3R152/25k – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das z hat als Berufungsgericht durch den Richter Mag. Tanczos (Vorsitz) und die Richterinnen Dr. in Lichtenegger und Dr. in Steindl-Neumayr in der Rechtssache der klagenden Partei A*, geboren am **, **, vertreten durch Mag. Robert Suppan, Mag. Arthur Berger, Rechtsanwälte in St. Veit an der Glan, gegen die beklagte Partei B*, p.A. Landesstelle **, **, vertreten durch Mag. Werner Thurner, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 22.296,31 s.A . über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 26. Juni 2025, **-39, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 2.482,62 (darin enthalten EUR 413,77 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig .
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE :
Der Lebensgefährte der Klägerin C* war von 12. bis 25. Jänner 2021 stationär in der (von der Beklagten betriebenen) B*-Rehabilitationsklinik D* (in weiterer Folge: Rehaklinik) aufhältig war. Er verstarb am 26. Jänner 2021 an einer Sepsis.
1. Zum allgemeinen Gesundheitszustand von C*
C* erlitt infolge des Sturzes vom 5. November 2020 unter anderem eine Querschnittsymptomatik (Tetraplegie – Querschnittlähmung ab Halswirbel 7) sowie eine Fraktur des 5. Lendenwirbels, eine Fraktur des Kreuzbeins und eine Lungenprellung. Er wurde deswegen im UKH E* stationär behandelt. Noch im Rahmen dieser Behandlung kam es zu einem Wechsel des dort angelegten Tracheostomas (chirurgisch hergestellte Öffnung der Luftröhre) auf eine Sprechkanüle. Am 11. Jänner 2021 war das Tracheostoma bereits fast verschlossen. An diesem Tag fand im UKH E* durch ein HNO-Konsil eine Abschlusskontrolle bezüglich Rekurrensparese und rezidivierender Aspiration statt. Dabei wurde festgehalten, dass C* über eine deutlich kräftigere Stimme ohne brodelnde oder rasselnde Nebengeräusche verfügte. Es zeigten sich deutlich weniger Speichel- und Sekretansammlungen. Die durchgeführte Blauschluckuntersuchung mit blaugefärbtem breiigen Bolus ergab, dass bei C* ein promptes Abschlucken bei guter oraler Boluskontrolle mit lediglich geringen Retentionen rund um den Endolarynx gegeben war sowie dass auf Stimmlippenebene keine Penetration oder Aspiration vorlag. Das UKH E* empfahl daher, die Haupternährung weiter über die Pegsonde vorzunehmen, dies bei Schlucktraining durch die Logopädie in der Rehaklinik, mit vorsichtigem Kostaufbau durch weichbreiige Ernährung im Beisein der Logopädin während des Essens.
Am 12. Jänner 2021 wurde C* in die Rehaklinik zur Erstrehabilitation transferiert. Zu diesem Zeitpunkt zeigten sich bei C* ein reduzierter Allgemeinzustand, ein sehr schlanker Ernährungszustand und kardiorespiratorisch keine Auffälligkeiten. Noch am selben Tag erfolgte die Vorstellung bei der Logopädin.
Am 14. Jänner 2021 wurde ein urologisches Konsil durchgeführt. Der Harnstatus vom 18. Jänner 2021 zeigte leicht erhöhte Leukozyten und einen positiven Nitrit-Wert. Dies wurde mit der Gabe von Acimed therapiert. Acimed ist ein hierfür geeignetes und gängiges Medikament, das zur Behandlung von akuten und chronischen Harnwegsinfekten verwendet wird. Eine Antibiotikatherapie war nicht zwingend erforderlich. [F4] Zu diesem Zeitpunkt war der CRP-Wert leicht erhöht, wobei dies bereits im UKH E* der Fall und aufgrund des allgemeinen Zustands von C* nicht ungewöhnlich war. Der CRP-Wert lässt keinen Rückschluss auf eine konkrete Krankheit zu; der Wert kann sich beispielsweise bereits durch Blutabnahmen erhöhen. Die Behandlung des Harnweginfekts bei C* in der Rehaklinik erfolgte lege artis.
Die am 19. Jänner 2021 durchgeführte internistische Aufnahme zeigte keine Auffälligkeiten. Am 22. Jänner 2021 erfolgte eine neurologische Untersuchung wegen eines ziehend-beißenden und kribbelnden Gefühls in C* Beinen. Es wurde eine Beinvenenkompressionssonographie durchgeführt, die keinen Hinweis auf eine akute, hämodynamisch relevante venöse Thrombose ergab. Zur Thromboseprophylaxe erhielt C* das Medikament Inhixa.
