1Ob54/25k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Vollmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*, vertreten durch die SCHÖNHERR Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei H*, vertreten durch die Huber Swoboda Oswald Aixberger Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 1.140.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Februar 2025, GZ 1 R 172/24g 40, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ein Provisionsanspruch der Klägerin für die Vermittlung des Verkaufs einer Liegenschaft, den sie auf eine Provisionsvereinbarung stützt, der der Beklagte beigetreten ist.
[2] Das Erstgericht wies die Klage mangels Verdienstlichkeit der Klägerin ab.
[3] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und dem Klagebegehren statt. Es ging von einem adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit der Klägerin als Maklerin und dem letztlich vermittelten Liegenschaftskaufvertrag aus, der ein zweckgleichwertiges Geschäft im Sinn des § 6 Abs 3 MaklerG sei. Eines Hinweises im Sinn des § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG auf die Beteiligung einer (namensähnlichen) irischen Gesellschaft, die die Provisionsvereinbarung ebenso unterfertigt hatte, an der Verkäufergesellschaft habe es nicht bedurft. Für eine Mäßigung des Provisionsanspruchs nach § 15 und/oder § 3 MaklerG bestehe kein Anlass.
[4] Die Revision ließ das Berufungsgericht im Hinblick auf die Einzelfallbezogenheit dieser Rechtsfragen nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[5] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten, die keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt.
1. Zur Aufklärungspflicht nach § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG
[6] 1.1. Nach dieser Bestimmung hat der Makler bei einem sonstigen familiären oder wirtschaftlichen Naheverhältnis zwischen ihm und dem vermittelten Dritten, das die Wahrung der Interessen des Auftraggebers beeinträchtigen könnte, nur dann Anspruch auf Provision, wenn er den Auftraggeber unverzüglich auf dieses Naheverhältnis hinweist. Zum Vorliegen dieses Hinweises hat das Erstgericht eine Negativfeststellung getroffen; die Beweisrüge der Klägerin hiezu hat das Berufungsgericht aus rechtlichen Überlegungen nicht erledigt.
[7] 1.2. Bei der Beurteilung, ob familiäre oder wirtschaftliche Nahebeziehungen die Wahrung der Auftraggeberinteressen beeinträchtigen könnten, ist stets auf den Einzelfall abzustellen (RS0114079 [T1]). Das behauptete Abweichen von höchstgerichtlicher Rechtsprechung und eine daher auch im Einzelfall korrekturbedürftige Fehlbeurteilung zeigt die Revision nicht auf.
[8] 1.3. In der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 5 Ob 49/00t bejahte der Oberste Gerichtshof die Aufklärungspflicht gemäß § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG, weil der vermittelnde Antragsgegner (Makler) nicht nur zu 5 % Gesellschafter der (richtig) Vermietergesellschaft, sondern auch deren kollektivvertretungsbefugter Geschäftsführer und seine Mutter zu 12,5 % deren Gesellschafterin gewesen war. Diese Umstände hielt er zwar nicht im Einzelnen, jedoch in ihrer Gesamtheit für ausreichend, die Möglichkeit einer Beeinträchtigung im Sinn des § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG nicht ausschließen zu können. Dass das Berufungsgericht bei der hier festgestellten Beteiligung – (nur) der weiteren die Provisionsvereinbarung als Vermittlerin unterfertigenden irischen Gesellschaft – von 2 % an der Verkäufergesellschaft von einem nicht vergleichbaren Sachverhalt ausging, ist nicht zu beanstanden.
[9] 1.4. Im Übrigen verwies der Oberste Gerichtshof bereits zu 1 Ob 79/01a darauf, dass es bei einer konzernmäßigen Abhängigkeit zwischen Makler und vermitteltem Dritten von der Intensität der wirtschaftlichen Verflechtung abhängt, ob ein Hinweis im Sinn des § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG erforderlich ist (dort war dieselbe Muttergesellschaft 100% ige Eigentümerin der vermittelnden Tochtergesellschaft [Maklerin] als auch [mittelbar über eine zwischengeschaltete 100% ige Tochtergesellschaft] 100% ige Eigentümerin der Enkelgesellschaft [Verkäuferin], sodass eine die Hinweispflicht auslösende intensive wirtschaftliche Verflechtung bejaht wurde). Zu 8 Ob 23/20w reichte hingegen die konzernmäßige Verflechtung der ehemaligen Hausbank des Liegenschaftsverkäufers und der Maklerin unter dem Dach einer gemeinsamen Konzernmutter nicht aus, um ein ausreichendes wirtschaftliches Naheverhältnis und eine Hinweispflicht im Sinn der genannten Bestimmung zu begründen.
