JudikaturOLG Wien

6R325/24v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
07. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende sowie den Richter Dr. Pscheidl und die Richterin Mag. Nigl, LL.M., im Konkurs über das Vermögen der A* GmbH Co KG , FN B*, **, Masseverwalterin Dr. C*, Rechtsanwältin in **, über den Rekurs der Schuldnerin gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom **, **-1, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die ergänzende Vorlage der Schuldnerin vom 5.12.2024 (ON 13) wird zurückgewiesen .

2. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung

Die A* GmbH Co KG ( Schuldnerin ) ist seit 2.2.2021 mit dem Sitz in ** und dem Geschäftszweig „ An- und Verkauf, Entwicklung und Verwertung von Immobilien “ zu FN B* im Firmenbuch eingetragen. Unbeschränkt haftende Gesellschafterin ist die D* GmbH, FN E*, deren jeweils selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer F* und Mag. G* sind. Beide befinden sich in Privatinsolvenz. Aktuell ist die H* GmbH, FN I*, infolge Rechtsnachfolge nach der J* GmbH, FN K*, Kommanditistin mit einer Haftsumme von EUR 9.400,- (Eintragung vom 19.7.2024, **). Über die J* GmbH (nunmehr: L* GmbH; in der Folge: L * ) wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 5.8.2024 zu ** das Konkursverfahren eröffnet.

Mit einem am 4.10.2024 beim Erstgericht zu ** eingelangten Antrag begehrte die M* AG ( Antragstellerin ) unter Vorlage mehrerer Urkunden (Beilagen ./A bis ./K) die Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin.

Die Antragstellerin habe mit der Schuldnerin am 13./14.4.2023 einen Vertrag über einen Kontokorrentkredit über EUR 20 Mio abgeschlossen (Verwendungszweck „Umschuldung N* AG sowie Rückführung Gesellschafterdarlehen u.a.“). Dieser Betrag sei von der Schuldnerin zur Gänze ausgeschöpft worden. Nachdem die Zinsen für diesen Kredit vierteljährlich dem Konto angelastet worden seien, sei das Konto über den Betrag von EUR 20 Mio hinaus belastet worden, wozu die Schuldnerin vertraglich nicht berechtigt sei. Die Sollzinsen würden vierteljährlich zur Bezahlung vorgeschrieben werden. Die Schuldnerin habe auf diese Vorschreibungen letztmals am 16.10.2023 eine Einzahlung auf das Kreditkonto vorgenommen, um den Saldo auf EUR 20 Mio zu reduzieren. Die danach angelaufenen Zinsen und Kosten seien nicht mehr bedient worden. Das Konto habe am 1.1.2024 bereits einen Saldo von EUR -20.310.914,83 aufgewiesen. Die Schuldnerin hätte Einzahlungen tätigen müssen, sodass der Kredit nicht mit mehr als EUR 20 Mio ausgeschöpft sei.

Die Antragstellerin habe die Schuldnerin mit Mahnung vom 12.3.2024 (Beilage ./E) aufgefordert, den Rückstand bzw die Überziehung von EUR 382.990,26 zu begleichen. Die Schuldnerin habe jedoch keinerlei Zahlung geleistet. Diese Mahnung sei auch an die L*, die aus einer abstrakten Garantie zu diesem Kredit hafte, ergangen. Mit Schreiben vom 4.4.2024 (Beilage ./F) sei der Schuldnerin gegenüber der Terminsverlust mitgeteilt worden. Nachdem von der Schuldnerin auch weiterhin keinerlei Einwendungen, sonstige Erklärungen und keine Zahlungen auf das Konto getätigt worden seien, habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 26.6.2024 (Beilage ./G) die Konten mit sofortiger Wirkung fällig gestellt und den Kontoführungsvertrag aufgekündigt. Dieses am 27.6.2024 zur Post gegebene Schreiben sei am 1.7.2024 an die Schuldnerin zugestellt worden.

Die Forderung von aktuell (Umsatzliste Beilage ./D) aushaftend EUR -21.576.522,71 sei zumindest seit 26.6.2024 fällig, es seien keine Zahlungen der Schuldnerin geleistet worden. Seitens der Schuldnerin sei keinerlei Erwiderung auf die Mahnung, den Terminsverlust oder die Fälligstellung und Kündigung erfolgt. Vielmehr habe der Geschäftsführer der Komplementärin, F*, in einem E-Mail vom 15.1.2024 (Beilage ./J) an Mag. O*, Mitarbeiterin der Antragstellerin, mitgeteilt, dass die Zahlung der Zinsen noch 2-3 Wochen dauern werde. Zahlungen seien trotz dieses Versprechens nicht eingelangt.

