JudikaturJustiz7Ob676/89

7Ob676/89 – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. November 1989

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta, Dr.Egermann und Dr.Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing.Johann E***, Baumeister, Fehring, Grazerstraße 3, vertreten durch Dr.Hans Miksch, Rechtsanwalt in Jennersdorf, wider die beklagte Partei Walter H***, Tankstellenpächter, Fehring, Hauptplatz 28, vertreten durch Dr.Georg Hoffmann, Rechtsanwalt in Graz, wegen Herausgabe von Fahrnissen (Revisionsstreitwert S 737.700,05 sA) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 28.März 1989, GZ 1 R 39/89-50, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 9.Dezember 1988, GZ 6 Cg 215/88-43, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.958,32 (darin S 2.993,05 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 22.4.1982 wurde über das Vermögen des Klägers der Konkurs eröffnet und der Rechtsanwalt Dr.Arne S*** zum Masseverwalter bestellt. Mit Vertrag vom 13. und 22.12.1982 verkaufte der Masseverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses und mit Genehmigung des Konkursgerichtes die dem Gemeinschuldner gehörigen Grundstücke Nr.189 und 225 der EZ 447 KG Fehring mit dem Haus Bahnhofstraße Nr.23 umd S 600.000 an den Beklagten. Nach Verteilung des Massevermögens wurde der Konkurs gemäß § 139 KO am 19.7.1985 aufgehoben.

In der am 28.11.1985 eingebrachten Klage behauptet der Kläger, der Beklagte habe durch den Kauf der beiden Grundstücke nicht auch Eigentum an verschiedenen Gegenständen, die auf den Grundstücken gelagert gewesen seien und zum Zimmereibetrieb des Klägers gehört hätten, erworben. Diese Fahrnisse seien nicht in die anläßlich der Konkurseröffnung erstellte Inventarliste aufgenommen worden. Da der Kläger Eigentümer der Fahrnisse geblieben sei, verlange er deren Herausgabe. Für den Fall, daß der Beklagte nicht mehr Besitzer der Gegenstände sein sollte, stelle der Kläger ein Eventualbegehren auf Zahlung von S 930.606,05 sA.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Soweit sich auf den von ihm erworbenen Liegenschaften Gegenstände befunden hätten, seien diese vom Masseverwalter mitverkauft und übergeben worden. Der Masseverwalter habe hiefür die Genehmigung des Gläubigerausschusses und des Konkurskommissärs eingeholt. Der Wert dieser Gegenstände sei so gering gewesen, daß er nicht einmal die Räumungskosten gedeckt hätte. Den Großteil der in der Klage aufgezählten Fahrnisse habe der Beklagte nie erhalten; einige der übergebenen Gegenstände habe er verkauft.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, einen Teil der begehrten Gegenstände herauszugeben und dem Kläger S 30.000 zu bezahlen; das Mehrbegehren wies es ab. Das Erstgericht traf folgende Feststellungen:

Die klagegegenständlichen Werkzeuge und Maschinen, das Schnitt- und Kantholz gehörten zum Zimmereibetrieb des Klägers, die Baustoffe zu seinem Dachdeckereibetrieb. Alle diese Fahrnisse lagerten auf den Grundstücken, die an den Beklagten verkauft wurden. Anläßlich der im Konkursverfahren durchgeführten Inventarisierung am 7.5.1982 unterblieb die Aufnahme dieser Gegenstände, weil der Kläger den Masseverwalter nicht darauf hinwies, daß die Grundstücke mit dem Haus Bahnhofstraße 23 und den Nebengebäuden zur Konkursmasse gehörten.

Noch vor dem Verkauf der Grundstücke an den Beklagten wurden vom Masseverwalter Fahrnisse, die sich auf den Liegenschaften befunden hatten, um etwa S 30.000 verkauft. Auch Antonia W*** verkaufte nach Konkurseröffnung einige Gegenstände, die sich auf den später vom Beklagten erworbenen Grundstücken befanden. Als der Beklagte die Räumung der auf der Liegenschaft befindlichen und von ihm als "Gerümpel" bezeichneten Fahrnisse begehrte, holte der Masseverwalter ein Sachverständigengutachten ein, in dem die Kosten der Räumung mit S 80.000 angegeben wurden. Da die Konkursmasse diesen Betrag nicht aufbringen konnte, schlug der Masseverwalter dem Beklagten vor, er solle die noch vorhandenen Fahrnisse übernehmen. Der Beklagte war nicht bereit, für die Fahrnisse etwas zu bezahlen, bot jedoch dem Masseverwalter an, für ihre Entfernung zu sorgen. Damit war der Masseverwalter einverstanden. Da der Beklagte der Ansicht war, durch einen Verkauf zumindest die Räumungskosten abdecken zu könne, verkaufte er einige Fahrnisse um insgesamt etwa S 20.000 bis S 30.000; die übrigen Gegenstände verblieben auf der Liegenschaft.

