JudikaturJustiz8Ob28/13w

8Ob28/13w – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. November 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** J*****, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei I***** AG, *****, vertreten durch Stix Rechtsanwälte Kommandit Partnerschaft in Wien, sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten Stadtgemeinde I*****, vertreten durch Dr. Andreas Ruetz, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert: 11.000 EUR), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 18. Jänner 2013, GZ 3 R 358/12m 31, womit aus Anlass der Berufungen der beklagten Partei und der Nebenintervenientin das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 17. August 2012, GZ 16 C 1841/10d 22, als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die Rekursbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

II. Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Berufungsgericht die Sachentscheidung über die Berufungen aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

I. Der Rekurs wurde der Beklagten am 14. 2. 2013 zugestellt (§ 89d Abs 2 GOG). Die Beklagte brachte die Rekursbeantwortung elektronisch am 7. 3. 2013 beim Erstgericht ein. Zu diesem Zeitpunkt war die 14 tägige (RIS Justiz RS0127522) Frist des § 521a Abs 1 Satz 2 ZPO jedoch bereits verstrichen, ein Fall des § 521 Abs 1 Satz 2 ZPO lag nicht vor. Die Rekursbeantwortung war daher als verspätet zurückzuweisen.

II. Der Kläger bringt zusammengefasst vor, dass er Eigentümer von Anteilen eines Grundstücks sei, auf dem er mit seiner Familie ein Haus bewohne. In unmittelbarer Nachbarschaft zu seiner Liegenschaft befinde sich eine im Eigentum der Nebenintervenientin, der Stadtgemeinde I*****, befindliche Liegenschaft. Diese sei von der Stadt bis August 2010 weder bebaut noch auf andere Weise genutzt worden. Die Nebenintervenientin habe der Beklagten aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung das Nutzungsrecht an diesem Grundstück eingeräumt.

Die Beklagte betreibe sogenannte „Müllinseln“ zur Altstoffsammlung. Sie habe auf dem Nachbargrundstück des Klägers am 19./20. August 2010 eine solche Müllinsel installiert. Weder sei ein behördliches Verfahren durchgeführt noch seien die Anrainer angehört worden. Für die Errichtung der Müllinsel seien Asphaltierungs und Befestigungsarbeiten vorgenommen und 13 Müllcontainer aufgestellt worden, sodass es sich um eine überdurchschnittlich große Müllinsel handle. Darüber hinaus sei die Müllinsel unter Außerachtlassung der sonstigen Gepflogenheiten nicht nur direkt an das Wohnhaus des Klägers angebaut worden, sondern würden sich die Container nur wenige Zentimeter entfernt vom Garten befinden, in dem die Kinder spielten. Sowohl Lage als auch Größe der Müllinsel seien völlig ortsunüblich. Von ihr gingen Geruchs und Lärmimmissionen sowie Verunreinigungen aus, durch die die ortsübliche Nutzung des Grundstücks des Klägers wesentlich beeinträchtigt sei. Bei Sonnenschein und Wärme sei die Geruchsentwicklung der 13 Müllcontainer derart groß, dass ein Verbleib im Garten des Hauses des Klägers nicht möglich sei. Neben dem Gestank der Abfälle komme es auch zum Eindringen verunreinigter Gegenstände.

Gestützt auf § 364 ABGB erhob der Kläger das Begehren, die Beklagte sei ihm gegenüber schuldig, ab sofort

1. die von der Müllinsel ausgehenden Immissionen von Gestank, soweit sie sich über das ortsübliche Maß hinaus auf das Grundstück des Klägers erstrecken, zu unterlassen;

2. Sorge dafür zu tragen, dass es auf dem Grundstück des Klägers zu keinem Eindringen von Abfällen von der Müllinsel kommen kann, und