Die Bescheinigung der fälligen Verbindlichkeit erfolge auch dadurch, dass der vertraglich vereinbarte Kreditrahmen „nur“ EUR 20 Mio betrage und aktuell bereits eine Überziehung und sohin jedenfalls eine fällige und nicht beglichene Forderung von EUR 1.576.522,71 bestehe; wenngleich aufgrund der Fälligstellung die gesamte Forderung von EUR 21.576.522,71 fällig sei.

Zudem seien von der nunmehr bereits insolventen L* abstrakte Garantien zu gegenständlichem Kredit abgegeben worden. Aufgrund der ebenso nicht erfolgten Bedienung der abstrakten Garantien sei das Insolvenzverfahren über das Vermögen der vormaligen indirekten Gesellschafterin L* eröffnet worden.

Die Schuldnerin habe seit der Mahnung vom 12.3.2024 den Bestand der offenen Forderung der Antragstellerin nicht bestritten. Auch zuvor, etwa im E-Mail-Verkehr vom 14./15.1.2024 (Beilage ./J) sei keine Erwiderung auf den Bestand der Forderungen der Antragstellerin erfolgt. Nachdem die Schuldnerin keinerlei Zahlungen getätigt habe, habe die Antragstellerin aufgrund der vereinbarten Zession der Mietzinsforderungen die einzelnen Mieter des im Eigentum der Schuldnerin stehenden Objektes ** in ** mit Schreiben vom 22.5.2024 sowie 12.6.2024 davon in Kenntnis gesetzt, dass diese den Nettomietzins nur noch schuldbefreiend an die Antragstellerin überweisen könnten, was einzelne Mieter auch tun würden. Auch dagegen habe die Schuldnerin zu keiner Zeit Einwände oder Erwiderungen erhoben. Die Mietzinse seien jedoch nicht annähernd ausreichend, um die laufenden Zinsen abzudecken. So seien im dritten Quartal 2024 EUR 299.647,11 an Sollzinsen und EUR 241.997,84 an Überziehungsprovisionen vorgeschrieben worden. Die Eingänge aus den offengelegten Mietzessionen hätten im selben Quartal weniger als EUR 30.000,- betragen.

Für das Zinshaus in der ** bestehe bei der P* AG (P*) eine Gebäudeversicherung (Polizze **). Die Schuldnerin habe sämtliche Zahlungen eingestellt. Sie verfüge nicht einmal über hinreichende finanzielle Mittel, um die vierteljährlichen Prämien zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes zu bezahlen. Die Antragstellerin sei aufgrund der Vinkulierung der Versicherung von der P* mehrfach über den Rückstand informiert worden (vgl Beilage ./K). Seitens der Antragstellerin sei (vgl Beilage ./D) die Überweisung der Versicherungsprämien am 31.5.2024 und 26.8.2024 von jeweils EUR 9.145,68 durch Belastung des Kontos in die Wege geleitet worden.

Die Schuldnerin zahle lediglich die andrängenden Gläubiger nach der unzulässigen Methode „Loch auf, Loch zu“. Als Bescheinigungsmittel dafür werde der von der Hauswartin im Objekt **, Q*, erst kürzlich beim Erstgericht eingebrachte Insolvenzeröffnungsantrag herangezogen. Die Schuldnerin habe auf die titulierte Forderung von Q* ungeachtet eines von ihr eingeleiteten Exekutionsverfahrens keine Zahlungen geleistet. Erst als sie einen Insolvenzeröffnungsantrag gestellt habe, seien Zahlungen geleistet worden. An die Antragstellerin habe die Schuldnerin keine Zahlungen geleistet. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei zur Gleichbehandlung aller Gläubiger unbedingt notwendig. Die Schuldnerin sei zahlungsunfähig, es könnten auch von der Gesellschafterin in absehbarer Zeit keine ausreichenden liquiden Mittel zugeführt werden, um sämtliche fälligen Forderungen zu bedienen. Die Schuldnerin als verbundenes Unternehmen der Unternehmensgruppe des F* habe keine Möglichkeiten mehr, finanzielle Zuschüsse aus der Eigentümersphäre zu erhalten. Zahlreiche Unternehmen des wirtschaftlichen Eigentümers F* seien insolvent.

