JudikaturOLG Wien

1R184/24x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
07. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Vorsitzenden Mag. Weixelbraun, die Richterin Mag. a Klenk und den Kommerzialrat Mag. Lintner in der Rechtssache der klagenden Partei A*, geb. **, **, vertreten durch Dr. Halil Arslan, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei B* AG C* , FN **, **, vertreten durch Mag. Dieter Hauser, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 19.062,04 sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 30.9.2024, **-40, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.220,42 (darin EUR 370,07 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig .

Entscheidungsgründe

Text

Der Kläger hatte mit der Beklagten einen Kaskoversicherungsvertrag ab 10.2.2022 für das von seinem Sohn geleaste Kfz BMW abgeschlossen, dem die allgemeinen Bedingungen für die Vollkaskoversicherung (VK 2013) zugrunde liegen.

Diese lauten auszugsweise:

Artikel 1

Was ist versichert?

[…]

2. Versichert sind das Fahrzeug und seine Teile, die im versperrten Fahrzeug verwahrt oder an ihm befestigt sind, gegen Beschädigung, Zerstörung und Verlust

[…]

- durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen;

[…]

Die Versicherung ist zugunsten der D* vinkuliert.

Am 10.9.2022 stellte der Sohn des Klägers ( Sohn ) sein Fahrzeug gegen 18.45/19.00 Uhr in E* auf dem Parkplatz eines **-Eventcenters, in dem eine Hochzeit stattfand, ab. Der Parkplatz hat eine Fläche von ca 5000 m², bietet Parkmöglichkeiten für bis zu 250 Fahrzeuge und ist mit einem Maschendrahtzaun umfriedet, jedoch nicht geschlossen und somit frei zugänglich. An diesem Abend waren ca 50 Autos geparkt. Als der Sohn gegen 00.30 Uhr zum Fahrzeug zurückkehrte, merkte er noch nichts von dem Schaden, weil es dunkel war. Er fuhr mit dem Fahrzeug nach Hause und parkte dort in der Garage.

Am nächsten Tag in der Früh bemerkte der Sohn den Schaden und erstattete Anzeige bei der PI F*; ein oder zwei Tage später meldete er den Schaden der Beklagten.

Der Sohn erfuhr von der Polizei, dass auch das Fahrzeug des weiteren Hochzeitsgastes G* ( Hochzeitsgast ) beschädigt worden war. Der Hochzeitsgast hatte seinen schwarzen Porsche Cayenne am 10.9.2022 von 18.45 bis 22.20 Uhr auf dem Parkplatz des **-Eventcenters geparkt, den Schaden sogleich bemerkt und um 22.30 Uhr bei der PI E* angezeigt.

Die Fahrzeuge des Sohnes und des Hochzeitsgastes standen nicht nebeneinander oder in unmittelbarer Nähe zueinander.

Da der Sohn den Hochzeitsgast kannte, weil er manchmal ein Autoservice in dessen Werkstatt vornehmen ließ, kontaktierte er ihn und nahm sein Angebot an, das Fahrzeug in seiner Werkstatt besichtigen zu lassen. Der Sohn wusste nicht, dass der Hochzeitsgast nicht die erforderliche Gewerbeberechtigung hatte. Der Sohn und der Hochzeitsgast sind nicht befreundet. In der Vergangenheit wurden bereits mehrere Fahrzeuge des Hochzeitsgastes zerkratzt. Zu einem Mercedes-Benz führte er in diesem Zusammenhang ein Verfahren gegen die Beklagte, in dem die Klage des Hochzeitsgastes abgewiesen wurde.

Das Fahrzeug des Sohnes hat zahlreiche Kratzspuren an allen äußeren Karosserieteilen, an den Stoßstangen, am Dach, an den Scheinwerfern und Heckleuchten sowie an der vorderen Windschutzscheibe. Die Spuren wurden nicht in einem Zug, sondern durch viele einzelne abgesetzte Kratzvorgänge verursacht, wobei die einzelnen Kratzer eine unterschiedliche Länge aufweisen und in verschiedenen Richtungen verlaufen.

