JudikaturOGH

1Ob118/25x – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. September 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Vollmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich (gemäß § 6 Abs 2 COFAG NoAG: Bund), *, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, gegen die beklagte Partei C* GmbH Co KG (früher: C* GmbH), *, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reyman, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 172.480,02 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 3. Juni 2025, GZ 1 R 78/25k 29, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 31. März 2025, GZ 15 Cg 167/23k 23, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird von C* GmbH auf C* GmbH Co KG umgestellt.

II. Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen deren mit 3.006,96 EUR (darin 501,15 EUR USt) bestimmte Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Zu I.:

[1] Aus dem Firmenbuch ergibt sich, dass die ursprünglich beklagteC* GmbH, *, aufgrund eines am 4. 9. 2025 eingetragenen Generalversammlungsbeschlusses vom 26. 8. 2025 gemäß § 5 UmwG unter gleichzeitiger Errichtung der Personengesellschaft C* GmbH Co KG, *, auf letztere umgewandelt wurde.

[2]Bei der errichtenden Umwandlung nach § 5 UmwG geht gemäß § 5 Abs 5 iVm § 2 Abs 2 Z 1 UmwG mit der Eintragung der Umwandlung das Vermögen der übertragenden Gesellschaft im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf die errichtete Personengesellschaft über (RS0075703 [T2]). Die übertragende Gesellschaft erlischt (6 ObA 2/23x Rz 2 mwN).

[3]Fälle der Gesamtrechtsnachfolge führen zur Berichtigung der Parteienbezeichnung nach § 235 Abs 5 ZPO (vgl RS0039306; RS0039530; 6 ObA 2/23x Pkt I. zur Umwandlung nach § 5 UmwG). Die Richtigstellung hat in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu erfolgen (RS0039530 [T9]), daher auch im Revisionsverfahren.

Zu II.:

[4] Die Beklagte betreibt in S* ein von ihr in Bestand genommenes Hotel samt Restaurant und Lobby, das im ersten Halbjahr 2020 von behördlichen Einschränkungen aufgrund der C OVID 19 Pandemie betroffen war. Das Hotel liegt außerhalb des Stadtzentrums nahe der Messe und einer Autobahn. Es beherbergt überwiegend Geschäftskunden. Dass es sich um ein Pachtverhältnis handelt, ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.

[5] Am 21. 8. 2020 stellte die Beklagte bei der C OVID 19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH („COFAG“), der Rechtsvorgängerin der Klägerin, für den Betrachtungszeitraum 16. 3. 2020 bis 15. 6. 2020 d en Antrag auf Gewährung eines Fixkostenzuschusses („FKZ I“) gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs 3 des ABBAG Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID 19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (BGBl I 2020/225; „FKZ RL“). D ie von der Beklagten im Betrachtungszeitraum zu zahlenden Pachtzinse hätten an sich insgesamt 585.653,86 EUR betragen. Sie einigte sich jedoch mit ihrer Verpächter in auf eine Reduktion im Ausmaß von rund 25 %, hatte daher tatsächlich nur 434.234,34 EUR zu zahlen und legte diesen Betrag ihrem Antrag an die COFAG zugrunde. Diese zahlte i n zwei Tranchen 365.597,94 EUR an die Beklagte als FKZ I aus.

[6] Mit Klage vom 29. 12. 2023 forderte die COFAG (nun die Klägerin) 172.480,02 EUR sA gestützt auf § 3b Abs 5 bis 7 ABBAG Gesetz iVm Punkt 8.4 und 4.1.3 der Förderrichtlinien zum FKZ I (FKZ RL) zurück. Die Beklagte hätte Bestandzinsen nur insoweit als Fixkosten geltend machen dürfen, als das Objekt tatsächlich zum vertraglich bedungenen Zweck nutzbar gewesen sei. Die von der Beklagten mit ihrer Bestandgeberin getroffene Vereinbarung sei nicht fremdüblich, sodass das Ausmaß der tatsächlichen Brauchbarkeit nach dem Umsatzausfall zu bestimmen sei .