3. an Sonn und Feiertagen ganztägig sowie an allen Tagen in den Nachtstunden von 22:00 Uhr bis 7:00 Uhr die von der Müllinsel ausgehenden Lärmimmissionen auf das Grundstück des Klägers, durch die die Sonn und Feiertagsruhe sowie die nächtliche Ruhe des Klägers gestört wird, zu unterlassen.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil und das ihm vorausgegangene Verfahren aus Anlass der Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin mangels Zulässigkeit des Rechtswegs als nichtig auf und wies die Klage zurück. Die Nebenintervenientin sei nach dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz verpflichtet, eine öffentliche Müllabfuhr einzurichten und Abfallberatung zu betreiben. Sie sei verpflichtet, eine ausreichende Anzahl an Sammelstellen bereitzustellen und habe dementsprechend auch eine Müllabfuhrordnung erlassen. Da die Müllabfuhr und die Errichtung und Betreibung der Sammelstellen der Hoheitsverwaltung zuzuordnen sei, seien deren Auswirkungen nicht mit privatrechtlichen Mitteln bekämpfbar, weil einander keine gleichrangigen Rechtssubjekte gegenüberstehen. Daran ändere nichts, dass die Nebenintervenientin die Beklagte mit der Durchführung dieser Aufgaben betraut habe. Es könne kein nachbarrechtlicher Immissionsanspruch bei den Gerichten geltend gemacht werden, weil die behaupteten Immissionen aus einer hoheitlichen, öffentlich rechtlichen Tätigkeit resultierten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der von der Nebenintervenientin beantwortete Rekurs des Klägers.

Rechtliche Beurteilung

1. Hat sich das Erstgericht wie hier mit der Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs in seiner Entscheidung nicht auseinandergesetzt, so ist der Beschluss des Berufungsgerichts, mit dem das Ersturteil als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen worden ist, auch ohne Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts mittels Rekurses an den Obersten Gerichtshof anfechtbar (RIS Justiz RS0116348; RS0043861). Der Rekurs des Klägers ist daher zulässig, er ist auch berechtigt.

2. Für die Zulässigkeit des Rechtswegs ist der Wortlaut des Klagebegehrens und der in der Klage behauptete Sachverhalt maßgebend (RIS Justiz RS0045584; RS0005896). Es kommt darauf an, ob nach dem Inhalt der Klage ein Anspruch geltend gemacht wird, über den die Zivilgerichte im streitigen Verfahren zu entscheiden haben (SZ 58/156; JBl 1986, 441; SZ 47/40; SZ 46/82 uva). Maßgeblich ist die Natur des geltend gemachten Anspruchs (RIS Justiz RS0045644). Das Vorbringen des Beklagten ist hingegen für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ohne Bedeutung und kann nur insoweit herangezogen werden, als dadurch das Klagsvorbringen verdeutlicht wird (8 ObA 8/12b mwH).

3. Gemäß § 1 JN wird die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen durch die ordentlichen Gerichte ausgeübt, soweit dieselben nicht durch besondere Gesetze vor andere Behörden oder Organe verwiesen wird. Ob die Zivilgerichte zur Entscheidung berufen sind, hängt daher zunächst davon ab, ob es sich um eine bürgerliche Rechtssache handelt und, falls ein bürgerlich rechtlicher Anspruch geltend gemacht wird, ob dieser nicht durch Gesetz ausdrücklich vor eine andere Behörde verwiesen wurde ( Ballon in Fasching/Konecny ² I § 1 JN Rz 61; 5 Ob 127/12f).