Die feinen Kratzspuren am Fahrzeug wurden durch zahlreiche manuelle Kratzbewegungen mit einem spitzen, harten Gegenstand wie zB mit einem Nagel, einem spitzen Schraubenzieher oder dergleichen verursacht. Der oder die Täter sind mit einem solchen Gegenstand rund um das Fahrzeug gegangen und haben die oberflächlichen Lackschäden durch Kratzbewegungen erzeugt.

Die Kratzspuren wurden absichtlich manuell verursacht. Auffällig ist, dass der Täter nicht rasch einige Karosserieflächen zerkratzen wollte, sondern offensichtlich die Absicht hatte, möglichst alle außenliegenden Teile des Fahrzeugs großflächig so zu beschädigen, dass eine kostenaufwändige Ganzlackierung bzw eine Erneuerung des jeweiligen Bauteils erforderlich wird, das trifft auch für die Lichtmodule zu.

Die Schäden können in einem Zeitraum von ca 30-60 Sekunden verursacht werden, wobei auch eine längere Zeitdauer möglich ist. Wenn nur wenige Teile der Karosserie zerkratzt werden, wie das bei Vandalismusschäden oft der Fall ist, ist dafür ein deutlich geringerer Zeitbedarf von nur einigen Sekunden erforderlich.

Durch die Zerstörung der Lackierung an sehr vielen Bauteilen der Karosserie sowie durch die gezielte zusätzliche Beschädigung der teuren Scheinwerfer- und Rücklichteinheiten ist ein sehr großer Schaden verursacht worden, woraus sich auch entsprechend hohe Reparaturkosten ergeben bzw eine hohe kalkulatorische Bemessungsgrundlage an Behebungskosten geschaffen wurden.

Die angemessenen Reparaturkosten zur Behebung der Schäden in einer Fachwerkstätte betragen im September 2022 EUR 19.062,04 . Der sich aus den Schäden ergebende objektive Minderwert beträgt ca EUR 13.730 ; um diesen Betrag ist der Marktwert (Mittelwert) des Fahrzeugs infolge der Schäden verringert worden. Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung betragen die inflationsangepassten Reparaturkosten EUR 20.206 .

Der Sohn möchte das Fahrzeug reparieren lassen.

Die Beklagte lehnte die Deckung ab, weil aus Sicht der Beklagten das Schadenbild aus folgenden Gründen auffällig ist: Einerseits ist fast jeder Bauteil zerkratzt, inklusive Windschutzscheibe und Scheinwerfer. Außerdem liegt die Letztzulassung am 10.2.2022 relativ nahe am Schadendatum 10.9.2022 und es entsteht durch die Beschädigungen eine sehr hohe Reparatursumme. Interessant war für die Beklagte auch, dass das Fahrzeug bei einer Werkstatt ohne Gewerbeberechtigung zur Besichtigung gestellt wurde. Auffallend waren auch die unterschiedlichen Angaben zum Schadenzeitpunkt. Der Beklagten erschien zudem merkwürdig, dass ein Schaden, der das ganze Fahrzeug betrifft, erst am nächsten Tag bemerkt wird. Außerdem war die Werkstatt des Hochzeitsgastes der Beklagten aus einem vorangegangenen Schadenfall bekannt. In diesem Fall hat die Werkstatt des Hochzeitsgastes der Beklagten eine Rechnung für Austausch der Scheinwerfer und Heckleuchten gelegt, diese in weiterer Folge aber nur auspoliert. Der bei der Werkstatt involvierte Hochzeitsgast ist der zweite Geschädigte im vorliegenden Fall. Er bzw seine Ehefrau hatten bereits zwei ähnliche Schäden an Fahrzeugen bei der Beklagten in Bearbeitung, deren Deckung die Beklagte ablehnte.

