4R98/25y – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Rendl als Vorsitzenden, den Richter Mag. Falmbigl und den Kommerzialrat Mag. Starsich in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Ing. A* , geboren am **, **, vertreten durch die Schoeller Pilz Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagten Parteien und Gegnerinnen der gefährdeten Partei 1. B* C* GmbH (FN **), **, und 2. Mag. D* B*-E* , geboren am **, **, beide vertreten durch Dr. Peter Lindinger, Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Zahlung von EUR 3.000 samt Nebengebühren (Gesamtstreitwert: EUR 53.500), hier wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Gesamtstreitwert im Provisorialverfahren: EUR 47.500) über den Rekurs der beklagten Parteien (Rekursinteresse: EUR 9.500) gegen die einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien vom 9. April 2025, GZ: **-13, in nicht öffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert dass er insgesamt lautet:
„E I N S T W E I L I G E V E R F Ü G U N G:
1.) Den beklagten Parteien und Gegnern der gefähr-deten Partei wird aufgetragen, es ab sofort zu unterlassen,
I. im geschäftlichen Verkehr Werbemittel des Klägers, wie insbesondere Fotos von Projekten des Klägers, an denen die Nutzungsrechte der klagenden Partei zustehen, zur Bewerbung ihrer eigenen Produkte, insbesondere des Produktes „F*“ zu verwenden und/oder zu bearbeiten;
II. im geschäftlichen Verkehr die Äußerungen, die Zweitbeklagte oder eines der von ihr beherrschten Unternehmen, seien die Erfinder des Grundprinzips der aktuell mit der Bezeichnung „F*“ vertriebenen Wasserspardüse und/oder ähnliche Behauptungen aufzustellen und/oder zu verbreiten;
III. im geschäftlichen Verkehr die Äußerung „G* becomes F* by B*“ oder sinngleiche Äußerungen aufzustellen und/oder zu verbreiten;
IV. im Quelltext der von ihnen betriebenen Webseiten, insbesondere im Quelltext der Webseiten www.F*.com und/oder www.B*.at, das Kennzeichen der klagenden Partei „G*“ oder damit verwechslungsfähige Kennzeichen in den Meta-Tags der Webseiten oder zur Suchmaschinenbeeinflussung anzuführen.
Diese Einstweilige Verfügung gilt bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens über die Unterlassungsansprüche.
2.) Das weitere Sicherungsbegehren, den beklagten Parteien und Gegnern der gefährdeten Partei werde aufgetragen, es ab sofort zu unterlassen,
IV. im Quelltext der von ihnen betriebenen Webseiten, insbesondere im Quelltext der Webseiten www.F*.com und/oder www.B*.at, auch soweit es nicht als Meta-Tag und/oder der Suchmaschinenbeeinflussung dient, das Kennzeichen der klagenden Partei „G*“ oder damit verwechslungsfähige Kennzeichen anzuführen;
V. Besucher der Webseite www.G*.com auf eigene Webseiten, insbesondere die Webseite www.F*.com und/oder www.B*.at um- oder weiterzuleiten,
wird abgewiesen.
3.) Die klagende und gefährdete Partei hat 70% ihrer Kosten des Provisorialverfahrens vorläufig und 30% davon endgültig selbst zu tragen.
Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, den beklagten Parteien und Gegnern der gefährdeten Partei EUR 588,76 (darin EUR 98,13 USt) binnen 14 Tagen zu zahlen.
