Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Nigl, LL.M., und Mag. Kulka in der Firmenbuchsache der A* Holding GmbH , FN **, **, wegen Anmeldung der Anschrift der Geschäftsführerin, über die Rekurse der Geschäftsführerin B * , geboren am **, p.A. der Gesellschaft, gegen die Beschlüsse des Handelsgerichtes Wien vom 27.2.2025, **-5 (= 6 R 173/25t), und vom 4.4.2025, **-9 (= 6 R 179/25z), in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
I. Dem Rekurs gegen den Beschluss vom 27.2.2025, ON 5, wird nicht Folge gegeben.
II. Der Rekurs gegen den Beschluss vom 4.4.2025, ON 9, wird zurückgewiesen .
Der ordentliche Revisionsrekurs ist jeweils nicht zulässig.
Begründung
Die A* Holding GmbH ( Gesellschaft ) ist seit 27.6.2017 zu FN ** im Firmenbuch eingetragen. Einzige Geschäftsführerin mit selbstständiger Vertretungsbefugnis seit 4.2.2022 und Alleingesellschafterin mit einer gründungsprivilegierten, zur Hälfte eingezahlten Stammeinlage von EUR 10.000,- ist B*, geboren am ** ( Geschäftsführerin, Rekurswerberin ). Ihre Anschrift laut Firmenbuch lautete **.
Im Oktober 2024 konnte der Geschäftsführerin im Verfahren ** an dieser Adresse eine gegen sie erlassene Zwangsstrafverfügung vom 3.10.2024 nicht zugestellt werden. Der Zusteller vermerkte am Rückschein, die Empfängerin sei an dieser Anschrift unbekannt, die Anschrift sei ungenügend.
Anhand einer am 17.10.2024 eingeholten Meldeauskunft stellte das Erstgericht fest, dass als Hauptwohnsitz der Geschäftsführerin seit 28.3.2024 die Adresse ** registriert war. Daraufhin verhängte es im vorliegenden Verfahren mit Zwangsstrafverfügung vom 17.10.2024 über sie gemäß § 24 Abs 4 FBG - in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des §§ 283 Abs 2 und 3 UGB - eine Zwangsstrafe in Höhe von EUR 100, und forderte sie auf, ihre aktuelle Anschrift unverzüglich zur Eintragung anzumelden, widrigenfalls weitere Strafen verhängt würden. Die Zustellung dieses Beschlusses an die Geschäftsführerin erfolgte durch Hinterlegung an der Adresse **, Beginn der Abholfrist war der 23.10.2024.
Nachdem darauf keine Reaktion der Geschäftsführerin erfolgte, setzte das Erstgericht mit Zwangsstrafverfügung vom 30.1.2025 eine weitere Zwangsstrafe von EUR 500, fest und forderte die Geschäftsführerin neuerlich auf, ihre aktuelle Anschrift unverzüglich zur Eintragung anzumelden. Auch dieser Beschluss wurde durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am 5.2.2025 zugestellt und der Geschäftsführerin am 17.2.2025 ausgefolgt.
Dagegen erhob die Geschäftsführerin einen am 26.2.2025 beim Erstgericht überreichten Einspruch, mit dem sie die ersatzlose Aufhebung der Zwangsstrafe begehrte. Sie führte aus, gemäß § 24 Abs 3 FBG habe der Verhängung der ersten Zwangsstrafe die Aufforderung an den Betroffenen voranzugehen, seine Anmeldepflicht zu erfüllen, was in ihrem Fall nicht geschehen sei. Außerdem könne sie dem Beschluss nicht entnehmen, warum die bisher eingetragene Adresse ungenügend sein solle.
Am selben Tag meldete die Geschäftsführerin zu ** als ihre neue Anschrift „p.A . A* Holding GmbH, ** “ zur Eintragung im Firmenbuch an, der Vollzug dieser Eintragung erfolgte am 28.2.2025.