Der Kläger begehrt aufgrund des Vollkaskoversicherungsvertrags den Ersatz der Reparaturkosten des Fahrzeugs. Die Beschädigung sei durch mut- oder böswillige Handlung betriebsfremder Personen erfolgt. Am 10.9.2022/11.9.2022 sei auch zumindest ein weiteres Fahrzeug durch bislang unbekannte Täter auf dem Parkplatz des **-Eventcenters beschädigt worden. Laut Abschlussbericht der Polizeiinspektion E* werde aufgrund des Spurenbildes, das „Schlüsselkratzer“ vermuten lasse, in beiden Fällen von derselben Täterschaft ausgegangen. Bei großen Veranstaltungen sei es nicht unüblich, dass Fahrzeuge entweder durch Kinder oder durch fremde Personen oder durch andere Hochzeitsgäste beschädigt werden, weil in der Regel auch Alkohol im Spiel sei. Es sei zu berücksichtigen, dass die beiden beschädigten Pkw Luxusfahrzeuge seien. Es sei gut möglich, dass die Fahrzeuge aus Neid oder aus anderen Gründen beschädigt worden seien.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wandte – soweit im Berufungsverfahren noch wesentlich - ein, das Schadenbild lasse sich nicht mit einem durch den Versicherungsvertrag gedeckten Vandalismusschaden in Übereinstimmung bringen und sei nicht durch betriebsfremde Personen verursacht worden. Es sei akribisch jeder Teil des Fahrzeugs mit einem spitzen Gegenstand tiefgreifend angekratzt worden, was einen größeren Aufwand und ein überlegteres Vorgehen als bei einem gewöhnlichen Vandalismusschaden erfordere. Sämtliche Leuchten des Fahrzeugs seien angekratzt worden, wodurch die Behebung dieses Schadens rein kalkulatorisch eine sehr hohe Bemessungsgrundlage bilde, obwohl oft nur eine Politur der Scheinwerfer stattfinde, die keine Kosten verursache. Zur Verursachung von einigen Schäden sei eine ungewöhnliche Körperhaltung einzunehmen, was ebenfalls nicht für das Vorliegen eines bedingungsgemäßen Vandalismusschadens spreche. Es sei auch ungewöhnlich, dass die Windschutzscheibe beschädigt worden sei.

Aufgrund folgender Umstände sei nicht von einem gedeckten Versicherungsfall auszugehen:

- das auffällige Schadenbild,

- dass nicht der Ersatz der Kosten einer bereits erfolgten Reparatur begehrt werde,

- dass Schäden auf Grundlage eines höchstmöglichen kalkulatorischen Reparaturaufwands errechnet und daher mit dem Schadenbild eine hohe Bemessungsgrundlage für eine Ablöse geschaffen werde,

- eine gänzliche Neulackierung, die bei dem im Jahr 2017 erstmals zugelassenen Fahrzeug zu einer erheblichen Wertsteigerung führen würde,

- die Nähe des Schadenereignisses von (gemeint:) September 2022 zum Abschluss des Versicherungsverhältnisses im Februar 2022

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab.

Ausgehend von den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen und auf den Seiten 3 bis 6 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird, ging es rechtlich davon aus, aus dem festgestellten Sachverhalt ergebe sich die nicht unwesentliche Wahrscheinlichkeit, dass die Schäden aus einem anderen Ereignis als einem Vandalismus stammten. Der Versicherungsfall sei nur sieben Monate nach Abschluss des Versicherungsvertrags eingetreten und es liege ein für einen Vandalismusschaden unübliches Schadenbild vor. Auffallend sei vor allem, dass nahezu alle Fahrzeugteile beschädigt worden seien, was den Anschein erwecke, dass eine kostspielige Neulackierung des Fahrzeuges bezweckt worden sei. Auf Grundlage eines höchstmöglichen kalkulatorischen Reparaturaufwands werde eine hohe Bemessungsgrundlage für eine Ablöse geschaffen, woraus sich für den Kläger ein finanzieller Mehrwert aus dem Schadenfall ergeben könne. Es erscheine unwahrscheinlich, dass ein Täter, der an einem Fahrzeug einen Vandalismusschaden begehe, sich die Zeit nehme, jeden Teil des Fahrzeugs zu zerkratzen. Daher sei nicht davon auszugehen, dass ein Täter eines Vandalismusschadens, der für gewöhnlich unerkannt bleiben wolle, dieses Risiko in Kauf nehme.