Die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei haben 70% ihrer Kosten des Provisorialverfahrens endgültig selbst zu tragen.“
Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, den beklagten Parteien und Gegnern der gefährdeten Partei deren mit EUR 872,96 (darin EUR 76,75 USt und EUR 412,50 Barauslagen) bestimmten anteiligen Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten des Rekursverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die halben Kosten des Rekursverfahrens hat sie endgültig selbst zu tragen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 5.000, nicht aber EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung:
Der Kläger (gefährdete Partei) produziert und verkauft unter der Bezeichnung „G*“ Wassersparsysteme. Die Idee zu diesem Produkt sowie dessen Produktion und Vermarktung hatte er mit seinen Geschäftspartnern entwickelt. Der Kläger ist Inhaber der am 9.12.2015 zur Registernummer ** registrierten österreichischen Marke „G*“ sowie der gleichlautenden am 18.1.2016 zu Nummer ** registrierten internationalen Marke „G*“. Die österreichische Marke ist in der Klasse 11 für die Waren „Duschen, Armaturen“ geschützt. Die internationale Marke genießt in folgender Warenklasse Schutz: Class 11: Showers; sanitary fittings, namely, water conservation plumbing fixtures in the nature of aerators that are attached to showers and faucets.
Die Erstbeklagte (Erstgegnerin der gefährdeten Partei) ist ebenfalls im Umweltsektor tätig und bietet unter anderem eine Wassersparlösung unter der Bezeichnung „F*“ an. Sie betreibt die Webseiten: www.B*.at sowie www.F*.com. Die Zweitbeklagte (Zweitgegnerin der gefährdeten Partei) ist die einzige Geschäftsführerin der Erstbeklagten. Eine Tochtergesellschaft der Erstbeklagten meldete am 28.4.2023 die österreichische Wortmarke „F* by B*“ (**) an. Diese genießt ebenso in Warenklasse 11 Schutz für (ua) sanitäre Wasserarmaturen; Sanitäre Einrichtungen; Anlagen für sanitäre Zwecke; Armaturen; Duschköpfe; Handbrausen; Wasserhähne; etc. In Folge registrierte dieselbe Tochtergesellschaft am 9.8.2023 auch die internationale Marke „F* by B*“ (**); diese ist ebenso in Warenklasse 11 (siehe oben) geschützt.
Nach Beendigung einer Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien wurde seit März 2023 kein G* mehr an die B*-Gruppe verkauft. Die technischen Merkmale des „F*“ der Beklagten sind dem Produkt „G*“ des Klägers hochgradig ähnlich bzw ident.
Auf der Erstbeklagten zuzuordnenden Social-Media Kanälen wurde die Aussage „Aus G* wird F* by B*“ verbreitet. Zumindest bis 26.11.2024 war auf der Webseite www.B*.at ein Artikel aus dem Jahr 2020 abrufbar, dem Informationen wie „Der G* des Bau- Greentech Spezialisten B* ist eine revolutionäre Wasserspartechnologie“ oder „eine revolutionäre Entwicklung schafft Abhilfe – der G*® der B* Gruppe aus dem oberösterreichischen **“ zu entnehmen waren. Die Zweitbeklagte ließ in einer Fernsehsendung die Aussage, ihre Firma habe den F* erfunden, unwidersprochen. Auf der Webseite www.B*.at werden für den „F*“ die vom Kläger für den „G*“ entwickelten und auf seine Kosten angefertigten Bilder ohne seine Zustimmung verwendet. Zumindest von Jänner 2023 bis 27.10.2024 warben die beiden Beklagten auf ihren Homepages mit Referenzpartnern, deren Ausstattung allerdings nicht, wie auf der Webseite vermittelt, mit dem „F*“, sondern tatsächlich mit dem „G*“ erfolgt war.
Zur Sicherung seines gleichlautenden Unterlassungsanspruchs begehrte der Kläger die Beklagten zu verpflichten, es zu unterlassen
I. im geschäftlichen Verkehr Werbemittel des Klägers, wie insbesondere Fotos von Projekten des Klägers, an denen die Nutzungsrechte der klagenden Partei zustehen, zur Bewerbung ihrer eigenen Produkte, insbesondere des Produktes „F*“ zu verwenden und/oder zu bearbeiten;
II. im geschäftlichen Verkehr die Äußerungen, die Zweitbeklagte oder eines der von ihr beherrschten Unternehmen, sei die Erfinderin des „F*“ und/oder ähnliche Behauptungen aufzustellen und/oder zu verbreiten;
III. im geschäftlichen Verkehr die Äußerung „G* becomes F* by B*“ oder sinngleiche Äußerungen aufzustellen und/oder zu verbreiten;
IV. im Quelltext der von ihnen betriebenen Webseiten, insbesondere im Quelltext der Webseiten www.F*.com und/oder www.B*.at, das Kennzeichen der klagenden Partei „G*“ oder damit verwechslungsfähige Kennzeichen anzuführen sowie
V. Besucher der Webseite www.G*.com auf eigene Webseiten, insbesondere die Webseite www.F*.com und/oder www.B*.at um- oder weiterzuleiten.