Mit Beschluss vom 27.2.2025, ON 5, wies das Erstgericht den Einspruch als verspätet zurück. Die Einspruchsfrist betrage gemäß § 283 Abs 2 Satz 5 UGB 14 Tage und beginne mit der Zustellung der Zwangsstrafverfügung. Diese sei am 5.2.2025 zugestellt worden bzw gelte mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Die Einspruchsfrist habe daher am 19.2.2025 geendet, sodass der erst am 26.2.2025 erhobene Einspruch verspätet sei.
Dagegen richtet sich der – rechtzeitige - Rekursder Geschäftsführerin mit dem Antrag, die gegen sie verhängte Zwangsstrafe ersatzlos aufzuheben. Zusammengefasst brachte sie vor, die Feststellung des angefochtenen Beschlusses, dass die Zwangsstrafverfügung am 5.2.2025 zugestellt worden sei bzw mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt gelte, sei unpräzise, weil nicht mit der gebotenen Deutlichkeit feststehe, wann nun die tatsächliche Zustellung bzw der Beginn des Fristenlaufs stattgefunden habe. Außerdem habe das Gericht die Zwangsstrafverfügung an eine Adresse gesandt, die nicht als Abgabestelle im Sinne des § 2 Z 4 ZustG zu werten sei. Hinzuweisen sei auch darauf, dass sich die vom Erstgericht herangezogene Bestimmung des § 283 UGB nur auf die Einhaltung der Offenlegungsverpflichtung nach den §§ 277 und 280 UGB beziehe und damit im vorliegenden Fall die Verhängung einer Zwangsstrafe nicht darauf gegründet werden dürfe. Daher seien hier auch die Fristen des § 283 UGB nicht maßgeblich, sondern es liege ein Fall des § 74 AußStrG vor, sodass die Einspruchsfrist vier Wochen betrage.
In eventu beantragte die Geschäftsführerin die Wiedereinsetzungin den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist gemäß § 21 AußStrG. Es sei für sie unvorhersehbar und unabwendbar gewesen, dass vom Gericht eine Adresse verwendet worden sei, die am 5.2.2025 keine Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes mehr dargestellt habe. Die Frage, ob sie als Geschäftsführerin verpflichtet sei, dem Firmenbuchgericht laufend von Ortswechseln zu berichten, könne insofern dahingestellt bleiben, als sie an der Tatsache, dass sie dies nicht getan habe, jedenfalls kein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden treffe.
Mit weiterem Beschluss vom 4.4.2025 , ON 9, wies das Erstgericht den Wiedereinsetzungsantrag der Geschäftsführerin vom 18.3.2025 zurück. Begründend führte es aus, im Wiedereinsetzungsantrag werde zusammengefasst die Rechtswidrigkeit des Zustellvorgangs geltend gemacht und würden darüber hinaus keine Angaben gemacht bzw Tatsachen bescheinigt, die als ein Versehen der Geschäftsführerin gewertet werden könnten. Ein Wiedereinsetzungsgrund sei damit gar nicht behauptet worden.
Dieser Beschluss wurde an die Geschäftsführerin wiederum durch Hinterlegung zugestellt, nun an der neu im Firmenbuch eingetragenen Adresse **. Beginn der Abholfrist war der 11.4.2025, der Beschluss wurde der Geschäftsführerin am 15.4.2025 ausgefolgt.
Auch gegen diesen Beschluss erhob die Geschäftsführerin Rekurs , gerichtet auf die Abänderung, ihrem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben. Postaufgabedatum des Rekurses war der 5.5.2025 .
I. Zum Rekurs gegen den Beschluss vom 27.2.2025 (= 6 R 173/25t):
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1.Gemäß § 3 Abs 1 Z 8 FBG sind bei Einzelunternehmern deren Name und Geburtsdatum einzutragen, bei anderen Rechtsträgern Name und Geburtsdatum ihrer vertretungsbefugten Personen sowie der Beginn und die Art ihrer Vertretungsbefugnis. Ferner ist nach § 3 Abs 2 FBG bei der Eintragung natürlicher Personen auch deren Anschrift ersichtlich zu machen. Nach § 10 Abs 1 FBG sind Änderungen eingetragener Tatsachen beim Gericht unverzüglich anzumelden.