Im Rahmen der Pflegekontrolle am 23. Jänner 2021 wurde konzentrierter Harn und dünnflüssiger Stuhl festgestellt. Der Harn zeigte sich am Folgetag nach einer Steigerung der Wasserzufuhr weniger konzentriert. Bis 24. Jänner 2021 zeigte sich ein sich bessernder Zustandsverlauf von C*. Erst am 25. Jänner 2021 zeigte sich sodann eine massive Verschlechterung des Blutbilds. [F3]
Die Durchführung einer FEES (endoskopischen Evaluation) oder eines Lungenröntgens war im Zeitraum 12. Jänner 2021 bis 25. Jänner 2021 nicht indiziert. Deren Nichtdurchführung steht in keinem kausalen Zusammenhang mit der bei C* eingetretenen Sepsis. Die tägliche Messung von Vitalwerten ist bei einem Rehabilitationsaufenthalt nicht erforderlich.
2. Zur Nahrungsaufnahme während des Aufenthalts in der Rehaklinik
Am 12. Jänner 2021 wurde in der Rehaklinik mit C* ein Schluckversuch durchgeführt. Das Schlucken von breiigen und flüssigen Konsistenzen gelang dabei ohne Schwierigkeiten und ohne klinischen Hinweis auf eine Aspiration. Es wurde eine Kräftigung der am Schlucken beteiligten Muskulatur und ein supraglottisches Schluckmanöver (Nachräuspern und Nachschlucken) vorgegeben, das C* konsequent und selbstständig anwandte. C* wurde ein Schlucktraining vorgegeben, welches von ihm selbst durchzuführen war.
Zwei Tage später, am 14. Jänner 2021, wurde C* Breikost in Anwesenheit einer Pflegeperson bei aufrechter Sitzposition verabreicht. Auch am 15. Jänner 2021 nahm er sein Mittagessen und sein Abendessen jeweils im Beisein einer Pflegeperson problemlos ein. Aufgrund seiner diesbezüglichen Fortschritte wurde das Pflegepersonal von OA Dr. F* angehalten, die bis dahin mitlaufende Sondennahrung nur dann zu verabreichen, wenn C* nicht ausreichend orale Nahrung zu sich nahm.
Auch im Zeitraum 16. Jänner 2021 bis 21. Jänner 2021 konnte C* problemfrei oral Nahrung zu sich nehmen. Am 21. Jänner 2021 erfolgte die Freigabe für Normalkost durch die Logopädin (mit der Einschränkung, keinen Reis, keine krümeligen/bröseligen Konsistenzen, kein Brot mit Körnern etc. zu verabreichen). Der Kostaufbau erfolgte unter Aufsicht und in kontrollierter Form. C* besorgte sich aus Eigenem Süßigkeiten und Snacks und nahm diese zu sich. Das Pflegepersonal untersagte ihm dies.
Das von der Rehaklinik geführte Ernährungsprotokoll Beilage ./J entspricht dem Stand der medizinischen Wissenschaft.
3. Zur eingetretenen Sepsis
Die am 25. Jänner 2021 eingetretene Sepsis wurde durch eine stille Aspiration – durch den Eintritt von Fremdmaterial in die Lunge - verursacht. Als Fremdmaterial kommen Flüssigkeiten, feste Stoffe, Speichelfluss oder aufgestoßene Magensäure, die in die Luftröhre gelangen, in Betracht. Es kann nicht festgestellt werden, welches konkrete Fremdmaterial die stille Aspiration bei C* ausgelöst hat.
Eine stille Aspiration bleibt vom Betroffenen unbemerkt und geht ohne Schutzreflexe wie Husten oder Räuspern einher. Deren Ursprung verläuft - wie auch bei C* – symptomlos, weshalb nicht feststellbar ist, wann diese bei C* eingetreten ist. [F2] Ein Zusammenhang zwischen der Nahrungsaufnahme am 12. Jänner 2021 und der stillen Aspiration ist nicht gegeben. Erstmals am 25. Jänner 2021 konnte bei C* ein rasselndes Atemgeräusch im Rahmen des Rehabilitationsaufenthalts festgestellt werden. Er wurde in den Morgenstunden des 25. Jänner 2021 somnolent aufgefunden, woraufhin sofort der diensthabende ärztliche Nachtdienst verständigt wurde. Nach stabilisierenden Ersthilfemaßnahmen wurde C* mit dem Notarzt an die Notaufnahme der G* in ** transferiert. Das Auftreten einer stillen Aspiration ist nicht vermeidbar.
