JudikaturJustiz7Ob673/76

7Ob673/76 – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Oktober 1976

Kopf

SZ 49/120

Spruch

Wird das Begehren auf Abschluß eines Vertrages ausschließlich auf die Bestimmungen eines schriftlichen Anwartschaftsvertrages gestützt, kann die Berechtigung dieses Begehrens nur an Hand dieses Vertragstextes geprüft werden. Eine Ergänzung aus dem Gesetz würde voraussetzen, daß die im angestrebten Vertrag enthaltenen Bestimmungen zwingend aus dem Gesetz abzuleiten wären

Sind auch nur einzelne der begehrten Vertragsbestimmungen nicht durchsetzbar, muß das Klagebegehren abgewiesen werden, weil das Ausscheiden oder die Änderung solcher Bestimmungen gegenüber dem Klagebegehren ein aliud sind

Die taxativ genannten Ausschließungsgrunde des § 22 WEG 1975 können durch Vertrag weder erweitert noch eingeengt werden Beiträge, die als Rücklage im Sinne des § 16 WEG 1975 geleistet werden, dürfen nicht zur Deckung von Zahlungsausfällen herangezogen werden

Eine Verpflichtung des Wohnungseigentümers, eine Veräußerung seines Anteils nur durch den Verwalter vornehmen zu lassen, widerspricht dem § 24 Abs. 1 WEG 1975

OGH 14. Oktober 1976, 7 Ob 673/76 (OLG Wien 5 R 83/76; LG f. ZRS Wien 39 c Cg 46/75)

Text

Zwischen der Klägerin als Wohnungseigentumsorganisatorin und den beiden Beklagten wurden im Jahre 1969 gleichlautende Nutzungs- und Anwartschaftsverträge betreffend Wohnungen in der Wohnhausanlage Wien 17, S-Gasse, abgeschlossen. Der Wohnbau ist fertiggestellt. Die von den Beklagten in Wohnungseigentum zu erwerbenden Wohnungen wurden ihnen zur Nutzung übergeben. Abgesehen von noch aushaftenden Darlehen und Rechtsanwaltskosten haben die Beklagten alle geforderten Beträge bezahlt. Mit Ausnahme der beiden Beklagten sind alle Wohnungseigentümer mit ihren Anteilen bereits im Grundbuch eingetragen. In § 14 der Nutzungs- und Anwartschaftsverträge verpflichteten sich die Beklagten, einen Kaufvertrag hinsichtlich des Nutzungsobjektes abzuschließen, der unter anderem nachstehende Vereinbarungen zu enthalten hat:

"....... 4. Der Käufer hat sich zu verpflichten, bei Weiterveräußerung während der Dauer der Laufzeit der Förderungsdarlehen alle ihm auferlegten Pflichten auf den Rechtsnachfolger zu überbinden .....

6. Der Käufer ist verpflichtet, auch nach Abschluß des Kaufvertrages die von der Mehrheit der Miteigentümer, gerechnet nach Anteilen, zu beschließende Hausordnung einzuhalten und für die Einhaltung derselben durch seine Hausangehörigen Sorge zu tragen. Ein grober Verstoß gegen die gemeinschaftliche Hausordnung oder die Bestimmungen dieses Vertrages wäre ein Ausschließungsgrund aus der Eigentümergemeinschaft.

7. Die Verpflichtungen zur Beitragsleistung für einen Reparaturfonds und zur Tragung der Betriebskosten, einschließlich des Verwaltungsentgeltes, bleiben durch den Abschluß des Kaufvertrages unberührt.

..........

