JudikaturOLG Wien

2R197/24s – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
10. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann als Vorsitzenden, die Richterin MMag. Pichler und den Richter Mag. Meinl in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. A* , geb. **, **, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof Dr. Damian GmbH in Wien, wider die beklagten Parteien 1. B* Ges.m.b.H. (C*) , FN **, und 2. Dr. D* , geb. **, beide **, letzterer vertreten durch den Verfahrenshelfer Dr. Robert Zauchinger, LL.M., Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen EUR 70.000,-- samt Anhang, über die Rekurse der zweitbeklagten Partei gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Korneuburg vom 11.7.2024, *** (2 R 198/24p), und vom 16.8.2024, *** berichtigt mit ON 28 (2 R 197/24s), in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschl uss

gefasst:

Spruch

zu 2 R 198/24p:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

zu 2 R 197/24s:

Der Rekurs wird zurückgewiesen .

Die klagende Partei hat ihre Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung:

Text

Das Erstgericht erließ am 9.4.2024 den vom Kläger gegenüber beiden Beklagten beantragten Wechselzahlungsauftrag über EUR 70.000,-- samt Anhang (ON 2) und bestätigte am 16.8.2024 dessen Rechtskraft und Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Erstbeklagten. Die Zustellung des Wechselzahlungsauftrags an beide Beklagte erfolgte am 25.6.2024 durch Gerichtsboten (ON 9.1).

Am 10.7.2024 beantragte der Kläger gegenüber beiden Beklagten die Exekution zur Sicherstellung (ON 14).

Mit dem zu 2 R 198/24p angefochtenen Beschluss vom 11.7.2024 (ON 15) bewilligte das Erstgericht dem Kläger gegenüber beiden Beklagten die Exekution zur Sicherstellung.

Gegen diesen Beschluss ON 15 erhob der unvertretene Zweitbeklagte am 26.7.2024 Rekurs (ON 23) und verwies auf seinen verbesserten Verfahrenshilfeantrag (ON 23 iVm ON 22).

Mit dem zu 2 R 197/24s angefochtenen Beschluss vom 16.8.2024 (ON 27) wies das Erstgericht die im Schreiben des Zweitbeklagten vom 24.7.2024 enthaltenen Einwendungen der Erstbeklagten gegen den Wechselzahlungsauftrag vom 9.4.2024 und den im Schreiben des Zweitbeklagten vom 24.7.2024 enthaltenen Antrag der Erstbeklagten auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung von Einwendungen wegen Verspätung zurück und erklärte den gegenüber der Erstbeklagten erlassenen Wechselzahlungsauftrag für rechtskräftig und vollstreckbar.

Gegen diesen Beschluss ON 27 erhob der Zweitbeklagte am 30.8.2024 sowohl im eigenen Namen als auch als Geschäftsführer der Erstbeklagten Rekurs (ON 30).

Das Erstgericht stellte beiden Beklagten die Eingaben ON 23 und ON 30 zur Verbesserung durch Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt binnen 14 Tagen zurück (ON 31), wobei dieser Beschluss beiden Beklagten am 6.9.2024 zugestellt wurde.

Mit Beschluss vom 27.9.2024 wurde dem Zweitbeklagten zur Erhebung eines Rekurses gegen die Beschlüsse vom 11.7.2024 (ON 15) und vom 16.8.2024 (ON 27; berichtigt am 20.8.2024 [ON 28]) die Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 3 ZPO bewilligt (ON 36). Ebenfalls mit Beschluss vom 27.9.2024 wurde der Antrag der Erstbeklagten auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung eines Rekurses gegen die Beschlüsse vom 11.7.2024 (ON 15) und vom 16.8.2024 (ON 27; berichtigt am 20.8.2024 [ON 28]) abgewiesen (ON 37).

Am 7.11.2024 legte der Verfahrenshelfer des Zweitbeklagten die nun auch von ihm unterzeichneten Rekurse gegen ON 15 und ON 27 erneut vor (ON 46 und 47).

Der Kläger beantragt, dem Rekurs gegen ON 27 keine Folge zu geben. Zum Rekurs gegen ON 15 erstattete er keine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs gegen ON 15 ist nicht berechtigt, der gegen ON 27 zurückzuweisen.

1. Einleitend zu beiden Rekursen:

1.1. Gemäß § 520 Abs 1 letzter Satz ZPO müssen Rekurse mit der Unterschrift eines Rechtsanwalts versehen sein. Auch für das Verfahren über Rekurse im Exekutionsverfahren gelten gemäß § 78 EO grundsätzlich die diesbezüglichen Bestimmungen der Zivilprozessordnung. Es bedürfen daher auch im Exekutionsverfahren schriftliche Rekurse der Unterschrift eines Rechtsanwaltes ( Jakusch in Angst/Oberhammer , EO 3 § 65 EO Rz 29).

Beide Rekurse wurden nun vom Verfahrenshelfer des Zweitbeklagten eingebracht (ON 46 und 47). Sie sind daher nur hinsichtlich des Zweitbeklagten zu behandeln. Der Erstbeklagten wurde aufgrund der Abweisung ihres Verfahrenshilfeantrags mit Beschluss ON 37 kein Verfahrenshelfer beigegeben. Von ihr liegt daher kein zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung geeigneter Rekurs vor.