3.1 Mit der hier vorliegenden Klage macht der Kläger unter Berufung auf § 364 ABGB nachbarschaftsrechtliche Ansprüche, also ihrem Wesen nach privatrechtliche Ansprüche geltend. Da die Müllabfuhr nach der Rechtsprechung aber der Hoheitsverwaltung zuzurechnen ist (2 Ob 80/06p mwH; vgl RIS Justiz RS0049943) und sich der Kläger gegen Immissionen im Zusammenhang mit einer der Müllabfuhr dienenden Müllinsel zur Wehr setzt, ist zu prüfen, ob der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auch im konkreten Fall auf dem Rechtsweg geltend gemacht werden kann. Der Rechtsweg wäre im Hinblick auf den Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung dann unzulässig, wenn mit dem begehrten gerichtlichen Vorgehen in Wirklichkeit die Vornahme oder Rückgängigmachung eines Hoheitsakts einer Verwaltungsbehörde angestrebt wird oder sonst auf deren hoheitliches Handeln Einfluss genommen werden soll (zB 1 Ob 10/88 = SZ 61/88, Unterlassung der Stationierung von Abfangjägern; RIS Justiz RS0010522). Von der Zuständigkeit der Gerichte sind daher jene Fälle ausgenommen, in denen zwar ein nachbarrechtlicher Eingriff behauptet wird, in denen es aber im Ergebnis um ein Begehren auf Unterlassung hoheitlichen Handelns oder auf Beseitigung der Folgen hoheitlichen Handelns geht, das den Verwaltungsbehörden zugewiesen ist (1 Ob 34/07t ua; 8 Ob 128/09w mwH).

3.2 Die Erbringung öffentlicher Aufgaben insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge schließt nachbarrechtliche Ansprüche nach der Rechtsprechung nicht von vornherein aus. Nur etwa Immissionen aus dem einer hoheitsrechtlichen Verpflichtung entsprechenden Gebrauch eines Grundstücks lassen keine nachbarrechtlichen Ansprüche entstehen (etwa Lärm, Staub, Abgase etc als Folge des Verkehrs auf einer Bundesstraße, 6 Ob 548/81 = SZ 55/55). Anders verhält sich dies aber zB bei Ausfließen von Wasser aus einer im Straßengrund verlegten Wasserleitung infolge eines Rohrbruchs (1 Ob 72/65 = SZ 38/106), weil die Vorsorge und Verantwortung dafür, dass im Fall eines Defekts nicht Immissionen in benachbarte Privatgrundstücke erfolgen, nicht der Erfüllung von Aufgaben der Hoheitsverwaltung dienen (vgl auch 1 Ob 21/85 = SZ 59/5 mwH; 1 Ob 31/78, Ausgleichsanspruch; RIS Justiz RS0010622; RS0010575). In der Entscheidung SZ 38/106 nannte der Oberste Gerichtshof das Beispiel einer Kaserne, die zum Verwaltungsvermögen des Bundes gehöre, und, wenn sie der Unterbringung von Truppen diene, auch von ihrem Eigentümer zur Erfüllung von Aufgaben im Bereich der Hoheitsverwaltung verwendet werde. Dennoch bestehen zu den Eigentümern benachbarter Grundstücke doch auch gewisse nachbarrechtliche Beziehungen: Die Vorsorge dafür, dass vom Kasernenbereich nicht Abwässer, Rauch etc die Nachbargrundstücke beeinträchtigen, gehöre nicht zum Bereich der Hoheitsverwaltung.

3.3 Im Anlassfall wendet sich der Kläger, worauf er im Rekurs auch hinweist, nicht gegen die Errichtung der Müllsammelstelle an sich. Sein Begehren richtet sich vielmehr gegen Immissionen, die sich nach seinem für die Frage der Rechtswegzulässigkeit allein maßgeblichen Vorbringen aus der konkreten Ausgestaltung und dem Betrieb der „Müllinsel“ ergeben und die das ortsübliche Ausmaß überschreiten. Nach dem Vorbringen des Klägers können diese für den Betrieb der „Müllinsel“ nicht notwendigen Immissionen durch bauliche bzw organisatorische Maßnahmen verhindert werden.