Im Rahmen des Rehabilitationsaufenhalts wurden Maßnahmen, um dem Auftreten einer stillen Aspiration vorzubeugen, getroffen. So wurde darauf geachtet, dass C* die Nahrung in einer sitzenden, nach vorne gebeugten Haltung (Königsstuhlposition) und unter Aufsicht der Pflege einnimmt. [F1] Schluckstörungen wurden dabei nicht wahrgenommen. Die Rehaklinik hat sämtliche Verordnungen des UKH E* im Zusammenhang mit dem Kostaufbau eingehalten.
Die stille Aspiration führte in Zusammenschau mit dem reduzierten Allgemeinzustand, welcher bereits am 12. Jänner 2021 bestand, zu einer Aspirationspneumonie „bzw“ zur Sepsis.
Die Klägerin begehrt aus dem Titel des Schadenersatzes von der Beklagten zuletzt EUR 22.296,31 s.A., bestehend aus EUR 12.000,-- Trauerschmerzengeld sowie EUR 2.596,31 für (restliche) Begräbniskosten und EUR 7.700,-- an Kosten für den Grabstein. Sie bringt vor, dass es während des Aufenthalts ihres Lebensgefährten C* in der Rehaklinik der Beklagten zu verschiedenen schwerwiegenden, grobe Fahrlässigkeit begründenden Versäumnissen bei der medizinischen Betreuung gekommen sei, wobei es durch die Falsch-/Schlechtbehandlung zum Eintritt von festen Stoffen in die Atemwege gekommen sei und die unterlassene rasche ärztliche Intervention mit einer sich entwickelnden Pneumonie zu einer Sepsis mit Multiorganversagen geführt habe, an der C* am 26. Jänner 2021 verstorben sei.
Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage und wendet ein, dass die Behandlung des C* in der Rehaklinik lege artis erfolgt sei.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab.
Es legte seiner Entscheidung den eingangs wiedergegebenen, auf den Urteilsseiten 4 bis 7 festgestellten Sachverhalt zugrunde, auf den das Berufungsgericht verweist (§ 500a Satz 1 ZPO).
Daraus folgerte das Erstgericht rechtlich, dass es der für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers beweispflichtigen Klägerin nicht gelungen sei, aufzuzeigen, dass den Ärzten oder dem Pflegepersonal in der Rehaklinik der Beklagten ein Fehler bei der Behandlung des C* unterlief. Aus der Negativfeststellung zum Auslöser der stillen Aspiration ergebe sich, dass verschiedene Ursachen dafür maßgebend sein konnten. Weder das Eindringen von Speichelflüssigkeit noch von Magensaft sei kontrollierbar. Eine stille Aspiration könne nicht zur Gänze verhindert werden. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten alle notwendigen vorbeugenden Maßnahmen zur Verhinderung einer stillen Aspiration getroffen. Auch die übrigen Behandlungsschritte und das Vorgehen bei der Ernährung des C* seien lege artis erfolgt. Den Mitarbeitern der Beklagten sei daher kein haftungsbegründendes (Fehl-)Verhalten vorzuwerfen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im klagsstattgebenden Sinn abzuändern, in eventu es aufzuheben und die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen (ON 40).
Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben (ON 42).
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden konnte, ist nicht berechtigt.
I. Zur Mängelrüge:
1. Die Klägerin bemängelt, dass das Erstgericht ihren Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Krankenpflege, den sie zum Beweis dafür gestellt habe, "dass der Verstorbene uneingeschränkt feste Stoffe, insbesondere in Form von untauglicher Nahrung zu sich nehmen konnte", abgewiesen habe. Die Sachverständige Dr. H* habe nicht beurteilen können, ob das, was im Ernährungsprotokoll vermerkt wurde, tatsächlich eingehalten wurde. Sie habe erklärt, dass sie nur von der Dokumentation im Ernährungsprotokoll ausgehen kann. Da die Klärung der Frage, ob die dokumentierten pflegerischen Maßnahmen durchgeführt wurden und den pflegerischen Standards entsprachen, von entscheidender Bedeutung sei, stelle die Unterlassung der Einholung des beantragten weiteren Sachverständigengutachtens (nach Ansicht der Klägerin) einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der geeignet sei, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern.