14. Alle Aufwendungen für die Liegenschaft sind nach dem Verhältnis der grundbücherlichen Anteile kostenmäßig zu tragen. Hiezu gehören insbesondere:

Die Betriebskosten, Steuern und Abgaben, ... Alle Auslagen für die Instandhaltung, ferner alle die hier nicht angeführten Aufwendungen, die auf Grund bestehender sowie künftiger Gesetze zu leisten sind, sowie die wie immer gearteten Aufwendungen, die sich aus dem gemeinsamen Eigentum ergeben. Zum Zwecke der Instandhaltung und zur Deckung allfälliger Zahlungsausfälle, die durch Nichteinhaltung der in diesem Vertrag festgelegten Verpflichtungen entstehen, einschließlich der mit der Geltendmachung und Eintreibung dieses Zahlungsausfalles verbundenen Kosten (wozu auch die anwaltliche Vertretung zählt), ist zu Handen des Hausverwalters, der bestehende Reparaturfonds gemäß § 7 sinngemäß fortzuführen. Der Miteigentümergemeinschaft steht es mit einfacher Mehrheit der Liegenschaftsanteile frei, eine abweichende Regelung zu treffen. Eine Rückzahlung aus diesem Fonds findet im Falle der Veräußerung des Miteigentumsanteiles nicht statt.

20. Der Käufer stimmt nach Kaufabschluß bis zum Tage der endgültigen Tilgung des Wohnbaudarlehens zu, daß die kaufgegenständliche Liegenschaft bis zu diesem Zeitpunkt von der,A" oder von dieser namhaft gemachten dritten Person zu den ortsüblichen Bedingungen verwaltet wird und verpflichtet sich zu diesem Zwecke zur Erteilung aller erforderlichen Vollmachten. Im übrigen sind die Bestimmungen der §§ 836 bis 838 ABGB anzuwenden, soweit in diesem Vertrag oder in dem abzuschließenden Wohnungseigentumsvertrag keine anderen Regelungen getroffen werden."

.............

Die Klägerin begehrt, die Beklagten schuldig zu erkennen, den einen integrierenden Bestandteil der Klage bildenden Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag zu unterfertigen und zwecks Verbücherung ihres Eigentumsrechtes ihre Staatsbürgerschaftsurkunden (Staatsbürgerschaftsnachweise) über die österreichische Staatsbürgerschaft im Grundbuch des Bezirksgerichtes Hernals vorzulegen. Sie behauptet, die Beklagten weigerten sich, den Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag zu unterschreiben. Außerdem hätten sie der Aufforderung des Notars Dr. M, die Staatsbürgerschaftsurkunden vorzulegen, nicht Folge geleistet.

Die Beklagten beantragten Klagsabweisung und behaupteten, die Punkte VIII, IX, XIII Abs. 3, XVI, XVII und XXI des ihnen vorgelegten Vertrages seien in wesentlichen Teilen vereinbarungs- und gesetzwidrig. Sie hätten sich nicht geweigert, ihre Staatsbürgerschaftsurkunden vorzulegen.

Die genannten Vertragspunkte haben folgenden Wortlaut:

"VIII: Die Wohnungseigentümer verpflichten sich für sich und ihre Rechtsnachfolger im Falle der Weiterveräußerung ihrer Anteile an einen Dritten zur Überbindung aller ihnen auferlegten Pflichten und erklären sich unter einem damit einverstanden, daß eine allfällige Weiterveräußerung während der Dauer der Verwaltung der gegenständlichen Liegenschaft durch die,A" nur von dieser bzw. dem von dieser bestimmten Rechtsvertreter durchgeführt wird.

IX: Auf die Verwaltung der Liegenschaft sind die Bestimmungen der §§ 836-838 ABGB anzuwenden, wobei für die Dauer der Laufzeit auch nur eines der im Punkt III dieses Vertrages angeführten Baudarlehen die Verwaltung der Liegenschaft zu den jeweils vom Verband der gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen empfohlenen Bedingungen durch die,A" erfolgt.