1985 gab es in Fehring ein Hochwasser, durch das die Liegenschaft des Beklagten in Mitleidenschaft gezogen wurde. Zur Zeit der Klageeinbringung befand sich etwa die Hälfte der von Kläger begehrten Gegenstände auf der Liegenschaft. Ihr Wert beträgt S 162.906.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, es sei kein wirksamer Vertrag zwischen dem Masseverwalter und dem Beklagten über die auf der Liegenschaft befindlichen Fahrnisse zustandegekommen, weil das Konkursgericht diesem Vertrag nicht zugestimmt habe. Die auf der Liegenschaft vorhandenen Gegenstände seien daher im Eigentum des Klägers verblieben. Der Beklagte könne aber nur verhalten werden, die noch vorhandenen Gegenstände herauszugeben und den Erlös zu bezahlen, den er aus Verkäufen erzielt habe. Dieser sei mit S 30.000 festzusetzen und dem Kläger zuzusprechen gewesen.

Die zweite Instanz gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm den festgestellten Sachverhalt und führte in seiner rechtlichen Beurteilung aus, die vorliegende Klage stelle sich als Eigentumsklage nach § 366 ABGB dar. Der Kläger habe daher sein Eigentum und die Tatsache zu beweisen, daß der Beklagte die Gegenstände zur Zeit der Urteilsfällung (des Schlusses der mündlichen Verhandlung) oder wenigstens der Zustellung der Klage, wenn auch bloß mittelbar, innegehabt habe. Dieser Grundsatz gelte auch für die anstelle einer Herausgabeklage tretende oder wahlweise erhobene Wertersatz- oder Interessenklage. Da der Kläger nicht bewiesen habe, daß die Gegenstände, bezüglich deren er ein Eventualbegehren auf (restlich) S 737.700,05 erhoben habe, zur Zeit der Klagezustellung oder des Schlusses der mündlichen Verhandlung im Besitz oder in der Innehabung des Beklagten standen oder der Beklagte nach diesen Zeitpunkten den Besitz an bestimmten Gegenständen aufgegeben hatte, müsse die Klage in diesem Umfang erfolglos bleiben. Aus den Feststellungen ergebe sich, daß alle Fahrnisse, die nicht vom Masseverwalter, von Antonia W*** oder vom Beklagten vor der Klagezustellung am 12.12.1985 verkauft wurden, auf der Liegenschaft des Beklagten verblieben seien. Auch der Kläger habe nicht behauptet, daß der Beklagte bestimmte Fahrnisse nach Klagezustellung verkauft, verbraucht oder vernichtet habe.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht der Kläger einerseits Feststellungsmängel geltend, die unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zu behandeln sein werden. Zum andern bekämpft er in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen.

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung führt der Kläger aus, der Beklagte sei unredlicher Besitzer der Fahrnisse gewesen und als solcher verbunden, iS des § 335 ABGB allen durch seinen Besitz erstandenen Schaden zu ersetzen. Der Beklagte sei als Vollkaufmann anzusehen. Ahnungslosigkeit über die dem Masseverwalter im Konkurs zukommenden Befugnisse könne ihm nicht zugebilligt werden. Schon bei leichter Fahrlässigkeit aber sei Redlichkeit ausgeschlossen.