1.1. Das Erstgericht stützte seine Feststellungen auf das als schlüssig und nachvollziehbar beurteilte Gutachten der Sachverständigen für Innere Medizin Dr. H*. Diese bezog sich (unter anderem) auf die Dokumentation und den Dekurs der Logopädin Beilage ./Q, den Pflegebericht Beilage ./O und das Ernährungsprotokoll Beilage ./J (ON 36.4, AS 3), zu dem sie ausdrücklich festhielt, dass dieses dem Stand der medizinischen Wissenschaft im Bereich des Rehabilitationswesens entspricht (ON 36.4, AS 4).
1.2. Die Gutachtenserstellung aufgrund der im Akt erliegenden (zum größten Teil von der Klägerin vorgelegten) Urkunden (als Befundgrundlage) entsprach dem Gutachtensauftrag (vgl ON 14, AS 2). Auf Beweisanträge zur Befunderweiterung, insbesondere zu (nicht dem Sachverständigenbeweis zugänglichen) Wahrnehmungen zur Durchführung der dokumentierten Maßnahmen, hat sich die Klägerin nicht berufen.
1.3. Die Beurteilung des Beweiswerts eines Sachverständigengutachtens und die Frage, ob zur Kontrolle einer Sachverhaltsfeststellung aufgrund eines Sachverständigenbeweises ein weiteres Gutachten erforderlich ist, gehören zur freien Beweiswürdigung (vgl RIS-Justiz RS0043163, RS0040586, RS0043320). Die Beurteilung, ob ein Sachverständiger über die für die Gutachtenserstattung nötigen Fachkenntnisse verfügt, ist ebenso eine Frage der Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0040586 [T4]). Das Gericht ist nicht verpflichtet, einen weiteren Sachverständigen beizuziehen, wenn es von der Vollständigkeit und Richtigkeit des bereits vorliegenden Sachverständigengutachtens überzeugt ist (vgl RIS-Justiz RS0043235).
1.4. Dass das Erstgericht seine Entscheidung auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. H* stützte und nicht zusätzlich das beantragte Gutachten aus dem Fachgebiet der Krankenpflege einholte, begründet daher keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens.
1.5. Ein primärer Verfahrensmangel im Sinne des § 496 Abs 1 Z 2 ZPO könnte im Übrigen nur dann vorliegen, wenn das Erstgericht infolge Zurückweisung von Beweisanträgen andere als die vom Beweisführer behaupteten Tatsachen festgestellt hätte ( Pimmer in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 496 ZPO Rz 57). In welcher Hinsicht sich bei Unterbleiben des behaupteten Verfahrensfehlers eine abweichende Sachverhaltsgrundlage (andere als vom Erstgericht getroffene Feststellungen) ergeben hätte, zeigt die Klägerin nicht auf (RIS-Justiz RS0043039 [T5]). Insbesondere legt sie nicht dar, welches andere Ergebnis und welche andere Feststellungsgrundlage sich aus dem gewünschten weiteren Sachverständigengutachten ergeben hätte. Die Verfahrensrüge wird demnach nicht gesetzmäßig ausgeführt.
2. Die Berufungswerberin kritisiert als weitere Mangelhaftigkeit des Verfahrens, dass Widersprüche und Unklarheiten im Sachverständigengutachten Dris H* nicht ausreichend erörtert worden seien. Einen Widerspruch erblickt die Klägerin darin, dass nach dem Sachverständigengutachten eine stille Aspiration einerseits nicht vermeidbar sei, andererseits aber Maßnahmen zur Vorbeugung einer stillen Aspiration getroffen worden seien. Zudem habe die Sachverständige sinngemäß ausgeführt, dass eine stille Aspiration durch engmaschige Kontrollen erkannt werden könne, ohne zu erläutern, ob solche im vorliegenden Fall durchgeführt wurden und ausreichend waren.
2.1. Die Sachverständige legte dar, dass laut den vorliegenden Behandlungsunterlagen Maßnahmen zur Vermeidung einer stillen Aspiration getroffen wurden, eine solche aber nicht „100%-ig“ vermieden werden könne (ON 36.4, AS 3). Ein Widerspruch ist darin nicht zu erkennen.