XIII Abs. 3: Zum Zwecke der Instandhaltung und allfälliger Instandsetzungen gemäß Punkt XI, sowie zur Deckung allfälliger Zahlungsausfälle, die durch Nichteinhaltung der in diesem Vertrag festgelegten Verpflichtungen entstehen, einschließlich der mit der Geltendmachung und Eintreibung dieser Zahlungsausfälle verbundenen Kosten (wozu auch die anwaltliche Vertretung zählt), ist von jedem Wohnungseigentümer zu Handen des Hausverwalters jährlich zwecks Bildung eines Fonds ein Monatsbetrag von je 1 S/m[2] Nutzfläche (Wert 1. Juli 1969) zu erlegen. Auf die sich so errechnende Endsumme des Reparaturfonds und seine Beiträge ist zum Zwecke der Wertsicherung der Index der Verbraucherpreise 1966 anzuwenden, wobei Veränderungen bis 10% unberücksichtigt bleiben, im Falle der Über- oder Unterschreitung jedoch voll zur Anrechnung gelangen. Der Miteigentumsgemeinschaft steht es mit einfacher Mehrheit der Liegenschaftsanteile frei, eine auch für die überstimmte Mehrheit bindende abweichende Regelung zu treffen. Eine Rückzahlung aus diesem Fonds im Falle der Veräußerung des Miteigentumsanteiles findet nicht statt.

XVI: Verstöße gegen die Bestimmungen dieses Vertrages und schwerwiegende Verstöße gegen die Hausordnung gelten als Ausschließungsgrunde gemäß 10 des Wohnungseigentumsgesetzes.

XVII: Alle Kosten, Gebühren und Abgaben, die sich aus der Errichtung und Verbücherung dieses Vertrages ergeben, haben die Wohnungseigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile unter solidarischer Haftung zu tragen.

XXI: Die Vertragsparteien ermächtigten und beauftragen hiermit den öffentlichen Notar Herrn Dr. M, den vorliegenden Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag in ihrem Namen im Grundbuch durchzuführen, und bevollmächtigen Herrn Dr. P, für den Fall einer Änderung des Wohnungseigentumsrechtes in Österreich die aus einer solchen Novellierung sich allenfalls ergebenden Vertragsänderungen, wie insbesondere jene des Wortlautes der Aufsandungsklausel und der zu beantragenden bücherlichen Eintragungen, in ihrem Namen vorzunehmen.

Beide Untergerichte wiesen das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht erblickte in den Punkten VIII, XVII, XXI, XIII Abs. 3 und XVI Verstöße entweder gegen die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 oder gegen die Bestimmungen des Nutzungs- und Anwartschaftsvertrages. Die Klägerin könne nur die Unterfertigung eines Vertrages begehren, der einerseits den vorher getroffenen Vereinbarungen entspricht und andererseits nicht gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstößt. Sei das Begehren auf Unterfertigung eines bestimmten Vertrages gerichtet, dann könne das Urteil nur entweder im Sinne des Klagebegehrens oder im Sinne seiner Abweisung ergehen. Eine Teilabweisung in dem Sinne, daß einzelne Vertragspunkte ausgeschieden werden, sei nicht möglich. In diesem Falle würde über ein aliud entschieden, weil es sich dann um einen Vertrag mit anderem Inhalt handeln würde. Da die Klägerin nicht die Unterfertigung des von ihr angestrebten Vertrages zur Gänze begehren könne, müsse das Klagebegehren abgewiesen werden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klägerin leitet die von ihr behauptete Verpflichtung der Beklagten zur Unterfertigung des Kaufvertrages eindeutig aus § 14 des Nutzungs- und Anwartschaftsvertrages ab. Lediglich die Verpflichtung, in die Einverleibung eines Pfandrechtes für eine Konventionalstrafe im Betrag von 30 000 S zu willigen, folgert sie direkt aus ihrer Satzung. Sieht man von der letztgenannten Bestimmung ab, war vorerst zu prüfen, ob der begehrte Vertrag durch § 14 des Nutzungs- und Anwartschaftsvertrages Deckung findet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob letzterer Vertrag als Punktation anzusehen ist oder nicht. Eine Ergänzung nach dem Parteiwillen würde nämlich ein entsprechendes Vorbringen voraussetzen. Wenn sich der Kläger, wie im vorliegenden Fall, zur Begründung seines Begehrens ausschließlich auf die Bestimmungen eines schriftlichen Vertrages beruft, kann die Berechtigung dieses Begehrens nur an Hand des Vertragstextes geprüft werden, weil jegliche Grundlage für die Feststellung eines darüber hinausgehenden Parteiwillens fehlt. Eine Ergänzung aus dem Gesetz würde aber voraussetzen, daß die im angestrebten Vertrag enthaltenen Bestimmungen zwingend aus dem Gesetz abzuleiten wären. Dagegen könnte von einer Ergänzung aus dem Gesetz keine Rede sein, wenn die ins Auge gefaßte Vertragsbestimmung zwar nicht im Widerspruch zum Gesetz steht, die in Frage kommenden Gesetzesbestimmungen aber auch andere Regelungen zuließen. Diesfalls stunde es einer Partei der Punktation nicht zu, der anderen Partei als Lösung einer in der Punktation nicht geregelte Frage eine von mehreren gesetzlich zulässigen Möglichkeiten aufzuzwingen. Daß die Beklagten zum Abschluß eines Vertrages mit Bestimmungen, die gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen, auch dann nicht gezwungen werden können, wenn diese Bestimmungen durch eine Punktation oder einen Vorvertrag gedeckt wären, bestreitet auch die Klägerin nicht.

