JudikaturOLG Linz

11Rs71/25b – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
17. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Richter Senatspräsident Dr. Robert Singer als Vorsitzenden, Mag. Herbert Ratzenböck und Dr. Patrick Eixelsberger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johann Kastl (Kreis der Arbeitgeber) und Mario Köck (Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **straße **, **, vertreten durch Mag. Gerhard Posch, Rechtsanwalt in Micheldorf in Oberösterreich, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt , Landesstelle **, **, **, wegen Invaliditätspension, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. Mai 2025, Cgs* 18, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu tragen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 25.9.2024 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 25.4.2024 auf Gewährung einer Invaliditätspension ab, weil originäre Invalidität vorgelegen sei und die demnach erforderliche Mindestanzahl von 120 Beitragsmonaten der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit nicht erworben worden sei.

Der Kläger begehrte mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage die Zuerkennung einer Invaliditätspension ab 1.5.2024 im gesetzlichen Ausmaß zuletzt mit der Begründung, dass sich sein Zustand in den ersten drei Jahren nach dem Verkehrsunfall vom 20.7.2014 so weit gebessert habe, dass er von Juli 2017 bis Februar 2019 erstmalig einer Erwerbstätigkeit nachgehen habe können und nicht mehr arbeitsunfähig gewesen sei. Zudem habe er von Juli 2020 bis März 2021 neun weitere Monate als Arbeiter in der Pflichtversicherung erworben. Anschließend habe sich sein Zustand ab April 2021 wieder verschlechtert. Dies habe darin bestanden, dass der Kläger sich nicht mehr ausreichend konzentrieren könne, er auch schon nach kurzer Arbeitsdauer wieder erschöpft sei und wieder längere Zeit Pausen machen müsse, weshalb er nunmehr invalid sei. Aufgrund des Alters des Klägers bedürfe es nur der Erfüllung einer Wartezeit von sechs Versicherungsmonaten.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage im Wesentlichen mit der bereits im angefochtenen Bescheid dargelegten Begründung.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab. Es legte den auf den Seiten 2 bis 4 ersichtlichenSachverhalt zugrunde, auf den gemäß § 500a ZPO verwiesen wird. Diese Feststellungen sind auszugsweise wie folgt wiederzugeben:

Der ** geborene Kläger erlitt am 20.7.2014 im Rahmen eines Mopedkollisionsunfalls ein schwerstes Polytrauma mit schwerem, lebensbedrohlichem Schädel-Hirn Trauma. Unfallbedingte Dauerschäden sind in neurologischer Hinsicht die Zentrale Nervus facialis Parese links, Hemispastik links und Nervus peroneus Parese links sowie in psychiatrischer Hinsicht das posttraumatische organische Psychosyndrom mit Teilleistungsschäden in Form einer eingeschränkten Aufmerksamkeitsspanne, Kritikfähigkeit, Planungsfähigkeit und Affektkontrolle.

Bei Eintritt in das Erwerbsleben mit Juli 2017 verfügte der Kläger leidensbedingt über folgendes neurologisch-psychiatrisches Leistungskalkül:

Die Trageleistung des Klägers war mit 5 kg und die Hebeleistung mit 10 kg begrenzt. Arbeiten konnte er zwar grundsätzlich in sitzender, gehender und stehender Position verrichten. Durch die Hemispastik und Standataxie waren ihm gehende und stehende Arbeiten jedoch nur zeitlich begrenzt möglich. Arbeiten in gebückter Haltung, konstant vorgebeugter Haltung sowie Arbeiten auf Leitern, Gerüsten oder in schwindelexponierten Lagen sowie mit abruptem Ziehen, Drücken und Stoßen waren ihm nicht möglich. Der Kläger konnte unter keinerlei Zeitdruck arbeiten. Er hatte schwere, weit über dem Altersdurchschnitt einer gesunden Person liegende Defizite der Konzentrationsfähigkeit, des Auffassungsvermögens und der Aufmerksamkeitsspanne. Ebenso bestanden schwere, weit über dem Altersdurchschnitt liegende Defizite seiner Durchsetzungsfähigkeit, Eigeninitiative, Eigenverantwortung, Entscheidungsfähigkeit, Regulationsfähigkeit, Teamfähigkeit, aktive und passive Kontakt- sowie Kommunikationsfähigkeit und Verantwortungsfähigkeit. Arbeiten mit vermehrten Menschenansammlungen oder Teamarbeit waren dem Kläger nicht möglich. Das Arbeitszeitausmaß betreffend war der Kläger am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht einsetzbar. Ihm war weder eine Arbeit in Voll- noch in Teilauslastung möglich. Er konnte kein öffentliches Verkehrsmittel benutzen und war nicht in der Lage, wochenweise zu pendeln oder den Wohnsitz zu verlegen. Selbst bei Einhaltung dieses Leistungskalküls betrug der jährlich wiederkehrende Krankenstandsbedarf des Klägers mehr als sieben Wochen. Dieser Zustand bestand seit dem Schädel-Hirntrauma im Juli 2014.