Im Rekursverfahren ist nur noch Punkt IV des Sicherungsantrags (Unterlassung, das Kennzeichen „G*“ im Quelltext der Webseiten anzuführen) strittig.
Dazu brachte der Kläger vor , der „G*“ werde weiterhin in den Quelltexten der Webseite www.B*.at angeführt. Jedenfalls bis August 2024 sei der „G*“ auch im Quelltext von www.F*.com verwendet worden.
Die Erstbeklagte verwende folglich sogenannte Metatags. Als "Metatags" würden Informationen über eine Website bezeichnet, die deren Inhaber in den Quelltext zur Suchmaschinenoptimierung aufnehme. Für den Besucher der Website seien Metatags nicht sichtbar. Werde ein Begriff in einer Suchmaschine eingegeben, dann suche die Suchmaschine auch in den Metatags und beurteile die Relevanz einer Website regelmäßig höher, wenn sich ein Begriff (auch) in den Metatags befinde.
Durch die Verwendung des Produktnamens/der Marke des Klägers in den Metatags ihrer Webseite gebrauche die Erstbeklagte diesen Namen, um gezielt den Bekanntheitsgrad des „G*“ auszunutzen und so den Zugang zu ihrem eigenen Produktangebot zu erleichtern. Dieses Vorgehen stelle eine unlautere geschäftliche Handlung dar. Die Verwendung einer fremden Marke als Metatag im Quelltext der eigenen Webseite sei auch eine Markenverletzung.
Die Beklagten entgegneten, das Kennzeichen „G*“ werde im Quelltext der Webseite www.F*.com nicht verwendet und sei im Quelltext der Webseite www.B*.at deswegen enthalten, weil die Beklagten über Jahre das Produkt „G*“ vertrieben hätten und die aus dieser Zeit stammenden Beiträge bzw. Seiteninhalte immer noch abrufbar seien. Es sei auch nicht generell rechtswidrig oder unlauter, die Bezeichnung des Produkts eines Mitbewerbers auf einer Seite zu verwenden, etwa wenn es um einen wahrheitsgemäßen Produktvergleich gehe. Die beantragte einstweilige Verfügung sei daher in diesem Punkt überschießend, weil sie keine Einschränkung auf die Verwendung der Bezeichnung „G*“ in den „Metatags“ oder zur Beeinflussung von Suchmaschinenergebnissen enthalte.
Es wäre mit einem enormen Aufwand verbunden, den Quelltext der seit Jahren bestehenden Seiten der Unternehmen der „B*-Gruppe“ durchzusehen, weshalb sich die Gegnerinnen der gefährdeten Partei gegen die beantragte einstweilige Verfügung aussprechen würden, soweit sie über die Verwendung der Kennzeichen der Klägerin zur Beeinflussung von Suchmaschinenergebnissen hinausgehen. Hilfsweise werde beantragt, die Erlassung der einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 50.000 abhängig zu machen.
Mit dem angefochtenen Beschluss erließ das Erstgericht weitgehend die beantragte einstweilige Verfügung zu den Unterlassungsbegehren laut Punkten I-IV des Sicherungsantrags. Das weitere Sicherungsbegehren (Unterlassungsbegehren nach Punkt V des Sicherungsantrags) wies es ab. Es nahm den auf S 3 sowie S 4 bis 8 der Beschlussausfertigung ersichtlichen, eingangs auszugsweise zusammengefassten Sachverhalt als bescheinigt an. Auf diesen wird im Übrigen verwiesen.