Richtig haben die Untergerichte ausgeführt, daß das Klagebegehren schon abgewiesen werden muß, wenn nur einzelne der begehrten Vertragsbestimmungen nicht durchsetzbar wären, weil das Ausscheiden solcher Bestimmungen oder ihre Änderung zu einem aliud gegenüber dem Klagebegehren führen würde (EvBl. 1966/521 u. a.).

Es war sohin zu prüfen, ob der angestrebte Vertrag in sämtlichen Punkten des zwischen den Parteien abgeschlossenen Nutzungs- und Anwartschaftsvertrages Deckung findet und ob er zwingenden Gesetzesbestimmungen entspricht. Ist dies zu verneinen, muß das Klagebegehren abgewiesen werden. Der Hinweis der Revision, daß der Nutzungs- und Anwartschaftsvertrag schon nach seinem Wortlaut nicht sämtliche in Zukunft vorzunehmenden vertraglichen Regelungen genau umschreibt, geht insoweit ins Leere, als Vertragspunkte angestrebt werden, für deren Regelung keinerlei Grundlage ersichtlich ist. Der Klägerin diesbezüglich willkürliche Disposition bezüglich der Vertragsgestaltung einzuräumen, würde gegen tragende Grundsätze des Vertragsrechtes verstoßen.

Betrachtet man die einzelnen, vom Berufungsgericht bemängelten Vertragspunkte unter den aufgezeigten Gesichtspunkten, ergibt sich folgendes:

Zu Punkt VIII des begehrten Vertrages hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß er einerseits keine Deckung im Nutzungs- und Anwartschaftsvertrag finde und andererseits gegen § 24 Abs. 1 WEG

1975 verstoße. Tatsächlich verpflichtet § 14 Punkt 4 des Nutzungs- und Anwartschaftsvertrages den Käufer nur bei Weiterveräußerung während der Dauer der Laufzeit der Förderungsdarlehen alle ihm auferlegten Pflichten auf den Rechtsnachfolger zu überbinden. Der angestrebte Punkt VIII des Kaufvertrages bindet dagegen den Käufer insoweit viel weitergehend, als er einen direkten Weiterverkauf durch ihn selbst schlechthin ausschließt, und zwar nicht nur für die Darlehenslaufzeit, sondern während der Dauer der Verwaltung, was keineswegs dasselbe ist. In welcher vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmung die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluß eines Vertrages mit einer derartigen Bindung Deckung finden soll, stellt auch die Klägerin nicht dar. Schon deshalb fehlt ein Rechtsgrund für die Durchsetzung eines derartigen Begehrens.

