JudikaturOLG Wien

5R181/24k – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
14. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schrott-Mader als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Jelinek und Mag. Böhm in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb **, **, vertreten durch die TWS rechtsanwälte og in St. Pölten, wider die beklagte Partei B* , FN **, **, vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in Zwettl, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei C* Ges.m.b.H. , FN **, **, vertreten durch Mag. Bernhard Schuller, Rechtsanwalt in Mistelbach, wegen EUR 24.025 sA, über die Berufungen der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 12.287,50), der beklagten Partei und der Nebenintervenientin (Berufungsinteresse jeweils EUR 4.262,50) gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 29.8.2024, GZ ***, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Berufungen der beklagten Partei und der Nebenintervenientin wird nicht Folge gegeben .

Hingegen wird der Berufung der klagenden Partei teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, sodass es einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Teils lautet:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 14.037,50 samt 4 % Zinsen pa seit 16.6.2023 binnen 14 Tagen zu zahlen.

2. Das Klagemehrbegehren, die beklagte Partei sei weiters schuldig, der klagenden Partei weitere EUR 9.987,50 samt 4 % Zinsen pa seit 16.6.2023 sowie 4 % Zinsen pa aus EUR 3.000 von 26.3.2022 bis 15.6.2023, aus EUR 2.500 von 17.12.2022 bis 15.6.2023 und aus EUR 20.525 von 17.12.2022 bis 15.6.2023 zu zahlen, wird abgewiesen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 5.741,75 (darin EUR 802,41 USt und EUR 927,28 Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.448,40 (darin EUR 258,33 USt und EUR 898,40 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig .

Text

Entscheidungsgründe

Der Kläger interessierte sich für den Ankauf eines Pkw ** bei der Beklagten und begab sich am 9.2.2021 zur Verkaufsstelle der Nebenintervenientin in **. Zu diesem Zeitpunkt war die Nebenintervenientin Vertriebspartnerin der Beklagten und trat als Vermittlerin im Namen der Beklagten auf.

Beim Verkaufsgespräch wurde das Zusatzpaket „**“ konkret besprochen. Dieses Zusatzpaket war eine elektronische Unterstützung, wodurch das Fahrzeug mittels ABS auf verschiedene Untergrundeigenschaften wie Schnee, Sand, Matsch eingestellt werden konnte. Durch die Lieferung mit Allwetterreifen in Verbindung mit ** kamen die Fahrzeuge von ** somit Allradfahrzeugen sehr nahe, sodass man sich einen zweiten Satz Reifen, nämlich Winterreifen, erspart.

Der Kläger fragte dennoch nach Winterreifen, weil das Auto damit im Winter sicherer zu fahren wäre. Der Mitarbeiter der Nebenintervenientin erklärte, dass die ausgelieferten speziellen Allwetterreifen im Winter besonders gut zu fahren sind. Der Kläger und der Sohn des Klägers, aber auch der Mitarbeiter der Nebenintervenientin gingen davon aus, dass das Auto mit Allwetterreifen geliefert wird. Daraufhin wurde der Kaufvertrag vom 9.2.2021 abgeschlossen. Im schriftlichen Kaufvertrag sind diverse Zusatzpakete angeführt, Allwetterreifen werden nicht genannt.

Aufgrund der Probleme mit den Zulieferbetrieben konnte das Auto nicht mit allen vereinbarten Zusatzpaketen ausgeliefert werden. Durch das Fehlen des Headup Displays, der Fronteinparkhilfe, der Frontkamera und der separat zu öffnenden Heckscheibe war der Wert des Pkws um EUR 1.500 reduziert.

Das Fahrzeug wurde am 16.3.2022 geliefert. Zu diesem Zeitpunkt bestand situative Winterreifenpflicht. Es herrschten aber Plustemperaturen von ca 10 bis 15 Grad. Entgegen dem Gespräch mit dem Verkäufer und entgegen den Vorstellungen des Klägers war das Fahrzeug mit Sommerreifen ausgestattet. Der Kläger bemerkte dies nicht.

