JudikaturJustiz8Ob133/22z

8Ob133/22z – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Dezember 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn und die Hofräte Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Insolvenzsache der Schuldnerin B* GmbH, *, über den Berichtigungsantrag und den Revisionsrekurs des Insolvenzverwalters Dr. Christian Stapf, Rechtsanwalt in Wien, vertreten durch die Stapf Neuhauser Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 28. Juli 2022, GZ 6 R 51/22x 47, mit welchem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 26. Jänner 2022, GZ 3 S 81/21p 41, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Der Berichtigungsantrag wird abgewiesen.

II. Der Revisionsrekurs wird, soweit er die Entlohnung des Insolvenzverwalters betrifft, zurückgewiesen.

III. Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

[1] Die Schuldnerin war grundbücherliche Alleineigentümerin einer Liegenschaft, die sie mit Pfandbestellungsvertrag vom 31. 8. 2 018 mit einem Höchstbetragspfandrecht über 2.301.000 EUR zu G unsten der O* S.A. belastete. Die im Grundbuch nachfolgenden Pfandrechte stammen aus de n Jahren 2020 und 2021.

[2] A m 10. 8. 2021 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet, ein Insolvenzverwalter bestellt und sodann die Liegenschaft freihändig veräußert, wobei ein Erlös von 4.710.000 EUR erzielt wurde. Der Insolvenzverwalter beantragte, seine Entlohnung mit 103.530 EUR zu bestimmen.

[3] Die O* S.A. meldete eine Forderung von 2.746.000 EUR zuzüglich 37.688 EUR Zinsen an und brachte dazu vor, dass ihr die Schuldnerin aufgrund des Finanzierungsvertrags vom 4. 7. 2018 zur Sicherstellung ihrer Forderungen aus der Inhaberschuldverschreibung „Zero-Bonds I“ ein H öchstbetragspfandrecht über 2.301.000 EUR eingeräumt habe. M it Finanzierungsvertrag vom 26. 3. 2019 sei d iese Inhaberschuldverschreibung über eine weitere Inhaberschuldverschreibung „Zero-Bonds II“ über 2,746.000 EUR refinanziert worden. Es sei vereinbart worden, dass das eingetragene Pfandrecht auch zur Sicherung dieser Inhaberschuldverschreibung hafte .

[4] Zum Nachweis der angemeldeten Forderung legte die O* S.A. unter anderem die Pfandurkunde vom 31. 8. 2018, die beiden Inhaberschuldverschreibungen, eine schriftliche Erklärung des G eschäftsführers der Schuldnerin, wonach die angemeldete Forderung zu Recht bestehe, sowie die Anleihebedingungen zur Inhaberschuldverschreibung „Zero-Bonds II“ vor, nach denen das eingetragene H öchstbetragspfandrecht zur Besicherung der Forderungen aus der Inhaberschuldverschreibung „Zero-Bonds II“ dienen soll .

[5] Der Insolvenzverwalter und die Gläubigerin B* AG erhoben gegen die B erücksichtigung der angemeldeten Forderung Widerspruch. Es seien die Finanzierungsverträge nicht vorgelegt worden. Es sei auch nicht nachgewiesen worden, welche Zahlungen erfolgt seien. Das Pfandrecht beziehe sich lediglich auf d ie Forderungen aus dem Finanzierungsvertrag vom 4. 7. 2018, die angemeldeten Forderungen aber auf den Finanzierungsvertrag vom 26. 3. 2019.

[6] Mit dem angefochtenen Vert e ilungsbeschluss wies d as Erstgericht aus dem Veräußerungserlös dem Insolvenzverwalter die für die Verwaltung und Verwertung der Liegenschaft mit 78.703,32 EUR bestimmten Kosten zu und sprach aus, dass die O* S.A. keine Zuweisung erhalte. Das im G rundbuch eingetragene Pfandrecht beziehe sich nur auf den nicht mehr bestehenden Finanzierungsvertrag vom 4. 7. 2018, nicht jedoch auf die Refinanzierung vom 26. 3. 2019, sodass eine unzulässige Erweiterung des bestehenden Pfandrechts vorliege. Darüber hinaus seien zum Nachweis der angemeldeten Forderung und deren Charakter keine ausreichenden Unterlagen vorgelegt worden.