[10] 1.5. Der Beklagte übersieht bei seiner Argumentation, dass nicht die Klägerin Gesellschafterin der Verkäufergesellschaft war, sondern eine weitere der Provisionsvereinbarung als Vermittlerin beigetretene (irische) Gesellschaft. Zu einer konzernmäßigen Verflechtung zwischen der Klägerin und dieser weiteren Gesellschaft fehlen Feststellungen, darauf kommt es aber nicht an. Maßgeblich ist vielmehr, ob diese weitere Gesellschaft intensiv mit der die Liegenschaft verkaufenden Gesellschaft verflochten war. Abgesehen von der Beteiligung von 2 % gibt es aber weder Vorbringen noch Anhaltspunkte zu einer derartigen wirtschaftlichen Verflechtung. Auch dem Argument, die „an der Verkäuferin“ nur zu 2 % beteiligte Maklerin (Klägerin) werde 2 % des Gewinns erhalten, ist entgegenzuhalten, dass eben nicht die Klägerin an der Verkäufergesellschaft beteiligt ist. Eine Abweichung von höchstgerichtlicher Rechtsprechung liegt somit nicht vor.
[11] 1.6. Auf die Frage der Beweislastverteilung zum wirtschaftlichen Naheverhältnis aufgrund Gesellschafterstellung kommt es hier nicht an, weil Beweislastregeln nur dann anzuwenden wären, wenn die Beweisergebnisse nicht ausreichen, um einen entscheidungswesentlichen Tatumstand als erwiesen oder nicht erwiesen anzunehmen (RS0039903). Ein „non liquet“ in diesem Sinn liegt hier aber nicht vor, sind doch die Beteiligungsverhältnisse der irischen Gesellschaft an der Verkäufergesellschaft konkret festgestellt.
[12] 1.7. Letztlich vermisst der Beklagte höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Hinweispflicht nach § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG unter Berücksichtigung der Entscheidung 6 Ob 38/18h (Pkt 3.6.). Dort bejahte der Oberste Gerichtshof die analoge Anwendung von § 237 Abs 1 AktG auf die GmbH. Danach wäre eine Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens einer – dort näher definierten – Aktiengesellschaft nur aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung mit 3/4 Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals zulässig. Der Beklagte will daraus ableiten, dass auch ein 2% iger Gesellschafter einen großen Einfluss haben und „Zünglein an der Waage“ sein könne, sodass die Interessenkollision „auf der Hand“ liege. Da hier aber gerade keine Beteiligung der Klägerin an der Verkäufergesellschaft vorlag, ist diese Frage nicht relevant, sondern von rein theoretischer Natur, sodass sie nicht erheblich im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO sein kann (RS0111271).
2. Zur Verdienstlichkeit
[13] 2.1. Ob die Tätigkeit eines Maklers im Sinn des § 6 Abs 1 MaklerG verdienstlich war, hängt ebenso von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0062723 [T20]) wie die Frage nach deren Adäquanz (RS0062878 [T10]). Ob im Einzelfall ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit eines Immobilienmaklers und einem Vermittlungserfolg zu bejahen ist, wirft daher im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf (RS0062878 [T11]; RS0029415 [T5]).
[14] 2.2. Eine verdienstliche Tätigkeit liegt dann vor, wenn sie den Anforderungen des Vermittlungsvertrags entspricht und ihrer Art nach geeignet ist, für den Geschäftsherrn Vertragspartner aufzufinden bzw diese zum Vertragsabschluss zu bewegen (RS0062940 [T9]). Die die Liegenschaft letztlich erwerbende Gesellschaft ist dem Unternehmen des ursprünglichen Co Investors des Beklagten zuzurechnen. Dass der Co Investor (und damit die Käufergesellschaft) unabhängig von der Tätigkeit der Klägerin Käufer geworden wären, ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt nicht. Auch wenn den verkaufenden Gesellschaften der Co Investor bzw dessen Unternehmen als potentielle Interessenten ursprünglich an sich bekannt gewesen sein sollten, wurden diese doch zunächst ausdrücklich nicht zur Anbotslegung eingeladen. Erst anlässlich der Termine am 24. 2. und 29. 2. 2022, die unter Federführung der Klägerin als Vermittlerin stattfanden, kam es zur Bekanntgabe des Beklagten, dass er einen Co Investor beiziehen wolle, der sich als eine Unternehmensgruppe herausstellte, der die die Liegenschaft letztlich erwerbende Gesellschaft zuzurechnen ist. An der Kausalität der Tätigkeit der Klägerin für diesen Erfolg nicht zu zweifeln ist daher keine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung.
[15] 2.3. Vergleichbares gilt für die Adäquanz dieser Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung genügt zwar für das Entstehen des Provisionsanspruchs nicht jede kausale und verdienstliche Tätigkeit des Maklers. Vielmehr ist entscheidend, ob die Maklertätigkeit bei wertender Betrachtung der Gesamtumstände im konkreten Einzelfall in einem adäquaten Kausalzusammenhang mit dem zustande gekommenen Geschäft steht (RS0062878 [T5]; RS0029415 [T1]; 10 Ob 39/20p [Rz 8] mwN). Hier (noch) von adäquat kausaler Tätigkeit der Klägerin als Maklerin auszugehen, ist keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung.
[16] 2.4. So bejahte etwa 6 Ob 25/06d den adäquaten Kausalzusammenhang in einem Fall, wo sich die Käuferin weniger als vier Monate nach Besichtigung, die über Initiative des Maklers zustande gekommen war, selbst an das Haus erinnerte und von sich aus ohne Tätigkeit einer dritten Person den Kontakt zu den Verkäufern suchte. Die Kausalität zwischen Maklertätigkeit und Vertragsabschluss geht grundsätzlich nicht schon deshalb verloren, weil zwischenzeitig auch andere Ursachen für den Vertragsabschluss gesetzt wurden (RS0062752 [T7]). Umstände, die zur Verneinung der Adäquanz einer an sich verdienstlichen und kausalen Tätigkeit eines Immobilienmaklers führen könnten, wären aber das Scheitern der ursprünglichen Vertragsverhandlungen an sehr unterschiedlichen Preisvorstellungen der Parteien, die für den folgenden Vertragsabschluss maßgebliche spätere Eigeninitiative der anderen Vertragspartei oder eines unbeteiligten Dritten ohne neuerliche Aktivität des Maklers und der sehr lange Zeitabstand zwischen dem Tätigwerden des Maklers und dem Vertragsabschluss (RS0062878 [T9]). Voraussetzung ist, dass das Interesse des Kaufwilligen endgültig und vollkommen erloschen ist und das angestrebte Rechtsgeschäft erst nach endgültigem Scheitern der Bemühungen des Vermittlers ausschließlich aufgrund anderer Umstände zustande kommt. Werden unterbrochene Vertragsverhandlungen ohne den Makler in der Folge wieder aufgenommen, führt dies im Regelfall noch nicht zu einer Unterbrechung des Kausalzusammenhangs (9 Ob 25/24b [Rz 23] mwN).
[17] 2.5. Die Auffassung des Berufungsgerichts entspricht diesen in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien. Unabhängig davon, ob bereits das Mail vom 9. 5. 2022 (auch) Interesse an einem Einzelerwerb erkennen ließ, lagen zwischen der letzten festgestellten Vermittlungstätigkeit der Klägerin im Mai 2022 und dem verbindlichen Geschäftsabschluss im Oktober 2022 gerade fünf Monate. Ein endgültiges Scheitern der Verhandlungen in Bezug auf die letztlich verkaufte Liegenschaft wurde nicht festgestellt. Das endgültige Scheitern des ursprünglich geplanten Erwerbs aller drei Liegenschaften stellte sich erst durch das Rücktrittsschreiben am 1. 7. 2022 heraus, das nicht mit unterschiedlichen Vorstellungen betreffend den (Gesamt-)Kaufpreis, sondern dem Ergebnis der due diligence Prüfung begründet wurde. Ein definitiver Kaufpreis (nur) für die letztlich verkaufte Liegenschaft war nicht ausverhandelt. Dass das Berufungsgericht die Feststellungen zur „Aufteilung“ des angebotenen Gesamtkaufpreises auf die drei Liegenschaften im Einzelfall nicht so interpretierte, dass damit auch der Kaufpreis beim Erwerb nur einer einzelnen Liegenschaft angeboten worden wäre, ist nicht zu beanstanden, auch insoweit ist die angefochtene Entscheidung nicht korrekturbedürftig.
3. Zur Zweckgleichwertigkeit
[18] Ob ein wirtschaftlich gleichwertiges Geschäft vorliegt, ist durch Vertragsauslegung und aus Sicht des Geschäftsherrn zu ermitteln, wobei aufgrund der Einzelfallbezogenheit der Beurteilung regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt (RS0062777 [T7]). Nach der nicht zu beanstandenden Auffassung des Berufungsgerichts bestand der Zweck des konkreten Vertrags für den Beklagten hier darin, Informationen (so vor allem die Liegenschaftsadressen) zu den zum Verkauf stehenden Liegenschaften zu erhalten, wobei sich nicht ergeben habe, dass für ihn der Erwerb der Liegenschaften nur im Paket und nicht auch einzeln maßgeblich gewesen wäre. Dass die Provisionsvereinbarung als „potentielle Transaktion“ an sich den Verkauf aller drei Liegenschaften im Paket vorsah, berücksichtigte das Berufungsgericht ohnedies; wesentliche Argumente dagegen, warum der Verkauf nur einer Liegenschaft an die seinem Co Investor zuzurechnende Gesellschaft kein zweckgleichwertiges Geschäft im Sinn des § 6 Abs 3 MaklerG sein sollte, finden sich in der außerordentlichen Revision nicht.
4. Zur Provisionsminderung
[19] Mit der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach eine Provisionsminderung nach § 15 MaklerG iVm § 1336 ABGB hier nicht in Betracht komme, weil der Klägerin ein Provisionsanspruch nach § 6 MaklerG zustehe, setzt sich der Beklagte in seiner Revision nicht auseinander. Eine Mäßigung nach § 3 MaklerG spricht er nicht an. Eine nähere Auseinandersetzung mit seiner Argumentation zur (angeblich) übermäßigen Höhe der Provision ist daher entbehrlich.
[20] 5. Damit ist die Revision zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).