Im übrigen wird das Verfügungsrecht des Eigentümers sehr wesentlich eingeschränkt, wenn er einen Verkauf nur durch einen Dritten vornehmen lassen darf. Hiermit würde nämlich unter Umständen entscheidender Einfluß auf die Art und den Inhalt der Verkaufsverhandlungen genommen. Sohin verstößt dieser Punkt tatsächlich gegen die zwingende Bestimmung des § 24 Abs. 1 WEG 1975. Die von der Berufung dagegen vorgebrachten Argumente sind nicht überzeugend. Der notwendige Überblick über die Verwaltung kann auch dadurch gewonnen werden, daß man den Käufer verpflichtet, dem Verwalter einen erfolgten Weiterverkauf unverzüglich anzuzeigen. Aus § 17 Abs. 1 WEG 1975 kann eine Regelung, wie die angestrebte, nicht abgeleitet werden, weil diese Gesetzesbestimmung nur von der Verwaltung der Liegenschaft spricht, die Weiterveräußerung eines mit Wohnungseigentum belasteten Miteigentumsanteiles aber nicht eine jener Verwaltungsmaßnahmen darstellt, die die erwähnte Gesetzesbestimmung im Auge hat. Zum Ankauf von Liegenschaftsanteilen zu gesetzwidrigen Bedingungen oder zu Bedingungen, die die Rechte des Kaufinteressenten gegenüber früheren Vereinbarungen wesentlich beschränken, könnte auch die Mehrheit der Eigentümer jener Liegenschaft, von der Teile verkauft werden sollen, den ersten Käufer (Beklagte), der noch gar nicht Miteigentümer ist, nicht zwingen.

Die Ableitung der im Punkt XVII des angestrebten Kaufvertrages vorgesehenen Solidarhaftung aus dem Notariatstarifgesetz oder aus gebührenrechtlichen Bestimmungen ist verfehlt, weil diese Gesetze nur die Haftung gegenüber einem Dritten vorsehen, während der ins Auge gefaßte Vertragspunkt eine Regelung zwischen den Vertragspartnern vorsieht. Die erwähnten gesetzlichen Bestimmungen haben mit den internen Rechtsverhältnissen der Wohnungseigentümer zueinander nichts zu tun.

§ 14 Z. 14 des Nutzungs- und Anwartschaftsvertrages spricht von Aufwendungen für die Liegenschaft, während Punkt XVII des angestrebten Vertrages die Kosten der Errichtung und Verbücherung von Verträgen behandelt. Derartige Kosten sind nicht Aufwendungen für die Liegenschaft. § 16 des Nutzungs- und Anwartschaftsvertrages setzt nur fest, daß sämtliche mit der Vertragserrichtung verbundene Kosten und

Gebühren "vom Käufer bzw. Wohnungswerber" zu tragen sind. Ein bestimmtes Aufteilungsverhältnis wird dort ebensowenig genannt wie eine Solidarverpflichtung. Diese Bestimmung ist daher durch den Nutzungs- und Anwartschaftsvertrag ebenfalls nicht gedeckt.

§ 8 Abs. 1 WEG 1948 regelte, ebenso wie § 19 Abs. 1 WEG 1975, nur die Tragung von Aufwendungen für die Liegenschaft. Daß die Kosten von Vertragserrichtungen und deren Verbücherung nicht darunter fallen, wurde bereits ausgeführt.

Zutreffend ist daher die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes auch bezüglich dieses Punktes.

Punkt XXI des angestrebten Vertrages enthält eine Vollmacht für Dr. P, für die eine Grundlage überhaupt nicht dargetan wurde. Die in der Revision angedeuteten Einschränkungen können dem Vertragstext nicht entnommen werden. Demnach sind die Beklagten auch nicht verhalten, diese Vertragsbestimmung zu unterfertigen.