1.2. Voranzustellen ist ebenfalls, dass Rekurse weder einen Rekursantrag noch Rekursgründe zwingend enthalten müssen (stRsp; RS0006674, RS0043902 und RS0105337; Klauser/Kodek , JN-ZPO 18 § 526 ZPO E 6 und 11; Sloboda in Fasching/Konecny , Zivilprozessgesetze 3 § 514 ZPO Rz 71 uva). Es reicht vielmehr aus, wenn aus ihrem Inhalt der Umfang und das Ziel der Beschwerde hinlänglich deutlich hervorgeht (stRsp; RS0006674 insb T12, T18 und T30; A. Kodek in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 526 Rz 2 uva).

Es ist offensichtlich, dass der Zweitbeklagte mit seinen Rekursen einerseits die Abweisung des Antrags auf Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung (ON 15) und andererseits die Verhinderung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Wechselzahlungsauftrags gegenüber der Erstbeklagten (ON 27) erreichen will.

2. Zum Rekurs gegen ON 15 (Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung):

2.1. Da das Rekursgericht die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses für zutreffend erachtet, kann es sich unter Hinweis auf deren Richtigkeit mit einer kurzen Begründung seiner Beurteilung begnügen (§ 526 Abs 3 iVm § 500a ZPO).

2.2. Hinsichtlich des Zweitbeklagten wurde in ON 15 die Exekution zur Sicherstellung nur durch Pfändung der beweglichen Sachen aller Art und Pfändung der in § 321 EO angeführten Papiere, die sich in der Gewahrsame des Zweitbeklagten befinden, bewilligt. Die Pfändung von Geldforderungen betrifft nur die Erstbeklagte.

2.3. Der Zweitbeklagte zeigt in seinem Rekurs ON 46 keinen Grund auf, warum die Exekution zur Sicherstellung zu Unrecht bewilligt worden wäre. Gemäß § 371 Z 2 iVm § 1 Z 2 EO ermöglicht der hier vorliegende Wechselzahlungsauftrag eine Exekution zur Sicherstellung ohne Gefahrenbescheinigung. Ein (Wechsel-)Zahlungsauftrag bildet deshalb einen Titel für eine Sicherstellungsexekution nach § 371 Z 2 EO, weil er nur aufgrund bestimmter Urkunden ergehen durfte und daher erhöhte Bestandsgewähr bietet. Erst ab der Zustellung an den Verpflichteten kann ein (Wechsel-)Zahlungsauftrag Grundlage einer Sicherstellungsexekution sein ( Klicka in Angst/Oberhammer , EO 3 § 371 EO Rz 5). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.

Dass bereits Einwendungen erhoben oder gar über diese bereits entschieden wurde, ist hingegen ohne Bedeutung, insbesondere ist auf Einwendungen aus dem Grundgeschäft für die Sicherstellungsexekution nicht Bedacht zu nehmen ( Klicka in Angst/Oberhammer , EO 3 § 371 EO Rz 5).

Die vom Erstgericht bewilligte Pfändung von Gegenständen des beweglichen Vermögens ist gemäß § 374 Abs 1 EO ein zulässiges Exekutionsmittel.

Daher bleibt der Rekurs gegen ON 15 ohne Erfolg.

2.4. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO (vgl Jakusch in Angst/Oberhammer , EO 3 § 65 EO Rz 20).

3. Zum Rekurs gegen ON 27 (Zurückweisung der Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag):

3.1. Voraussetzung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist ein Eingriff in die geschützte Rechtssphäre (RS0006497). Ein Rechtsmittel steht nämlich nur demjenigen zu, der durch die Entscheidung in seinen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt ist (RS0006497 T27). Die Berührung bloß wirtschaftlicher, ideeller oder sonstiger Interessen genügt nicht. Es muss sich vielmehr um ein subjektives Recht des Beschwerdeführers handeln, also um eine Rechtsmacht, die dem Einzelnen von der Rechtsordnung verliehen ist (RS0006497 T2). Werden keine rechtlich anerkannten Interessen des Rechtsmittelwerbers berührt, kommt ihm auch keine Rechtsmittellegitimation zu (RS0006497 T4).

3.2. Der Beschluss ON 27 betrifft nur die Erstbeklagte, aber nicht den Zweitbeklagten. Auch wenn der Zweitbeklagte als Gesellschafter der Erstbeklagten wirtschaftlich betroffen sein mag, ändert dies nichts daran, dass der Beschluss ON 27 die rechtlich geschützten Interessen des Zweitbeklagten nicht berührt.

Der Rekurs des Zweitbeklagten gegen ON 27 scheitert damit bereits an seiner fehlenden Rekurslegitimation und ist schon deshalb jedenfalls zurückzuweisen.

3.3. Die Rekursbeantwortung war nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, weil der Kläger auf diese absolute Unzulässigkeit des Rekurses bereits aus dem Grunde fehlender Rekurslegitimation nicht hingewiesen hat (zB 8 Ob 6/11g unter Hinweis auf RS0124565).

3.4. Aufgrund der Zurückweisung des Rekurses gegen ON 27 liegt zwar keine Konformatsentscheidung im Sinne des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO vor (vgl RS0044232; Kodek in Rechberger/Klicka ZPO 5 § 528 ZPO Rz 30), so dass der Revisionsrekurs nicht jedenfalls unzulässig ist. Der ordentliche Revisionsrekurs war aber mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen.