4R132/24x – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Rendl als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Falmbigl und den Kommerzialrat Layr in der Rechtssache der klagenden Partei A* , Inhaber des Unternehmens B* e.U., **, vertreten durch die Krüger/Bauer Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei C* GmbH Co KG , **, D-**, vertreten durch die Korn Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 35.000), Widerruf und Urteilsveröffentlichung (Streitwert EUR 5.000) und EUR 15.000 (Gesamtstreitwert EUR 55.000 samt Nebengebühren), über die Berufungen der klagenden und der beklagten Partei (Berufungsinteresse je EUR 27.500) gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 13. Juni 2024, GZ: **-12, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung der klagenden Partei wird teilweise, jener der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird abgeändert, sodass es insgesamt zu lauten hat:
"1. Die Beklagte ist schuldig, es zu unterlassen, in der Zeitschrift „D*“, soweit sie in Österreich verbreitet wird, den Kläger darstellende Lichtbilder zu veröffentlichen, wenn im Zusammenhang mit der Bildberichterstattung in den Raum gestellt wird, der Kläger würde den willenlosen Sänger E* dreist betrügen, wie dies der Fall ist, wenn unter Bezug auf den Kläger als Manager des Sängers E* die Frage gestellt wird „E*, willenlos und dreist betrogen?“.
2. Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen einen Betrag von EUR 10.000,00 samt 4 % Zinsen seit 5.4.2024 zu Handen der Klagevertretung zu bezahlen.
3. Das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen einen Betrag von EUR 5.000,00 samt 4 % Zinsen seit 5.4.2024 zu Handen der Klagevertretung zu bezahlen, wird abgewiesen.
4. Die beklagte Partei ist schuldig, die auf Seite 12 der Zeitschrift „D*“, Ausgabe Nr. 6 vom 31.01.2024, veröffentlichte, auf den Kläger als Manager des Sängers E* bezogene Fragestellung „E*, willenlos und dreist betrogen?“ als unwahr zu widerrufen und diesen Widerruf auf eigene Kosten in der übernächsten der Rechtskraft des Urteils folgenden Printausgabe, soweit sie in Österreich verbreitet wird, und in der E-Paper-Ausgabe der Zeitschrift „D*“ auf Seite 12 mit Fettdruckumrandung und fett sowie gesperrt geschriebenen Prozessparteien, die Überschrift „Widerruf“ in 15 mm hoher Schriftgröße, ansonsten in der Schriftgröße wie sie im sonstigen redaktionellen Fließtext auf dieser Seite verwendet wird, zu veröffentlichen.
4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 7.522,52 bestimmten Verfahrenskosten (darin EUR 993 USt und EUR 1560 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 5.717,21 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin EUR 786,27 USt und EUR 999,58 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist im Künstlermanagement tätig und vertritt die beruflichen Agenden des unter dem Künstlernamen „E*“ bekannten Musikers und Sängers F*.
Die Beklagte ist Medieninhaberin der Zeitschrift „D*“ und deren ePaper-Ausgabe.
In dieser Zeitschrift erschien am 31.1.2024 nachstehender auch in der ePaper-Ausgabe veröffentlichter Artikel:
[Bild entfernt]
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Unterlassung, in der Zeitschrift „D*“, soweit sie in Österreich verbreitet wird, den Kläger darstellende Lichtbilder zu veröffentlichen, wenn im Zusammenhang mit der Bildberichterstattung in den Raum gestellt wird, der Kläger würde den Sänger E* willenlos und dreist betrügen, wie dies der Fall ist, wenn unter Bezug auf den Kläger als Manager des Sängers E* die Frage gestellt wird „E*, willenlos und dreist betrogen?“. Weiters begehrt er den Widerruf der Äußerungen samt Veröffentlichung des Widerrufs und EUR 15.000 EUR als Schadenersatz. Er sei durch die Veröffentlichung seines Fotos in seinem Recht am eigenen Bild gemäß § 78 UrhG verletzt, weil der Begleittext, der dem Kläger unterstelle, E* zu betrügen, unwahr sei. Aufgrund der bewirkten besonders empfindlichen Kränkung seiner Person habe er nach § 81 UrhG Anspruch auf eine Entschädigung für den ihm entstandenen immateriellen Schaden nach § 87 Abs 2 UrhG in Höhe von EUR 15.000. Den Widerruf und dessen Veröffentlichung stützte er auf § 1330 Abs 2 ABGB.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und berief sich auf das Recht der freien Meinungsäußerung gemäß Art 10 EMRK. Bei einem – wie hier - im Kern wahren Sachverhalt falle daher die danach anzustellende Interessenabwägung zu ihren Gunsten aus. Der Kläger habe nämlich mehrfach in der Redaktion der Beklagten angerufen und behauptet, ein von ihr abgedrucktes Interview mit E* sei frei erfunden, obwohl es tatsächlich stattgefunden habe. Dies sei dem Kläger mitgeteilt worden, welcher dies als „Lüge“ abgetan habe. Daraufhin habe der Kläger eine Zahlung von EUR 10.000 an ihn gefordert, nur dann würde er von anwaltlichen Schritten absehen. Im Zusammenhang mit diesem wahren Tatsachenkern, auf den im Artikel auch verwiesen werde, werde im Artikel die Frage aufgeworfen, ob E* von solchen Dinge wisse, und geäußert „Niemand wünscht dem Trauernden, dass er willenlos dreist betrogen wird“. Dabei handle es sich somit um eine zulässige subjektive Wertung auf Basis des mittransportierten Tatsachensubstrats.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Begehren auf Unterlassung von den Kläger darstellenden Lichtbildern statt, wenn „im Zusammenhang mit der Bildberichterstattung in den Raum gestellt wird, der Kläger würde den Sänger E* dreist betrügen, wie dies der Fall ist, wenn unter Bezug auf den Kläger als Manager des Sängers E* die Frage gestellt wird ‚E*, willenlos und dreist betrogen?‘“; soweit eine Unterlassung in Zusammenhang mit der Bildberichterstattung in den Raum gestellt werde, „der Kläger würde den Sänger E* willenlos betrügen, wie dies der Fall ist, wenn unter Bezug auf den Kläger als Manager des Sängers E* die Frage gestellt wird ‚E*, willenlos und dreist betrogen?‘“, wies das Erstgericht das Unterlassungsbegehren ab. Weiters gab das Erstgericht dem Zahlungsbegehren in einem Teilbetrag von EUR 10.000 samt Zinsen statt und wies das Mehrbegehren von EUR 5.000 samt Zinsen sowie das Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehren ab. Schon nach dem wechselseitigen Vorbringen sei der Inhalt des Artikels so zu verstehen, dass der Kläger ein Betrüger sei, und zwar im strafrechtlichen Sinn. Die hervorgehobene Frage „E* – willenlos und dreist betrogen?“ und den Ausführungen zur angeblichen allgemeinen Geldgier und Unlauterkeit des Klägers, suggeriere dass der Kläger den Künstler „E*“ betrüge, somit durch Täuschung über Tatsachen an seinem Vermögen schädige. Den ihr obliegenden Wahrheitsbeweis habe die Beklagte gar nicht angetreten. Sie habe sich ausschließlich darauf berufen, der Kläger habe einen Betrag von EUR 10.000 verlangt, um keine rechtlichen Schritte gegen die Beklagte zu unternehmen, von der er behauptet habe, ein Interview mit E* erfunden zu haben. Dies rechtfertige keinesfalls die Brandmarkung des Klägers als Betrüger, schon gar nicht als Betrüger an E*, dem gegenüber er ja besondere Schutzpflichten auf Grund seines Managervertrags zu erfüllen habe. Vergleichsvorschläge zur Bereinigung von in der Medienbranche häufigen Meinungsverschiedenheiten und der Verhinderung von Rechtsstreitigkeiten stellten keinesfalls betrügerische Handlungen dar, auch wenn sie unter Aufrechterhaltung einer vom Gegner als unrichtig empfundenen Wahrnehmung gemacht werden. Schon gar nicht hätte der Kläger seinen Mandanten E*, sondern allenfalls die Beklagte versucht zu betrügen, der Artikel suggeriert aber eine besonders verwerfliche Verhaltensweise des Klägers, der angeblich seinen eigenen Klienten, der ihm vertraut, „dreist“ betrogen hätte. Das von der Beklagten erstattete Vorbringen enthalte somit keinen Tatsachenkern, der die schweren Anschuldigungen hätte rechtfertigen können. Die Beklagte könne sich daher nicht mit Erfolg auf Art 10 EMRK berufen. Es sei ihr somit zu untersagen gewesen, den Klägern einen dreisten Betrüger zu nennen. Soweit die Beklagte die Behauptung unterlassen solle, der Kläger würde den Sänger E* willenlos betrügen, sei das Unterlassungsbegehren des Klägers unberechtigt. Die Fragestellung „E*, willenlos und dreist betrogen?