[7] Das Erstgericht wies die Klage ab. Eine Rückforderung des FKZ I komme nur in Betracht, wenn der Förderungswerber die rechtliche Möglichkeit gehabt hätte, aufgrund der Unbrauchbarkeit eine teilweise Reduktion der Bestandzinszahlung zu erreichen. Dies se i bei Pachtverhältnissen, bei denen die Pacht dauer ein Jahr übersteige, nur bei gänzlicher Unbrauchbarkeit der Fall, die hier nicht vorgelegen sei.

[8] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es verwies auf die Bestimmungen des § 3 Abs 4 bis 6 COFAG NoAG, die mit jenen des ABBAG Gesetzes inhaltlich übereinstimmen. Aus § 3 Abs 7 COFAG NoAG sei abzuleiten , dass zwar ein Anspruch auf Bestandzinsminderung sowohl bei Miete als auch Pacht jedenfalls eine tatsächliche Unbrauchbarkeit im Sinn des § 3 Abs 6 COFAG NoAG bewirke , die zu einer Rückforderung berechtige. Unter Berücksichtigung d es Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs G 69/2024, V 42/2024, sei aber davon auszugehen , dass es auch Konstellationen gebe, in denen kein Anspruch auf Bestandzinsminderung bestehe, dennoch aber eine tatsächliche Unbrauchbarkeit nach § 3 Abs 6 COFAG NoAG vorliege, sodass eine Rückforderung berechtigt sei. Hier liege aber eine sachgerechte und fremdübliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und ihrer Verpächterin im Sinn des Punktes 4.1.3 der FKZ RL vor , sodass eine Beurteilung der tatsächlichen Brauchbarkeit nach dem Umsatzausfall nicht in Betracht komme.

[9] Die Revision ließ das Berufungsgericht mit der Begründung zu, bislang fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Rückforderung von ausgezahlten Zuschüssen gemäß § 3 Abs 4 bis 6 COFAG NoAG, deren Höhe von getätigten Bestandzinszahlungen während der Zeiträume eines behördlichen Betretungsverbots abhinge.

[10] Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin , in der sie primär den Antrag auf Abänderung dahin stellt, ihrer Berufung gegen das Ersturteil Folge zu geben und „die Klage kostenpflichtig abzuweisen“ (gemeint: ihr stattzugeben). Hilfsweise stellt die Klägerin einen Aufhebungsantrag.

[11] Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[12]Die Revision ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruchs des Berufungsgerichts – nicht zulässigund kann keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigen. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

[13]1. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (RS0112769 [T9, T13]). Eine bei Einbringung des Rechtsmittels allenfalls tatsächlich aufgeworfene Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO verliert daher ihre Erheblichkeit, wenn sie durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zwischenzeitlich geklärt wurde (RS0112769 [T12]; RS0112921 [T5]). Dies ist hier der Fall:

[14] 1.1. In den Entscheidungen des Fachsenats 1 Ob 14/25b (Rz 49, Rz 52 ff)und 1 Ob 91/25a stellte dieser zu § 3b Abs 5 bis 7 ABBAG Gesetz und auch zu § 3 Abs 4 bis 6 COFAG NoAG mit jeweils ausführlicher Begründung bereits klar, dass – unabhängig vom Vorliegen von Miete oder Pacht – für die Frage der Rückforderbarkeit des „FKZ I“ nach diesen Bestimmungen (nur) auf die tatsächliche Nutzbarkeit des Bestandobjekts abzustellen ist und eine Rückforderung bis zur betraglichen Grenze von 12.500 EUR nur insoweit zu erfolgen hat, als der Förderungsempfänger die Bestandzinsen nachträglich vom Bestandgeber oder von dritter Seite tatsächlich zurückbekommt. Diese – so auch vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte – Rechtsauffassung ist daher durch höchstgerichtliche Rechtsprechung bereits geklärt.

[15] 1.2. Soweit die Revisionswerberin in ihrem Rechtsmittel über weite Strecken damit argumentiert , „entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei für die Frage der Rückforderbarkeit von Fixkostenzuschüssen nach § 3b Abs 5 ABBAG Gesetz bzw § 3 Abs 4 bis 6 COFAG NoAG nicht zwischen Miet und Pachtzinsen zu unterscheiden“, geht sie daher nicht von der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts aus, das die Rückforderbarkeit des FKZ I – im Gegensatz zum Erstgericht – explizit nicht davon abhängig machte, ob tatsächlich ein Anspruch auf Pachtzinsreduktion nach § 1105 ABGB bestanden hätte.