3.4 Gemäß § 14 Abs 1 TAWG (idF LGBl 2008/3) hat die Nebenintervenientin zur Besorgung der Aufgaben nach § 14 Abs 2 TAWG eine öffentliche Müllabfuhr einzurichten und Abfallberatung zu betreiben. Sie kann sich zur Besorgung dieser Aufgaben gemäß § 14 Abs 1 Satz 2 TAWG auch eines privaten Unternehmens hier der Beklagten bedienen. Gemäß § 14 Abs 2 lit d TAWG ist durch die öffentliche Müllabfuhr entsprechend den Grundsätzen gemäß § 4 Abs 6 TAWG auch dafür zu sorgen, dass eine ausreichende Anzahl von öffentlichen Sammelstellen für jene dem Hausmüll zuzuordnenden Abfälle, die getrennt zu sammeln und von den Inhabern der Abfälle zu den öffentlichen Sammelstellen zu bringen sind (vgl nunmehr Sammelstellen für den Siedlungsabfall iSd § 14 Abs 2 lit b TAWG idgF), bereitgestellt wird. Gemäß § 4 Abs 2 TAWG hat die Abfallbewirtschaftung ua auch ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit und ohne unzumutbare Belästigungen von Menschen (lit a), sowie ohne Verursachung von Geräuschen und Lärm in übermäßigem Ausmaß (lit f) zu erfolgen (vgl nunmehr § 4 Abs 6 lit a und d TAWG idgF). Die Gemeinde hat gemäß § 15 TAWG durch Verordnung eine Müllabfuhrordnung zu erlassen. Die nach dieser Bestimmung erlassene Müllabfuhrordnung der Landeshauptstadt Innsbruck 1992 (MO, D 7/1, vgl Beil./8) enthält in § 9 Benützungsregeln für öffentlich bereit gestellte Sammelbehälter für Altglas, Altmetalle und Altpapier (Kartonagen) iSd § 4 lit b d MO (vgl § 4, getrennt zu sammelnde Siedlungsabfälle, und § 9, Benützung öffentlich bereitgestellter Sammelbehälter bei Wertstoffinseln, der MO 2012, D 07 01).

3.5 Die Bestimmungen des TAWG und der MO sehen zwar vor, dass eine öffentliche Müllabfuhr mit genügenden Müllsammelstellen einzurichten ist, sie enthalten aber keine näheren Regelungen über die Größe und die Lage einer konkreten Müllinsel oder über die konkrete Situierung der einzelnen Müllcontainer. Aus dem TAWG ergibt sich auch nicht, dass in Bezug auf die konkrete Ausgestaltung und den konkreten Betrieb der hier in Rede stehenden Müllinsel hoheitliche Anordnungen, etwa in Form von Verordnungen oder (über eine Anlagengenehmigung hinausgehenden) Bescheiden, bestehen.

TAWG und MO enthalten auch keine verpflichtenden Regelungen zu den Betriebszeiten der Müllinsel. Die Benützungsregeln der MO (§ 9 Abs 1 letzter Satz) sehen zwar vor, dass die Benützung der Altglasbehälter nur in der Zeit von 7:00 Uhr bis 20:00 Uhr erlaubt ist. Diese Anordnung richtet sich zum einen nicht an den Betreiber der Müllinsel und erfasst zum anderen auch nicht die gesamte Tätigkeit auf dem Müllplatz. Dementsprechend begehrt der Kläger unter anderem die Unterlassung von Lärmimmissionen auch außerhalb der erwähnten Zeiten etwa durch „Zuknallen“ von Containerdeckeln oder durch Entleerung der Müllcontainer. § 8 Abs 2 MO regelt lediglich, dass die Stadtgemeinde für die „zeitgerechte Abholung“ der getrennt gesammelten Wertstoffe Altglas, Altmetalle und Altpapier unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Abfallwirtschaft zu sorgen hat. Auch darin ist keine Festlegung konkreter Betriebszeiten gelegen.