“ ziele nämlich darauf ab, dass E* willenlos sei, nicht aber darauf, dass der Kläger – wie der begehrte Urteilstenor eindeutig zu verstehen sei – willenlos (und dreist) betrüge. Eine Willenlosigkeit des Klägers werde dadurch nach dem Verständnis des Durchschnittslesers nicht behauptet und wäre wohl im gegebenen Zusammenhang auch nicht als ehrkränkend und/oder kreditschädigend aufzufassen. In einer Zeitung als Betrüger gebrandmarkt zu werden sei eine extrem empfindliche Kränkung. Unter Anwendung des § 273 ZPO erscheine ein Schadenersatzbetrag von EUR 10.000 angemessen, was zur Abweisung des Mehrbegehrens führe. Zwar könne im Falle einer kreditschädigenden unwahren Äußerung nach § 1330 Abs 2 ABGB auch der Widerruf und die Veröffentlichung desselben verlangt werden. Der Widerruf diene jedoch dazu, die kreditschädigende Behauptung zu widerrufen. Diese sei im vorliegenden Fall die Behauptung, der Kläger sei ein Betrüger. Mit dem Begehren, die Fragestellung „E*, willenlos und dreist betrogen?“ als unwahr zu widerrufen und diesen Widerruf zu veröffentlichen, werde in Wahrheit der Widerruf der Behauptung begehrt, der Sänger E* sei (von wem auch immer) betrogen worden. Eine Bezugnahme auf einen Vorwurf an den Kläger sei dem begehrten Widerruf nicht zu entnehmen.
Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen des Klägers und der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, jene des Klägers auch im Kostenpunkt, jene der Beklagten auch wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Der Kläger bekämpft die Abweisung des Unterlassungs- und Zahlungsmehrbegehrens sowie des Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehrens und beantragt, das angefochtene Urteil in klagsstattgebendem Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt, nochmals hilfsweise beantragt der Kläger, der Berufung zumindest im Kostenpunkt Folge zu geben. Die Beklagte wendet sich gegen die Teilstattgabe des Unterlassungs- und des Zahlungsbegehrens mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in klagsabweisendem Sinn abzuändern; auch sie stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.
Beide Streitteile beantragen wechselseitig, der Berufung der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung des Klägers ist teilweise , jene der Beklagten ist nicht berechtigt .
Wegen des Sachzusammenhanges werden beide Rechtsmittel gemeinsam behandelt.
Mangelhaft soll das Verfahren nach Ansicht der Beklagten sein, weil das Erstgericht die von ihr beantragten Personalbeweise nicht aufgenommen habe.
Ein primärer Verfahrensmangel iSd § 496 Abs 1 Z 2 ZPO liegt - soweit im gegenständlichen Zusammenhang relevant - vor, wenn das Erstgericht infolge Zurückweisung von Beweisanträgen andere als die vom Beweisführer behaupteten Tatsachen festgestellt hat (Pimmer in Fasching/Konecny 3 , § 496 Rz 57). Hat das Erstgericht hingegen zu gewissen Tatumständen jedoch – wie hier - (gar) keine Feststellungen getroffen, vermag dies von vornherein einen primären Verfahrensmangel nicht zu verwirklichen. Wären die in Rede stehenden Aspekte in rechtlicher Hinsicht doch relevant, fehlte es dem Urteil an rechtserheblichen Feststellungen, sodass gegebenenfalls (nur) ein sekundärer Feststellungsmangel vorliegen könnte, der allerdings der Rechtsrüge zugehört (vgl Pimmer aaO § 496 Rz 58).
Es ist daher auf die Rechtsrügen beider Parteien einzugehen.
Die Beklagte vertritt unter Hinweis auf den ihrer Ansicht nach richtigen Bedeutungsgehalt des Artikels die Auffassung, ihre Äußerungen seien im Kern wahr, außerdem habe sie entgegen der Darstellung des Erstgerichts den Wahrheitsbeweis angetreten. Die unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts auf Meinungsfreiheit anzustellende Interessenabwägung schlage zu ihren Gunsten aus. Ausgehend davon sei auch das Zahlungsbegehren abzuweisen. Der Kläger stellt auf den erkennbaren wahren Gehalt des Unterlassungsbegehrens ab, weshalb die Teilabweisung unberechtigt sei. Die erlittene Kränkung rechtfertige einen Zuspruch der begehrten EUR 15.000. Die Abweisung des Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehrens beruhe auf dessen irrtümlichen Auslegung durch das Erstgericht.