2.2. Auch die monierte Unvollständigkeit liegt nicht vor. Die Sachverständige nahm sowohl zu den von der Beklagten getroffenen, in den Behandlungsunterlagen dokumentierten Maßnahmen zur Vermeidung der stillen Aspiration als auch zur fehlenden früheren Erkennbarkeit der Problematik Stellung (ON 25, AS 7 und 36.4, AS 4).
2.3. Hinzu kommt, dass die Berufungswerberin wiederum keine Ergebnisrelevanz der behaupteten Verfahrensmängel darlegt. Soweit sie (an anderen Stellen im Rechtsmittel) fehlende Feststellungen kritisiert, spricht sie keinen primären Verfahrensmangel, sondern rechtliche Feststellungsmängel im Sinne des § 496 Abs 1 Z 3 ZPO an, die im Zusammenhang mit der Rechtsrüge zu behandeln sind ( Pimmer in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 496 ZPO Rz 55).
3. Die behaupteten primären Verfahrensmängel liegen nicht vor.
II. Zur Tatsachenrüge:
1. Die Geltendmachung des Berufungsgrunds der unrichtigen Beweiswürdigung erfordert die bestimmte Angabe, welche Beweise das Erstgericht unrichtig gewürdigt hat, aus welchen Erwägungen sich dies ergibt und welche Tatsachenfeststellungen bei richtiger Beweiswürdigung zu treffen gewesen wären (RIS-Justiz RS0041835). Die Ausführungen zur Beweisrüge müssen eindeutig erkennen lassen, auf Grund welcher Umwürdigung bestimmter Beweismittel welche vom angefochtenen Urteil abweichenden Feststellungen angestrebt werden (RIS-Justiz RS0041835 [T2]). Diesen Anforderungen werden die Berufungsausführungen überwiegend nicht gerecht.
2.1. Die Klägerin bekämpft die Feststellungen [F1]. Nach dem in der Berufung vertretenen Standpunkt hätte das Erstgericht stattdessen feststellen müssen, dass aus dem Pflegebericht (Beilage./O) und dem Logopädiebericht (Beilage./Q) hervorgehe, „dass C* trotz seiner Vorgeschichte mit Aspirationspneumonie im UKH E* und seiner Rekurrensparese feste Nahrung verabreicht wurde, ohne dass ausreichende Vorsichtsmaßnahmen getroffen wurden.“
2.2. Das Erstgericht stützte seine Feststellungen auf die schlüssigen Ausführungen der medizinischen Sachverständigen (wonach das Essen in sitzender Haltung unter Aufsicht eingenommen und Schlucktraining durchgeführt worden sei, keine Schluckstörungen beobachtet worden seien und vorbeugend alles gemacht worden sei, was das Akutkrankenhaus verordnet habe, ON 36.4, AS 3) in Verbindung mit den unbedenklichen Behandlungsunterlagen. Es liegen weder Beweisergebnisse vor, dass die Behandlungsdokumentation unrichtig wäre, noch wurde deren Inhalt von der Klägerin (die sich selbst auf die Urkunden berief, indem sie diese vorlegte) substantiiert in Zweifel gezogen.
2.3. Mit ihrer Kritik, dass die Sachverständige nur bestätigen habe können, was dokumentiert sei, nicht aber, ob dies tatsächlich geschehen sei, und auch die Frage nach den konkret erfolgten Maßnahmen zur Vorbeugung nur pauschal und nicht ausreichend beantwortet habe, gelingt es der Berufungswerberin nicht, dagegen Bedenken zu wecken. Sie legt auch nicht dar, welche konkreten (weiteren) Maßnahmen geboten gewesen wären und woraus sich dies ergeben soll. Die Beweisrüge ist insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt.
3.1. Außerdem wendet sich die Berufungswerberin gegen die Feststellungen [F2]. Richtigerweise hätte das Erstgericht nach Ansicht der Klägerin feststellen müssen, „dass eine stille Aspiration durch engmaschige Kontrollen erkennbar ist und dass solche engmaschigen Kontrollen im konkreten Fall nicht oder nicht ausreichend durchgeführt wurden.“
3.2. Abgesehen davon, dass wiederum eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der erstgerichtlichen Beweiswürdigung fehlt, strebt die Klägerin damit keine in einem Alternativverhältnis stehenden Ersatzfeststellungen (vgl Pochmarski/Tanczos/Kober , Berufung in der ZPO 5 , 198) an. Die Beweisrüge ist daher auch in diesem Punkt nicht ordnungsgemäß ausgeführt.