In der Nacht des 17.12.2022 kam es zu einem Unfall, weil der Kläger trotz Einleitung des Bremsvorgangs über eine Haltelinie und die Fahrbahn hinaus in die angrenzende Böschung rutschte. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich wenige Zentimeter Schnee auf der Fahrbahn und die Außentemperatur betrug -1 bis -2 Grad. Hätte das Klagsfahrzeug Allwetterreifen montiert gehabt, so hätten diese eine deutlich größere Traktionsmöglichkeit aufgewiesen als Sommerreifen bei Schneefahrbahn. Der Kläger wäre mit Allwetterreifen problemlos vor der Haltelinie zum Stillstand gekommen.

Vor dem Unfall hatte der Kläger nie nachgesehen, welche Bereifung auf dem Fahrzeug montiert war. Hätte er diese Überprüfung durchgeführt, hätte er leicht festgestellt, dass das Fahrzeug mit Sommerreifen ausgestattet ist.

Beim Fahrzeug trat ein Totalschaden ein. Der Wiederbeschaffungswert betrug EUR 45.000, der Restwert EUR 14.000. Von seiner Kaskoversicherung erhielt der Kläger eine Versicherungsleistung von EUR 14.950.

Ein Schmerzengeldbetrag von EUR 1.000 wurde der Höhe nach außer Streit gestellt.

Die Kläger begehrte mit Mahnklage vom 16.6.2023 EUR 26.025 sA und zuletzt, nach vorgenommener Klagseinschränkung in der Tagsatzung vom 5.4.2024, EUR 24.025.

Bei Kaufvertragsabschluss sei vereinbart worden, dass das Fahrzeug mit Allwetterreifen und Zusatzausstattung (bestehend aus Head-up-Display, Einparksensoren und -kamera, sowie separat zu öffnenden Heckscheibe) ausgeliefert werde.

Der Kläger sei davon ausgegangen, dass wie vereinbart Allwetterreifen montiert seien und das Fahrzeug daher auch bei winterlichen Fahrverhältnissen fahr- und manövrierfähig sei. Am Auto seien aber Sommerreifen montiert gewesen. Dadurch sei es am 17.12.2022 zu einem Verkehrsunfall gekommen, für den die Sommerreifen ursächlich gewesen seien.

Beim Fahrzeug sei ein wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten. Der Wiederbeschaffungswert sei mit EUR 70.000 zu beziffern. Nach Abzug des von der Kaskoversicherung erhaltenen Betrags von EUR 14.950 und unter Berücksichtigung eines Restwerts von EUR 14.000 bemesse sich der offene Fahrzeugschaden mit EUR 41.050. Aufgrund der beim Unfall erlittenen Verletzungen sei ein Schmerzengeld von EUR 5.000 angemessen. Aus anwaltlicher Vorsicht mache der Kläger Schmerzengeld und den Fahrzeugschaden nur jeweils mit der Hälfte geltend.

Da vereinbartes Zubehör nicht verbaut gewesen sei, werden EUR 3.000 Preisminderung gefordert.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und brachte, soweit für das Berufungsverfahren relevant, vor, der vom Kläger behauptete Fahrzeugwiederbeschaffungswert von EUR 70.000 sei unrichtig und weit überzogen. Die Kaskoversicherung habe dem Kläger seinen gesamten Schaden ersetzt.

Entgegen seiner Verpflichtung als Kraftfahrzeuglenker habe der Kläger sich nicht von der Bereifung seines Fahrzeugs überzeugt, bevor es am 17.12.2022 zu einem Unfall gekommen sei. Wenn die Nebenintervenientin tatsächlich ein Verschulden an einer falschen Auslieferung mit Sommerreifen treffen sollte, würde dieses Verschulden völlig in den Hintergrund treten und den Kläger jedenfalls das weit überwiegende Mitverschulden von zumindest 3/4 treffen.

Die Nebenintervenientin auf Beklagtenseite schloss sich grundsätzlich dem Vorbringen der Beklagten an und begehrte ebenso Klagsabweisung. Sie wandte im Wesentlichen ein, das Fahrzeug sei genau mit der vereinbarten Ausstattung ausgeliefert worden.

Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung von EUR 5.762,50 samt 4 % Zinsen pa seit 16.6.2023 und wies das Mehrbegehren ab. Dazu traf es die auf den Seiten 4 bis 8 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird und die am Beginn der Entscheidungsgründe wiedergegeben wurden.

Rechtlich führte es aus, die Nebenintervenientin sei der Beklagten nach § 1313a ABGB zuzurechnen. Die Beklagte habe rechtswidrig gehandelt, weil ihr ein Aufklärungsfehler vorzuwerfen sei. Entgegen der Vereinbarung sei dem Kläger ein Fahrzeug mit Sommerreifen anstatt Allwetterreifen ausgeliefert worden.

Kausalität sei gegeben, weil der Kläger aufgrund des Aufklärungsfehlers bzw der Vereinbarung davon ausgegangen sei, ein Auto mit Allwetterreifen zu erhalten. Andernfalls hätte er Allwetter- oder Winterreifen selbst am Auto montiert und der Unfall wäre unterblieben.

Demgegenüber habe der Kläger in eigenen Angelegenheiten sorglos gehandelt. Nach § 102 Abs 8a KFG dürfe von 1.11. bis 15.4. ein Kraftfahrzeug bei winterlichen Fahrbahnverhältnissen wie insbesondere Schneefahrbahn, Schneematsch oder Eis nur dann in Betrieb genommen werden, wenn an allen Rädern Winterreifen angebracht seien.

Der Grad der Fahrlässigkeit sei beim Kläger als wesentlich höher zu beurteilen als bei der der Beklagten zuzurechnenden Nebenintervenientin, insbesondere weil beim Kläger als Führerscheinbesitzer die Sachverständigenhaftung nach § 1299 ABGB gelte. Eine Schadensteilung von 3:1 zu Lasten des Klägers sei gerechtfertigt.

Abzüglich des Restwerts und der Versicherungsleistung betrage der Fahrzeugschaden EUR 16.050. Vom der Höhe nach außer Streit gestellten Schmerzengeld von EUR 1.000 seien EUR 500 eingeklagt. Daraus ergebe sich aufgrund der Verschuldensteilung von 1:3 ein Ersatz für den Fahrzeugschaden von EUR 4.012,50 und für Schmerzengeld EUR 250.

Für die fehlende Zusatzausstattung sei eine Preisminderung von EUR 1.500 angemessen.

Gegen die Klagsabweisung im Umfang von EUR 12.287,50 richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil abzuändern und dem Kläger weitere EUR 12.287,50 zuzusprechen.

Gegen den Zuspruch im Umfang von EUR 4.262,50 richten sich die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, das Urteil abzuändern und weitere EUR 4.262,50 abzuweisen. Die Beklagte beantragt hilfsweise die Aufhebung und Zurückverweisung an das Erstgericht im Anfechtungsumfang.

Die Streitteile beantragen jeweils, der Berufung der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin sind nicht berechtigt , die Berufung des Klägers ist hingegen teilweise berechtigt .

1. Vorweg ist festzuhalten, dass das Urteil hinsichtlich des Zuspruchs von EUR 1.500 sA aus dem Titel der Preisminderung wegen fehlender Zusatzausstattung sowie hinsichtlich der Abweisung von 4 % Zinsen pa aus EUR 3.000 von 26.3.2022 bis 15.6.2023, aus EUR 2.500 von 17.12.2022 bis 15.6.2023 und aus EUR 20.525 von 17.12.2022 bis 15.6.2023 in Rechtskraft erwachsen ist.

2. Die Berufungen können gemeinsam behandelt werden, zumal jeweils ausschließlich die vom Erstgericht vorgenommene Verschuldensteilung beanstandet wird.

3. Die Nebenintervenientin erblickt in diesem Zusammenhang eine unrichtige rechtliche Beurteilung, weil entgegen der Ansicht des Erstgerichts die Lieferung mit Allwetterreifen nicht Vertragsinhalt geworden, sondern lediglich eine nicht verbindliche Zusage einer bestimmten Eigenschaft erfolgt sei.

Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts ist in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden:

Nach dem festgestellten Sachverhalt, wurde die Lieferung des Fahrzeugs mit Allwetterreifen vom Verkäufer zugesagt. Ob diese Zusage in den schriftlichen Vertrag Eingang gefunden hat, spielt keine Rolle. Es handelte sich ungeachtet des schriftlichen Kaufvertrags um eine besondere zugesicherte Eigenschaft des Kaufgegenstands. Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass der Kläger explizit nach Winterreifen fragte, ihm aber gesagt wurde, dass die ausgelieferten speziellen Allwetterreifen im Winter besonders gut zu fahren sind (ON 53, 5).

Wieso ungeachtet dieser Feststellungen die Zusage bloß unverbindlich gewesen sein soll, begründet die Nebenintervenientin nicht.

4. In der in der Berufung der Beklagten zur Verletzung von Vertragspflichten zitierten Entscheidung 5 Ob 233/23k führt der OGH aus wie folgt (Rz 31):

Bei Vertragsverletzungen ergibt sich der Rechtswidrigkeitszusammenhang aus den Interessen, die der Vertrag bzw die verletzte Vertragsnorm schützen sollte. Wer eine Vertragspflicht verletzt, haftet seinem Vertragspartner gegenüber nur insoweit für daraus entstehende Schäden, als gerade jene Interessen verletzt werden, deren Schutz die verletzte Vertragspflicht bezweckte (RS0017850; RS0022933; RS0023150). Welche das sind, ist von Fall zu Fall aus dem Sinn und Zweck des Vertrags im Weg der Auslegung zu ermitteln (RS0017850 [T8]; RS0022933 [T3]; RS0023150 [Tl]). Dabei ist insbesondere zu beachten, mit welchen Schäden allein aufgrund der Verletzung bestimmter Vertragspflichten zu rechnen ist (RS0017850 [T13]).

Die Argumentation der Beklagten, ihre Haftung scheide selbst dann aus, wenn das Fahrzeug statt mit Allwetterreifen mit Sommerreifen übergeben worden sei, weil diese Vertragspflicht nicht dazu diene, den Käufer vor Verkehrsunfällen oder vor Verkehrsstrafen zu schützen überzeugt nicht.

Der Zweck eines Neuwagenkaufs liegt im Erwerb eines betriebssicheren Fahrzeugs. Wird bei einem Neuwagen eine Bereifung zugesagt, mit der auch bei winterlichen Fahrverhältnissen gefahren werden kann, und werden entgegen dieser Zusage nur Sommerreifen geliefert, ohne den Kunden auf diesen Umstand hinzuweisen, wird der Vertragszweck nicht erfüllt. Dass aufgrund dieser Verletzung der Vertragspflichten damit zu rechnen ist, dass der Käufer im Vertrauen auf die Zusage des Verkäufers bei winterlichen Fahrverhältnissen einen Unfall erleidet, liegt auf der Hand.

In diesem Sinne bejahte der OGH eine Haftung eines Gebrauchtwagenhändlers für den Mangelfolgeschaden infolge positiver Vertragsverletzung, weil dieser die nach den Umständen des Einzelfalls erforderliche Aufklärung des Käufers über das Reifenalter unterließ (vgl RS0110194).

Hier hätte die Verpflichtung der Beklagten bestanden, das Fahrzeug mit Allwetterreifen zu liefern bzw den Kläger – wenn die vertragsgemäße Erfüllung nicht möglich war - zumindest über den Umstand aufzuklären, dass nur Sommerreifen montiert sind.

Das Erstgericht ging daher zu Recht von der Haftung der Beklagten für den Schaden am Fahrzeug und das Schmerzengeld aus.

5. Dieser Haftung steht der Verstoß des Klägers gegen § 102 Abs 1 KFG gegenüber. Nach dieser Bestimmung darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen. Beim Unfall bestand aufgrund des Datums und der Witterungsverhältnisse situative Winterreifenpflicht.