Zumindest seit der Antragstellung am 25.4.2024 verfügt der Kläger über folgendes neurologisch-psychiatrisches Leistungskalkül:

Die Trageleistung des Klägers ist mit 10 kg und die Hebeleistung mit 15 kg begrenzt. Arbeiten kann er in sitzender, gehender und stehender Position verrichten. Arbeiten in knieender und hockender Position sowie Arbeiten auf Leitern, Gerüsten oder in schwindelexponierten Lagen sowie mit abruptem Ziehen, Drücken und Stoßen sind ihm nicht möglich. Der Kläger kann weiterhin unter keinerlei Zeitdruck arbeiten. Er hat weiterhin schwere Defizite der Konzentrationsfähigkeit, des Auffassungsvermögens und der Aufmerksamkeitsspanne. Ebenso bestehen weiterhin schwere Defizite seiner Durchsetzungsfähigkeit, Eigeninitiative, Eigenverantwortung, Entscheidungsfähigkeit, Regulationsfähigkeit, Teamfähigkeit, aktive und passive Kontakt- sowie Kommunikationsfähigkeit und Verantwortungsfähigkeit. Arbeiten mit vermehrten Menschenansammlungen, mit erhöhtem Verletzungsrisiko, mit Lärmexposition und Schicht- oder Nachtarbeit sind dem Kläger nicht möglich. Das Arbeitszeitausmaß betreffend ist der Kläger weiterhin am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht einsetzbar. Dem Kläger ist weiterhin weder eine Arbeit in Voll- noch in Teilauslastung möglich. Er kann ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen. Er ist aber nicht in der Lage, wochenweise zu pendeln oder den Wohnsitz zu verlegen. Selbst bei Einhaltung dieses Leistungskalküls beträgt der jährlich wiederkehrende Krankenstandsbedarf des Klägers weiterhin mehr als sieben Wochen. Eine Verbesserung dieses Leistungskalküls ist auszuschließen. Die neurologischen und psychiatrischen Defizite sind unfallkausale Dauerschäden.

Der Kläger konnte bei Eintritt ins Erwerbsleben und kann auch weiterhin wegen des organischen Psychosyndroms – zwei kaputte Frontallappen und Temporallappen – selbst einfache Routinetätigkeiten am ersten Arbeitsmarkt nicht bewältigen.

Der Kläger übte im Juli 2017, von Dezember 2017 bis einschließlich Februar 2019, von Juli 2020 bis einschließlich März 2021 und im Dezember 2022 eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit aus.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass der Kläger bei Eintritt ins Erwerbsleben invalid gewesen und dies auch weiterhin sei. Die wie hierbei Vorliegen originärer Invalidität nach § 255 Abs 7 ASVG erforderlichen 120 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit weise der Kläger nicht auf.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung samt sekundärer Feststellungsmängel mit dem Abänderungsantrag auf Klagsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrags gestellt.

Die Beklagte hat sich am Berufungsverfahren nicht beteiligt.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

A. Zur Beweisrüge:

Die Berufung bekämpft die Feststellungen zum Leistungskalkül des Klägers bei seinem Eintritt ins Erwerbsleben im Juli 2017. Ersatzweise soll festgestellt werden, dass sich der Zustand des Klägers seit dem Unfall soweit gebessert habe, dass dieser die im Versicherungsdatenauszug angeführten Zeiten im Zeitraum von Juli 2017 bis Februar 2019, davon 15 Versicherungsmonate durchgehend erwerben habe können. Aufgrund von Beilage ./A ergebe sich eine weitere Verbesserung des Zustands des Klägers, sodass dieser im Zeitraum Juli 2020 bis März 2021 weitere 9 Monate durchgehend erwerben habe können. Aufgrund des nunmehr eingeholten Sachverständigengutachtens ergebe sich, dass sich der Zustand des Klägers seit Eintritt in das Erwerbsleben wieder verschlechtert habe, sodass nunmehr Arbeitsunfähigkeit beim Kläger vorliege.