4.1. Die Klägerin bekämpft weiters die Feststellungen [F3] und fordert die Ersatzfeststellung, „dass bereits am 23. und 24. Jänner 2021 Anzeichen einer Verschlechterung des Zustands von C* erkennbar waren und dass bei engmaschiger Kontrolle die Symptome einer Aspiration hätten erkannt werden können.“
4.2. Die Berufungswerberin meint, dass laut Pflegebericht Beilage ./O bereits am 23. Jänner 2021 konzentrierter Harn und dünnflüssiger Stuhl festgestellt worden sei und dass dies auf eine Verschlechterung des Zustands hindeute, weshalb sich das Erstgericht mit der angefochtenen Feststellung auch widerspreche. Außerdem habe die Klägerin bei ihrer informativen Befragung von einer Verschlechterung bereits am Vorabend (dh am 24. Jänner 2021) berichtet. Die Sachverständige habe ausgeführt, dass klassische Symptome einer Aspiration bis zum 25. Jänner 2021 nicht dokumentiert seien; sie habe aber nicht erläutert, ob diese bei engmaschiger Kontrolle erkannt werden hätten können.
4.3. Die medizinische Sachverständige legte unbedenklich dar, dass die Behandlung des C* im Zusammenhang mit dem Harnwegsinfekt lege artis war (ON 36.4, AS 7) und sich nach den vorliegenden Behandlungsunterlagen sein Zustand bis 24. Jänner 2021 zunehmend gebessert hat (ON 36.4, AS 4).
4.4. Mit eigenen (laienhaften) Beweiswertüberlegungen, die die Rechtsmittelwerberin dem gegenüberstellt, gelingt es ihr nicht, die auf die schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen gestützten erstgerichtlichen Feststellungen zu erschüttern. Soweit sich die Berufung auf die frühere Erkennbarkeit von Symptomen der Aspiration bezieht, strebt sie keine kongruente Ersatzfeststellung an.
5.1. Bekämpft werden weiters die Feststellungen [F4]. Stattdessen begehrt die Klägerin die Feststellung, dass „angesichts des reduzierten Allgemeinzustandes von C* und seiner Vorgeschichte mit Aspirationspneumonie eine Antibiotikatherapie zur Behandlung des Harnwegsinfekts indiziert gewesen wäre und sohin die Behandlung diesbezüglich fehlerhaft war.“
5.2. Mit ihrer Argumentation, die Sachverständige habe in ihrem Gutachten einen Harnwegsinfekt als einen die Sepsis begünstigenden Umstand beschrieben, sie habe aber nicht erläutert, ob im konkreten Fall angesichts des reduzierten Allgemeinzustands des C* und seiner Vorgeschichte eine Antibiotikatherapie indiziert gewesen wäre, übergeht die Klägerin die auf die gutachterlichen Ausführungen gestützte (unbekämpfte) weitere Feststellung, dass die Behandlung der Harnwegsinfektion lege artis war. Zudem lässt sie gänzlich offen, auf welches Beweisergebnis die begehrte Ersatzfeststellung gestützt wird. Die Beweisrüge ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.
6.1. Schließlich bemängelt die Rechtsmittelwerberin, dass das Erstgericht keine Feststellungen zur Kausalität der „unterlassenen“ Maßnahmen für den Tod von C* getroffen, sondern nur festgestellt habe, dass die stille Aspiration zur Sepsis geführt habe. Richtigerweise hätte das Erstgericht (nach Ansicht der Klägerin) feststellen müssen, dass durch frühzeitiges Erkennen der stillen Aspiration mittels engmaschiger Kontrollen und adäquate Behandlung, insbesondere durch Antibiotikagabe, die Sepsis verhindert hätte werden können.
6.2. Die Beweisrüge ist in diesem Punkt wiederum nicht ordnungsgemäß ausgeführt. Eine konkrete Feststellung wird nicht bekämpft. Der Vorwurf sekundärer Feststellungsmängel ist Gegenstand der Rechtsrüge ( Pochmarski/Tanczos/Kober , Berufung in der ZPO 5 , 213).
7. Das Berufungsgericht übernimmt daher den vom Erstgericht aufgrund einer schlüssigen Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt und legt diesen seiner Entscheidung zugrunde (§ 498 Abs 1 ZPO).