Der (bloße) Anscheinsbeweis eines bedingungsmäßigen Vandalismusschadens sei daher widerlegt.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf Klagsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

1. Folgende Prämissen sind der Behandlung der Berufung voranzustellen:

1.1 Den Beweis für den Eintritt des Versicherungsfalls hat grundsätzlich der Versicherungsnehmer zu führen (RS0043563; RS0080003). Dem Versicherungsnehmer stehen aber beim Nachweis des Versicherungsfalls in der Schadensversicherung wegen oft großer Beweisschwierigkeiten gewisse Beweiserleichterungen zu. In dem Fall genügt es, dass der Versicherungsnehmer ein Mindestmaß an Tatsachen beweist, die das äußere Erscheinungsbild eines Versicherungsfalls bilden (RS0102499).

1.2 Zur Widerlegung des ersten Anscheins genügt seine Entkräftung durch den Nachweis einer anderen ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeit; eine solche muss nicht noch wahrscheinlicher als der erste Anschein gemacht werden (RS0040196). Dem Versicherer stehen bei der Erbringung des Entlastungsbeweises die gleichen Beweiserleichterungen zu (RS0040196 [T12]). Bei Erschütterung des ersten Anscheins steht dem Versicherungsnehmer nur mehr der Vollbeweis offen (RS0040196 [T8]).

1.3 Ob grundsätzlich ein Fall einer anzuwendenden Beweiserleichterung vorliegt, ist eine Rechtsfrage (RS0022624). Ob dieser Beweis auch tatsächlich erbracht wurde, ist eine Beweiswürdigungsfrage (RS0022624 [T1, T2, T3]).

1.4 Das Erstgericht und die Parteien gehen hier richtig davon aus, dass dem Kläger die Beweiserleichterung zu gewähren ist. Die Frage, ob ein versichertes Fahrzeug mut- oder böswillig von betriebsfremden Personen beschädigt wurde, ist vergleichbar mit der Frage, ob ein Fahrzeug gestohlen wurde. Die ständige Rechtsprechung wendet die Beweiserleichterung etwa auf Fälle des Kfz-Diebstahls an (RS0102500). Sowohl bei Vandalismus als auch bei Diebstahl befindet sich der Versicherungsnehmer typischerweise in der Situation, das tatsächliche Geschehen – den Vandalismus oder Diebstahl – nicht beweisen zu können. Für den Beweis eines Kfz-Diebstahls genügt nach der Rechtsprechung zunächst der Nachweis durch den Versicherungsnehmer, dass das Fahrzeug ordnungsgemäß abgestellt und nach ununterbrochener Abwesenheit bei der Rückkehr nicht mehr aufgefunden wurde.

1.5 Da feststeht, dass die Kratzspuren am Fahrzeug absichtlich manuell verursacht wurden (US 5), konnte der Kläger unter Beweis stellen, dass die Beschädigung durch mut- oder böswillige Handlungen verursacht wurden. Für das Berufungsverfahren wesentlich ist die Frage, ob diese Handlungen durch betriebsfremde Personen gesetzt wurden. Auch dafür steht dem Kläger der Anscheinsbeweis offen.