Dazu ist auszuführen:

1. Der Behandlung ist insgesamt voranzustellen, dass die gesetzmäßige Ausführung einer Beweisrüge die bestimmte Angabe erfordert, a) welche konkreten Feststellungen der Rechtsmittelwerber angreift bzw durch welche Tatsachen sich der Rechtsmittelwerber für beschwert erachtet, b) weshalb diese Feststellungen Ergebnis einer unrichtigen Wertung der Beweisergebnisse sind, c) welche Tatsachenfeststellungen der Berufungswerber stattdessen anstrebt und d) auf Grund welcher Beweise und welcher Erwägungen diese anderen Feststellungen zu treffen wären (RS0041835 [insb T5]; Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5§ 471 Rz 15). Insbesondere ist bestimmt anzugeben, aus welchen Erwägungen sich ergibt, dass die Beweise unrichtig gewürdigt wurden (RS0041835 [T1]). Die Ausführungen zur Beweisrüge müssen somit eindeutig erkennen lassen, aufgrund welcher Umwürdigung bestimmter Beweismittel welche vom angefochtenen Urteil abweichenden Feststellungen angestrebt werden (RS0041835 [T2]). Daher muss zwischen der bekämpften Feststellung und der Ersatzfeststellung auch ein inhaltlicher Gegensatz (Widerspruch) bestehen, das heißt, die eine Feststellung muss die andere ausschließen. Die bekämpfte und die dazu alternativ gewünschte Feststellung müssen in einem Austauschverhältnis stehen. Ein solches liegt nur dann vor, wenn sich die bekämpfte und die gewünschte Feststellung in einem solchen Alternativverhältnis darstellen, dass sie ohne inneren Widerspruch nicht nebeneinander bestehen können (RI0100145).

2. Die von der Berufung begehrten Ersatzfeststellungen stehen mit den bekämpften Feststellungen in keinem inneren Widerspruch. Konkrete Feststellungen zum beim Kläger im Juli 2017 bestehenden Leistungskalkül werden nämlich nicht angestrebt. Die Feststellung, (unter anderem) im Juli 2017 aufgrund einer seit dem Unfall im Jahr 2014 eingetretenen Zustandsverbesserung in der Lage gewesen zu sein, Versicherungszeiten zu erwerben, enthält kein Substrat zum Leistungskalkül des Klägers, besteht doch die Möglichkeit, dass die Tätigkeit nur aufgrund eines Entgegenkommens des Dienstgebers und damit nicht unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts möglich war.

3. Im Übrigen konnte das Erstgericht die bekämpften Feststellungen unbedenklich auf die schlüssigen Ausführungen des von ihm beigezogenen neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen stützen. Die dagegen von der Berufung bezogen auf den Juli 2017 vorgetragenen Argumente sind nicht stichhältig:

3.1 Das von der Berufung angesprochene Gutachten Beilage ./A hat die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit ab Mai 2018 zum Gegenstand und geht von einer Zustandsverbesserung nach dem 16.1.2018 aus; zu diesem Zeitpunkt (und davor) war der Kläger aber auch nach dem Gutachten Beilage ./A jedenfalls arbeitsunfähig.

3.2 Dass sich der Zustand des Klägers ab dem Unfallereignis im Juli 2014 bis Juli 2017 gebessert hat, wird zwar von der Berufung zutreffend releviert. Für den Verfahrensausgang maßgeblich ist jedoch bloß das Leistungskalkül im Juli 2017 (und später).

3.3 Das von der Berufung relevierte Gutachten Beilage ./E stammt vom 21.3.2017 und befasst sich nicht mit der Arbeitsfähigkeit des Klägers, sondern mit dem Vorliegen von Dauerinvalidität nach den Versicherungsbedingungen einer privaten Unfallversicherung. Insofern behauptet die Berufung aber ohnedies nur eine Zustandsverbesserung seit dem Unfallereignis vom Juli 2014.