Die Beklagte stellt in Abrede, der Artikel beinhalte einen strafrechtlichen Betrugsvorwurf. In Wahrheit werde darin, ausgehend von seinem Naheverhältnis zu E* und dem unberechtigten Vorwurf des Klägers, die Beklagte habe ein Gespräch/Interview mit E* frei erfunden, dem Kläger zum Vorwurf gemacht, er habe in Verfolgung eigener monetärer Interessen eine Zahlung an ihn zur Voraussetzung des Absehens weiterer anwaltlicher Schritte gemacht. Der im Artikel geäußerte Wunsch, niemand wünsche dem [um seine verstorbene Frau] Trauernden [i.e. E*] dass er willenlos dreist betrogen werde, handle es sich um eine zulässige Wertung auf Basis des wahren Tatsachensubstrats der erwähnten Geldforderungen des Klägers. Darin sei kein Anhaltspunkt für einen strafrechtlichen Betrugsvorwurf zu erblicken, zumal E* in die geschilderten Vorwürfe gar nicht involviert gewesen sei (- genau das sei aber kritisch zu beleuchten und zu hinterfragen gewesen -) und daher gar nicht habe betrogen werden können.
Nach § 78 UrhG dürfen Bildnisse von Personen nicht veröffentlicht werden, wenn dadurch berechtigte Interessen der Abgebildeten verletzt würden. Bei der danach gebotenen Interessenabwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz des Abgebildeten und dem Veröffentlichungsinteresse des Mediums ist auch der Begleittext der Veröffentlichung zu beachten. Bei einem Bericht über einen im Kern wahren Sachverhalt fällt die Interessenabwägung gewöhnlich zugunsten des Mediums aus (4 Ob 166/10f).
Die Auslegung einer Äußerung hat sich nach dem Verständnis eines durchschnittlichen unbefangenen Lesers zu richten (RS0115084). Es kommt immer auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerungen an; das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers oder Durchschnittshörers, nicht aber der subjektive Wille des Erklärenden ist maßgebend (RS0031883 [T1]). Grundsätzlich können auch Äußerungen, die bloß in Verdachts- oder Vermutungsform geäußert werden, den Tatbestand des § 1330 Abs 2 ABGB erfüllen (RS0032305). Weiters ist anerkannt, dass eine Behauptung auch in der Form einer Frage aufgestellt oder verbreitet werden kann (RS0032494 [T7]). Auf die Form, in die sich die Behauptung kleidet, kommt es nicht an. So kann sich eine Behauptung bisweilen auch unter der bedingten Form - zum Beispiel jemand solle betrogen haben – verstecken (RS0031675 [T5]), anders wäre § 1330 ABGB bei anderer Auslegung gegen geschickte Formulierungen wirkungslos (vgl RS0031816 zu Äußerungen in Verdachtsform).
Im inkriminierten Artikel wird der zentrale Vorwurf erhoben, der Kläger verlange für ein angeblich nicht geführtes Interview Zahlungen an sich selbst, ohne dass E* von diesen Schritten seines Managers wisse. Das Verhalten des Klägers gegenüber der Beklagten wird zunächst in das Licht einer möglichen Erpressung gestellt (3. Spalte, 2. Abs des Artikels), im Anschluss daran wird das nach dem Ableben der Ehefrau des Sängers nunmehr auffallend besonders eng gewordene Naheverhältnis des Klägers zu seinem Mandanten und dessen Entfremdung von seinem Sohn unter Hervorhebung eines offenbar erheblichen Einflusses des Klägers auf seinen Mandanten („totale Kontrolle“) dargelegt. In Anknüpfung an die Fragestellung in der Überschrift wird sodann ausgeführt, niemand wünsche dem Trauernden, willenlos dreist betrogen zu werden.