2.Anmeldungen, die die Eintragung einer Anschrift nach § 3 Abs 2 FBG zum Gegenstand haben, bedürfen nicht der beglaubigten Form. Es genügt die Unterfertigung namens des Rechtsträgers durch vertretungsbefugte Personen in der zur Vertretung notwendigen Anzahl (§ 11 FBG; Pilgerstorfer in Artmann, UGB 3§ 11 FBG Rz 4).
3. Aufgrund des Postfehlberichts im Verfahren ** sowie der eingeholten Meldeauskunft musste das Erstgericht davon ausgehen, dass die im Firmenbuch eingetragene Anschrift der Geschäftsführerin nicht mehr aktuell war, sodass es diese zu Recht zur Anmeldung der neuen Anschrift aufforderte.
4.Der Durchsetzung von Anmeldepflichten dient das Zwangsstrafverfahren nach § 24 FBG. Dessen Abs 1 sieht vor, dass diejenige Person, die verpflichtet ist, eine Anmeldung zum Firmenbuch vorzunehmen, vom Gericht durch Zwangsstrafen bis zu EUR 3.600,- anzuhalten ist, ihre Verpflichtung zu erfüllen. Kommt die betroffene Person einer gerichtlichen Anordnung innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über die Verhängung der Zwangsstrafe nicht nach, so ist nach § 24 Abs 2 FBG erneut eine Zwangsstrafe bis zu EUR 3.600,- zu verhängen und der Beschluss über die verhängte Zwangsstrafe zu veröffentlichen.
Gemäß § 24 Abs 3 FBG ist die betroffene Person vor Verhängung der ersten Zwangsstrafe aufzufordern, die Verpflichtung zu erfüllen oder darzutun, dass die Verpflichtung nicht besteht, und eine konkrete Zwangsstrafe für den Fall der Nichtbefolgung anzudrohen.
5.Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I Nr. 111/2010, wurde in § 283 UGB das Verfahren zur Erzwingung der Offenlegung von Jahresabschlüssen neu geregelt, das nach fruchtlosem Ablauf der gesetzlichen Offenlegungsfrist zwingend die Erlassung von Zwangsstrafverfügungen ohne vorherige Strafandrohung vorschreibt. Im Bereich des allgemeinen Zwangsstrafverfahrens nach § 24 FBG gilt dies lediglich fakultativ. Nach dem mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 eingefügten Abs 4 kann das Gericht anstelle der Androhung einer Zwangsstrafe (Abs 3) mit Zwangsstrafverfügung im Bereich des für den Pflichtverstoß vorgesehenen Strafrahmens vorgehen, wenn der Pflichtverstoß anhand der Umstände naheliegt. Diesfalls sind die Bestimmungen des § 283 Abs 2 und 3 UGB sinngemäß anzuwenden. Nach den Gesetzesmaterialien ist dabei insbesondere an Fälle zu denken, in denen der Verstoß gegen die Verpflichtung für das Gericht anhand der Umstände feststellbar erscheint, wobei als Beispiel angeführt ist, dass durch einen Postfehlbericht feststeht, dass die im Firmenbuch eingetragene Geschäftsanschrift nicht mehr den Tatsachen entspricht (EBRV 981 BlgNR 24.GP 49).
6.Im konkreten Fall waren für das Erstgericht aufgrund des Postfehlberichts im Verfahren ** sowie der zur Geschäftsführerin eingeholten Meldeauskunft derartige Umstände gegeben, sodass es zu Recht von der Bestimmung des § 24 Abs 4 FBG Gebrauch machte und ohne vorhergehende Androhung eine Zwangsstrafverfügung verhängte.