Die Antragstellerin sagte den Erlag eines Kostenvorschusses von EUR 4.000,- zu.

Vom Erstgericht durchgeführte Abfragen im Gewerbeinformationssystem Austria, im Verfahrensregister wegen offenkundiger Zahlungsunfähigkeit, im Pfändungsregister und in der Liste der Vermögensverzeichnisse verliefen negativ. Die Grundbuchsabfrage ergab Alleineigentum der Schuldnerin an der Liegenschaft EZ **, KG ** mit der Anschrift **. Die Liegenschaft ist mit zwei Höchstbetragspfandrechten (EUR 20 Mio und EUR 6 Mio) zugunsten der Antragstellerin belastet. Weiters erhob das Erstgericht das zu ** anhängig gewesene Insolvenzeröffnungsverfahren der Antragstellerin Q*.

Das Finanzamt Österreich verneinte das Vorliegen eines Beitragsrückstandes (ON 3.1). Bei der Österreichischen Gesundheitskasse verfügt die Schuldnerin über kein Beitragskonto (ON 3.2).

Eine Namensabfrage im Exekutionsregister am 7.11.2024 ergab ein am 24.10.2024 eingestelltes Exekutionsverfahren der Q* zu ** beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien.

In der Einvernahmetagsatzung vom 11.11.2024 (ON 6) bestritt die Schuldnerin die geltend gemachte Forderung mit der Begründung, anlässlich des Abschlusses des Kreditvertrages sei von der Antragstellerin zugesagt worden, die Finanzierung des Umbaus des Objektes und der laufenden Zinsen des Kredites bereitzustellen, wenn aus einem weiteren von der Antragstellerin finanzierten Bauprojekt, der R* GmbH ( R* ), aus Verkäufen Kreditrückführungen von der R* an die Antragstellerin finanziert würden. Die Schuldnerin und die R* hätten den selben „Eigentümer“, sodass das Gesamtobligo zusammenzurechnen sei.

Mit Erteilung der Baubewilligung und der erfolgten teilweisen Rückführung zur R* wäre die Finanzierung des Umbaus und der laufenden Zinsen bezüglich der Schuldnerin somit von der Antragstellerin vorzunehmen gewesen, was nicht erfolgt sei. Deswegen werde die Fälligkeit des gegenständlichen Kredits bestritten und würden keine Rückführungen getätigt. Schriftliche Vereinbarungen könnten dazu nicht vorgelegt werden. In Beilage ./J sei dazu jedoch eine Anfrage zur Baubewilligung erfolgt. Das Vermögensverzeichnis zu ** sei noch aktuell. Mag. G* bestätigte für die Schuldnerin die Richtigkeit mit seiner Unterschrift in der Einvernahmetagsatzung. Er könne nicht sagen, ob die Hausversicherung noch bezahlt werde. Die Hausverwaltung habe einen aufrechten Auftrag.

Die Antragstellerin bestritt dieses Vorbringen. Eine solche Bedingung sei nie vereinbart worden und hätte vom Kreditausschuss der Antragstellerin genehmigt werden müssen. Es gebe dazu keine Vereinbarung oder Unterlagen. Die Schuldnerin sei nicht in der Lage, den Kredit zurückzuzahlen. Zur R* werde der Kredit nicht von der Projektgesellschaft rückgeführt. Es handle sich um eine BTVG Finanzierung, die Kreditraten würden über Zahlungen von Käufern geleistet. Die Antragstellerin legte Schreiben von Mietern vor, wonach im Haus die nötigsten Arbeiten nicht gemacht würden.

Mit dem angefochtenen Beschluss eröffnete das Erstgericht den Konkurs über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte Dr. C* zur Masseverwalterin. Die allgemeine Prüfungs- und Berichtstagsatzung beraumte es für 14.1.2025 an. Das Ende der Anmeldungsfrist bestimmte es mit 31.12.2024. Die Schuldnerin habe bei der Antragstellerin Verbindlichkeiten aus einem Kontokorrentkredit inklusive der Überziehungen von EUR 21.576.522,71. Der Kredit sei von der Antragstellerin fällig gestellt worden. Die Schuldnerin habe keine Zahlungen darauf geleistet. Die Schuldnerin habe in der Tagsatzung vom 11.11.2024 lediglich die Fälligkeit der Forderung bestritten, aber keinerlei Beweise dazu angeboten. Soweit sie sich auf die vorgelegte E-Mail-Korrespondenz (Beilage ./J = ON 1.12) beziehe, gehe daraus die behauptete Vereinbarung nicht hervor. Vielmehr habe der Geschäftsführer der Komplementärin ausgeführt, es herrsche eine angespannte Liquiditätssituation, mit Zinseingängen sei in 2–3 Wochen zu rechnen. Auch aus dem Vermögensverzeichnis der Schuldnerin aus September 2024 (**-13) ergebe sich keine ausreichende Liquidität. Beide Geschäftsführer der Komplementärin seien selbst in Insolvenz. Aufgrund all dieser Umstände sei von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin auszugehen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Schuldnerin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Abweisung des Insolvenzantrags mangels Zahlungsunfähigkeit.