Zum im Rekursverfahren gegenständlichen Anspruch (Unterlassung laut Punkt IV des Sicherungsantrags) stellte das Erstgericht insbesondere fest:
„ Im Quelltext auf www.B*.at/**/ wurde zumindest bis November 2024 weiterhin der Begriff „G*“ verwendet; auf www.F*.com wurde zumindest bis August 2024 der Begriff „G*“ verwendet. “
Rechtlich führte es dazu aus, nach dem bescheinigten Sachverhalt sei der Begriff „G*“ im jeweiligen Quelltext auf beiden Websites ersichtlich; eine Einschränkung bloß auf Metatags oder die Suchmaschinenoptimierung werde durch die vorgelegten Urkunden nicht getragen.
Gegen die einstweilige Verfügung im Umfang des Unterlassungsanspruchs laut Punkt IV des Sicherungsantrags (Unterlassung, das Kennzeichen „G*“ im Quelltext der Webseiten anzuführen) richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Beantragt wird primär die gänzliche Abweisung des Sicherungsantrags im angefochtenen Punkt; in eventu das Unterlassungsgebot auf die Verwendung des Kennzeichens in den „Metatags“ bzw zur Beeinflussung von Suchmaschinen einzuschränken; in eventu die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung im angefochtenen Punkt vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist teilweise berechtigt .
1. In seiner ausschließlich erhobenen Rechtsrüge argumentiert der Rekurs, die rechtliche Begründung des Erstgerichts gehe am Einwand der Beklagten vorbei. Dieser richte sich dagegen, dass bereits die bloße Verwendung des Kennzeichens „G*“ in Quelltexten ihrer Webseiten unlauter oder rechtswidrig sein solle. Selbst die gefährdete Partei habe das rechtswidrige Verhalten in der Verwendung des Kennzeichens in den Meta-Tags zum Zweck der Suchmaschinenoptimierung erblickt. Schon nach diesem Vorbringen wäre die einstweilige Verfügung nur zulässig, wenn sie auf diese, vom Kläger geltend gemachten, unlauteren Verhaltensweisen abstellen würde.
1.1. Zunächst ist zwischen dem „Quelltext“ und sogenannten „Meta-Tags“ zu unterscheiden:
Quelltext, auch Quellcode (englisch source code) oder unscharf Programmcode genannt, ist in der Informatik der für Menschen lesbare, in einer Programmiersprache geschriebene Text eines Computerprogrammes. Abstrakt betrachtet kann der Quelltext für ein Programm auch als Software-Dokument bezeichnet werden, welches das Programm formal so exakt und vollständig beschreibt, dass dieses aus ihm vollständig automatisch von einem Computer in Maschinensprache übersetzt werden kann (https://de.wikipedia.org/wiki/Quelltext; vgl auch 4 Ob 182/20y [Rz4]). Der Quellcode bzw Quelltext eines Programms ist der Text, den der Programmautor entsprechend den Regeln der jeweiligen Programmiersprache anfertigt. Ist er bekannt, so kann das Programm an sich bearbeitet und weiterentwickelt werden (vgl 8 Ob 121/15z). Im Quelltext kann man die Funktionsweise eines Computerprogramms studieren und Änderungen vornehmen (vgl OLG Wien, 5 R 183/14i).
Als „Meta-Tags" werden Informationen bezeichnet, die der Inhaber einer Website in den Quelltext aufnimmt. Sie sind für den Betrachter der Website nicht sichtbar, werden aber als Suchbegriff von Suchmaschinen aufgefunden und beeinflussen das Suchergebnis in für den Verwender positiver Weise. Findet sich ein Suchbegriff (auch) in den Meta-Tags, wird die betreffende Website im Suchergebnis „prominent" und unabhängig davon gereiht, ob ihr Text den Begriff oder Informationen dazu enthält. Auf diese Weise kann die Benutzerfrequenz einer Website erhöht werden (vgl 4 Ob 308/00a; 4 Ob 131/05a; BGH I ZR 125/07 [Rn 28]; unbestrittenes Vorbringen des Klägers).