Damit galt im vorliegenden Fall für die Erhebung des Einspruchs die 14-tägige Frist des § 283 Abs 2 UGB. Im Übrigen beträgt auch im Firmenbuchverfahren gemäß § 15 FBG iVm § 46 Abs 1 AußStrG die Rekursfrist 14 Tage, beginnend mit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses. Die von der Rekurswerberin angesprochene 4-wöchige Frist des § 74 Abs 1 AußStrG gilt nur für den Abänderungsantrag, mit dem nach Eintritt der Rechtskraft eines Beschlusses, mit dem über die Sache entschieden wurde, aus den dort angeführten Gründen die Abänderung beantragt werden kann.
7.Gemäß § 17 Abs 3 Satz 3 ZustG gelten hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Erster Tag dieser Frist ist jener, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereit gehalten wird. Die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels beginnt demnach erst mit dem diesem Tag folgenden Tag zu laufen (RS0083978). Da im vorliegenden Fall die Zwangsstrafverfügung erstmals am 5.2.2025 zur Abholung bereit lag, begann die 14-tägige Einspruchsfrist am 6.2.2025 zu laufen und endete mit Ablauf des 19.2.2025.
8.1.Der Einwand der Rekurswerberin, die Zwangsstrafverfügung sei an eine Adresse gesandt worden, die nicht als Abgabestelle im Sinne des § 2 Z 4 ZustG zu werten sei, blieb völlig unsubstantiiert. Die Rekurswerberin zeigte keine Umstände auf, weshalb dort eine Hinterlegung nicht zulässig gewesen sein sollte, obwohl eine weitere vom Erstgericht am 9.1.2025 eingeholte Auskunft aus dem Zentralen Melderegister weiterhin die Anschrift **, als ihren Hauptwohnsitz auswies.
8.2.Gemäß § 292 Abs 1 ZPO macht der Zustellschein aufgrund seines Charakters als öffentliche Urkunde vollen Beweis darüber, dass die darin beurkundeten Zustellvorgänge auch eingehalten wurden.
Es ist Sache dessen, dem gegenüber die Zustellung nicht wirksam sein soll, den Gegenbeweis der Vorschriftswidrigkeit der Hinterlegung zu führen (RS0040471, RS0040473). Wer diesen Gegenbeweis führen will, darf sich nicht bloß auf die Behauptung der Unrichtigkeit der Urkunde beschränken, sondern muss konkret jene Tatsachen anführen, aus denen sich diese Unrichtigkeit ergibt, und sie auch beweisen (RS0040507). Dazu bedarf es einer konkreten Darlegung des Zustellmangels und eines entsprechenden Bescheinigungsanbots. Die Zustellmängel müssen vom Adressaten zumindest glaubhaft gemacht werden (6 Ob 93/09h).
Da die Rekurswerberin dies unterlassen hat, ist ihr Einwand einer unwirksamen Zustellung der Zwangsstrafverfügung unbeachtlich.
9. Der von ihr erst am 26.2.2025 beim Erstgericht überreichte Einspruch war somit verspätet und wurde vom Erstgericht mit zutreffender Begründung zurückgewiesen.
Ihr unbegründeter Rekurs bleibt damit ohne Erfolg.
II. Zum Rekurs gegen den Beschluss vom 4.4.2025 (= 6 R 179/25z):
Der Rekurs ist verspätet .
Der Beschluss des Erstgerichts vom 4.4.2025, mit dem dieses den Wiedereinsetzungsantrag der Geschäftsführerin vom 18.3.2025 zurückwies, wurde der Geschäftsführerin durch Hinterlegung zugestellt, Beginn der Abholfrist war der 11.4.2025. Damit endete die 14-tägige Rekursfrist des § 46 Abs 1 AußStrG (hier iVm § 15 FBG) mit Ablauf des 25.4.2025. Der erst am 5.5.2025 zur Post gegebene Rekurs ist daher als verspätet zurückzuweisen.
III.Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses beruht jeweils auf § 15 Abs 1 FBG iVm §§ 59 Abs 1 Z 2, 62 Abs 1 AußStrG. Rechtsfragen im Sinne der zuletzt genannten Gesetzesstelle waren nicht zu beantworten.
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