3.4 Soweit die Berufung auf das Gutachten Beilage ./B Bezug nimmt, ist darauf zu verweisen, dass dem Kläger darin bis zur Untersuchung am 16.1.2018 eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit seit dem Unfallereignis attestiert wird, weshalb dieses Gutachten für die Richtigkeit der bekämpften Feststellungen spricht.

3.5 Der von der Berufung angesprochene Erwerb von Versicherungszeiten ist für sich allein kein (ausreichendes) Indiz für die Arbeitsfähigkeit des Klägers, besteht doch die Möglichkeit, dass ein (an sich nicht arbeitsfähiger) Arbeitnehmer Versicherungszeiten aufgrund einer Anstellung erwirbt, die auf einem Entgegenkommen des Arbeitgebers beruht.

4. Ergänzend ist noch auszuführen, dass der beigezogene neurologisch-psychiatrische Sachverständige im Rahmen der mündlichen Gutachtenserörterung nachvollziehbar dargelegt hat (vgl ON 14/S 4), dass ein Patient mit zwei kaputten Frontallappen und zwei kaputten Temporallappen nicht in der Lage sei, auch nur eine einfache Routinetätigkeit am ersten Arbeitsmarkt zu bewältigen und das die Limitierung des Klägers sei. Dabei verweist der Sachverständige in der Folge zudem auf die erhebliche Mitbetreuung durch seine Mutter und sein Scheitern am ersten Arbeitsmarkt. Demnach steht unbedenklich fest, dass der Kläger seit dem Eintritt ins Erwerbsleben im Juli 2017 durchgehend nicht in der Lage war, selbst einfache Routinetätigkeiten am ersten Arbeitsmarkt zu bewältigen.

5. Das Berufungsgericht übernimmt somit sämtliche vom Erstgericht getroffenen Feststellungen als Grundlage der Entscheidung über die Berufung (§ 498 Abs 1 ZPO).

B. Zur Rechtsrüge:

Die Berufung meint zusammengefasst, dass sich der Zustand des Klägers soweit gebessert habe, dass dieser ohne erkennbare Rücksichtnahme des Arbeitgebersdie im Versicherungsdatenauszug angeführten Versicherungszeiten erwerben habe können, und sich sein Zustand dann wieder verschlechter habe. Es liege daher kein Fall originärer Invalidität im Sinn des § 255 Abs 7 ASVG vor. Zudem werden sekundäre Feststellungsmängel zur zunächst fortlaufenden, insgesamt signifikanten Verbesserung der Arbeitsfähigkeit des Klägers geltend gemacht.

Dazu ist auszuführen:

1. Im Verfahren bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Berufsschutzes des Klägers, weshalb eine Invaliditätsprüfung nach § 255 Abs 3 ASVG oder nach § 255 Abs 7 ASVG zu erfolgen hat.

2. Nach § 236 Abs 4 Z 3 ASVG ist die Wartezeit für eine Leistung aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit auch dann erfüllt, wenn der Versicherungsfall vor der Vollendung des 27. Lebensjahres des Versicherten eingetreten ist und bis zu diesem Zeitpunkt mindestens sechs Versicherungsmonate, die nicht auf einer Selbstversicherung gemäß § 16a ASVG beruhen, erworben sind. Dies ist hier erfüllt.

3.1 Der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit im Sinn des § 255 Abs 1 bis 4 ASVG setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass sich der körperliche oder geistige Zustand des Versicherten nach dem Beginn einer Erwerbstätigkeit in einem für die Arbeitsfähigkeit wesentlichen Ausmaß verschlechtert hat (RS0085107, RS0084829). Es ist daher immer auch entscheidungswesentlich, ob der Versicherte ursprünglich arbeitsfähig war und seine Arbeitsfähigkeit durch eine nachträglich eingetretene Verschlechterung beeinträchtigt wurde („herabgesunken“ ist). Ein bereits vor Beginn der Erwerbstätigkeit eingetretener und damit in das Versicherungsverhältnis eingebrachter, im Wesentlichen unveränderter körperlicher oder geistiger Zustand kann nicht zum Eintritt des Versicherungsfalls der geminderten Arbeitsfähigkeit führen (RS0085107 [T1], RS0084829 [T1]).