Die Antragstellerin beteiligte sich nicht am Rekursverfahren. Die Masseverwalterin beantragt, den Rekurs abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Der Zulässigkeit der „ergänzenden Vorlage“ der Schuldnerin vom 5.12.2024 (ON 13), die im Rekursverfahren vorzulegen sei (vgl ON 12), steht der auch im Insolvenzverfahren geltende Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels entgegen. Nachträge, Ergänzungen oder Berichtigungen eines Rechtsmittels sind, selbst wenn sie noch innerhalb der Rekursfrist erfolgen, nicht zulässig. Die ergänzende Vorlage der Schuldnerin war daher zurückzuweisen ( Kodek in Fasching/Konecny 3II/2, §§ 84, 85 ZPO Rz 141 mwN; RS0041666).

2. Die Schuldnerin argumentiert in ihrem Rekurs, sie sei weder zahlungsunfähig noch überschuldet und in der Lage, sämtliche offenen Forderungen zur Gänze zu befriedigen. Die Antragstellerin habe bei Abschluss der Finanzierung zugesagt, im Rahmen der Ankauffinanzierung auch die Finanzierung des Umbaus und der laufenden Zinsen bereitzustellen, sobald die Baubewilligung vorliege, was für die Rückführung der Darlehensvaluta und für die Projektplanung wesentlich gewesen sei. Die Stückelung des Kredites habe sich daraus ergeben, dass der damalige Eigentümer bei der Antragstellerin auch einen Projektkredit für eine andere Gesellschaft gehabt habe und bei Zuzählung des gesamten Rahmens das höchstzulässige Einzelkreditobligo, welches sich die Bank selbst gesetzt habe, überschritten worden wäre.

Voraussetzungen für eine weitergehende Verbriefung und Zuzählung des Kredites seien daher sowohl das Vorliegen der Baubewilligung als auch eine zumindest anteilige Rückführung des Kredites der R* (bestehende Finanzierung) gewesen. In diesem Sinne sei auch das E-Mail des damaligen Geschäftsführers zu verstehen, da zu diesem Zeitpunkt nicht klar gewesen sei, wann die Baubewilligung eintreffen würde. Diese sei kurz darauf erteilt worden (konkret am 8.2.2024) und habe der damalige Geschäftsführer sofort die Antragstellerin zur Vornahme der weiteren Schritte (Einwertung, Zuzählung etc) aufgefordert. Die in weiterer Folge völlig unberechtigte Absage der weiteren Finanzierung habe dazu geführt, dass einerseits die Kreditnehmerin die Zinsen nicht - wie vereinbart - aus dem Baurahmen bedienen und die Verwertung des Objektes nicht - wie vereinbart - vorgenommen werden habe können. Die Zahlung der Zinsen habe von der Schuldnerin auch anderweitig nicht aufgebracht werden können. Der Antragstellerin sei bekannt gewesen, dass die Tilgung bzw Zahlung der Zinsen von der Baufinanzierung, jedenfalls aber von der Verwertung des Objektes abhängig sei. Die schlüssige Bestreitung des Anspruchs schließe eine Anspruchsbescheinigung einer nicht titulierten Forderung bereits aus, die Bestreitung müsse hierbei vielmehr nur derart schlüssig sein, dass sie im Rahmen einer Klagebeantwortung zur Einleitung eines ordentlichen Verfahrens ausreiche. Das Erstgericht habe anlässlich der Tagsatzung nach schriftlichen Unterlagen als Beweis gefragt, deren Vorliegen der Geschäftsführer der Schuldnerin verneint habe. Dass die Zusage zwischen den Vertragsparteien mündlich erfolgt sei, sei aus dem Vorbringen ersichtlich. Im Insolvenzverfahren sei kein Beweisverfahren durch Aufnahme von Personalbeweisen vorgesehen.

