JudikaturJustiz9ObS27/93

9ObS27/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Dezember 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Dietmar Strimitzer und Alfred Schätz als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anna I*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Arbeitsamt Versicherungsdienste, Wien 4, Schwindgasse 5, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17 - 19, wegen S 55.327,77 sA Insolvenz-Ausfallgeld, infolge Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6.August 1993, GZ 34 Rs 24/93-18, womit infolge Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 29.September 1992, GZ 16 Cgs 2004/91-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war seit 11.11.1964 bei der Walter B***** Gesellschaft mbH, und zwar ab ab 1.6.1966 als Angestellte beschäftigt. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 17.10.1989, GZ 5 Sa 22/89 wurde über das Vermögen des Dienstgebers das Ausgleichsverfahren eröffnet. Auf Antrag der Ausgleichsschuldnerin erteilte das Handelsgericht mit Beschluß vom 5.12.1989 gemäß §§ 20b, 20c AO die Ermächtigung, den Arbeitsvertrag der Klägerin nach Maßgabe des § 20c Abs 2 AO begünstigt zu lösen. Darauf kündigte die Ausgleichsschuldnerin das Dienstverhältnis zur Klägerin gemäß §§ 20b und c AO zum 19.5.1990 auf. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 30.3.1990 wurde der Anschlußkonkurs eröffnet. Am 5.4.1990 erklärte die Klägerin den vorzeitigen Austritt gemäß § 25 Abs 1 KO.

Das Arbeitsamt Versicherungsdienste wies mit Bescheid vom 27.9.1991 den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld von S 683.517,21 netto sA mit dem Teilbetrag von S 55.327,77 ab. Dabei handelte es sich um Kündigungsentschädigung vom 20.5.1990 bis 5.9.1990 von S 57.922,70 netto abzüglich des vom 6.7. bis 5.9.1990 erzielten anrechenbaren Einkommen von S 32.786,68 netto sohin S 25.136,02 netto sowie eine Urlaubsentschädigung für 33 Werktage in Höhe von S 30.191,75 netto. Im Konkurs meldete die Klägerin diese Forderungen nicht an.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung eines weiteren Insolvenz-Ausfallgeldes von S 55.327,77 netto sA.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Forderungen der Klägerin seien Konkursforderungen. Da sie diese Forderungen in der Meinung, es handle sich um Masseforderungen im Insolvenzverfahren nicht angemeldet habe, bestehe ihr Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld gemäß § 1 Abs 5 IESG nicht zu Recht.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen die §§ 20b und 20c AO und § 3 Abs 3 IESG seien für den Ausgang des Verfahrens nicht entscheidend. § 3 Abs 3 IESG sei nicht anzuwenden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit der Anregung, beim Verfassungsgerichtshof eine Prüfung der §§ 20b und c AO, des 23 Abs 1 Z 3 AO, des 46 Abs 2 Z 2 KO und § 3 Abs 3 IESG zu beantragen und mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer vollinhaltlichen Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Voraussetzung der Anfechtung eine Gesetzes gemäß Art 89 Abs 2 B-VG wegen Bedenken aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit ist, daß der Oberste Gerichtshof das Gesetz in einer bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hat (VfSlg 12.947 mwN). Ob die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes im Anlaßfall zum Tragen kommt, ist hingegen nicht von Belang (Walter-Mayer, Verfassungsrecht6 377; VfSlg 9.755; 9 Ob S 17/93 mwN).

Durch die begünstigte Kündigung im Ausgleich nach den §§ 20b Abs 2 und 20c Abs 2 AO verlieren Forderungen der Arbeitnehmer für die Zeit nach der Ausgleichseröffnung gemäß § 23 Abs 1 Z 3 lit a AO ihren Charakter als bevorrechtete Forderungen. Sie sind als Ausgleichsforderung zur Wahrung des Anspruches auf Insolvenz-Ausfallgeld gemäß § 1 Abs 5 IESG im Ausgleichsverfahren anzumelden (Schwarz-Holler-Holzer, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz2, 109). Auch im Anschlußkonkurs werden Forderungen des Arbeitnehmers, wenn er das Arbeitsverhältnis gemäß (dem bisherigen) § 25 Abs 1 KO innerhalb eines Monates vom Tag der Konkurseröffnung gelöst hat, gemäß § 46 Abs 2 Z 2 lit a KO für die Zeit nach Konkurseröffnung zu bloßen Konkursforderungen, die gemäß § 1 Abs 5 IESG zur Wahrung des Anspruches auf Insolvenz-Ausfallgeld im Konkursverfahren angemeldet werden müssen. Im Falle des Anschlußkonkurses genügt auch die Anmeldung im Ausgleich (§ 102 Abs 2 KO).