III. Zur Rechtsrüge:
1. Die von der Berufungswerberin gerügten sekundären Feststellungsmängel liegen nicht vor. Werden zu einem bestimmten Thema (positive oder negative) Feststellungen getroffen, so ist es ein Akt der Beweiswürdigung, wenn die vom Rechtsmittelwerber gewünschten (abweichenden) Feststellungen nicht getroffen werden (RIS-Justiz RS0053317 [T3]).
2. Das Erstgericht hat (unbekämpft) festgestellt, dass die Behandlung des Harnwegsinfekts bei C* lege artis erfolgte (US 4). Ebenso enthält das angefochtene Urteil Feststellungen zu den in der Rehaklinik zur Vermeidung einer stillen Aspiration getroffenen (auch dokumentierten) Maßnahmen (US 6). Die in der Berufung angesprochene Beweiserleichterung bei fehlender Dokumentation (RIS-Justiz RS0026236) stellt sich daher nicht. Auch bei ihrer weiteren Argumentation, wonach die C* verabreichte Vollkost feste Bestandteile enthalten habe, die das Risiko des Eindringens in die Atemwege erhöhen könnten, was bei einem Patienten mit der Vorgeschichte von C* nicht mit einer adäquaten Aspirationsprophylaxe vereinbar gewesen sei und das Risiko einer stillen Aspiration erheblich erhöhte habe, lässt die Berufungswerberin die getroffenen (davon abweichenden) Feststellungen außer Acht, dass das seitens der Rehaklinik geführte Ernährungsprotokoll dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht, nicht festgestellt werden kann, welches konkrete Fremdmaterial die stille Aspiration bei C* ausgelöst hat, dafür auch Speichelfluss oder aufgestoßene Magensäure in Frage kommen und seitens der Rehaklinik sämtliche Verordnungen des UKH E* im Zusammenhang mit dem Kostaufbau eingehalten wurden (US 6).
3. Mit ihrer Kritik, dass die Mitarbeiter der Beklagten nicht alle notwendigen vorbeugenden Maßnahmen getroffen hätten und insbesondere engmaschige Kontrollen zur Erkennung einer stillen Aspiration und die Einleitung einer Antibiotikatherapie zur Behandlung des Harnwegsinfekts unterlassen hätten, übergeht die Rechtsmittelwerberin wiederum prozessordnungswidrig den festgestellten Sachverhalt (RIS-Justiz RS0041585). Demnach erfolgte die Behandlung des Harnwegsinfekts lege artis und es wurden Vorbeugungsmaßnahmen bezüglich des Risikos einer stillen Aspiration getroffen, deren Ursprung und Eintrittszeitpunkt im vorliegenden Fall nicht feststellbar war und die letztlich nicht vermeidbar ist (vgl US 5 und 6).
4. Aufgrund des ärztlichen Behandlungsvertrags schuldet der Arzt dem Patienten eine fachgerechte, dem objektiven Standard des besonderen Fachs entsprechende Behandlung, nicht aber einen bestimmten Erfolg (RIS-Justiz RS0021335). Die vorliegenden (auch vorbestehenden) gesundheitlichen Defizite belegen keineswegs eine Standardunterschreitung bei der Behandlung. Die in der Berufung angesprochenen weiteren Maßnahmen (FEES, Lungenröntgen, Messung der Vitalwerte) waren medizinisch nicht geboten. Mit der Argumentation, wonach das Erstgericht die Beweislastregeln im Arzthaftungsrecht (wonach der Patient einen ärztlichen Behandlungsfehler nachzuweisen habe, an den Kausalitätsbeweis aber geringere Anforderungen zu stellen seien und der Anscheinsbeweis ausreiche) unrichtig angewendet habe und die Beklagte für den Tod des C* hafte, weil nicht sämtliche gerechtfertigten, das Risiko einer stillen Aspiration minimierenden Maßnahmen ergriffen worden seien, entfernt sich die Berufung vom festgestellten Sachverhalt und zielt auf eine Erfolgshaftung der behandelnden Einrichtung ab. Ein Behandlungsfehler der Beklagten wurde demgegenüber nicht nachgewiesen. Dies geht zulasten der dafür beweispflichtigen Klägerin (RIS-Justiz RS0026412). Eine Haftung der Beklagten wurde zutreffend verneint.
Die Berufung bleibt daher erfolglos.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Die unterlegene Klägerin hat der Beklagten die tarifmäßig richtig verzeichneten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beantworten war. Die Entscheidung war von Tatfragen und den Umständen des Einzelfalls abhängig.