Der Kläger hätte sich daher vor Fahrtantritt vergewissern müssen, ob sein Fahrzeug mit einer für diese Bedingungen zulässigen Bereifung ausgestattet ist, was er nach den Feststellungen nicht getan hat.

Der von der Beklagten gerügte sekundäre Feststellungsmangel hinsichtlich der Bedingungen vor Fahrtantritt liegt nicht vor. Aus dem Ersturteil geht klar hervor, dass die winterlichen Bedingungen bereits vor Antritt der Fahrt vorlagen. Schließlich bejahte das Erstgericht auf dieser Basis den Verstoß des Klägers gegen seine Verpflichtung zur Überprüfung der Reifen.

Hätte der Kläger vor Fahrtantritt seine Reifen überprüft, hätte er erkennen müssen, dass diese für die vorherrschenden Straßenbedingungen nicht geeignet sind und er hätte die Fahrt nicht antreten dürfen.

Die §§ 102 Abs 1 und 103 Abs 1 KFG sind Schutznormen im Sinne des § 1311 ABGB, in dessen Zweckbereich die Verhütung von Unfällen und die Geringhaltung von aus Unfällen entspringenden Schäden liegt. Da durch eine Vernachlässigung der dem Lenker nach § 102 Abs 1 KFG auferlegten Verpflichtungen unüberschaubare Gefahren in das Verkehrsgeschehen getragen werden können, ist ein eher strenger Maßstab anzulegen (RS0027402).

Das Erstgericht ging daher auch zutreffend von einem Mitverschulden des Klägers aus.

6. Das Berufungsgericht teilt aber nicht die Ansicht des Erstgerichts zur Verschuldensteilung. § 1304 normiert, dass der Schaden verhältnismäßig (also in Quoten) aufzuteilen ist. Primäres Kriterium für die Schadensteilung sind der Grad des Verschuldens bzw die Verschuldensanteile. Für die Aufteilung des Verschuldens sind vor allem die Größe und die Wahrscheinlichkeit der schuldhaft herbeigeführten Gefahr, die Bedeutung der verletzten Vorschrift und der Grad der Fahrlässigkeit von Bedeutung (RS0026861 [T9]).

Die Beklagte als Fahrzeugverkäuferin ist bei Lieferung des Fahrzeugs – so wie der Kläger als Kraftfahrzeuglenker – als Sachverständige einzustufen (vgl RS0026094). Aus der Sachverständigenhaftung ergibt sich daher kein überwiegendes Verschulden des Klägers.

Die Bedeutung der Verpflichtung nach § 102 Abs 1 KFG für die Sicherheit des Straßenverkehrs darf zwar nicht unterschätzt werden. Zu berücksichtigen ist im konkreten Einzelfall jedoch, dass der Kläger ein nur rund neun Monate altes Fahrzeug lenkte, bei dem er aufgrund der expliziten Zusage des Verkäufers davon ausging, dass dieses mit bei winterlichen Fahrverhältnissen zulässigen Reifen ausgestattet ist. Der Kläger erkundigte sich beim Verkaufsgespräch sogar extra nach Winterreifen, um im Winter sicherer zu fahren und erhielt die Auskunft, dass die ausgelieferten speziellen Allwetterreifen im Winter besonders gut zu fahren sind.

Die Unfallursache lag nicht darin begründet, dass die Reifen bereits in einem abgefahrenen Zustand waren, sondern schlicht in der Lieferung des Fahrzeugs mit Sommer- statt Allwetterreifen durch die Beklagte, ohne dass der Kläger auf diesen Umstand hingewiesen worden wäre. Dem Kläger hätte dies zwar bei einer entsprechenden Kontrolle auffallen müssen. Einem Fahrzeugkäufer ist aber zuzugestehen, sich auf die Zusage des Verkäufers hinsichtlich der technischen Ausstattung des Fahrzeugs zu verlassen. Damit tritt das Verschulden des Klägers aber im Vergleich zu jenem der Verkäuferin aufgrund der expliziten Zusage einer besonderen Eigenschaft des erworbenen Fahrzeugs in den Hintergrund.