1.2.Dem Rekurs ist insoweit zuzustimmen, als die Verwendung eines Kennzeichens allein im Quelltext einer Webseite, ohne Nutzung als Meta-Tag, keine markenrechtliche Benutzungshandlung ist und keine Unlauterkeit nach UWG begründet:
Zur Frage, ob auch eine für den Internetbenutzer nicht sichtbare Verwendung eines Zeichens markenrechtliche Benutzungshandlung sein kann, liegen im Zusammenhang mit der Verwendung von Meta-Tags zahlreiche Stellungnahmen aus Judikatur und Schrifttum vor:
In der Entscheidung 4 Ob 308/00y ließ der Oberste Gerichtshof die Frage nach Auseinandersetzung mit Lehrmeinungen offen. Im Anschluss haben Kucsko (Geistiges Eigentum, 436), Stomper (Markenrechtliche Aspekte bei Metatags, MR 2002, 340) und Jahn/Häussle (Aktuelle Entscheidungspraxis im Internet im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes, GesRZ 2003, 66 und 144) dazu Stellung genommen und übereinstimmend eine markenrechtliche Benutzungshandlung bei Verwendung von Marken als Meta-Tags bejaht. Diese auch in der aktuellen Lehre (vgl Mayer in Kucsko/Schumacher , marken.schutz 3 § 10 Rz 802 Fn 1491), in der Judikatur des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH I ZR 183/03) und vom Oberlandesgericht Wien (ÖBl 2007/7) vertretene Ansicht wird im Wesentlichen damit begründet, dass das fremde Zeichen in einem solchen Fall dazu eingesetzt wird, den Nutzer zu einer Internetseite des Verwenders zu führen, und damit – auch wenn es für den Nutzer nicht wahrnehmbar ist – auf das dort werbende Unternehmen und sein Angebot hinweist. Metatags erfüllen damit genau die mit einer Marke verbundene Signalfunktion.
All dies trifft aber auf eine Verwendung des Kennzeichens bloß im Quelltext (ohne gleichzeitige Benutzung als Meta-Tag) nicht zu. Kennzeichenmäßiger Gebrauch eines Zeichens liegt allgemein nur dann vor, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung oder in Beziehung auf sie so gebraucht wird, dass der unbefangene Durchschnittsabnehmer annehmen kann, das Zeichen diene der Unterscheidung der so gekennzeichneten Ware oder Dienstleistungen von gleichen oder gleichartigen Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft, weise also auf die Herkunft der Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Betrieb hin (RS0066671). Markenrechtliche Ansprüche bestehen nur bei einer solchen kennzeichenmäßigen Nutzung (RS0066671 [T16]).
Die Verwendung eines Zeichens allein im Quelltext einer Webseite wird von den Internet-Nutzern in der Regel weder wahrgenommen, noch hat sie (im Unterschied zur Verwendung als Meta-Tag) sonst irgendeine Wirkung oder einen Effekt auf deren Verhalten. Eine solche Benutzung ist daher auch nicht geeignet die geschützten Markenfunktionen zu beeinträchtigen. Mangels Wahrnehmbarkeit und mangels Auswirkungen auf das Verhalten der Internetnutzer kommen auch wettbewerbswidrige Irreführung oder Ausbeutung nicht in Betracht.
Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass einem Anspruch auf Unterlassung der Verwendung des Kennzeichens „G*“ im „allgemeinen“ Quelltext der Webseiten der Beklagten die rechtliche Grundlage fehlt.
