JudikaturOGH

3Ob104/25b – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Juli 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Brenn als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und die Hofräte Dr. Stefula und Mag. Schober in der Rechtssache der klagenden Partei B *, vertreten durch Dr. Marco Nademleinsky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch Mag. Paul Nagler, wegen 1. Ehescheidung (AZ 80 C 2/23x des Bezirksgerichts Donaustadt) sowie 2. Rechnungslegung und Unterhalt (AZ 80 C 3/23v des Bezirksgerichts Donaustadt), aus Anlass der außerorden tlichen Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 17. April 2025, GZ 43 R 738/24h 81, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Berufungsgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

[1] Mit ihren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen begehrte die Klägerin , die Ehe aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten zu scheiden (80 C 2/23x) und den Beklagten zur Rechnungslegung sowie zur Leistung des sich daraus ergebenden Unterhalts gemäß § 94 ABGB zu verpflichten (80 C 3/23v).

[2] Das Erstgericht verwarf die vom Beklagten erhobenen Prozesseinreden, stellte fest, dass die beim islamischen Gericht in Banjul, Gambia, eingetragene Ehescheidung der Parteien für Österreich nicht anerkannt werde und schied die Ehe aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten (80 C 2/23x). Zudem verpflichtete es den Beklagte n mit Teilurteil, der Klägerin binnen drei Monaten Rechnung über sein seit dem Jahr 2009 erzieltes Einkommen, sein Vermögen und die daraus erzielten Erträgnisse zu legen (80 C 3/23v).

[3] Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und erklärte die ordentliche Revision jeweils für nicht zulässig. Ein Bewertungsausspruch unterblieb.

[4] Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Beklagten legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vor.

Rechtliche Beurteilung

[5] Die Aktenvorlage entspricht hinsichtlich des Teilurteils über das Rechnungslegungsbegehren nicht der Rechtslage.

[6] 1. Nach ständiger Rechtsprechung verlieren Verfahren durch ihre Verbindung nicht ihre Selbständigkeit (vgl RS0037271 [T5, T13]). Die Verbindung der Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat daher auch auf die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen das gemeinsame Urteil keinen Einfluss. Die Zulässigkeit der Revision ist – unabhängig davon, ob die Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen ( RS0037252 [T11]) – für jedes einzelne Verfahren gesondert zu prüfen ( RS0037252 ; RS0036717 ; RS0037173 ).

[7]2. Hat das Berufungsgericht ausgesprochen, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig ist, so kann eine Revision – abgesehen von den hier nicht vorliegenden Fällen des § 502 Abs 5 ZPO – nur dann erhoben werden, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteigt (außerordentliche Revision). Übersteigt der Wert des Entscheidungsgegenstands in zweiter Instanz zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR und hat das Berufungsgericht ausgesprochen, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig ist, so kann eine Partei gemäß § 508 Abs 1 ZPO (nur) einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde (vgl RS0109623 [T1]).

[8] 3. Bei der im Unterhaltsverfahren (80 C 3/23v) erhobenen Stufenklage handelt es sich um die Möglichkeit, eine Klage auf Leistung mit einer Manifestationsklage zu verbinden, wobei die bestimmte Angabe der begehrten Leistung vorbehalten werden kann, bis die Rechnungslegung erfolgt ist. Das Gericht hat das Manifestationsverfahren vom Verfahren über den Leistungsanspruch getrennt zu führen und zuerst ausschließlich über die Rechnungslegung zu verhandeln und im Fall der Stattgebung darüber mit Teilurteil zu entscheiden (vgl 3 Ob 210/23p Rz 10). Da es sich dabei um einen Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur handelt, der nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht (vgl 7 Ob 134/24t Rz 7; 3 Ob 7/20f ), hat das Berufungsgericht eine Bewertung gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO vorzunehmen.

[9] 4. Der unterlassene Bewertungsausspruch zum Rechnungslegungsbegehren ist somit vom Berufungsgericht nachzutragen ( RS0041371 ; RS0007073 ). Dahier kein Fall des § 502 Abs 4 ZPO vorliegt (vgl 7 Ob 132/24y Rz 6 und 8), ergeben sich dabei folgende Varianten:

[10]4.1. Sollte das Berufungsgericht eine 5.000 EUR nicht übersteigende Bewertung vornehmen, so wäre die Revision (insoweit) gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

[11]4.2. Kommt das Berufungsgericht hingegen zum Ergebnis, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt, so wäre die Entscheidung nur im Weg eines Antrags nach § 508 Abs 1 ZPO anfechtbar. In diesem Fall wäre das Rechtsmittel (insoweit) als ein solcher – allenfalls verbesserungsbedü rftiger (RS0109501 [T12]; RS0109623 [T2, T4, T8]; RS0109620 [insb T2]) – A ntrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs zu werten (vglRS0109623; 3 Ob 6/25s Rz 5) und darüber gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO zu entscheiden.

[12]4.3. Sofern das Berufungsgericht den Entscheidungsgegenstand mit mehr als 30.000 EUR bewerten sollte, wäre das Rechtsmittel neuerlich dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 507b Abs 3 ZPO).