Den Kläger trifft daher nur ein Mitverschulden von einem Viertel, sodass die Beklagte für drei Viertel des eingetreten Schadens bzw Mangelfolgeschadens haftet.

7. Ausgehend von den unstrittigen Feststellungen hat der Kläger daher Anspruch auf EUR 12.037,50 für das Fahrzeug. Aufgrund des der Höhe nach außer Streit gestellten Schmerzengeldbetrags würde sich ein Zuspruch von EUR 750 ergeben, jedoch hat der Kläger nur EUR 500 geltend gemacht, sodass ein darüber hinausgehender Zuspruch ausscheidet. Unter Hinzurechnung der bereits rechtskräftig zuerkannten EUR 1.500 ergibt sich der Klagszuspruch. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

8 . Kostenentscheidung

8.1. Die Abänderung in der Hauptsache führt auch zu einer neuen Kostenentscheidung im erstinstanzlichen Verfahren. Für dieses waren zwei Abschnitte zu bilden. Der erste Verfahrensabschnitt reicht von der Klagseinbringung bis zur Klagseinschränkung in der letzten (halben) Stunde der Tagsatzung vom 5.4.2024. Die Klagseinschränkung wirkt bei Vornahme in der Verhandlung auf den Beginn der vollen Verhandlungsstunde zurück ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.148). Der zweite Verfahrensabschnitt reicht demnach von der letzten Stunde der Tagsatzung vom 5.4.2024 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung.

Im ersten Abschnitt gründet die Kostenentscheidung auf § 43 Abs 1 iVm Abs 2 ZPO.

Die Ausmittlung der Höhe hinsichtlich sämtlicher Positionen (Fahrzeugschaden, Zusatzausstattung und Schmerzengeld) erfolgte durch richterliches Ermessen oder durch den Sachverständigen. Eine offenkundige Überklagung lag hinsichtlich des Fahrzeugschadens und der Zusatzausstattung nicht vor. Zwar nahm der Kläger trotz Vorliegens eines Gutachtens für die Versicherung zunächst einen deutlich höheren Wiederbeschaffungswert an, machte vom so ermittelten Betrag aber nur 50 % geltend.

Hingegen lag beim Schmerzengeld bis zur Klagseinschränkung eine offensichtliche Überklagung vor, weil das zweieinhalbfache des letztlich außer Streit gestellten Betrags begehrt wurde, sodass dem Kläger das Kostenprivileg des § 43 Abs 2 ZPO für die Position Schmerzengeld nicht zugute kommt. Weiters gründet die Abweisung teilweise auf dem Mitverschulden des Klägers, sodass diesbezüglich § 43 Abs 1 ZPO maßgeblich ist.

Der kostenrelevante Streitwert im ersten Abschnitt ergibt sich somit wie folgt:

Ausgehend vom zugesprochenen Betrag von EUR 14.037,50 obsiegte der Kläger im ersten Abschnitt mit rund 70 %. Für diesen Abschnitt sind die Kosten auf Basis des gemäß § 43 Abs 2 ZPO ermittelten Streitwerts (EUR 20.050) zu ersetzen. Der Kläger erhält 40 % seiner Kosten und 70 % seiner Barauslagen (EUR 792 Pauschal- und EUR 100 Zeugengebühren) ersetzt. Bei der Beklagten und der Nebenintervenientin sind im ersten Abschnitt keine Barauslagen angefallen.

Im zweiten Abschnitt gründet die Kostenentscheidung auf § 43 Abs 1 ZPO. Hinsichtlich des Schmerzengelds erfolgte eine Klagseinschränkung auf EUR 500. Im Übrigen schränkte der Kläger sein Begehren jedoch nicht ein, obwohl der Sachverständige den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs sowie die angemessene Preisminderung hinsichtlich der Zusatzausstattung bekanntgab. Das Kostenprivileg des § 43 Abs 2 ZPO kommt dem Kläger daher nicht mehr zugute. Der (kostenrelevante) Streitwert im zweiten Abschnitt beträgt daher EUR 24.025.