3.2 Maßgebend für den Zeitpunkt des Eintritts in das Berufsleben (Erwerbsleben) ist die „erstmalige Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung“ (vgl § 255 Abs 7 ASVG; RS0085107 [T13], RS0084829 [T22]).

4.1 Nach § 255 Abs 7 ASVG gilt der (die) Versicherte auch dann als invalid im Sinn der Abs 1 bis 4, wenn er (sie) bereits vor der erstmaligen Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner (ihrer) körperlichen oder geistigen Kräfte außer Stande war, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen, dennoch aber mindestens 120 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat.

4.2 Bei den Beitragsmonaten einer Pflichtversicherung nach ASVG oder einem anderen Bundesgesetz wird es sich häufig um Zeiten handeln, in denen der Versicherte aufgrund eines besonderen Entgegenkommens seines Arbeitgebers oder der Kollegen gearbeitet hat. Das Tatbestandsmerkmal wird als besonderer Wartezeittatbestand angesehen (vgl Födermayrin SV-Komm § 255 ASVG Rz 233 [Stand 1.3.2020, rdb.at]).

5. Der Kläger hat zum Stichtag 1.5.2024 nur 26 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben. Damit hat er (zwangsläufig auch bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz am 15.5.2025) den besonderen Wartezeittatbestand des § 255 Abs 7 ASVG nicht erfüllt. Die Zuerkennung einer Invaliditätspension käme demnach im vorliegenden Fall nur nach § 255 Abs 3 ASVG in Betracht, weil der Kläger die dafür nach § 236 Abs 4 Z 3 ASVG erforderliche Wartezeit aufweist.

6.1 Der Kläger hat im Juli 2017 erstmals eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt und ist daher im Verfahren unstrittigzu diesem Zeitpunkt ins Erwerbsleben eingetreten. Nach den Feststellungen zum Leistungskalkül war dem Kläger im Juli 2017 eine Arbeit weder in Voll- noch in Teilauslastung möglich. Zudem betrug die Krankenstandsprognose mehr als 7 Wochen; damit war der Kläger auch deshalb vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen (RS0113471; vgl auch RS0084855 [T7, T15], RS0084898 [T12, T14] ua). Es kann nämlich nicht damit gerechnet werden, dass krankheitsbedingte Abwesenheiten in einem solchen Ausmaß von den in Betracht kommenden Arbeitgebern akzeptiert werden; ein derart betroffener Versicherter würde in diesem Fall nur bei besonderem Entgegenkommen des Dienstgebers auf Dauer beschäftigt werden (10 ObS 194/21h; 10 ObS 7/17b ua).

6.2 Das Erstgericht hat weiters festgestellt, dass der Kläger fortlaufend ab dem Eintritt ins Erwerbsleben selbst einfache Routinetätigkeiten am ersten Arbeitsmarkt nicht bewältigen kann. Dies führt aber zwangsläufig zum Ausschluss vom allgemeinen Arbeitsmarkt, weil eine Anstellung unter dieser Prämisse eines besonderen Entgegenkommens des Arbeitgebers bedarf.

7.1 Ein sekundärer bzw rechtlicher Feststellungsmangel ist schon dem Grunde nach nicht gegeben, wenn zu einem bestimmten Thema ohnedies Feststellungen getroffen wurden, mögen diese auch nicht den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers entsprechen (vgl RS0053317 [T1], RS0043320 [T16, T18], RS0043480 [T15, T19]).

7.2 Das Erstgericht hat Feststellungen zum Leistungskalkül des Klägers nicht nur bezogen auf den Zeitpunkt seines Eintritts ins Erwerbsleben und den Zeitraum ab dem Stichtag, sondern jedenfalls auch insofern getroffen, als es durchgängig seine Fähigkeit zur Bewältigung einfacher Routinetätigkeit am Arbeitsmarkt verneint hat mit der Folge des fortlaufenden Ausschlusses vom allgemeinen Arbeitsmarkt (vgl 6.2). Damit liegt der vom Erstgericht behauptete rechtliche Feststellungsmangel nicht vor.

C. Zusammenfassung, Kosten und Zulässigkeitsausspruch:

1. Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Mangels tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten des Verfahrens kommt ein Kostenersatzanspruch des Klägers nach Billigkeit nicht in Betracht.

3. Die ordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil der Tatsachenbereich nicht revisibel ist und im Übrigen keine erheblichen Rechtsfragen zu klären waren.