3Ob96/25a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Brenn als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und die Hofräte Dr. Stefula und Mag. Schober als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen R*, wohnhaft bei seiner Mutter, *, vertreten durch das Land Wien als Kinder und Jugendhilfeträger (Magistrat der Stadt Wien, Rechtsvertretung Bezirke 2, 20, *), wegen Unterhalts, über den „Rekurs“ des Vaters, A*, Slowakei, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. Februar 2025, GZ 45 R 6/25b 177, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 16. Oktober 2024, GZ 32 Pu 76/16h 168, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
[1] Mit Beschluss vom 16. Oktober 2024 erhöhte das Erstgericht den vom Vater zu leistenden Unterhaltsbeitrag rückwirkend ab 1. Jänner 2022 von 110 EUR auf 210 EUR monatlich.
[2] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.
[3] Gegen diese Entscheidung erhob der Vater am 31. März 2025 ein selbst verfasstes, als „ Rekurs “ bezeichnetes Rechtsmittel, das ihm das Erstgericht im Original zur Verbesserung durch Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt mittels internationalen Rückscheinbriefs mit der Post zurückstellte.
[4] In der Folge langte ein mit 15. Mai 2025 datierter, erneut nicht anwaltlich unterfertigter „Rekurs“ des Vaters ein, der mit Ausnahme eines angefügten Satzes mit der zuvor eingebrachten Rechtsmittelschrift inhaltsgleich ist.
[5] Das Erstgericht legte daraufhin den Akt unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
[6] Die Aktenvorlage entspricht nicht der Rechtslage.
[7]1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert, über den das Rekursgericht entschieden hat, insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nur einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG). Die Zulassungsvorstellung ist beim Erstgericht einzubringen und mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.
[8] 2. Der hier zu behandelnde Anspruch des Kindesauf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur iSd § 62 Abs 4 und 5 AußStrG (RS0007110 [T32]). Er bestimmt sich gemäß § 58 Abs 1 JN mit dem 36-fachen des monatlichen Unterhalts. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung nur auf jenen monatlichen (laufenden: RS0103147 [T26, T29]) Unterhaltsbeitrag abzustellen, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war. Wird daher eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet (nur) der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung den Streitwert iSd § 58 Abs 1 JN (RS0046543; RS0103147 [T3, T7, T10, T27]). Zusätzlich begehrte, bereits fällig gewordene Beträge sind nicht zu berücksichtigen (RS0122735 [insb T5, T8];RS0114353 ).
[9] 3.1. Unter Anwendung dieser Grundsätze wirddie Wertgrenze des § 62 Abs 3 AußStrG hier nicht überschritten. Der Oberste Gerichtshof wäre daher nur dann zur Entscheidung über das Rechtsmittel des Vaters berufen, wenn das Rekursgericht seinen Zulassungsausspruch abgeändert hätte, was bisher aber nicht erfolgt ist. Derzeit ist der Oberste Gerichtshof daher zur Behandlung des Rechtsmittels funktionell nicht zuständig (RS0120898; RS010951 6 [ T3];1 Ob 155/21g Rz 9).
[10] 3.2. Zwar kann der Oberste Gerichtshof Rechtsmittel, die wegen fehlender anwaltlicher Unterfertigu ng unzulässig sind, aus verfahrensökonomischen Gründen ausnahmsweise auch selbst zurückweisen (RS0120077 [T9];10 Ob 17/20b), sofern ein wirksamer Auftrag zur VerbesserungiSd § 10 Abs 4 AußStrG erfolglos geblieben ist (RS0119968 [T7];RS0120077 [T1]). Die aufgrund naheliegender Zustellfehler allenfalls erforderliche Überprüfung, ob eine bestimmte Zustellung wirksam erfolgt ist, obliegt aber nicht dem Obersten Gerichtshof.
[11] 4. Der Akt ist daher dem Erstgericht zurückzustellen, das vorab zu prüfen haben wird, ob die an sich zulässige Zustellung des Verbesserungsauftrags mittels internationalen Rückscheinbriefs mit der Post (vgl8 Ob 123/19zPkt 2.) unter Einhaltung der Anforderungen der EuZVO 2020 wirksam bewirkt wurde (vgl dazu 3 Ob 37/22w) . Konkret wird zu prüfen sein, ob die Sprachenregelung eingehalten wurde und dazu eine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt ist, sowie ob das zuzustellende Schriftstück dem Vater ausgehändigt wurde.
[12] Sollte der Verbesserungsauftrag wirksam erteilt worden sein, so kann das Erstgericht auchdie unterlassene Verbesserung durch anwaltliche Unterfertigung des „Rekurses“ wahrnehmen (§ 67 AußStrG;RS0120077 [T2]).