3.6 Für den nachbarrechtlichen Abwehranspruch ist auf jene Tätigkeit abzustellen, von der die inkriminierten Immissionen ausgehen. Begehren und Vorbringen des Klägers zielen in dieser Hinsicht auf die konkrete Ausgestaltung und den Betrieb der in Rede stehenden Müllinsel ab. In Bezug darauf bestehen keine hoheitlichen Anordnungen, die für die hoheitliche Unterordnung des Individuums im Verhältnis zum Staat typisch wären und mit denen der Staat von seinem Imperium gegenüber den Bürgern Gebrauch macht. Die konkrete Ausgestaltung und der konkrete Betrieb der zu beurteilenden Müllinsel kann daher nicht als Erfüllung einer hoheitlichen Verpflichtung qualifiziert werden, weshalb der vom Kläger erhobene Abwehranspruch im Rechtsweg geltend gemacht werden kann. Die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, etwa im Rahmen der Daseinsvorsorge, ist nicht gleichbedeutend mit der Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe. Nur wenn eine Maßnahme vorliegen würde, die eindeutig der Hoheitsverwaltung zuzuordnen wäre, wäre der Rechtsweg ausgeschlossen.

3.7 Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Entscheidung über den vom Kläger erhobenen Anspruch ausnahmsweise (8 Ob 41/09a; 10 Ob 77/04b) den ordentlichen Gerichten entzogen und ausdrücklich vor eine andere Behörde verwiesen hätte. Immer dann, wenn von der Zuständigkeit der Gerichte zur Entscheidung über bürgerliche Rechtssachen (§ 1 JN) eine Ausnahme geschaffen werden soll, muss dies in dem hiefür erforderlichen „besonderen Gesetz“ klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden (1 Ob 20/07h mwH; Mayr in Rechberger , ZPO³ Vor § 1 JN Rz 5 und § 1 JN Rz 1 mwH; RIS Justiz RS0045438). Eine ausdehnende Auslegung von Vorschriften, welche die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde normieren, ist unzulässig (RIS Justiz RS0045474). Hier ist im Übrigen gar nicht strittig, dass der Kläger gegen die Ausgestaltung der Müllinsel bzw gegenüber den hoheitlichen Zweck hinausgehende Immissionen in keiner Weise im Verwaltungsweg vorgehen hätte können bzw könnte.

3.8 Der Zulässigkeit des Rechtswegs steht auch nicht entgegen, dass nach § 54 Abs 1 Z 1 AWG 2002 für die Errichtung, den Betrieb oder eine wesentliche Änderung von öffentlich zugänglichen Altstoffsammelzentren für Siedlungsabfälle eine Genehmigungspflicht durch die Bezirksverwaltungsbehörde (§ 38 Abs 7 AWG 2002) besteht, sofern sie nicht der Genehmigungspflicht gemäß den §§ 74 ff GewO 1994 unterliegen. Dies betrifft die Frage nach dem Vorliegen einer behördlich genehmigten Anlage und damit die Begründetheit des gerichtlich geltend gemachten Abwehranspruchs. Die Tiroler Bauordnung findet auf Container zum Sammeln von Abfällen keine Anwendung (§ 1 Abs 3 lit g Tiroler Bauordnung 2001, LGBl 2001/94, ebenso § 1 Abs 3 lit g TBO 2011, LGBl 2011/57).

4. Auch die Frage der Formulierung des Klagebegehrens bzw die Frage, ob es in seiner derzeitigen Formulierung den oben angestellten Überlegungen entspricht, ist eine Frage seiner sachlichen Berechtigung, die erst im weiteren Verfahren zu erörtern sein wird.

5. Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen erweist sich der Rechtsweg im konkreten Fall als zulässig. Dem Rekurs war daher Folge zu geben. Das Berufungsgericht wird unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund inhaltlich über die Berufungen zu entscheiden haben.

6. Infolge des amtswegigen Vorgehens des Berufungsgerichts liegt kein echter Zwischenstreit vor, weshalb die Kostenentscheidung gemäß § 52 Abs 1 ZPO vorzubehalten war (1 Ob 153/02k mwN; 3 Ob 163/05z; 4 Ob 83/09y).

Rechtssätze
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