2. Der Kläger macht als Verfahrensmangel einen Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend.

2.1 Nach den §§ 272, 417 ZPO müssen die Entscheidungsgründe eines Urteils die für die Entscheidung erforderlichen Tatsachenfeststellungen enthalten (RS0040217). Dazu muss das Erstgericht in knapper, überprüfbarer und logisch einwandfreier Form darlegen, warum es aufgrund bestimmter Beweisergebnisse oder Verhandlungsergebnisse bestimmte Tatsachen festgestellt hat, damit sowohl die Parteien als auch das Rechtsmittelgericht die Schlüssigkeit seines Werturteiles überprüfen können (RS0040122 [T1]). Wenn nicht erkennbar ist, von welchen Tatsachen das Erstgericht ausging und warum es die festgestellten Tatsachen als erwiesen und andere als nicht erwiesen angenommen hat, ist das Verfahren mangelhaft (vgl RS0102004; Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka 5 § 272 ZPO Rz 3). Werden in der Begründung der Entscheidung ein Umstand nicht erwähnt, der hätte erwähnt werden können oder eine Erwägung nicht angestellt, die hätte angestellt werden können, wird das Verfahren dadurch noch nicht mangelhaft (RS0040165; vgl RS0040180).

2.2 Wenn der Kläger vorbringt, zu den Feststellungen, der Sohn habe den Schaden am Folgetag bemerkt, Anzeige bei der PI F* erstattet und erst durch die Polizei erfahren, dass auch das Fahrzeug des anderen Hochzeitsgastes beschädigt worden sei, fehle jegliche Beweiswürdigung, kann dem nicht gefolgt werden.

Das Erstgericht stützte diese Feststellungen, wie aus den Klammerausdrücken ersichtlich, auf ./H, ./E (S 24) und die Aussage des Sohnes (US 4). Damit ist ausreichend erkennbar, auf welche Beweismittel die Feststellungen zurückgehen. Im Zusammenhang mit der Beurteilung des Vorliegens eines Begründungsmangels ist nicht zu beanstanden, dass keine weiteren Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung erfolgten.

2.3 Der Kläger vermisst im Rahmen der Beweiswürdigung eine Auseinandersetzung des Erstgerichts mit seinen Argumenten, dass der Kläger als Leasingnehmer das Fahrzeug reparieren lassen müsse, die Staatsanwaltschaft bei beiden beschädigen Fahrzeugen vom selben Täter ausgehe, der Versicherer des Hochzeitsgastes dessen Schaden reguliert habe und von dem Vorfall sogar in den Medien berichtet worden sei. Es sei auch nicht begründet, aus welchen Gründen es gegen einen „typischen Vandalismusschaden“ spreche, wenn der Sohn das Fahrzeug in die Werkstatt des Hochzeitsgastes stelle und in der Vergangenheit Fahrzeuge des Hochzeitsgastes zerkratzt worden seien.

Da es nicht erforderlich ist, auf jedes einzelne Beweismittel einzugehen und jeden vorgebrachten Umstand einzubeziehen, liegt hier keine mangelhafte Begründung des Urteils vor. Es reicht, dass der Begründung die vom Erstgericht angestellten Erwägungen, die zu den getroffenen Feststellungen geführt haben, zu entnehmen sind.

2.4 Die Begründung des Ersturteils entspricht den Anforderungen. Das Erstgericht hat sich überprüfbar mit den vorliegenden Beweisergebnissen auseinandergesetzt, was sich in der Behandlung der Beweisrüge zeigt.

3. In der Beweisrüge bekämpft der Kläger die Feststellung (US 5):

Es konnte nicht festgestellt werden, ob die Beschädigungen durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen entstanden sind. Bei den Schäden am Fahrzeug handelt es sich nicht um einen typischen Vandalismusschaden.

Er begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

„Die Beschädigungen am Klagsfahrzeug sind durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen entstanden. Bei den Schäden am Fahrzeug handelt es sich um einen typischen Vandalismusschaden. Aufgrund dessen wurde der Schaden des [Hochzeitsgastes] auch von seiner Vollkaskoversicherung bezahlt.

In eventu

Die Beschädigungen am Klagsfahrzeug sind durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen entstanden. Bei den Schäden am Fahrzeug handelt es sich um einen typischen Vandalismusschaden.

In eventu

„Die Beschädigungen am Klagsfahrzeug sind durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen entstanden. Aufgrund dessen wurde der Schaden des [Hochzeitsgastes] auch von seiner Vollkaskoversicherung bezahlt.“

In eventu

Die Beschädigungen am Klagsfahrzeug sind durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen entstanden“ .