[7] Das Rekursgericht änderte den Verteilungsbeschluss dahin ab, dass der O* S.A. der nach Berücksichtigung der vorrangigen Forderungen verbleibende Veräußerungserlös von 1.474.046,96 EUR zugewiesen und die Widersprüche des Insolvenzverwalters und der B* AG auf den Rechtsweg verwiesen wurden. Da im Zeitpunkt des Finanzierungsvertrags vom 27. 3. 2019 keine nachrangigen Pfandrechte eingetragen gewesen wären, habe die Schuldnerin nach dem Erlöschen der Forderung aus dem Finanzierungsvertrag vom 4. 7. 2018 das frei gewordene Pfandrecht nach §§ 469, 469a ABGB auf eine andere Forderung des bisherigen Gläubigers übertragen können, ohne dass eine neuerliche grundbücherliche Eintragung erforderlich gewesen wäre. Die O* S.A. habe sämtliche bezughabenden Unterlagen vorgelegt. Da die Fälligkeit der Inhaberschuldverschreibung erst nach Insolvenzeröffnung eingetreten sei und bis dahin keine Saldomitteilung ergehen habe können, sei die „Saldomitteilung“ in der Forderungsanmeldung gelegen. Die Ausgabe der Inhaberschuldverschreibung indiziere den Erhalt der Zahlung, sodass die Widerspruchswerber mit ihren gegenteiligen Behauptungen auf den Rechtsweg zu verweisen seien. Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, welche Urkunden zum Nachweis von Forderungen aus Inhaberschuldverschreibungen vorzulegen sind.

[8] Dagegen richtet sich der Berichtigungsantrag und der Revisionsrekurs des Insolvenzverwalters mit dem Antrag, die Entscheidung des Rekursgerichts dahin abzuändern, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt werde, in eventu die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen, in eventu die Entscheidung des Rekursgerichts dahin zu berichtigen, dass ihm für die Verwaltung und Verwertung der Liegenschaft Sondermassekosten von 103.530 EUR zugewiesen werden.

[9] Revisionsrekursbeantwortungen wurden nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

[10] Der Berichtigungsantrag ist nicht berechtigt. Der Revisionsrekurs ist, soweit damit eine Erhöhung der Entlohnung des Insolvenzverwalters angestrebt wird, jedenfalls unzulässig. Im Übrigen ist der Revisionsrekurs aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

[11] 1. Der Insolvenzverwalter führt zur Begründung seines Berichtigungsantrags aus, dass seine Entlohnung, nachdem das Rekursgericht den gesamten Veräußerungserlös verteilt hat, aufgrund einer Bemessungsgrundlage von 4.710.000 EUR mit 103.530 EUR zu bestimmen gewesen wäre. Eine Berichtigung von Entscheidungen nach § 419 ZPO setzt aber voraus, dass das, was ausgesprochen wurde, nicht dem Willen des Gerichts entsprochen hat (RIS Justiz RS0041362; RS0041418). Demgegenüber ist eine Berichtigung unzulässig, wenn es sich um eine so gewollte Entscheidung handelt, auch wenn sie rechtlich unrichtig sein sollte (RS0041362). Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichts über die Entlohnung des Insolvenzverwalters abändern hätte wollen, weshalb der Berichtigungsantrag abzuweisen war.

[12] 2. § 528 Abs 2 Z 3 ZPO, wonach ein Revisionsrekurs über den Kostenpunkt unzulässig ist, gilt auch im Insolvenzverfahren. Der Rechtsmittelausschluss erstreckt sich auf sämtliche Entscheidungen, mit denen in irgendeiner Form über Kosten abgesprochen wird (RS0044233). Dementsprechend entscheidet das Rekursgericht auch über die Entlohnung des Insolvenzverwalters anlässlich der gerichtlichen Veräußerung von Sachen und der Verteilung des Erlöses endgültig (RS0044275). Soweit der Insolvenzverwalter eine Abänderung der Entscheidung des Rekursgerichts hinsichtlich der ihm aus dem Veräußerungserlös zuzuweisenden Entlohnung anstrebt, ist der Revisionsrekurs deshalb jedenfalls unzulässig.

[13] 3.1. Der Insolvenzverwalter macht geltend, dass die O* S.A. keine ausreichenden Unterlagen vorgelegt habe, um die Zuzählung des Kapitals und die Berechtigung ihrer Forderung prüfen zu können, zumal der Finanzierungsvertrag vom 26. 3. 2019 nicht vorgelegt worden sei, keine unwidersprochene Saldenmitteilung vorliege und der Bestätigung des Geschäftsführers der Schuldnerin im Insolvenzverfahren kein Erklärungswert beigemessen werden dürfe.