Damit wird im Artikel nicht bloß das Naheverhältnis des Klägers zu E* kritisch hinterfragt, vielmehr wird darüber hinaus die Vorgangsweise des Klägers in Zusammenhang mit dem vermeintlichen Interview und dessen offensiven Auftreten diesem ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorgeworfen. Die Fragestellung in der Überschrift sowie die bloße Äußerung eines Wunsches schwächen diese Vorwürfe zwar ab, dies jedoch offenkundig nur zur Umgehung rechtlicher Schranken. Nach dem maßgeblichen Gesamteindruck kann ein unbefangener Leser nur zum Schluss kommen, der Kläger habe sich gegenüber seinem Mandanten tatsächlich eines solchen Verhaltens strafbar gemacht. Schon das Erstgericht hat zutreffend hervorgehoben, dass es in diesem Zusammenhang nicht darauf ankommt, ob dieser tatsächlich ein Interview gegeben hat, weil der zentrale – über eine möglicherweise durchaus berechtigte Kritik an einem übermäßigen und ungerechtfertigten Druck ausübenden Verhalten gegenüber der Beklagten hinaus - dem Kläger gegenüber erhobene Vorwurf in Wahrheit darin besteht, an seinem Mandanten vorbei zum eigenen Vorteil Erlangtes behalten zu wollen. Für einen damit notwendigerweise verbundenen (unrechtmäßigen) Bereicherungsvorsatz gegenüber dem Mandanten des Klägers hat die Beklagte den Wahrheitsbeweis jedoch nicht angetreten; darauf hat schon das Erstgericht zutreffend verwiesen. Ausgehend davon kommt den in der Verfahrensrüge vermissten Feststellungen zum tatsächlichen Stattfinden eines Interviews keine Relevanz zu.
Zwischen den Streitteilen ist auch die Fassung des Unterlassungsbegehrens strittig, insbesondere bekämpft der Kläger die Teilabweisung des Unterlassungsbegehrens.
Das Klagebegehren ist so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klagserzählung vom Kläger gemeint ist. Das Gericht hat ein nur versehentlich unrichtig formuliertes Klagebegehren richtig zu fassen (RS0037440). Das Gericht ist berechtigt, dem Urteilsspruch eine klare und deutliche, vom Begehren abweichende Fassung zu geben, wenn sich letztere im Wesentlichen mit dem Begehren deckt (RS0039357).
Zutreffend weist der Kläger in seinem Rechtsmittel darauf hin, dass nach dem Inhalt des Artikels dem Kläger in Wahrheit vorgeworfen wird, er würde seinen willenlosen Mandanten dreist betrügen, nicht aber, dass der willenlose Kläger seinen Mandanten dreist betrüge. Dem diesen Unterschied nicht präzise darstellenden Urteilsbegehren kann daher eine deutlichere Fassung gegeben werden, ohne die Schranken des § 405 ZPO zu überschreiten; die Klagsabweisung erfolgte diesbezüglich zu Unrecht.
Bekämpft wird auch die Abweisung des Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehrens. Diesbezüglich nimmt die Wortfolge „auf den Kläger als Manager des Sängers E* bezogene Fragestellung“ ausreichend auf den Kläger Bezug, weshalb entgegen der Ansicht des Erstgerichts nicht offenbleibt, von wem der Sänger betrogen worden sein soll.
Dem Einwand der Beklagten (Klagebeantwortung Seite 9), das Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehren enthalte keinen Hinweis darauf, wem gegenüber der Widerruf erfolgen soll, ist zu erwidern, dass der Beeinträchtigte zwar anzugeben hat, wem der Widerruf zu erklären ist (welcher Einzelperson oder welcher nach konkreten Merkmalen bestimmten Personengruppe). Bei einem Begehren auf öffentlichen Widerruf sind aber auch jene Publikationen anzugeben , in denen die seinerzeit angesprochene Öffentlichkeit von der nunmehrigen Widerrufserklärung angemessen in Kenntnis gesetzt werden soll. Ausgehend davon ist jedoch dem Begehren eines öffentlichen Widerrufes schon dann Genüge getan, wenn es sich aus dem Sinn der Klage ergibt. Wer das Veröffentlichungsorgan nennt, begehrt daher auch ohne ausdrückliches Verlangen schlüssig den öffentlichen Widerruf ( Reischauer aaO § 1330 ABGB Rz 22 mwN; vgl auch RS0031915, RS0114844).
