JudikaturJustiz7Ob282/03a

7Ob282/03a – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. September 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der Verlassenschaftssache nach dem am 30. September 1996 verstorbenen Dr. Rudolf K*****, zuletzt: *****, über die Revisionsrekurse der Noterbin Elfriede K*****, vertreten durch Mag. Dr. Edwin Mächler, Rechtsanwalt in Graz, und der Erben 1. Dipl. Ing. Wilhelm K*****, 2. Dipl. Ing. Rudolf K*****, vertreten durch Ramsauer, Perner, Holzinger, Rechtsanwälte in Salzburg gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 7. August 2003, GZ 21 R 171/03y-169, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Zell am See vom 31. März 2003, GZ 5 A 177/96d-166, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist bei Prüfung der Zulässigkeit eines Revisionsrekurses an die Beurteilung des Gerichtes zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden (§ 16 Abs 3 AußStrG). Die Begründung kann sich in einem solchen Fall gemäß § 510 Abs 3 ZPO (iVm § 16 Abs 4 AußStrG) auf die Ausführungen der Zurückweisungsgründe beschränken.

Gemäß § 14 Abs 1 AußStrG ist gegen den Beschluss des Rekursgerichtes der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Keine dieser Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall gegeben.

Das Inventar hat gemäß § 97 Abs 1 AußStrG ein genaues und vollständiges Verzeichnis allen beweglichen und unbeweglichen Vermögens, in dessen Besitz sich der Erblasser befunden hat, sohin aller Aktiva zu enthalten (RIS-Justiz RS0109531) und den Wert des Nachlassvermögens am Todestag des Erblassers einzusetzen (RIS-Justiz RS0007898; zuletzt: 9 Ob 100/03a).

Die Bedeutung des Nachlassinventars erschöpft sich jedoch im Wesentlichen darin, als Mittel der Beweissicherung das Vermögen vorläufig und ohne Bindungswirkung zu erheben, welches nach den äußeren Umständen dem Erblasser gehört und damit den Nachlass bildet. Das in das Inventar aufgenommene Vermögen bildet den Befriedigungsfonds für die Nachlassgläubiger und die Ausgangsbasis für die Berechnung allfälliger Pflichtteilsansprüche. Daraus folgt die Beschwer des Erben durch eine Entscheidung, durch die - wie hier - Verbindlichkeiten entgegen seinem Antrag nicht in das Inventar aufgenommen werden (4 Ob 170/03h mwN).

Was an Passiva in das Inventar aufzunehmen ist, ergibt sich aus § 105 AußStrG. Danach sind Verlassenschaftsverbindlichkeiten aufzunehmen, soweit ihre Richtigkeit "ohne weitläufige Verhandlungen und großen Zeitverlust" festgestellt werden kann. Ein Inventar vermag sohin in Ansehung der Passiva keine Vollständigkeitsgewähr zu bieten (RIS-Justiz RS0007800 = NZ 1984, 180). Der Verzeichnung der Passiva kommt auch keine endgültige Bindung zu, gleichgültig, ob und in welcher Höhe sie in das Inventar Aufnahme fanden (RIS-Justiz RS0102976 = SZ 69/165). Eine Unterbrechung (Innehaltung) der Abhandlung etwa zum Zwecke eines Rechtsstreites kommt nicht in Frage (RIS-Justiz RS0007848 [T2] = 10 Ob 89/98f). Die Inventarisierung wird nur für Zwecke des Nachlassverfahrens vorgenommen; die diesbezüglichen Entscheidungen des Nachlassgerichtes haben Wirkungen nur für dieses. Das Inventar ist für ein allfälliges Streitverfahren, wie etwa eine Pflichtteilergänzungsklage - nicht bindend (vgl 10 Ob 89/98f mwN).

Im vorliegenden Fall ist die im Beschluss des Erstgerichts enthaltene Feststellung aller übrigen "strittigen Passivposten dieser Verlassenschaft" unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Die beiden Revisionsrekurse wenden sich nur noch dagegen, das zwei Verbindlichkeiten, nämlich zum einen die "Kapitalertragssteuer für verdeckte Gewinnausschüttung" von EUR 63.080,02 (Punkt B 4) und zum anderen der "Rückforderungsanspruch der Differenz/Verrechnungspreise" von EUR 460.824,91 (Punkt B 5) in das Hauptinventar aufgenommen (Revisionsrekurs der Noterbin) bzw nicht in das Hauptinventar eingestellt wurden (Rekurs der Erben). Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG zeigen sie damit jedoch nicht auf.

Zum Revisionsrekurs der Noterbin:

Das Rekursgericht hat als hinreichend bescheinigt angesehen, dass der Zell-Metall GmbH, die hinsichtlich der bereits im Todeszeitpunkt bestehenden Steuerschuld des Erblassers (betreffend Kapitalertragssteuer für verdeckte Gewinnausschüttung) in Vorlage getreten sei, ein Anspruch gegen die Verlassenschaft zustehe. Wenn es auf dieser Grundlage (und unter Hinweis darauf, dass durch die Aufnahme von Passiven in das Inventar über Bestand und Höhe der Forderung nicht abgesprochen werde) die von der Noterbin weiterhin bekämpfte Beurteilung, dass diese Verbindlichkeit in das Hauptinventar aufzunehmen sei, bestätigt hat, ist darin keine Abweichung von der Rsp des Obersten Gerichtshofes zu erblicken. Darauf, ob dieser Anspruch - wie die Revisionswerberin meint - allenfalls bereits verjährt ist, muss in diesem Rahmen nicht eingegangen werden (vgl RIS-Justiz RS0013007).

Zum Revisionsrekurs der Erben:

Hinsichtlich des Rückforderungsanspruches der Zell-Metall GmbH wegen verdeckter Gewinnausschüttung hat das Rekursgericht ausgeführt, dass nur eine Verbindlichkeit der "Centricast" (die jedoch nicht Verbindlichkeiten des Erblassers gleichgesetzt und in das Inventar eingestellt werden könne) dem Grunde nach bescheinigt sei, und dass die Frage einer allfälligen (Durchgriffs )Haftung des Erblassers im Verlassenschaftsverfahren nicht zu klären sei. Die Rechtsmittelwerber gestehen ausdrücklich zu, dass grundsätzlich nur der Geschäftsanteil des Erblassers an dieser Anstalt in Liechtenstein, nicht aber deren Gesellschaftsvermögen der Verlassenschaftsabhandlung zu unterziehen sei. Sie verweisen lediglich auf die als Passivpost anerkannte, vom Finanzamt in diesem Zusammenhang vorgeschriebene Kapitalerstragssteuer (Punkt B 5) und berufen sich auf eine Haftung des Erblassers nach § 83 Abs 1 GmbHG sowie darauf, dass unter den Aktiva des Hauptinventars auch Vermögen der Centricast Anstalt erfasst sei. Dass das Rekursgericht die genannte Forderung als nicht ausreichend geklärt erachtet und die Nachlassverbindlichkeiten um diese von der Noterbin bestrittene Forderung gekürzt hat, steht jedoch mit den dargestellten Grundsätzen in Einklang und ist daher nicht zu beanstanden.

Mangels erheblicher, für die Entscheidung des Verfahrens relevanter Rechtsfragen iSd § 14 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.

Rechtssätze
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