3.1 Bei den ersten beiden Sätzen der begehrten Ersatzfeststellung handelte es sich tatsächlich um eine Ersatzfeststellung, weil diese mit der getroffenen Feststellung im Widerspruch steht (RS0041835 [T2]).

Mit dem dritten Satz der begehrten Ersatzfeststellung strebt der Kläger in Wahrheit keine Ersatz-, sondern eine Zusatzfeststellung an, weil er erkennbar der Meinung ist, dass der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt für eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht ausreicht. Damit beruft er sich auf einen – in der Rechtsrüge ohnehin auch ausdrücklich geltend gemachten - sekundären Feststellungsmangel, der im Rahmen der Rechtsrüge zu behandeln ist (RS0043304 [T6]).

3.2 Die Beweiswürdigung kann erst dann erfolgreich angefochten werden kann, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an den vom Erstgericht vorgenommenen Schlussfolgerungen rechtfertigen könnten. Bloß der Umstand, dass die Beweisergebnisse möglicherweise auch andere als die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ermöglicht hätten, kann nicht zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Beweiswürdigung und der darauf gegründeten Tatsachenfeststellungen führen. Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich die Tatsacheninstanz für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen aufgrund ihrer Überzeugung entscheidet, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann (RS0043175). Solche erheblichen Zweifel ergeben sich aus dem in der Berufung erstatteten Vorbringen nicht, sodass grundsätzlich auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung verwiesen wird (RS0122301).

3.3 Zunächst ist darauf zu verweisen, dass das Erstgericht erkennbar davon ausging, dass dem Kläger der Anscheinsbeweis eines bedingungsgemäßen Vandalismusschadens grundsätzlich gelungen ist (US 8). Im weiteren hielt es diesen ersten Anschein allerdings für erschüttert, weil es Umstände sah, die ernsthaft für einen anderen Geschehensablauf sprechen. Bei Erschütterung des ersten Anscheins steht dem Versicherungsnehmer nur mehr der Vollbeweis offen ( ← 1.2 ).

3.4 Ungeachtet dessen, dass den Ausführungen in der Beweisrüge nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden kann, ob der Kläger die Beweiswürdigung im Hinblick auf die Erschütterung des Anscheinsbeweises oder im Hinblick auf den ihm obliegenden Vollbeweis bekämpft, ist ihm Folgendes zu erwidern:

Das Erstgericht hielt zutreffend fest, es sei auffällig, dass der Täter nicht rasch einige Karosserieteile zerkratzt habe, sondern offenbar die Absicht gehabt habe, möglichst alle außenliegenden Teile der Karosserie großflächig so zu beschädigen, sodass eine kostenaufwändige Ganzlackierung bzw Erneuerung der Bauteile erforderlich sei (US 9). Daraus zog es - disloziert in der rechtlichen Beurteilung - den nachvollziehbaren Schluss, es erscheine unwahrscheinlich, dass ein Täter, der an einem Fahrzeug einen Vandalismusschaden begehe, sich die Zeit nehme um jeden Teil des Fahrzeugs zu zerkratzen; daher sei nicht davon auszugehen, dass ein Täter eines Vandalismusschadens, der für gewöhnlich unerkannt bleiben wolle, dieses Risiko in Kauf nehme (US 8).

Die vom Kläger ins Treffen geführten Argumente können nicht aufzeigen, dass entweder zwingende oder wenigstens bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen und das Erstgericht diesen und nicht anderen Beweismitteln Glauben hätte schenken müssen.

Ob der Versicherer des Hochzeitsgastes dessen Schaden reguliert hat, lässt nicht zwingend darauf schließen, dass im Anlassfall ein gedeckter Versicherungsfall vorliegt. Falls eine Schadensregulierung erfolgte, könnte daraus nicht einmal mit Sicherheit abgeleitet werden, dass der dortige Versicherer vom Vorliegen eines in den dortigen (hier nicht bekannten) Bestimmungen definierten Versicherungsfalls ausging, weil etwa auch eine Kulanzleistung denkbar wäre.