Die Sachverständigengebühren (EUR 1.800) sind dem zweiten Abschnitt zuzuordnen, weil das Gutachten unmittelbar vor der Klagseinschränkung erstattet wurde und die Leistung in jenem Abschnitt zu berücksichtigen ist, in dem sie erbracht wurde ( Obermaier aaO Rz 1.184). Gleiches gilt für die Gerichtskommissionsgebühren von EUR 84.

Der Kläger obsiegte im zweiten Abschnitt mit rund 60 %. Ihm sind 20 % seiner Kosten und 60 % der von ihm getragenen Barauslagen (EUR 1.116 SV-Gebühren und EUR 84 Gerichtskommissionsgebühr) zu ersetzen. Umgekehrt hat er der Beklagten 40 % der von dieser getragenen Barauslagen zu ersetzen (EUR 684 SV-Gebühren und EUR 358,80 Gutachten GeoSphere Austria).

Den Einwendungen der Beklagten kommt teilweise Berechtigung zu:

Unzutreffend ist der Einwand hinsichtlich der Verzeichnung des doppelten Einheitssatzes für die Verhandlungen. Da der Kläger selbst nicht am Gerichtsort wohnt, konnte er ohne für ihn nachteilige Kostenfolgen einen Anwalt an einem beliebigen Ort außerhalb des Gerichtsorts beauftragen (9 Ob 51/13k mwN; RS0036203 [T1]).

Die übrigen Einwendungen sind berechtigt. Nach der Aktenlage fand am 5.4.2024 nur eine Tagsatzung statt. Auch der Einwand hinsichtlich der Klagseinschränkung, die vom Kläger für die zweite Verhandlungsstunde und die letzte Tagsatzung nicht berücksichtigt wurde, trifft zu. Schließlich ist der Schriftsatz vom 15.5.2024 nur nach TP 2 zu honorieren.

Somit ergibt sich für den ersten Abschnitt (Bemessungsgrundlage EUR 20.050) ein Kostenersatz von EUR 4.121,64 (darin EUR 686,94 USt) und ein Barauslagenersatz von EUR 624,40.

Im zweiten Abschnitt (Bemessungsgrundlage EUR 24.025) hat der Kläger einen Kostenersatzanspruch von EUR 692,83 (darin EUR 115,47 USt).

An Barauslagen sind ihm EUR 720 zu ersetzen. Der Barauslagenersatz ist mit dem Anspruch der Beklagten auf anteiligen Ersatz der von ihr getragenen Barauslagen von EUR 417,12 zu saldieren. Daraus ergibt sich ein Barauslagenersatzanspruch des Klägers von EUR 302,88 im zweiten Abschnitt.

8.2. Die Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren gründet hinsichtlich der Kosten für die Berufungsbeantwortung des Klägers auf §§ 41, 50 ZPO. Für die Kosten der Beantwortung eines erfolglosen Rechtsmittels der Nebenintervenientin haftet die von ihm unterstützte Hauptpartei (RS0036057; Obermaier aaO Rz 1.361 ff). Der Kläger brachte nur eine Berufungsbeantwortung ein und verzeichnete Kosten nach TP 3B samt Streitgenossenzuschlag. Die Beklagte hat dem Kläger diese Kosten zu ersetzen.

Hinsichtlich der Kosten der Berufung des Klägers gründet die Kostenentscheidung auf den §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Der Kläger strebte einen Zuspruch von weiteren EUR 12.287,50 an und erhielt zusätzlich EUR 8.275 zugesprochen. Er obsiegte daher mit 67 %, sodass er von der Beklagten 67 % der Pauschalgebühren und 34 % der Kosten der Berufung erhält.

Die Nebenintervenientin hat aufgrund des überwiegenden Unterliegens der Beklagten keinen Anspruch auf Kostenersatz (RS0035807 [T5]).

9. Das Ausmaß eines Mitverschuldens des Geschädigten kann wegen seiner Einzelfallbezogenheit nicht als erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO gewertet werden (RS0087606 [T1]). Die ordentliche

Revision war daher nicht zuzulassen.