt (vgl Geroldinger in Fasching/Konecny 3III/1 § 226 ZPO Rz 194; RS0041043).
2.2.1 Die Beklagte wendet sich in diesem Zusammenhang einzig gegen die Rechtsansicht des Erstgerichts, wonach der Klägerin aufgrund des – in der Berufung nicht in Abrede gestellten – Zahlungsverzugs der Beklagten aus dem ersten Vertrag vom 7.3.2023 ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Dinkellieferungen aus dem zweiten Vertrag vom 6.7.2023 zugestanden wäre.
2.2.2Die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 1052 ABGB auf Sukzessivlieferungsverträge (RS0020194) ebenso wie auf Dauerschuldverhältnisse (RS0018804) und sogar auf gekoppelte Verträge (RS0020928) wird von der Rechtsprechung bejaht.
Generell setzt die Einrede des nicht erfüllten Vertrags voraus, dass Leistung und Gegenleistung in einer Austauschbeziehung stehen (funktionelles Synallagma). Diese kann sich aus Gesetz oder aus Parteienvereinbarung ergeben und muss nicht notwendigerweise im selben Vertrag geregelt sein. Es genügt für die Einrede, wenn nach dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Vertragswillen ein solcher Zusammenhang zwischen den Verträgen besteht, dass die Zurückhaltung der Leistung aus dem einen Vertrag bei Nichterfüllung des anderen Vertrags gerechtfertigt ist ( Verschraegen in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.08 § 1052 Rz 6; Aicher in Rummel/Lukas, ABGB 4§ 1052 Rz 18; RS0019923).
Bei Sukzessivlieferungsverträgen beschränkt sich das Austauschverhältnis nicht nur auf die jeweiligen Teilleistungen, sondern erfasst alle gegenseitigen Leistungen. Deshalb kann das Leistungsverweigerungsrecht umfassend ausgeübt werden; beide Parteien können die nächste fällige Leistung verweigern, wenn die frühere noch nicht erbracht wurde ( Verschraegen aaO Rz 9; Aicher aaO Rz 12).
Auch bei gekoppelten Verträgen rechtfertigt der von den Parteien hergestellte Zusammenhang die Zurückhaltung der Leistung aus dem einen Vertrag bei Nichterfüllung des anderen Vertrages (RS0020928).
2.2.3 Ausgehend vom Vorbringen der Beklagten, die in ihrer Berufung selbst die inhaltlichen und zeitlichen Parallelen der in ihrer Laufzeit unmittelbar aufeinanderfolgenden, gleichermaßen (Teil-)Lieferungen von Dinkel betreffenden Verträge vom 7.3.2023 und 6.7.2023 einräumt, ist die Rechtsansicht des Erstgerichts, das aufgrund der Fortsetzung des bisherigen Sukzessivlieferungsverhältnisses ein Zurückbehaltungsrecht der Klägerin hinsichtlich der Lieferungen aus dem Vertrag vom 6.7.2023 bejahte, nicht zu beanstanden.
2.2.4 Insbesondere ist darin entgegen den Berufungsausführungen eine unerlaubte Auslegung der Parteienvereinbarung über den Willen der Parteien hinweg nicht zu erblicken. Die pauschale Behauptung der Beklagten, wonach zwischen den beiden Verträgen kein Konnex bestehe, ändert nämlich nichts an dem sich aus ihrem eigenen Vorbringen ergebenden Zusammenhang der beiden Lieferabkommen, der nicht nur durch die zeitliche Komponente (fortlaufende Vertragsdauer), sondern auch durch die Gleichheit der Vertragsbedingungen hergestellt wird.
Dass der Abschluss des zweiten Vertrags – abgesehen von Liefermenge und -zeitraum – zu anderen Bedingungen erfolgt wäre, die eine Änderung des bisher bestehenden Austauschverhältnisses zur Folge gehabt hätten, behauptete die Beklagte nicht. Vielmehr ergibt sich auch aus den – in ihrer Echtheit nicht bestrittenen – Vertragsurkunden ./A (7.3.2023) und ./11 (6.7.2023) der Abschluss zweier gleichartiger, in Bezug auf die Laufzeit unmittelbar aneinander anschließender Verträge, die faktisch eine nahtlose Fortsetzung des Lieferabkommens bewirken sollten.
2.2.5Unter Berücksichtigung des Normzwecks des als Sicherungs- und Druckmittel dienenden Zurückbehaltungsrechts des § 1052 ABGB und der bereits dargelegten Grundsätze (← 2.2.2 ) rechtfertigt in der vorliegenden Konstellation dieser Zusammenhang zwischen den beiden Lieferverträgen die Zurückhaltung der Lieferungen durch die Klägerin aus dem zweiten Vertrag aufgrund des Zahlungsverzugs der Beklagten aus dem ersten Vertrag, zumal aus Sicht der Klägerin die Fälligkeit sämtlicher der hier gegenständlichen Teilrechnungen erst nach Abschluss des zweiten Vertrags eintrat.
Auf das Vorliegen eines übergeordneten schriftlichen Rahmenvertrags, einer vertraglichen Verknüpfung oder Vertragsverlängerung kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten damit nicht weiter an.
2.2.6 Da ein Verzug der Klägerin nicht vorlag, die wegen der ausständigen Zahlungen der Beklagten für die Lieferungen aus dem ersten Vertrag die Lieferungen aus dem zweiten Vertrag trotz Fälligkeit zurückhielt, kann die Beklagte den Forderungen der Klägerin keine Schadenersatzansprüche wegen verschuldeter Nichterfüllung entgegenhalten.
2.3In Anbetracht der vom Erstgericht zu Recht bejahten Unschlüssigkeit des Vorbringens der Beklagten zu den behaupteten Gegenforderungen bedurfte es keines Beweisverfahrens gemäß § 226 ZPO und keiner Feststellungen zur behaupteten Kontamination von Lieferungen der Klägerin, zu einem Schaden und zur Mängelrüge der Beklagten, zu den Lieferverträgen, zur Übermittlung der Schadensaufstellung und zum Deckungskauf. Die von der Beklagten gerügten sekundären Feststellungsmängel liegen damit nicht vor.
3. Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO wird mit der Frage, ob ein solcher Zusammenhang zwischen den Verträgen besteht, dass die Zurückhaltung der Leistung aus dem einen Vertrag bei Nichterfüllung des anderen gerechtfertigt sein soll, nicht berührt (vgl RS0019923 [T1]).
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