1.3. Allerdings hat der Kläger seinen Anspruch in erster Instanz ausdrücklich (auch) darauf gestützt, das die Erstbeklagte die Marke des Klägers in den Meta-Tags ihrer Website nutze, um so den Zugang zu ihrem eigenen Produktangebot zu erleichtern (vgl ON 1, S 12).
Dass sich das Unterlassungsbegehren nach seiner Formulierung auf die Verwendung im gesamten Quelltext der Webseiten richtet, führt nicht zu seiner Abweisung. Zwar hat sich ein Unterlassungsgebot stets am konkreten Verstoß zu orientieren (RS0037645), jedoch ist ein Klagebegehren (hier: Sicherungsbegehren) so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klagserzählung vom Kläger gemeint ist (RS0037440). Eine Anpassung des Urteilsspruchs an den sachlichen Inhalt des Klagebegehrens abweichend von dessen Wortlaut ist zulässig (RS0041254). Dazu ist anerkannt, dass das Gericht dem Spruch eine klare und deutliche, auch vom Begehren abweichende Fassung geben kann, sofern diese in den Behauptungen des Klägers ihre eindeutige Grundlage findet und sich im Wesentlichen mit seinem Begehren deckt (RS0039357). Insbesondere der Zuspruch eines im zu weiten Sicherungsbegehren enthaltenen Minus ist zulässig (RS0039357 [T35]; RS0037645 [T12]).
Da Meta-Tags in den Quelltext von Webseiten aufgenommen werden, handelt es sich beim Verbot, die Marke des Klägers in den Meta-Tags zu verwenden um ein Minus gegenüber der Verwendung im gesamten Quelltext. Das Unterlassungsbegehren kann daher durch Umformulierung auf seinen berechtigten Teil beschränkt werden.
Im konkreten Fall ist auch unschädlich, dass das Erstgericht keine Feststellungen zur Verwendung des Zeichens „G*“ als Meta-Tag im Quelltext der Webseiten der Beklagten getroffen hat. Die Beklagten haben nämlich im Verfahren erster Instanz gar nicht substanziiert bestritten, die Marke des Klägers auch als Meta-Tags zu verwenden. Sie führten lediglich aus, es sei nicht generell rechtswidrig das Kennzeichen im Quelltext zu verwenden, das Unterlassungsbegehren sei daher überschießend, „weil es keine Einschränkung auf die Verwendung der Bezeichnung „G*“ in den „Metatags“ oder zur Beeinflussung von Suchmaschinenergebnissen enthalte“. Die Beklagten sprächen sich gegen die beantragte einstweilige Verfügung aus, „soweit sie über die Verwendung der Kennzeichen der Klägerin zur Beeinflussung von Suchmaschinenergebnissen hinausgehe.“ (ON 7, S 4). Allgemein merkten die Beklagten an, ihrer Stellungnahme im Provisorialverfahren den vom Kläger behaupteten Sachverhalt zugrunde zu legen (ON 7, S 2).
Eine unterbliebene Bestreitung ist dann als Zugeständnis zu werten, wenn gewichtige Indizien dafür sprechen (RS0039941 [T3, T4]), etwa, weil eine Behauptung offenbar leicht widerlegbar wäre (vgl RS0039927).
Nach dem Inhalt ihrer Äußerung ist davon auszugehen, dass die Beklagte erkannt hat, dass ihr der Kläger die Verwendung seiner Marke in den Meta-Tags zur Optimierung von Suchmaschinenergebnissen vorwirft. Dennoch hat sie diesen Vorwurf weder ausdrücklich bestritten noch Bescheinigungsmittel zu dessen Widerlegung angeboten. Beides hätte ihr leicht möglich sein müssen. Es ist daher im Rahmen des Sicherungsverfahrens davon auszugehen, dass das Kennzeichen „G*“ in den Metatags der Webseiten der Beklagten genutzt wird um damit die Trefferliste bei Suchmaschinen zu beeinflussen. Dies kann als zugestandene Tatsache der Rekursentscheidung zugrunde gelegt werden (vgl RS0121557 [T8, T10]). Wenn die Beklagten erstmals im Rekurs anmerken, dass sie die Produktbezeichung des Klägers nicht in den Meta-Tags zur Beeinflussung von Suchmaschinen verwenden, verstoßen sie damit gegen das Neuerungsverbot (RS0002445).