Hier liege weder ein Anerkenntnis der Schuldnerin noch ein noch nicht in Rechtskraft erwachsenes Gerichtsurteil vor. Eine einseitige Stellungnahme der Antragsstellerin reiche zur Bescheinigung nicht aus. Da die behauptete Forderung dem Grunde und der Höhe nach strittig sei, sei die Forderung der Antragstellerin weder ausreichend bescheinigt noch sei diese bei der Zahlungsunfähigkeitsprüfung zu berücksichtigen.

2.Gemäß § 70 Abs 1 IO ist das Insolvenzverfahren auf Antrag eines Gläubigers unverzüglich zu eröffnen, wenn er glaubhaft macht, dass er eine – wenngleich nicht fällige – Insolvenzforderung hat und der Schuldner zahlungsunfähig – oder unter anderem bei Kapitalgesellschaften überschuldet - ist.

3.Im Rechtsmittelverfahren ist für die Beurteilung der Frage, ob die Insolvenzvoraussetzungen vorliegen, wegen der Neuerungserlaubnis des § 260 Abs 2 IO die Sachlage im Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz - hier der 13.11.2024- und die Bescheinigungslage im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel maßgebend (RS0065013 [T1]); grundsätzlich gilt im Insolvenzverfahren für die Rekursausführungen kein Neuerungsverbot (RS0043943; Erlerin KLS², § 260 Rz 33). Die Neuerungserlaubnis findet jedoch ihre Grenze in § 259 Abs 2 IO, wonach Anträge, Erklärungen und Einwendungen, zu deren Anbringung eine Tagsatzung bestimmt ist, von den nicht erschienen, gehörig geladenen Personen nachträglich nicht mehr vorgebracht werden können (RS0115313; RS0110967 [T6] = 8 Ob 36/04h). Gleiches gilt für Personen, die zwar erschienen sind, aber ein entsprechendes Vorbringen unterlassen haben (vgl 8 Ob 56/01w). Der gegenständliche Rekurs wiederholt das in der Einvernahmetagsatzung erstattete Vorbringen. Aber auch nunmehr gelingt damit die Entkräftung der Bescheinigung der Insolvenzforderung der Antragstellerin bzw die Gegenbescheinigung der Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin nicht.

4.Die für das Insolvenzverfahren maßgebliche Glaubhaftmachung der Insolvenzforderung sowie des Insolvenzgrundes erfordert gemäß § 274 ZPO iVm § 252 IO ein geringeres Beweismaß als der Beweis im Sinn der §§ 266 ff ZPO. Das Verfahren zur Glaubhaftmachung ist summarisch, beschränkt sich auf parate Bescheinigungsmittel und ist nicht an die Förmlichkeit eines Beweises im engeren Sinn gebunden ( Übertsroider in Konecny, InsG § 70 IO Rz 21; Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger , InsR 4 § 70 KO Rz 13, 16). Das reduzierte Beweismaß gilt für alle am Verfahren beteiligten Personen, also für die (erste) Glaubhaftmachung durch den antragstellenden Gläubiger, für die anschließenden amtswegigen Ermittlungen durch das Gericht und allfällige Gegenbescheinigungen durch den Schuldner. Nur so kann das Insolvenzeröffnungsverfahren als Eilverfahren gestaltet werden ( ÜbertsroideraaO § 70 IO Rz 23).

5.Für die Bescheinigung der Insolvenzforderung ist es nicht erforderlich, dass der Antragsteller bereits einen Exekutionstitel erwirkt hat (RS0064986). Ist die Forderung aber – wie hier - nicht tituliert, ist bei der Prüfung ihres Bestandes ein strenger Maßstab anzulegen. Die Insolvenzeröffnung darf nicht auf einer Forderung gründen, über deren Bestand nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Streit entstehen kann oder in voraussehbarer Weise entstehen wird, zumal der Insolvenzverwalter pflichtgemäß jede Forderung, deren Bestand ihm nach seiner eigenen verantwortlichen Prüfung nicht gesichert erscheint, mit Rücksicht auf die Masse bestreiten muss. Ist daher die Insolvenzforderung von der Klärung strittiger Beweis- und/oder Rechtsfragen abhängig, so ist sie zur Antragsbescheinigung iSd § 70 Abs 1 IO nicht geeignet (8 Ob 282/01f; ÜbertsroideraaO § 70 IO Rz 36 mwN; stRsp des Rekursgerichts, 6 R 80/17d, 6 R 256/19i). Gleiches gilt für Forderungen, die nicht unverzüglich bescheinigt werden können und auch nicht ihrer inneren Struktur nach unzweifelhaft glaubhaft sind ( Mohr, IO 11 § 70 E 40 mwN; OLG Wien 28 R 120/11i, 28 R 77/12t, 6 R 62/19k, 6 R 1/20s, 6 R 138/21i).