Zur Beurteilung der Frage, ob Forderungen vorliegen, die zur Wahrung des Anspruches auf Insolvenz-Ausfallgeld im Insolvenzverfahren anzumelden gewesen wären, sind die vom Rekurswerber als verfassungswidrig reklamierten Bestimmungen der §§ 20b und 20c, § 23 Abs 1 Z 3 lit a AO und § 46 Abs 2 Z 2 lit a KO entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes im Sinne des Art 89 Abs 2 B-VG anzuwenden. Das gilt auch für § 3 Abs 3 IESG, der auf §§ 20b und 20c AO verweist.

Die Bedenken gegen diese Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen werden allerdings nicht geteilt.

Mit Erkenntnis vom 1.7.1993, G 15, 16/93-6, G 80/93-8, G 96/93-8 hat der Verfassungsgerichtshof § 25 KO idF der Novelle BGBl Nr 1982/370 als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30.6.1994 in Kraft. Frühere Vorschriften treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Verfassungsgerichtshof begründete die Aufhebung unter Bezugnahme

auf seinen Einleitungsbeschluß vom 3.12.1992 damit, daß eine dem § 25

Abs 2 KO in der Stammfassung entsprechende, durch das

Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1982 nicht wieder eingeführte

Vorschrift über den Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers wegen

Verkürzung seiner Ansprüche auf Kündigungsentschädigung fehle. Die

Kündigung durch den Masseverwalter nach § 25 KO sei ohne Rücksicht

auf die vereinbarte Vertragsdauer oder eine längere Kündigungsfrist

oder den Kündigungstermin unter bloßer Einhaltung der gesetzlichen,

kollektivvertraglichen oder zulässigerweise vereinbarten kürzeren

Kündigungsfrist zulässig (Arb 10.328 = ZAS 1985, 221 [Wachter]; Arb

10.377 = SZ 57/145; 9 Ob 901/90 mwN).

Der Schadenersatzanspruch nach § 20d AO wegen vorzeitiger Vertragsauflösung durch die Masse sei der Ausgleich für den erlaubten Eingriff in das Vertragsverhältnis und werde in der Lehre als Fall der sogenannten Eingriffshaftung gewertet. In der Stammfassung der Konkursordnung sei sowohl das Austrittsrecht des Arbeitnehmers als auch das Kündigungsrecht des Masseverwalters enthalten gewesen; einem das gesamte Konkursrecht beherrschenden Grundsatz folgend habe das Gesetz einen Schadenersatzanspruch vorgesehen. Das Fehlen eines Schadenersatzanspruches in § 25 KO führe zu einer nicht begründbaren Unterscheidung zwischen Konkurs und Ausgleich, der in § 20d AO solche Ersatzansprüche vorsehe. Die Kürzung von Arbeitnehmeransprüchen im Konkurs sei nicht von der Absicht getragen, eine übermäßige Belastung des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds zu vermeiden, weil die Begrenzung der Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld durch die einschlägigen Bestimmungen des IESG bewirkt werde. Schon im Hinblick auf den engeren Personenkreis der durch das IESG gesicherten Arbeitnehmer sei es ungerechtfertigt, diese Beschränkung schon im Konkursrecht vorzunehmen.

Eine Regelung, die dem vom Masseverwalter nach § 25 KO gekündigten Arbeitnehmer den allfälligen Schadenersatz für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses versage (und den Schadenersatzanspruch wegen begründeten Austritts aus Verschulden des Arbeitgebers auf die Dauer der gesetzlichen Kündigungsfrist begrenze) entbehre einer sachlichen Rechtfertigung.

Da § 20d AO - im Gegensatz zu dem aufgehobenen § 25 KO - einen Schadenersatzanspruch als Ausgleich für die Verkürzung der Arbeitnehmeransprüche durch das begünstigte Lösungsrecht des § 20c Abs 2 AO gewährt, bestehen gegen diese Norm aus dem Grund der gleichheitswidrigen Benachteiligung der im Ausgleich unter Inanspruchnahme dieses Lösungsrechtes gekündigten Arbeitnehmer keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch gegen die damit im Zusammenhang stehende, teilweise verfahrensrechtliche Norm des § 20b Abs 2 AO (die auf Arbeitsverträge mit den in § 20c Abs 2 AO bestimmten Änderungen anzuwenden ist) bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Die dem Ausgleichsschuldner überlassene Auswahl jener Arbeitnehmer, die er begünstigt nach § 20b und § 20c AO kündigen will, unterliegt der überprüfenden Kontrolle durch das Ausgleichsgericht und bedarf dessen Ermächtigung, die aber nur unter den Voraussetzungen des § 20b Abs 2 AO zu erteilen ist, wenn die Erfüllung oder weitere Erfüllung des Vertrages das Zustandekommen oder die Erfüllbarkeit des Ausgleiches oder die Fortführung des Unternehmens gefährden könnte und der Rücktritt vom Vertrag (nach § 20c Abs 2 AO: Die Kündigung) dem Vertragsgegner keinen unverhältnismäßigen Schaden bringt. Der Ausgleichsschuldner ist daher in der Auswahl, welche Arbeitnehmer er kündigen will, nicht frei; er kann nicht willkürlich vorgehen. Die Ermächtigung zur Kündigung ist von einer Interessenabwägung abhängig, bei der auf die Interessen der Arbeitnehmer und des Ausgleichsschuldners an der Ausgleichserfüllung Bedacht zu nehmen ist. Mit dieser Bestimmung stellt die Norm auf das dem Gleichheitsgrundsatz innewohnende Sachlichkeitsgebot ab, eine vernünftige, nicht unverhältnismäßig benachteiligende Regelung zu treffen. Dazu kommt aber, daß die Ermächtigung des Arbeitgebers zur Lösung des Arbeitsverhältnisses auch insofern beschränkt ist, als er auf die gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen (§ 20c Abs 2 AO) Bedacht zu nehmen hat. Das bedeutet, daß neben der insolvenzrechtlichen Kontrolle des begünstigten Kündigungsrechts durch das Ausgleichsgericht der allgemeine und der besondere Kündigungsschutz nach den §§ 105 ff und §§ 120 ff ArbVG bzw. weitere einschlägiger Vorschriften voll zum Tragen kommen (Schwarz-Holler-Holzer aaO 495 f). Die Belegschaft ist dadurch wirksam vor einer willkürlichen Auswahl jener Arbeitnehmer geschützt, deren Kündigung der Ausgleichsschuldner beim Ausgleichsgericht beantragt.

Bedenken gegen § 20b Abs 2 AO bestehen auch nicht deshalb, weil der Vertragsgegner (Arbeitnehmer) vor der Erteilung der Ermächtigung nur zu hören ist, wenn es tunlich ist.

Auflösungserklärungen bedürfen keiner Annahme; sie sind in ihrer Wirksamkeit vom Willen des Gekündigten unabhängig, so daß eine Ermächtigung zur Kündigung ohne vorherige Einvernahme des zu Kündigenden keine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach sich zieht (DRdA 1993/21 [Holzer] WBl 1993, 23). Im übrigen hat der Oberste Gerichtshof bereits zu 9 Ob S 17/93 ausgesprochen, daß die Einschränkung des rechtlichen Gehörs des Vertragspartners - sofern eine solche überhaupt anzunehmen wäre - sachlich gerechtfertigt ist, weil die dem Ausgleichsschuldner eingeräumte Möglichkeit, Arbeitsverhältnisse (ebenso wie zweiseitige Verträge) mit Genehmigung des Ausgleichsgerichtes durch außerordentliche Kündigung zu lösen, der Befreiung des Unternehmens von überhöhten oder gar überflüssigen Lohnkosten und sohin von belastenden Dauerschuldverhältnissen dient, um die Sanierung bei Gefährdung der Unternehmensfortführung (3 BlgNR 15. GP 35) zu erleichtern (Schwarz-Holler-Holzer aaO 493), diese Regelung aber nur dann sinnvoll ist, wenn das Genehmigungsverfahren schnell abgewickelt wird und damit gegenüber der ohne eine solche Genehmigung möglichen ordentlichen Kündigung einen Vorteil bietet. Die im Interesse einer raschen Entscheidung über die Ermächtigung zur Kündigung nicht mehr benötigter Arbeitnehmer vorgesehene Beschränkung der Anhörung dieser Arbeitnehmer auf Fälle der Tunlichkeit ist daher zwecks rascher Sanierung des Unternehmens sachgerecht.

Die Beschränkung der Forderungen der Arbeitnehmer für die Zeit nach der Eröffnung des Ausgleichsverfahren bzw. für die Dauer des Ausgleichsverfahrens und für die Zeit nach der Konkurseröffnung auf bloße Ausgleichs- bzw. Konkursforderungen (§ 23 Abs 1 Z 3 lit a AO und § 46 Abs 2 lit 2a KO) beruht nicht auf unsachlichen Gesichtspunkten. Der Gesetzgeber nimmt den in § 23 Abs 1 Z 3 lit a AO und § 46 Abs 2 lit 2a KO genannten Forderungen die Qualifikation als bevorrechtete Forderungen bzw. als Masseforderungen nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis auf Grund einer gerichtlichen Ermächtigung gemäß §§ 20b, 20c AO oder bereits vor der Ausgleichseröffnung gelöst worden war (vgl WBl 1992, 301). Diese Regelung geht auf das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1982, BGBl 1982/370 (IRÄG) zurück. Es hat unter anderem das Lohnvorrecht von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Schuldner gemäß § 20b iVm § 20 AO gelöst wird, auf Ausgleichs- und Konkursforderungen beschränkt und damit den Grundsatz, daß während des Ausgleichsverfahrens entstandene Forderungen bevorrechtet sind, durchbrochen.

Die Lösungserklärung nach den §§ 20b und 20c AO hat damit die Konsequenz, daß der Arbeitnehmer bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses für seine Arbeitsleistung vom Ausgleichsschuldner nur ein Entgelt in der Höhe der Ausgleichsquote bzw. aus der Konkursmasse nur in der Höhe der ausgeschütteten Quote (§ 50 KO) erwarten darf (Holzer zu DRdA 1993/21, 220), während regulär gekündigte Arbeitnehmer mit dem Arbeitsentgelt, das für die Dauer des Verfahrens anfällt, bevorrechtete Gläubiger (Massegläubiger) bleiben.

Dieser Nachteil wird aber dadurch ausgeglichen, daß die Arbeitnehmer das volle Entgelt durch den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds erhalten. Erst durch die Sicherung des Arbeitnehmerentgelts durch das IESG wurde die Möglichkeit geschaffen, den vom IRÄG gewünschten Zweck einer besseren Unternehmenssanierung durch Beschränkung bevorrechteter Forderungen und damit eine Masseentlastung zu verwirklichen. Der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds erhält für die auf ihn übergegangenen Arbeitnehmerforderungen (§ 11 IESG) nur die Ausgleichsquote, sodaß eine Entlastung des zur Befriedigung der Ausgleichsgläubiger verfügbaren Vermögens und damit eine Erhöhung der Ausgleichsquote bewirkt wird (1147 BlgNR 15.GP 1 f, 7 f, 20 f; Heil, Insolvenzrecht Rz 211).

Wurde ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber gemäß §§ 20b und 20c AO gekündigt, so gebührt ihm gemäß § 3 Abs 3 IESG Insolvenz-Ausfallgeld für gesicherte Ansprüche bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses, längstens jedoch bis zum Ablauf der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Kündigungsfristen unter Bedachtnahme (auch) auf die Kündigungstermine, womit diese Sicherung auch den Schadenersatzanspruch nach § 20d AO inkludiert (Holzer aaO 220).

Demgegenüber ist es zum Schutz der im sanierungsbedürftigen Unternehmen bleibenden Arbeitnehmer gerechtfertigt, ihre während des Ausgleichsverfahrens entstandenen Entgeltansprüche als bevorrechtete Forderungen zu behandeln, weil "diese Arbeitnehmer nach Ablauf des Sicherungszeitraumes des § 3 Abs 1 IESG (insbesondere bei Verlängerung der Frist zur Annahme des Ausgleiches) hinsichtlich ihrer Entgeltforderungen nicht nach dem IESG Befriedigung finden, wenn das Ausgleichsverfahren nicht in der wenig wünschenswerten Eröffnung des Anschlußkonkurses oder der Einstellung (des Ausgleichs) sein Ende findet" (1147 BlgNR 15.GP 7 f). Daß auch ein Teil des Entgelts dieser Arbeitnehmer durch das IESG gesichert ist (Ansprüche nach § 3 Abs 1 IESG), bewirkt keine Besserstellung gegenüber den Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis nach § 20b oder § 20c AO gelöst wurde, weil sich die Sicherung nur auf Ansprüche, die bis zum Ende des dritten Monates, der auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens folgt, entstanden sind, bezieht.

Da diese Arbeitnehmer trotz Insolvenz und drohender Gefährdung ihrer Arbeitsplätze und Lohnforderungen dem Unternehmen länger die Treue bewahren und von den ihnen nach Konkurseröffnung zustehenden allgemeinen Lösungsrechten (DRdA 1993/91 [Mosler]) nicht Gebrauch machen, ist eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt und beruht auf vernünftigen Überlegungen (Holoubek, Die Sachlichkeitsprüfung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes ÖZW 1991, 72 ff mwN).

Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (DRdA 1993/21 [Holzer]) ist § 3 Abs 3 IESG, der die Rechtslage des Arbeitnehmers gebesssert hat auch nicht wegen seiner Anspruchsbegrenzungen unsachlich, weil es dem Wesen der Insolvenz-Entgeltsicherung als Risikobegrenzung entspricht, durch Anspruchbegrenzungen und Anspruchsausschlüsse eine übermäßige Inanspruchnahme des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds hintanzuhalten.

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist durch die außerordentliche Kündigung nach § 20c Abs 2 AO in das Auflösungsstadium getreten und hätte am 19.5.1990 geendet. Der Austritt der Klägerin gemäß § 25 AO während der laufenden Kündigungsfrist am 5.4.1990 begründete für die Klägerin daher nur Ansprüche bis 19.5.1990, weil bei einer vorzeitigen Auflösung während der Kündigungsfrist Ersatzansprüche nur bis zu dem Tag gebühren, an dem das Arbeitsverhältnis auf Grund der (vorangegangenen) Kündigung geendet hätte (Kuderna, Entlassungsrecht 23; Martinek-M. und W.Schwarz, AngG7, 666; Arb 9471; 9 Ob 901/90 mwN).

Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin letztlich nicht durch die außerordentliche Kündigung durch den Ausgleichsschuldner nach § 20c Abs 2 AO, sondern erst im Anschlußkonkurs durch Austritt nach § 25 KO beendet worden ist, ist die Frage, ob ihr über den 19.5.1990 hinaus Schadenersatzansprüche gebühren, nicht nach der Ausgleichsordnung, sondern nach der Konkursordnung zu beurteilen (9 Ob 901/90). Diese sieht aber entgegen § 20d AO keinen Schadenersatzanspruch vor. Da die Aufhebung des § 25 KO erst mit Ablauf des 30.6.1994 in Kraft tritt, ist diese Bestimmung - ein Anlaßfall liegt nicht vor - uneingeschränkt anzuwenden.

Da die verfassungsrechtlichen Bedenken der Revisionswerberin gegen § 23 Abs 1 Z 3 lit a AO und § 46 Abs 2 lit a KO in bezug auf die die Eigenschaft der dort behandelten Arbeitnehmerforderungen als bevorrechtete Forderungen (Masseforderungen) ausschließenden begünstigten Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht geteilt werden, steht der Klägerin keine bevorrechtete Forderung (Masseforderung) zu. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß gemäß § 1 Abs 5 IESG mangels Anmeldung der Forderungen im Insolvenzverfahren kein Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld besteht, ist daher richtig.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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