[16] 2. Das Berufungsgericht stützte seine rechtliche Beurteilung primär darauf, dass die Beklagte mit ihrer Verpächterin eine Vereinbarung über die Minderung des Bestandzinses um 25 % für den Betrachtungszeitraum abgeschlossen habe, die fremdüblich im Sinn der Punkte 8.4 iVm 4.1.3 der FKZ RL sei. E ine Beurteilung der tatsächlichen Brauchbarkeit nach dem Umsatzausfall komme daher nicht in Betracht.

[17] 2.1. Gegen diese rechtliche Beurteilung wendet sich die Revisionswerberin nur mit der pauschalen Behauptung , die vereinbarte Minderung sei zu gering und dementsprechend nicht sachgerecht und fremdüblich. Aus welchen Gründen dies anzunehmen wäre , ist der Revision aber nicht zu entnehmen, die eine substanziierte Auseinandersetzung mit der diesbezüglich ausführlichen rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts vermissen lässt.

[18] 2.2. Diese Hauptbegründung der zweiten Instanz müsste gesetz mäßig bekämpft werden (vgl 9 ObA 129/19i ; 6 Ob 88/22t Rz 9 ) . Da für müsste sich d ie Rechtsmittelwerberin mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen und zumindest ansatzweise darlegen, aus welchen Gründen die Beurteilung durch die Vorinstanz unrichtig erscheint (vgl RS0043603 ) . Der bloße Hinweis darauf, die erzielte Pachtzinsminderung um 25 % sei zu gering, weil es ex ante ausgeschlossen sei, dass ein Hotel – selbst mit Fokus auf Geschäftskunden – eine Auslastung von 75 % während eines Lockdowns aufweisen könne, w ird dem aber ebenso wenig gerecht (vgl RS0043654 [T14, T15]) wie die ohne nähere Begründung in den Raum gestellte Behauptung der Revisionswerberin, der Gesetzgeber habe in § 3 Abs 4 bis 7 COFAG NoAG zu erkennen gegeben, dass die tatsächliche Nutzbarkeit (gemeint offenbar: auch im Fall einer Vereinbarung mit dem Bestandgeber) jedenfalls anhand des dem Bestandobjekt zuzurechnenden Umsatzausfalls berechnet werden müsst e. Hier ging das Berufungsgericht von einem ausreichenden Nachweis der Einschränkung der Brauchbarkeit durch den Abschluss einer fremdüblichen Vereinbarung aus; warum Umsatzzahlen – trotz Nachweises einer sachgerechten und der tatsächlichen Nutzbarkeit entsprechenden Vereinbarung (vgl § 3 Abs 6 und 7 COFAG NoAG; Pkt 4.1.3 FKZ-RL) – auch in einem solchen Fall von Bedeutung sein sollten, erschließt sich nicht.

[19] 3. Letztlich hängt die Beurteilung der „Fremdüblichkeit“ (§ 3 Abs 7 COFAG NoAG: „sachgerechte“ Vereinbarung; Pkt 4.1.3 FKZ-RL: „Grundsätzen des Fremdvergleichs“ entsprechende Vereinbarung) überdies typischerweise von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab ( siehe RS0105540 [T17] – Verbot der Einlagenrückgewähr und des dort zu prüfenden Fremdvergleichs). Dabei kann es immer nur um die – naturgemäß einzelfallabhängige – Beurteilung einer konkreten Vereinbarung im Hinblick auf bestimmte Einschränkungen der Brauchbarkeit in einem konkreten Beurteilungszeitrau m gehen. Eine Fehlbeurteilung der Fremdüblichkeit einer solchen Vereinbarung könnte der Oberste Gerichtshof zwar aufgreifen (vgl 17 O b 12/24z Rz 18 mwN). Eine solche zeigt die Revision aber nicht auf.

[20] 4. Damit istdie Revision zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).

[21] 5 . Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.