1.4.Ausgehend davon, dass die Benutzung einer Marke in den Meta-Tags einer Webseite als kennzeichenmäßiger Gebrauch zu beurteilen ist (vgl oben 1.2.), bleibt zu prüfen, ob ein – einen Markenrechtsverstoß ausschließendes – berechtigtes Interesse der Beklagten am Gebrauch der Marke vorliegt (vgl 4 Ob 308/00y; ÖBl 2007/7). Nach der Rechtsprechung verstößt ein Dritter mit dem Gebrauch einer Marke als Meta-Tag dann weder gegen Wettbewerbsrecht noch gegen Markenrecht, wenn er ein berechtigtes Interesse hat, die Marke zu gebrauchen, und wenn durch die Benutzung der Marke kein unzutreffender Eindruck entsteht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Homepage Informationen über die Marke enthält, an denen der Dritte ein berechtigtes Interesse hat (RS0114469; 4 Ob 204/22m). Der Dritte muss ein berechtigtes Interesse haben, die Marke zu benutzen, und die Benutzung der Marke muss den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entsprechen (§ 10 Abs 3 MSchG) (4 Ob 308/00y).
Die Beklagten haben zwar in erster Instanz behauptet, sie hätten ein Interesse daran, ihre Kunden über ihren ehemaligen Vertrieb des Produkts „G*“ zu informieren, jedoch wurden dazu im Provisorialverfahren keine Bescheinigungsmittel angeboten und folglich auch keine Feststellungen getroffen. Demgegenüber gilt im Sicherungsverfahren jedoch als bescheinigt, dass auf den Webseiten
- Informationen wie „Der G* des Bau- Greentech Spezialisten B* ist eine revolutionäre Wasserspartechnologie“ oder „eine revolutionäre Entwicklung schafft Abhilfe – der G*® der B* Gruppe aus dem oberösterreichischen **“ enthalten waren,
- für den „F*“ vom Kläger für den „G*“ entwickelte Bilder ohne seine Zustimmung verwendet wurden und
- mit Referenzpartnern, deren Ausstattung allerdings nicht, wie auf der Webseite vermittelt, mit dem „F*“, sondern tatsächlich mit dem „G*“ erfolgt war, geworben wurde.
Auf Basis dieses bescheinigten Sachverhalts kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Verwendung der Marke des Klägers in den Meta-Tags der Webseiten einem berechtigten Interesse der Beklagten dient. Vielmehr werden Nutzer dadurch auf Webseiten gelenkt, deren Inhalte (auch) zu Lasten des Klägers gegen das Lauterkeits- und Immaterialgüterrechte verstoßen. Die Benutzung der Marke des Klägers in den Meta-Tags entspricht somit nach dem bescheinigten Sachverhalt jedenfalls nicht den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel.
Aufgrund dieser Erwägungen war das Unterlassungsgebot in seinem Punkt IV auf die rechtswidrigen Verletzungshandlungen, nämlich die Verwendung des Kennzeichens „G*“ in den Meta-Tags und/oder zur Suchmaschinenbeeinflussung zu verwenden, einzuschränken.
2.1. Ergänzend verweist der Rekurs darauf, dass aus dem Vorbringen des Klägers in diesem Punkt kein Vorwurf gegen die Zweitbeklagte ergebe, sodass der einstweiligen Verfügung gegen diese die Grundlage fehle.
2.2. Dem ist zu entgegnen, dass der Kläger – von den Beklagten unbestritten – in erster Instanz vorbrachte, die Zweitbeklagte verantworte als einzige Geschäftsführerin der Erstbeklagten sowie der gesamten „B*-Gruppe“ unmittelbar und allein die beanstandeten Verstöße, die sie auch jederzeit abstellen könne (ON 1, S 23, 19f).