So wurde es etwa als unzureichend angesehen, wenn eine Gläubigerbank nach Fälligstellung eines Kredites die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Kreditnehmer beantragt und zur Bescheinigung ihrer Insolvenzforderung lediglich Kreditverträge, Kontoauszüge sowie das Fälligstellungsschreiben vorlegt (vgl OLG Wien 6 R 20/21m, 6 R 54/22p, 6 R 85/22x, 6 R 260/23h ua). Eine Forderung ist somit nicht ausreichend bescheinigt, wenn vorgelegte Bestätigungen und Berechnungen ausschließlich auf den Angaben des Antragstellers beruhen und keine objektive Prüfung unter Berücksichtigung von Einwendungen der Gegenseite zulassen ( Mohr, IO 11§ 70 IO E 47).

Demgegenüber ist eine Forderung aber zB durch ein schriftliches Schuldanerkenntnis samt Rückzahlungsverpflichtung dem ersten Anschein nach bescheinigt ( Mohr, IO 11 § 70 E 42). Zur Forderungsbescheinigung reicht auch ein deklaratives Anerkenntnis aus, wenn es durch Vorlage eines Schreibens des Antragsgegners bescheinigt wird. In einem solchen Fall wäre es Sache des Schuldners, das Erlöschen der anerkannten Forderung (zB durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung) zu bescheinigen ( Mohr, IO 11 § 70 E 43). In diesem Sinne wurde vom Rekursgericht die Bescheinigung durch einen Ausgleichsvorschlag oder ein Stundungsansuchen des Schuldners an den Antragsteller als Gläubiger sowie überhaupt ein außergerichtliches Anerkenntnis des Schuldners oder ein – wenngleich noch nicht in Rechtskraft erwachsenes – Gerichtsurteil für ausreichend erachtet, nicht aber Rechnungen, Mahnschreiben oder sonstige nur eine einseitige Sachverhaltsdarstellung des antragstellenden Gläubigers beinhaltende Urkunden (OLG Wien, 28 R 168/09w, 28 R 378/14k, 6 R 202/17w, 6 R 260/23h ua).

6. Die Antragstellerin hat die Erstbescheinigung ihrer Forderung mit der Vorlage des Kreditvertrags (Beilage ./C), des Mahnschreibens vom 12.3.2024 (Beilage ./E), des Schreibens über den Terminsverlust vom 4.4.2024 (Beilage ./F), der Fälligstellung und Zahlungsaufforderung (Beilage ./G) und insbesondere des E-Mails des F* vom 15.1.2024 (Beilage ./J) erbracht. Der Schuldnerin gelang es indes nicht, das Vorliegen einer abweichenden Abrede zu bescheinigen. Hätte es eine solche gegeben, wäre davon auszugehen, das F* in seinem als „CEO“ der L* verfassten E-Mail vom 15.1.2024 (Beilage ./J) darauf hingewiesen hätte. Dieser E-Mail war eine Nachricht von Mag. O* an F* vorausgegangen, worin diese schrieb:

Ich wollte Sie nochmals an die dringende Einzahlung der fälligen Zinsen iHv EUR 310.914,83 der A* GmbH Co KG erinnern, da diese bis heute nicht eingezahlt wurden, wurde vom Risikomanagement beschlossen, auch aufgrund der Gesamtsituation die restliche EPU iHv EUR 6,0 Mio. eintragen zu lassen.

Des Weiteren ersucht unser Risikomanagement um dringende Rückmeldung zu folgenden Fragen:

A* GmbH Co KG

- Liegt die Baubewilligung bereits vor?

- Bitte um Übermittlung der aktuellen Mietzinsliste.

R* GmbH

- Lt. FB wurde über die S* GmbH Insolvenz eröffnet. ... Wird bei der ** weitergebaut? Verläuft beim Bau alles nach Plan oder gibt es gröbere Zeitverzögerungen? Konnte ein Großteil der Wohnungen It. Kaufvertrag per Jahresende bereits an die Käufer übergeben werden?

Darauf antwortete F* (Beilage ./J):

„… die Eintragung der Hypothek von € 6 Mio nehme ich zur Kenntnis, ob es jedoch in der allgemeinen angespannten Liquiditätssituation wirklich die beste Lösung sei dahingestellt und ist dies natürlich zu akzeptieren.