[14] 3.2. Die mit ihren Ansprüchen auf das Meistbot gewiesenen Personen haben nach § 210 Abs 1 EO die zum Nachweis der Ansprüche erforderlichen Urkunden vorzulegen, falls sich diese nicht schon bei den Zwangsversteigerungsakten befinden, widrigenfalls ihre Ansprüche bei der Verteilung nur insoweit berücksichtigt werden können, als sie sich aus dem Grundbuch als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet ergeben. Für die Anmeldung einer durch Höchstbetragshypothek gesicherten Forderung wurde mit § 211 Abs 5 EO idF EO Nov 2000 insoweit eine Erleichterung geschaffen, als zum Nachweis des zum Zeitpunkt der letzten vom Verpflichteten unwidersprochen gebliebenen Saldomitteilung offenen Betrags die Vorlage dieser Saldomitteilung ausreicht.

[15] 3.3. Der Oberste Gerichtshof hat bereits darauf hingewiesen, dass die Forderungsanmeldung einer vom Verpflichteten unwidersprochen gebliebenen Saldomitteilung nicht gleichgestellt werden kann (RS0117428 [T4]). § 211 Abs 5 EO setzt nämlich die Übermittlung einer Saldomitteilung voraus und kann nicht auf andere Verhaltensweisen des Verpflichteten, insbesondere nicht auf sonstige (stillschweigende) Anerkenntnisse einer angemeldeten Forderung ausgedehnt werden (RS0117430). Wurde keine Saldomitteilung vorgelegt, gelten für den Nachweis der angemeldeten Forderung deshalb die von der Rechtsprechung zu § 210 EO aufgestellten Kriterien (RS0117434).

[16] 3.4. Der Insolvenzverwalter verweist auf die Rechtsprechung, wonach zum Nachweis einer Forderung aus einer Höchstbetragshypothek die Bewegungen am Kreditkonto darzustellen sind, weil der Insolvenzverwalter und die nachrangigen Gläubiger nur so prüfen können, ob der in der Forderungsanmeldung angegebene Betrag vom Schuldner tatsächlich in Anspruch genommen wurde (RS0021968 [T2]). Diese Rechtsprechung betrifft aber nur Fälle, in denen dem Schuldner ein Kreditrahmen eingeräumt wurde, sodass die Höhe des tatsächlich in Anspruch genommenen Kredits aus den Vertragsunterlagen nicht ersichtlich ist. Dementsprechend ist diese Rechtsprechung auf Inhaberschuldverschreibungen, die eine betraglich fixierte Forderung verbriefen, nicht übertragbar.

[17] 3.5. Eine Inhaberschuldverschreibung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Inhaber des Wertpapiers zur Geltendmachung des darin verbrieften Anspruchs berechtigt ist, sodass er keine weiteren Nachweise für seine materielle Berechtigung aus dem Papier erbringen muss (RS0041394). Daraus folgt, dass die O* S.A. die angemeldete Forderung bereits durch die Vorlage der Inhaberschuldverschreibung „Zero-Bonds II“ nachweisen konnte, ohne dass es noch der Vorlage des Finanzierungsvertrags vom 26. 3. 2019 oder eines Belegs für die an die Schuldnerin geleistete Zahlung bedarf.

[18] 3.6. Wenngleich die im Grundbuch einverleibte Höchstbetragshypothek nach der Pfandurkunde vom 31. 8. 2018 die Forderungen aus der Inhaberschuldverschreibung „Zero-Bonds I“ betraf, ist aus den vorgelegten Anleihebedingungen ersichtlich, dass dieses Pfandrecht nach § 469 ABGB auf die Inhaberschuldverschreibung „Zero-Bonds II“ übertragen wurde. Dass damals keine nachrangigen Pfandrechte eingetragen waren, die einer solchen Übertragung nach § 469a ABGB entgegengestanden wären, ist schon aus dem Grundbuch ersichtlich. Da das eingetragene Pfandrecht auf eine neue Forderung desselben Gläubigers übertragen wurde, musste die Übertragung des Pfandrechts auch nicht im Grundbuch eingetragen werden (RS0003367).

[19] 3.7. Im Ergebnis hat die O* S.A. damit die nach § 210 EO zum Nachweis des angemeldeten Anspruchs erforderlichen Urkunden vorgelegt, sodass der Revisionsrekurs, soweit er sich gegen diese Zuweisung richtet, nicht berechtigt ist.

Rechtssätze
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