Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely-Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Vollmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ing. A*, und 2. Mag. G*, vertreten durch Dr. Georg Bauer und Mag. Edwin Kerschbaummayr, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei M* GmbH, *, vertreten durch die BEURLE Rechtsanwälte GmbH Co KG in Linz, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 5. August 2025, GZ 6 R 72/25k 16, den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1]Den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildet der – von den Vorinstanzen verneinte – Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG.
[2] Die außerordentliche Revision der Klägerzeigt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.
[3]1. Es entspricht gesicherter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG nicht durchgesetzt werden kann, wenn der Vermieter entweder auf die Geltendmachung dieses Kündigungsgrundes überhaupt verzichtet oder der Untervermietung – wenn auch nur konkludent (vgl 10 Ob 31/03m ) – bedingungslos zugestimmt hat, liegt doch auch in einer solchen Zustimmung ein Verzicht auf den Kündigungsgrund ( 1 Ob 639/94 mwN; 6 Ob 96/16k ; vglRS0068729 [T2]) . Ist die Zustimmung auf eine konkrete Untervermietung eingeschränkt, kommt es darauf an, wie weit die Erlaubnis reicht ( 1 Ob 639/94 ; 1 Ob 27/15z ErwGr 2.1.; 6 Ob 45/21t Rz 3; RS0070635 ).
[4] 2. Ob der Vermieter nach den konkreten Umständen durch konkludente Erlaubnis der Untervermietung der Erweiterung der im Mietvertrag vereinbarten Rechte des Mieters zugestimmt hat sowie die Reichweite einer allfälligen Zustimmungserklärung sind jeweils durch Auslegung zu klärende Fragen des Einzelfalls ( RS0070635 [T1, T2]). Sie werfen daher in der Regel keine erheblichen Rechtsfragen auf ( 2 Ob 106/06m ; RS0109021[T5, T6]; RS0044298 [T33]; RS0042555 [T18, T28]; RS0042776 [T11]).
[5]3. Es trifft zu, dass bei Nichtgeltendmachung von Dauertatbeständen für die Annahme einer stillschweigenden rechtsgeschäftlichen Erklärung des Vermieters unter dem Gesichtspunkt des § 863 ABGB ein besonders strenger Maßstab anzulegen ist (vgl 1 Ob 254/00k ; 4 Ob 22/05x ; RS0014423 [T14]). Im Zweifel ist im Fall der Duldung eines bestimmten andauernden vertragswidrigen Verhaltens des Mieters durch den Vermieter weder ein konkludenter Kündigungsverzicht (RS0014420; RS0014423 [T14]; RS0102001 ) noch eine stillschweigende Zustimmung zur entsprechenden Erweiterung der Bestandrechte (vgl RS0011878 [insb T4]) anzunehmen.
[6] Ein schlüssiger Verzicht darf nur angenommen werden, wenn der Vermieter die Kündigung trotz Kenntnis des rechtsbegründenden Sachverhalts ohne die Säumnis erklärende Gründe während längerer Zeit unterließ ( 1 Ob 565/95 mwN;1 Ob 68/03m ErwGr 2. ; 6 Ob 190/15g ErwGr 1.; vgl etwa 1 Ob 677/87[unterbliebene Geltendmachung des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG trotz Kenntnis der Weitergabe seit 13 Jahren]). Auch eine (konkludente) Erweiterung der im Mietvertrag vereinbarten Rechte des Mieters setzt eine langjährige Überlassung ohne Vorbehalt oder eine ebensolche Duldung des (bekannten) Gebrauchs ohne zusätzliches Entgelt voraus ( 4 Ob 2313/96t mwN = RS0011878 [T9]; 1 Ob 120/98y ).
[7] 4. Das Berufungsgericht ist von diesen Leitlinien ausgegangen. Seine Rechtsansicht, schon die Voreigentümerin der Kläger habe einer Erweiterung des Rechts der beklagten (Tochter-)Gesellschaft zur Untervermietung der von dieser angemieteten Wohnungen (nicht nur – wie ursprünglich von den Rechtsvorgängern der Streitparteien bei Begründung der Mietverhältnisse im Jahr 1972 vereinbart – an die eigenen Dienstnehmer der Mieterin, sondern auch an Dienstnehmer des später geschaffenen Konzerns) nachträglich konkludent zugestimmt, hält sich im Rahmen der dargelegten Rechtsprechung und des Beurteilungsspielraums.
[8] 4.1. Die stillschweigende Zustimmung zur entsprechenden Erweiterung des Rechts auf Untervermietung folgerte das Berufungsgericht aus dem Umstand, dass der Geschäftsführer der Voreigentümerin bereits seit dem Kauf der Wohnungen im Jahr 2013 davon wusste, dass diese von Dienstnehmern des Konzerns bewohnt wurden, jedoch bis zum Weiterverkauf an die Kläger im Jahr 2021 nicht gegen diesen ihm bekannten Umstand vorging, sondern die Beklagte gewähren ließ. In diesem Zusammenhang zog das Berufungsgericht weiters ins Kalkül, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Wohnungen von Anfang an zu dem (der ursprünglichen Vermieterin offengelegten) Zweck der Weitervermietung an ihre Dienstnehmer angemietet hatte, wobei im Jahr 2001 eine Konzernstruktur geschaffen wurde, dazu drei Teilbetriebe von der Rechtsvorgängerin abgespalten wurden und die verbleibende Gesellschaft in der Folge in die nunmehrige Beklagte umgewandelt wurde, die seither im Rahmen des Gebäudemanagements für den gesamten Konzern Dienstwohnungen an Dienstnehmer des Konzerns (unter-)vermietet.
[9] 4.2. Wenn das Berufungsgericht angesichts dieser Umstände die Annahme einer konkludenten nachträglichen Mietvertragsanpassung als gerechtfertigt ansah, wonach die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Mieterin zur Untervermietung auch an Dienstnehmer jener konzernmäßig verflochtenen Gesellschaften berechtigt sein sollte, die gerade aus den zuvor angesprochenen Spaltungsvorgängen hervorgegangen sind, so ist diese rechtliche Beurteilung jedenfalls vertretbar.
[10] 4.3. Die Ausführungen in der Revision zeigen keine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung auf:
[11] Soweit die Kläger kritisieren, aus dem Sachverhalt sei gar nicht ableitbar, wie lange der Voreigentümerin bekannt war, dass in den von ihr erworbenen Wohnungen Konzernmitarbeiter wohnten, lassen sie die Feststellung unberücksichtigt, wonach der Geschäftsführer der Voreigentümerin bereits beim Kauf der Wohnungen am 15. 7. 2013 (Arg: „damals“) Kenntnis von diesem Umstand hatte.
[12] Ihr weiteres Argument, die vom Berufungsgericht angenommene konkludente Zustimmung zur Vertragsänderung scheitere schon an dem im Mietvertrag ausdrücklich vereinbarten Schriftformgebot, übergeht, dass Vertragsparteien – wie hier – von seinem solchen Formvorbehalt nach ständiger Rechtsprechung einverständlich (auch konkludent) abgehen können (vgl RS0038673 ; RS0011878 [T7]).
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