Hinsichtlich der Zinsen wird es sicherlich noch 2-3 Wochen dauern, da ich aktuell einige Refinanzierungen bzw. Kaufpreiseingänge abwarten muss.

Die Baubewilligung ist It. Auskunft der Behörde in Ausfertigung, sollte also demnächst die nächsten 2-3 Wochen eintreffen.

Zinsliste werde ich anfordern.

Der Konkurs über die S* wird spätestens bei der ersten Tagsatzung aufgehoben werden, wobei auch hier ein Rekurs eingebracht wurde, welchen ich Ihnen im Anhang übermittle (und der auch die Zahlen um welche es geht abbildet). Auf die Bauabwicklung hat dieser Konkurs jedoch keinen Einfluss.

Die Baustelle in der ** läuft aktuell auf Hochtouren, der Übergabetermin hat sich zwar auf Grund von Lieferthemen und Grundrissänderungen der Käufer verschoben, allerdings wird die Baustelle durchgehend bespielt.

Desweiteren bin ich in Erwartung eines Kaufanbotes für das Geschäftslokal, was unsere Ertragssituation in der ** auch neuerlich verbessert.

Damit tritt der Geschäftsführer der Schuldnerin der geltend gemachten Forderung der Antragstellerin nicht entgegen, akzeptiert sogar die Eintragung der Hypothek. Der geltend gemachte Zinsenbetrag wird von ihm nicht bestritten, vielmehr zugestanden, diesen nicht sofort zahlen zu können, sondern frühestens in 2-3 Wochen, was aber seither und selbst im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung noch nicht erfolgt ist.

Die nunmehr behauptete Vereinbarung erwähnt F* in diesem E-Mail nicht. Im Gegenteil spricht er darin davon, für die Zahlung der Zinsen „ aktuell einige Refinanzierungen bzw Kaufpreiseingänge abwarten “ zu müssen. Auch mit dem Rekurs werden keinerlei Bescheinigungsmittel vorgelegt, die den Inhalt der behaupteten Vereinbarung zwischen der Antragstellerin und der Schuldnerin bescheinigen würde.

Festgehalten sei der Vollständigkeit halber, dass das Konkursverfahren der S* GmbH zu ** des Landesgerichts Eisenstadt – entgegen der Ausführungen des F* – nahezu ein Jahr nach seiner Nachricht an die Antragstellerin nach wie vor anhängig ist.

7. Der Antragstellerin ist hier die Bescheinigung ihrer Insolvenzforderung somit jedenfalls im Umfang des Zinsbetrags von EUR 310.914,83, der von F* unbestritten blieb, gelungen. Diesbezüglich sagte er eine Zahlung binnen zwei bis drei Wochen zu. Eine Zahlung ist bisher nicht erfolgt.

8.Nach Rechtsprechung und Lehre liegt Zahlungsunfähigkeit iSd § 66 IO vor, wenn der Schuldner infolge eines nicht bloß vorübergehenden Mangels an bereiten Zahlungsmitteln nicht in der Lage ist, seine fälligen Schulden zu bezahlen, und er sich die erforderlichen Zahlungsmittel voraussichtlich auch nicht alsbald verschaffen kann (RS0064528, RS0065106, RS0052198 ua). Es kommt auf die Gesamtsituation im Einzelfall an (RS0052198 [T3]; 8 Ob 127/21s). Regelmäßig ist die Zahlungsunfähigkeit jener Insolvenzgrund, der vom Gläubiger geltend gemacht wird. Ein Gläubiger verfügt nur selten über einen umfassenden und genauen Überblick über die Finanz- und Vermögenslage seines Schuldners. Notwendig, aber auch ausreichend ist daher die Behauptung und Bescheinigung von Indizien. Diese müssen in ihrer Gesamtheit nach der allgemeinen Lebenserfahrung den hinreichend sicheren Schluss auf das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit erlauben (vgl ÜbertsroideraaO § 70 IO Rz 53). Aus der Äußerung des Schuldners, die Forderung des Gläubigers derzeit nicht bezahlen zu können, sind bei einer verhältnismäßig geringfügigen Höhe dieser Forderung und dem Angebot von Ratenzahlungen noch keine Aufschlüsse über die Vermögenslage des Schuldners bei Stellung des Konkursantrags zu gewinnen ( Mohr, IO 11 § 70 E 81). Hier ist selbst bei bloßer Berücksichtigung des geltend gemachten Zinsbetrages von EUR 310.914,83 nicht mehr von einer verhältnismäßig geringfügigen Forderung auszugehen, die darüber hinaus seit Jänner 2024 nicht bezahlt wurde.