Beizupflichten ist zunächst den Vorinstanzen darin, daß eine Eigentumsklage iS des § 366 ABGB die Gewahrsame oder wenigstens den mittelbaren Besitz des Beklagten im Zeitpunkt der Klagezustellung oder des Schlusses der mündlichen Verhandlung erfordert und daß auch der eventualiter geltend gemachte Anspruch auf Wertersatz nur dann zum Erfolg führen kann, wenn ein Anspruch auf die primäre Leistung, deren Wert verlangt wird, erhoben werden kann (EvBl 1978/173, EvBl 1955/375; SZ 27/154). Zur Herausgabe jener Sachen, die der Beklagte zur Zeit der Zustellung der Klage in seinem zumindest mittelbaren Besitz hatte, wurde er deshalb bereits rechtskräftig verurteilt, weil ein rechtlich wirksames Veräußerungs- oder Übereignungsgeschäft zwischen dem Masseverwalter und dem Beklagten nicht zustandegekommen ist, so daß die auf der Liegenschaft vorhandenen Gegenstände im Eigentum des Klägers verblieben sind. Weshalb der Beklagte auch zur Zahlung jenes Betrages verurteilt wurde, den er vor Zustellung der Klage durch den Verkauf verschiedener Fahrnisse, die sich auf der Liegenschaft befunden hatten, erzielt hat, wird aus der Entscheidung des Erstgerichtes nicht deutlich. Denn der Beklagte hat sich zur Zeit der Klagezustellung nicht mehr im (zumindest mittelbaren) Besitz jener Gegenstände befunden.

Gegenstand des Revisionsverfahrens (wie auch bereits des Berufungsverfahrens) ist allerdings allein das Eventualbegehren auf Zahlung unter Berücksichtigung des festgestellten Wertes der noch im Besitz des Beklagten stehenden Fahrnisse und des aus der Veräußerung eines Teils der ihm übergebenen Fahrnisse erzielten Erlöses. Mit einer Eigentumsklage, auch in der Form einer Wertsatzklage, kann der Kläger den Beklagten nicht belangen, weil er nicht bewiesen hat, daß der Beklagte jene Sachen, hinsichtlich derer das Eventualbegehren abgewiesen wurde, besitzt oder doch im Zeitpunkt der Klagezustellung besessen hat. Es besteht allerdings auch gegen den unredlichen Besitzer ein Ersatzanspruch ohne Rücksicht auf die Zeit der Veräußerung, so daß dieser, wenn er die Sache vor der Klage veräußert hat, auch den außerordentlichen Preis zu ersetzen hat. Der redliche Besitzer hingegen ist, wenn er die Sache vor diesem Zeitpunkt veräußert, nicht einmal zur Herausgabe des erhaltenen Entgelts verpflichtet (Ehrenzweig2 I/2, 291). Nur der unredliche Bereicherungsschuldner hat jedenfalls den gemeinen Wert der Sache zu ersetzen, wenn er die Sache verbraucht oder sonst veräußert hat (SZ 57/44).

Das Eventualbegehren des Klägers umfaßt zwar den Wertersatz auch für jene Gegenstände, in deren Besitz sich der Beklagte nicht mehr befindet. Ganz abgesehen davon, daß die Klage jeden Hinweis vermissen läßt, der Beklagte sei etwa unredlicher Besitzer der von ihm erworbenen Sachen gewesen (wäre also von der Rechtsmäßigkeit des eigenen Besitzes, der Gültigkeit des den Rechtserwerb rechtfertigenden Titels nicht überzeugt gewesen - Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 326) - der Kläger hat erst in der Berufung und neuerlich in der Revision unredlichen Besitz des Beklagten als (unzulässige) Neuerung geltend gemacht -, hat auch das durchgeführte Verfahren keinen Anhaltspunkt in dieser Richtung ergeben, so daß das Erstgericht dem Beklagten - wie der Kläger in seiner Berufung (S 8 oben der Berufungsschrift) auch gar nicht verkennt - die Stellung eines redlichen Besitzers zugebilligt hat. Es darf aber vor allem nicht übersehen werden, daß das Erstgericht nicht als erwiesen angenommen hat, der Beklagte sei jemals in den Besitz jener Gegenstände gekommen, zu deren Herausgabe er nicht ohnedies verurteilt oder hinsichtlich derer ein Erlös von S 30.000 als erwiesen angenommen wurde, zu dessen Zahlung er gleichfalls verhalten wurde. Denn es hat (nach einem Hinweis auf die Veräußerung von Fahrnissen durch den Masseverwalter und Antonia W***) festgestellt, daß der Beklagte einige Fahrnisse verkaufte, "wofür er ingesamt ca S 20.000 bis S 30.000 hereinbrachte, die übrigen Sachen blieben auf der Liegenschaft". Das Erstgericht hat daher unbeschadet seiner rechtlichen Beurteilung der vorliegenden Klage als Eigentumsklage iS des § 366 ABGB den Beklagten ohndies zur Herausgabe aller Sachen oder ihres Erlöses verurteilt, die der Beklagte nach seinen (des Erstgerichts) Feststellungen anläßlich des Erwerbs der Grundstücke übernommen hat.

Der Revision mußte deshalb ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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