JudikaturOGH

4Ob117/25x – OGH Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
29. September 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Istjan, LL.M., Mag. Waldstätten, Mag. Böhm und Dr. Gusenleitner-Helm in der Rechtssache der klagenden Partei * GmbH, *, vertreten durch Mag. Roland Schlegel, Rechtsanwalt in Wien, und der auf Seiten der klagenden Partei beigetretenen Nebenintervenientin * GmbH Co KG, *, vertreten durch die Pochmarski Kober Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei * Gesellschaft m.b.H., *, vertreten durch die Neubauer Fähnrich Rechtsanwälte GmbH Co KG in Graz, wegen (zuletzt) 94.545,60 EUR sA und Feststellung (Streitwert: 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 92.900 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 28. Mai 2025, GZ 4 R 200/24z 85, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1 Der Frage, ob eine Klage schlüssig ist, kommt – vom hier nicht vorliegenden Fall auffallender Fehlbeurteilung abgesehen – keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu ( RS0116144). Ein geltend gemachter Pauschalbetrag ist bei objektiver Klagenhäufung entsprechend aufzugliedern, um dem Bestimmtheitserfordernis des § 226 ZPO gerecht zu werden ( RS0031014 [T19, T23]). Für die Frage, ob eine Klage im Hinblick auf eine (detailliertere) Aufgliederung in Einzelforderungen schlüssig ist, wird in der Rechtsprechung auf die Zumutbarkeit einer solchen Aufgliederung abgestellt ( RS0037907 [T13]). Setzt sich ein Anspruch aus zahlreichen Einzelforderungen zusammen, kann für die Schlüssigkeit gegebenenfalls ein Verweis auf dazu vorgelegte Urkunden ausreichen; die einzelnen Positionen und die ihnen zugeordneten Beträge müssen dann (wie etwa bei ausreichend aufgeschlüsselten Honorarnoten) nicht auch in der Klageerzählung ziffernmäßig angeführt werden (vgl RS0037907 [T14]; RS0037420 [T4]; RS0036973[T16]). Ob ein bestimmtes Vorbringen als solcher Verweis zu verstehen ist (vgl RS0042828 [T3, T13, T24, T27]) hängt dabei ebenso von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab wie die Frage, ob ein Kläger hinsichtlich der näheren Aufgliederung der von ihm geltend gemachten Ansprüche auf Urkunden oder sonstige Unterlagen verweisen kann (RS0037907 [T16]; 1 Ob 153/19k [Pkt 2.]).

[2] 1.2 Mit ihrem Schriftsatz vom 19. Mai 2023 dehnte die Klägerin ihr Klagebegehren auf 94.545,60 EUR aus. Sie brachte dazu vor, dem zwischenzeitig eingeholten Gutachten aus dem Fachgebiet Hochbau und Architektur sei zu entnehmen, dass sämtliche von ihr bereits bisher geltend gemachten Mängel an dem von der Beklagten in ihrem Auftrag ausgeführten Gewerk vorlägen und dass sich die Kosten für die Behebung dieser Mängel auf insgesamt 94.545,60 EUR beliefen. Das Berufungsgericht wertete dieses Vorbringen dahin, dass die Klägerin nunmehr die Gutachtensergebnisse zum Bestandteil ihres Vorbringens machte und somit – in Abkehr von der bislang im Verfahren vorgenommenen Zuordnung – zur (ziffernmäßigen) Aufschlüsselung der Schadenspositionen auf die Darstellung der einzelnen Mängel und der damit verbundenen Behebungskosten im Sachverständigengutachten verweise. Das Klagebegehren sei daher schlüssig.

[3] 1.3 Eine damit einhergehende grobe Fehlbeurteilung zeigt die Revision nicht auf. Warum durch den Verweis auf das – die jeweiligen Mängel und die zu ihrer Behebung aufzuwendenden Kosten detailliert darstellende – Gutachten eine Identifizierung der von der Klägerin angestrebten Aufschlüsselung nicht einwandfrei möglich sein sollte (vgl RS0037420 [T6]), ist nicht ersichtlich. Die Revision legt auch nicht schlüssig dar, warum es das Gebot nach einer Präzisierung des Klagsvorbringens vor diesem Hintergrund erfordere, dass die Klägerin die einzelnen Mängel und die ihnen zugeordneten Behebungskosten zusätzlich auch noch in der Klageerzählung (ziffernmäßig) anführt. Ein „dynamischer“ Verweis (auch) auf sich im späteren Verfahren allenfalls noch ändernde Gutachtensergebnisse lässt sich dem Klagsvorbringen weder in der Klagsausdehnung noch im weiteren Verfahren entnehmen.

[4] 1.4 Ausgehend von der Aufschlüsselung der Schadenspositionen im Gutachten geht auch die Argumentation ins Leere, die getroffenen Feststellungen zu den Mängeln und zum Deckungskapital für die Mängelbehebung hielten sich nicht im Rahmen des geltend gemachten Klagegrundes ( RS0040318 ).

[5] 2. Die gleichzeitige Geltendmachung von Preisminderung und Schadenersatz ist grundsätzlich (abgesehen vom hier nicht vorliegenden Fall eines nur teilweise behebbaren Mangels; RS0045788 [T2]) ausgeschlossen, weil durch die Reduktion des Entgelts auch die mangelhafte Erfüllung „saniert“ wird. Der Schuldner des Werklohns muss eben wegen der Mangelhaftigkeit nur ein geringeres Entgelt leisten ( RS0045788 [T1]).

[6] Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das das Klagsvorbringen – vertretbar – dahin auslegte, die Klägerin begehre nach der Verbesserung ihrer Klage und der nachfolgenden Klagsausdehnung nicht mehr die Kosten für die Mängelbehebung und zusätzlich die Minderung des Werklohns, und eine Unschlüssigkeit der Klage auch aus diesem Grund verneinte, steht mit dieser Rechtsprechung nicht im Widerspruch. Dafür, dass das Berufungsgericht weiteres gegenteiliges Klagsvorbringen unbeachtet gelassen hätte, liegen keine Anhaltspunkte vor. Vielmehr geht die Argumentation der Beklagten, die Klägerin habe mit ihrem Vorbringen im weiteren Verfahren gleichzeitig Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche nebeneinander eingeklagt, in keiner Weise auf die Ausführungen des Berufungsgerichts ein, wonach die Klägerin ihren Anspruch neben dem primär herangezogenen Titel des Schadenersatzes bloß – zulässigerweise – auch auf die Anspruchsgrundlage der Gewährleistung gestützt habe.

[7]3. In den weiteren von der Revision aufgegriffenen Punkten setzt sich die Beklagte – wenn überhaupt – nur punktuell inhaltlich mit den tragenden Argumenten der Berufungsentscheidung auseinander und zeigt auch damit im Ergebnis keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf, sodass darauf nicht näher einzugehen war (vgl RS0043480 [T20], RS0043605 , RS0043654 [T6]).