Vorliegend waren nach dem Klagsinhalt immer nur die Leser der Beklagten gemeint, sodass der Präzisierungsanforderung an das Klagebegehren Genüge getan ist. Auch die Nennung von Prozessparteien und Veröffentlichung schadet nicht und ist nicht zu beanstanden (vgl OLG Wien 15 R 191/17v).
Was das Zahlungsbegehren betrifft, hat die Bemessung der Höhe des immateriellen Schadens unter Berücksichtigung sämtlicher Verfahrensergebnisse nach § 273 ZPO zu erfolgen. Die Höhe des Schadenersatzes sollte für den Verletzer zumindest fühlbar sein und der Allgemeinheit verdeutlichen, dass sich Rechtsverletzungen dieser Art nicht lohnen. In die Bemessung sollen etwa der Grad des Verschuldens, die Intensität und die Dauer der Verletzung, die Verbreitung des das Bild veröffentlichenden Mediums, die Abweichung des Begleittextes vom wahren Sachverhalt und ein dem Abgebildeten zu Unrecht unterstelltes Motiv einfließen ( Nageler Petritz in Handig/Hofmarcher/Kucsko , urheber.recht³ § 87 UrhG Rz 40 ff mwN). Zudem erfasst der Anspruch nach § 87 Abs 2 UrhG auch (äußere) Persönlichkeitsschäden, wie die Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufs und des sozialen Ansehens ( Nageler Petritz aaO Rz 46).
Dass der Kläger als medial bekannter Künstlermanager in Bezug auf seine Beziehung zu einem seiner Klienten dem Verdacht, ein dreister Betrüger zu sein, ausgesetzt wird, greift erheblich in seine Interessen ein. Mit dem Artikel soll die Skandal- und Sensationslust der Leserinnen und Leser gestillt werden. Es ist auch von einem Verschulden der Beklagten auszugehen, zumal sie den Wahrheitsbeweis für ihre Behauptungen gar nicht angetreten hat. Das offensive Vorgehen des Klägers lässt auch keine Rückschlüsse auf eine strafrechtlich relevante Vorgangsweise zu, wie sie ihm durch den Artikeltext zum Vorwurf gemacht wird. Die Schwere dieser Vorwürfe rechtfertigt daher jedenfalls den Zuspruch eines für den Verletzer fühlbaren Schadenersatzbetrages. Zu berücksichtigen ist, dass die – hier interessierende – Zeitschriftenausgabe der Beklagten in Österreich und als ePaper nicht mit dem Verbreitungsgrad gängiger Tageszeitungen zu vergleichen ist. Im einem ähnlichen Fall wurde der gleiche Kläger jüngst als Erbschleicher gebrandmarkt und ihm eine Entschädigung von EUR 7.500 zugesprochen (OLG Wien 3 R 112/24y). Der Vorwurf einer gerichtlich strafbaren Handlung wiegt demgegenüber noch schwerer, sodass der zugesprochene Betrag keiner Korrektur bedarf.
In der Hauptsache ist daher nur der Berufung des Klägers teilweise, jener der Beklagten nicht Folge zu geben und das Urteil wie im Spruch ersichtlich abzuändern.
Die Abänderung erfordert eine Neuberechnung der Kosten erster Instanz.
Die Verdeutlichung des Unterlassungsbegehrens fällt kostenmäßig nicht ins Gewicht und dem Kläger daher nicht zur Last, worauf er selbst in seiner Kostenrüge zutreffend darauf hinweist. Er ist daher nur mit seinem Zahlungsbegehren unterlegen, was allerdings unter Anwendung des § 43 Abs 2 1. Fall ZPO zum vollen Kostenersatz auf Basis des Ersiegten (hier EUR 50.000) führt. Daraus errechnet sich der im Spruch ersichtliche Betrag.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die § 50, 43 Abs 1 ZPO. Der Kläger obsiegte mit seinem Rechtsmittel zu 82 %, sodass der Kläger 64 % der Kosten seiner Berufung und 82 % der von ihm vorläufig getragenen Gerichtsgebühren ersetzt erhält. Darüber hinaus hat ihm die mit ihrem Rechtsmittel gänzlich unterlegene beklagte die Kosten seiner Berufungsbeantwortung zu ersetzen. Daraus errechnet sich der im Spruch ersichtliche Betrag.
Die Entscheidung über den Wert des Entscheidungsgegenstandes nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO beruht auf der Bewertung durch den Kläger.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig (§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO), da das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der zitierten Rechtsprechung entschieden hat und keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vorlag.