9. Aus dem Erstbericht der Masseverwalterin vom 2.12.2024 (ON 9) ergibt sich, dass die Schuldnerin durch einen am 12.11.2024 (somit am Tag zwischen der Einvernahmetagsatzung vom 11.11.2024 und der Fassung des angefochtenen Beschlusses vom 13.11.2024) beim Grundbuchgericht eingebrachten Antrag im Grundbuch die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft erwirkte. Die Schuldnerin habe die Liegenschaft der T* GmbH, in deren Händen sich der Rangordnungsbeschluss befinde, ohne Einschaltung eines Treuhänders verkauft und durch die Ausfolgung der Verwaltungsunterlagen und der Schlüssel übergeben. Weitere Aufklärungen dazu würden die Geschäftsführer verweigern. Neben dem gegenständlichen Kreditkonto, das gegenwärtig einen negativen Saldo von rund EUR 21,5 Mio aufweise, und einem weiteren Konto bei der Antragstellerin, dessen negativer Saldo sich am 26.6.2024 auf EUR 55,85 belaufen habe, habe die Schuldnerin bei Insolvenzeröffnung noch ein Konto bei der U* geführt, auf dem zuletzt (vor seiner Schließung) ein geringfügiges Guthaben (EUR 18,23) ausgewiesen gewesen sei.

10. Das in Wahrheit also nur zweistellige Kontoguthaben im Zeitpunkt der Beschlussfassung in erster Instanz reicht naturgemäß zur Bedienung der Forderungen gegen die Schuldnerin nicht aus. Die Schuldnerin selbst verfügt über keine liquiden Mittel zur Bedienung ihrer Verbindlichkeiten.

Liegenschaftsvermögen ist mangels unverzüglicher Verwertbarkeit bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit regelmäßig belanglos, sofern nicht bei – hier nicht gegebener - Lastenfreiheit oder nur geringen Belastungen die Möglichkeit einer alsbaldigen Beschaffung liquider Mittel durch Belehnung in Erwägung gezogen werden kann ( Mohr, IO 11 § 70 E 234; vgl auch § 66 E 26 f).

Die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung am Tag nach der Einvernahmetagsatzung, aber vor der Fassung des angefochtenen Beschlusses, stellt ein weiteres Indiz für die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin dar. Warum sonst würde sie ihr einziges verwertbares Vermögen innerhalb der Unternehmensgruppe zu transferieren versuchen.

Die Zahlung im von Q* zu ** beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien geführten Exekutionsverfahren über EUR 5.608,- erfolgte erst nach Vornahme einer Pfändung.

Aus dem im von Q* am 19.8.2024 angestrengten Insolvenzeröffnungsverfahren (**) vorgelegten Vermögensverzeichnis vom 26.9.2024 ergeben sich monatliche Mietzinsforderungen von ca EUR 31.000,- sowie ein behauptetes Guthaben beim Finanzamt von EUR 22.000,-. Weitere Forderungen der Schuldnerin ergeben sich daraus nicht. Im hier zugrundeliegenden Eröffnungsverfahren teilte das Finanzamt Österreich lediglich mit, dass kein Abgabenrückstand bestehe. Ein Guthaben gab das Finanzamt Österreich nicht bekannt. Ein solches wurde auch anderweitig nicht bescheinigt.

11. Nach den Ergebnissen des Insolvenzeröffnungsverfahrens lassen die in der gegenständlichen Konstellation gegebenen Indizien in ihrer Gesamtheit nach der allgemeinen Lebenserfahrung den hinreichend sicheren Schluss auf das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit zu. Das Erstgericht hat zu Recht die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin angenommen. Die von der Schuldnerin zu erbringende Gegenbescheinigung ihrer Zahlungsfähigkeit ist ihr mangels konkreter Bescheinigungsmittel nicht gelungen.

12.Die weitere Konkursvoraussetzung, das Vorliegen kostendeckenden Vermögens (§ 71 IO), ergibt sich hier bereits aus dem von der Antragstellerin zugesagten Kostenvorschuss.

13. Dem gegen die Konkurseröffnung erhobenen Rekurs bleibt der Erfolg daher versagt.

14.Der Revisionsrekurs ist gemäß § 252 IO, § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.