Es muß hier nicht näher untersucht werden, ob die in einen Wohnungseigentumsvertrag aufgenommene Verpflichtung zum Erlag eines Betrages, mit dem Zahlungsausfälle und die mit ihrer Eintreibung verbundenen Kosten gedeckt werden sollen, gesetzlich zulässig wäre oder nicht. Keinesfalls bietet § 16 WEG 1975 Deckung für eine solche Vertragsbestimmung, weil dort genau angeführt ist, welche Leistungen aus der Rücklage erbracht werden können. Die genannte Gesetzesbestimmung enthält zwingendes Recht (Meinhart, WEG 1975, 156). Beträge, die als Rücklage im Sinne dieser Bestimmung geleistet werden, dürfen daher nicht zur Deckung von Zahlungsausfällen herangezogen werden. Selbst wenn neben dieser Rücklage die Bildung eines weiteren Fonds zulässig sein sollte, müßte dieser von der Rücklage schon deshalb klar getrennt sein, weil andernfalls eine Kontrolle darüber, ob die eigentliche Rücklage bestimmungsgemäß verwendet wurde, ausgeschlossen wäre. Hiezu kommt die in § 16 Abs. 2 WEG 1975 vorgesehene relative Exekutionsbeschränkung. Die Einhaltung dieser Bestimmung wäre ebenfalls unmöglich, wenn keine klare Trennung zwischen der Rücklage im Sinne des § 16 WEG 1975 und einer Rücklage für andere Zwecke bestunde.

Da der vorgesehene Punkt XIII des Kaufvertrages nur eine einheitliche Rücklage vorsieht und sein Abs. 3 diese Rücklage auch zu anderen als den im § 16 WEG 1975 genannten Zwecken für verwendbar erklärt, verstößt diese Vertragsbestimmung gegen eine zwingende gesetzliche Norm.

Der nunmehr für sämtliche Eigentumswohnungen geltende § 22 WEG 1975 (Meinhart, WEG 1975, 184) zählt die Ausschließungsgrunde taxativ auf. Da es sich um ein zwingendes Schutzrecht zugunsten sowohl der Wohnungseigentumsgemeinschaft als auch des einzelnen handelt, können diese Gründe auch durch vertragliche Aufzählung und Präzisierung bestimmter Gründe ebensowenig erweitert wie eingeengt werden (Meinhart, WEG 1975, 185).

Punkt XVI des angestrebten Vertrages sieht den Ausschluß ganz allgemein wegen Verstöße gegen seine Bestimmungen und wegen schwerwiegender Verstöße gegen die Hausordnung vor. Dies ist eine wesentliche Erweiterung gegenüber den im § 22 WEG 1975 vorgesehenen Ausschließungsgrunden.

Richtig hat demnach das Berufungsgericht auch erkannt, daß Punkt XVI des Vertrages gegen zwingendes Recht verstößt.

Da sohin mehrere Punkte des Vertragstextes teils durch den Nutzungs- und Anwartschaftsvertrag nicht gedeckt sind, teils gesetzlichen Bestimmungen zuwiderlaufen, sind die Beklagten nicht verpflichtet, ihn zu unterfertigen.

Nur der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, daß, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes, Punkt IX des angestrebten Vertrages gegen den Nutzungs- und Anwartschaftsvertrag verstößt. Diesem zufolge hat nämlich die Klägerin die Liegenschaft nach den ortsüblichen Bedingungen zu verwalten. Indes verweist der nunmehrige Entwurf ganz allgemein auf von einem Verband jeweils empfohlene Bedingungen, deren Inhalt nicht bekannt ist und sich insbesondere im Laufe der Zeit ändern kann. Es besteht daher keine Gewähr dafür, daß diese Bedingungen sich stets mit den ortsüblichen decken. Sohin läßt sich auch diese Bestimmung mit dem Nutzungs- und Anwartschaftsvertrag nicht in Einklang bringen.

Das Klagebegehren wurde demnach mit Recht abgewiesen, weshalb der Revision ein Erfolg versagt bleiben muß.

Rechtssätze
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