Wer neben einer juristischen Person auch deren Organe wegen einer Verletzung von Immaterialgüterrechten in Anspruch nimmt, hat idR zu beweisen, dass das Organ entweder selbst daran beteiligt war oder – wenn die Handlung im Betrieb des Unternehmens von jemand anderem begangen wurde – dass es trotz Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Verstoßes nicht dagegen eingeschritten ist. Kann jedoch im Einzelfall schon aus der Art des Verstoßes mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Verantwortlichkeit eines bestimmten Organs geschlossen werden, so kommt es zu einer Beweislastumkehr. In diesem Fall hat das Organ darzutun, dass es ohne sein Verschulden daran gehindert war, gegen den Verstoß einzuschreiten (vgl RS0079743 [T9]; Majchrzak in Kucsko/Schumacher , marken.schutz 3 § 51 Rz 27).
Nach diesen Grundsätzen reicht das unbestrittene Vorbringen des Klägers – jedenfalls im Rahmen des Sicherungsverfahrens - aus, um auch einen Unterlassungsanspruch gegen die Zweitbeklagte zu begründen.
3. Den Antrag, die Wirksamkeit des Punktes IV der beantragten einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen wurde sowohl in erster Instanz als auch im Rekursverfahren hilfsweise (nur) für den Fall gestellt, dass das Unterlassungsgebot nicht auf die Verwendung des Zeichens als Meta-Tag oder zur Suchmaschinenoptimierung beschränkt wird. Es muss daher nicht weiter darauf eingegangen werden.
4. Damit war dem Rekurs der Beklagten teilweise Folge zu geben.
4.1.Die neu zu fassende Entscheidung über die Kosten erster Instanz sowie die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründen sich auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 43, 50 ZPO.
Der Kläger hat seinen Sicherungsantrag in dessen Punkt IV zu weit gefasst; die Beklagten sind diesem Sicherungsbegehren im Rekursverfahren zur Gänze entgegengetreten. Mangels anderer Anhaltspunkte für die Bewertung sind Unterliegen und Obsiegen hinsichtlich des Punktes IV des Sicherungsantrags im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren mit jeweils 50 % zu bewerten (vgl 4 Ob 95/98v; 4 Ob 109/00h; 4 Ob 206/18z).
Ein sofortiger Zuspruch von Kosten erster Instanz an den Kläger kommt nicht in Betracht, weil das Verfahren in der Hauptsache noch nicht rechtskräftig erledigt, und eine Quotenkompensation gemäß § 393 Abs 1 EO ausgeschlossen ist ( Obermaier , Kostenhandbuch 4Rz 1.451). Gelingt der Beklagten die Abwehr eines Teiles des Sicherungsantrags, hat sie Anspruch auf Ersatz der abgrenzbaren Kosten des Provisorialverfahrens in jenem Ausmaß (in jener nicht kompensierten Quote), in dem sie im Provisorialverfahren erfolgreich war (RS0005667; Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.451).
Der Kläger ist im Provisorialverfahren erster Instanz mit dreieinhalb von fünf Unterlassungsbegehren (das sind 70% seines Sicherungsbegehrens) durchgedrungen. Den Beklagten waren daher 30% ihrer für das Provisorialverfahren aufgewendeten abgrenzbaren Kosten (das sind die Kosten der Äußerung ON 7) zuzusprechen.
Die Beklagten waren mit ihrem Rekurs zur Hälfte erfolgreich, sodass ihnen die Hälfte ihrer Rekurskosten zu ersetzen ist. Der Kläger hat die Hälfte der Kosten des Rekursverfahrens vorläufig und die Hälfte endgültig selbst zu tragen.
4.2.Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 500 Abs 2 Z 1 und Abs 3, 526 Abs 3 ZPO und orientiert sich an der unbedenklichen Bewertung durch den Kläger.
4.3.Der ordentliche Revisionsrekurs war mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen.