JudikaturJustiz9Ob52/08z

9Ob52/08z – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Oktober 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Barbara B*****, Hotelangestellte, 2. Johann B*****, Hotelier, 3. mj Sebastian B*****, geboren am *****, Schüler, und 4. mj Kathrin B*****, geboren am *****, Schülerin, alle wohnhaft *****, alle vertreten durch die Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in Zell am See, gegen die Antragsgegnerin Edith B*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Pallauf Pullmann Meißnitzer Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 29. Mai 2008, GZ 21 R 148/08y-12, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Saalfelden vom 22. Februar 2008, GZ 1 C 15/08f-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht erließ über Antrag der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin eine einstweilige Verfügung gemäß § 382b EO, die insbesondere eine Wegweisung aus der Wohnung der Antragsgegnerin und ein Verbot des Zusammentreffens mit den Antragstellern umfasste. Die einstweilige Verfügung galt für die Dauer von drei Monaten und war sofort zu vollziehen. Sie wurde der Antragsgegnerin am 27. 2. 2008 zugestellt.

Das Rekursgericht gab dem gegen diese einstweilige Verfügung erhobenen Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die Entscheidung von den Umständen des Einzelfalls abhänge, die keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO begründen. Am 27. 5. 2008 endete die dreimonatige Befristung der einstweiligen Verfügung. Erst nach Zeitablauf erhob die Antragsgegnerin (ERV-Eingabe 12. 6. 2008) einen außerordentlichen Revisionsrekurs gegen die Rekursentscheidung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn der Abweisung der einstweiligen Verfügung abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Voraussetzung jedes Rechtsmittels ist das Vorliegen einer Beschwer. Dabei handelt es sich um das in höherer Instanz vorausgesetzte Rechtsschutzbedürfnis des Rechtsmittelwerbers. Das Fehlen einer Beschwer macht ein Rechtsmittel unzulässig. Die Beschwer muss auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel bestehen. Es ist nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanz, über bloß theoretische Fragen zu entscheiden (RIS-Justiz RS0002495 ua). Nach einigen Entscheidungen soll jedoch die Rekurslegitimation im Hinblick auf die Möglichkeit von Schadenersatzansprüchen nach § 394 EO auch noch nach Zeitablauf der einstweiligen Verfügung nach § 382b EO fortbestehen (vgl 8 Ob 43/00g; 10 Ob 426/01x ua). Von Teilen der Lehre wird aber diese Abhängigkeit der Beschwer von potentiellen Folgeansprüchen nach § 394 EO abgelehnt (vgl König, Einstweilige Verfügungen³ Rz 6/86; Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 402 Rz 25 f ua). Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung der Rechtsmittelinstanz müsse sich aus dem Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ergeben und könne nicht aus möglichen Folgeansprüchen abgeleitet werden. Dagegen spreche auch nicht der von Zechner (Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügung § 394 Rz 4) ins Treffen geführte „enge Sachzusammenhang" zwischen dem Verfügungs- und dem Ersatzverfahren, zumal das Ersatzverfahren nach § 394 EO ein selbstständiges Verfahren darstelle (4 Ob 2/95, SZ 68/32). In derartigen Fällen habe vielmehr das Gericht im Ersatzverfahren die Berechtigung der Provisorialmaßnahme zu prüfen (6 Ob 36/08z). Außerdem müssten sich das Rechtsschutzinteresse an der Bekämpfung der Provisorialentscheidung und die Höhe des begehrten Schadenersatzanspruchs nicht decken. Daher sei es auch nicht ökonomischer, die Frage der Rechtmäßigkeit einer bereits abgelaufenen einstweiligen Verfügung jedenfalls im Rekursverfahren klären zu lassen (vgl Kodek aaO Rz 26). Der erkennende Senat tritt dieser zutreffenden, zuletzt in 6 Ob 36/08z vertretenen Auffassung bei. Die Zurückweisung des Rechtsmittels erfasst auch die von der Revisionsrekurswerberin verzeichneten Kosten. Der Ausnahmefall des „nachträglichen" Wegfalls des Rechtsschutzinteresses iSd § 50 Abs 2 ZPO liegt hier nicht vor, weil die Beschwer bereits vor Erhebung des außerordentlichen Revisionsrekurses weggefallen ist (vgl 7 Ob 92/01g ua).

Rechtssätze
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