Auch die Umstände, dass es sich um ein Leasingfahrzeug handelt, der Sohn bei Nichtvornahme der Reparatur schadenersatzpflichtig würde und der Sohn die Vornahme der Reparatur beabsichtigt, lassen keine erheblichen Zweifel an den Erwägungen des Erstgerichts aufkommen, sondern zeigen lediglich auf, dass auch andere Feststellungen möglich gewesen wären.

Die vom Kläger herangezogenen Urkunden (Abschlussbericht der Staatsanwaltschaft Feldkirch, Zeitungsbericht der H* und Anzeigebestätigung vom 11.9.2024) liefern – entgegen der Ansicht des Klägers – gerade keinen Beweis dafür, dass der Schaden durch betriebsfremde Personen verursacht wurde. Im Gegenteil ist daraus zu entnehmen, dass unbekannte Täter gehandelt haben und daher nicht klar ist, wer für die Schäden verantwortlich ist.

Insgesamt ist nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht zu dem Schluss kam, dass die genannten Umstände ernsthaft für einen anderen Geschehensablauf sprechen, nämlich dass der Schaden zwar mut- oder böswillig, jedoch nicht von betriebsfremden Personen verursacht wurde.

3.5 Das Berufungsgericht übernimmt daher die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis einer mangelfreien Beweiswürdigung und legt sie der rechtlichen Beurteilung zugrunde (§ 498 ZPO).

4. Davon ausgehend versagt die Rechtsrüge , die unter Wiederholung der Ausführungen in der Beweisrüge argumentiert, die Beklagte habe keine Nachweise zur Widerlegung des ersten Anscheins liefern können.

4.1 In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass es eine Frage der Beweiswürdigung und nicht der rechtlichen Beurteilung ist, ob der Anscheinsbeweis im konkreten Fall erbracht oder erschüttert worden ist (RS0022624 [T1, T2, T3]; ←1.3 ). Die vom Kläger ins Treffen geführten Argumente wurden daher im Rahmen der Beweisrüge behandelt.

Ob ein Anscheinsbeweis überhaupt zulässig ist, ob es sich also um einen Tatbestand mit typischem Geschehensablauf handelt, der eine Verschiebung von Beweisthema und Beweislast ermöglicht, ist eine Frage der Beweislast und damit eine Frage der rechtlichen Beurteilung (RS0022624). Die Zulässigkeit der Anwendung des Anscheinsbeweises wird in der Berufung jedoch – zu Recht - nicht in Zweifel gezogen.

Da die Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises nichts daran ändert, dass der Versicherungsnehmer das Vorliegen des Versicherungsfalls beweisen muss, geht die Negativfeststellung zur Beschädigung durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen zu Lasten des Klägers.

4.2 Der vom Kläger gerügte sekundäre Feststellungsmangel liegt nicht vor.

Dass der Sohn und der Hochzeitsgast auf derselben Hochzeit waren, ihre Fahrzeuge auf demselben Parkplatz geparkt waren und beide Fahrzeuge beschädigt wurden, hat das Erstgericht ohnehin festgestellt (US 4).

Dass der Schaden des Hochzeitsgastes von dessen Vollkaskoversicherung ersetzt wurde, ist für die rechtliche Beurteilung im Anlassfall nicht erheblich. Hier konnte nämlich nicht festgestellt werden, ob der Schaden am Fahrzeug durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen entstand. Die Feststellung der Regulierung des Schadens am Fahrzeug des Hochzeitsgastes hätte nichts daran geändert, dass der Kläger das Vorliegen eines Versicherungsfalls hier nicht unter Beweis stellen konnte. Die Feststellungsgrundlage ist aber nur mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind (RS0053317).

5. Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Frage, ob dem Versicherungsnehmer der Nachweis des Eintritts des Versicherungsfalls gelungen ist, eine nicht revisible Tatfrage ist und für die Beurteilung von Beweislast und Beweismaß auf ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung zurückgegriffen werden konnte.