JudikaturJustiz7Ob195/02f

7Ob195/02f – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Oktober 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann Anton J*****, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Franz H*****, vertreten durch Dr. Hans Robicsek, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 4.060,33 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 29. Mai 2002, GZ 35 R 604/01k-25, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 28. August 2001, GZ 26 C 112/01t-17, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 399,74 (darin enthalten EUR 66,62 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die damalige Ehefrau des Klägers hatte seit 10. 6. 1999 ein Verhältnis mit dem Beklagten. Nach der Rückkehr vom zweiten in diesem Jahr gemeinsam verbrachten Urlaub teilte sie dem Kläger am 6. 8. 1999 mit, dass sie einen Freund habe. Die Frage des Klägers nach dem Namen des Mannes ließ sie unbeantwortet.

Am 7. oder 14. 8 1999 fragte der Kläger den Beklagten, seinen Nachbarn und Freund, ob er wisse, wer der Freund seiner Frau sei. Der Beklagte gab zu, dieser Freund zu sein. Er werde aber das Verhältnis abstreiten, da der Kläger keine Beweise dafür habe. Auf Rat seines Rechtsvertreters beauftragte der Kläger am 27. 8. 1999 ein Detektivbüro mit der Beobachtung seiner damaligen Ehefrau, um ihr den Ehebruch nachweisen zu können. Für die Beobachtungen vom 28. 8. 1999 bis 11. 9. 1999 mußte er den Klagsbetrag aufwenden. In der am 16. 9. 1999 eingebrachten Scheidungsklage stützte sich der Kläger darauf, dass die beklagte Frau eine ehebrecherische Beziehung zum Beklagten unterhalte. Die Ehefrau bestritt jede sexuelle Beziehung zum Beklagten. In einem Besitzstörungsverfahren bestritt der Beklagte mit Schriftsatz vom 15. 10. 1999 die behauptete ehebrecherische Beziehung zur damaligen Ehefrau des Klägers. Erst in einem Strafverfahren gegen den Beklagten wegen des Vergehens nach § 83 Abs 1 StGB sagte der Beklagte am 15. 2. 2000 aus, er habe mit der Gattin des Klägers seit August/September 1999 ein Verhältnis; die Ehefrau gab am selben Tag an, dass dieses Verhältnis seit 10. Juni 1999 bestehe. Anlässlich der Tagsatzung am 3. 2. 2000 zur Widerklage wegen Ehescheidung sagte die Gattin des Klägers am 18. 9. 2000 aus, dass sie dem Kläger am 10. 6. 1999 mitgeteilt habe, dass sie jemanden kennengelernt habe und von dieser Beziehung nicht lassen wolle. Am 15. 11. 2000 wurde die Ehe des Klägers einvernehmlich gemäß § 55a EheG geschieden. Erst als dem Kläger das Verhältnis mit dem Beklagten bekannt wurde, erfuhr er, dass seine Frau bereits mehrere außereheliche Verhältnisse gehabt hatte. Er hatte ihr niemals gesagt, dass er damit einverstanden sei.

Der Kläger begehrt nun den Ersatz der Detektivkosten vom Beklagten als Ehestörer. Sowohl dieser als auch die Ehegattin hätten erklärt, sie würden die Beziehung ableugnen, was sie auch getan hätten. Es sei daher die Beiziehung eines Detektivs zum Nachweis der ehewidrigen Beziehung zwischen dem Beklagten und der Ehegattin erforderlich gewesen.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Beiziehung des Detektivs nicht notwendig gewesen sei, weil sowohl die Gattin des Klägers als auch der Beklagte die Beziehung ihm gegenüber zugegeben hätten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass sowohl der Beklagte als auch die damalige Ehefrau des Klägers die ehebrecherische Beziehung zugegeben hätten, sodass eine Überwachung durch einen Detektiv nicht erforderlich gewesen sei.

Das Berufungsgericht traf nach Wiederholung des Beweisverfahrens die schon oben wiedergegebene Feststellung, dass der Beklagte gegenüber dem Kläger äußerte, er werde das Verhältnis zu dessen Ehefrau abstreiten, da der Kläger keine Beweise für ein außereheliches Verhältnis habe. Es änderte das angefochtenen Urteil im klagsstattgebenden Sinn ab. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass der Beklagte durch Aufnahme von ehestörenden, ja ehebrecherischen Beziehungen zur damaligen Ehegattin des Klägers schuldhaft in die Ehe eingegriffen habe. Der Kläger sei berechtigt gewesen sei, einen Detektiv beizuziehen, und Beweise für die Untreue seiner Frau für die Einbringung einer Scheidungsklage zu erlangen. Das Berufungsgericht schließe sich der in SZ 35/26 geäußerten Rechtsansicht, dass der gestörte Ehepartner gegen den Ehestörer Detektivkosten geltend machen könne, weil er solcherart Beweise für das Scheidungsverfahren über den Ehebruch des anderen Partners erlangen könne, an. Die in 6 Ob 315/01t in JBl 2002, 40 ff vertretene Rechtsansicht, dass der Schadenersatzanspruch nicht gerechtfertigt sei, wenn der betrogene Ehegatte mit der Überwachung nur das Interesse an der Beweissicherung für ein Ehescheidungsverfahren verfolge, werde abgelehnt.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, da das Berufungsgericht von der zuletzt veröffentlichten Judikatur des Obersten Gerichtshofes über die Schadenersatzpflicht des Ehestörers für Detektivkosten abweiche.

Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten mit einem Abänderungsantrag.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes können Detektivkosten gesondert, also unabhängig von einem allenfalls auch gleichzeitig geführten Ehescheidungsprozess eingeklagt werden, weil ein Ehegatte, dessen Ehe durch ehewidrige Beziehungen seines Partners zu einer dritten Person gestört wird, ganz allgemein und unabhängig davon, ob er gerichtliche Schritte unternehmen will, ein besonderes Interesse daran hat, sich Klarheit über den Sachverhalt zu verschaffen. Dem verletzten Ehegatten steht daher unabhängig von der Möglichkeit, die Detektivkosten in einem Ehescheidungsverfahren als vor- bzw außerprozessuale Kosten geltend zu machen, ein Schadenersatzanspruch zu, für den der Rechtsweg nicht ausgeschlossen ist (1 Ob 224/01z, 4 Ob 166/02v, JBl 2002, 40, JBl 1998, 723). Die Kosten eines Ehegatten durch Überwachung des der Verletzung der ehelichen Treue verdächtigten anderen Ehegatten können aus dem Titel des Schadenersatzes sowohl von diesem als auch vom beteiligten Dritten ersetzt verlangt werden, sofern die Aufklärung geboten ist (3 Ob 575/92, 7 Ob 382/98x, 7 Ob 74/99d, 4 Ob 166/02v ua; Koziol, Haftpflichtrecht² I 162 und II 19; Pichler in Rummel I³, § 90 ABGB, Rz 2). Das Recht, sich durch Betrauung eines Detektives Gewissheit zu verschaffen, findet seine Grenze dort, wo die Überwachung offenkundig überflüssig, von vornherein aussichtslos und erkennbar unzweckmäßig ist oder aber Rechtsmissbrauch vorliegt, weil die Ehegatten durch einvernehmliche Gestaltung oder Aufhebung ihrer ehelichen Gemeinschaft bekundet haben, jedes Interesse daran verloren zu haben, wie der andere sein Leben gestaltet (7 Ob 382/98x, 3 Ob 575/92, 1 Ob 224/01z, 4 Ob 166/02v, RIS-Justiz RS0022959).

Im vorliegenden Fall ist nur strittig, ob der Beklagte zum Ersatz der Kosten des Detektives verpflichtet ist, obwohl er dem Kläger gegenüber das Verhältnis mit seiner damaligen Ehegatten zugab, aber gleichzeitig erklärte, er werde das Verhältnis abstreiten, da der Kläger keine Beweise habe. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass der geschädigte Ehegatte zur Abwehr unterhalts- und vermögensrechtlicher Nachteile berechtigt ist, seinen Prozessstandpunkt durch Beobachtung durch einen Detektiv zum Erlangen von Beweisen für ein ehebrecherisches Verhältnis des Ehegatten zu untermauern. Der Ehestörer wurde zum Ersatz der Detektivkosten, die zum Erlangen von Beweisen aufgelaufen sind, verhalten (7 Ob 382/98x; 3 Ob 575/92; in diesem Sinn auch SZ 35/26, EvBl 1970/309; so auch Thiele, Ersatz von Detektivkosten in RdW 1999, 769). In der Entscheidung 6 Ob 315/00t = JBl 2002, 40, wurde ausgeführt, dass die Kosten der Überwachung durch einen Detektiv dann nicht vom Ehestörer zu ersetzen seien, wenn von vornherein klar gewesen sei, dass die Überwachung zur Befriedigung des ideellen Interesses, eherechtlich erhebliche Umstände in dieser Hinsicht zu erfahren, überflüssig sein werde. Sei dem Ehegatten nur daran gelegen, möglichst stichhaltiges Beweismaterial im Scheidungsverfahren gegen den dort bestreitenden Ehegatten zu erlangen, so bestehe ein über das Scheidungsverfahren hinausgehendes Interesse an der Sammlung von Beweismaterial nicht. Der Ehestörer sei nicht Partei des Scheidungsverfahrens und es sei nicht behauptet worden, dass der Ehestörer auf das Vorbringen des Ehegatten im Scheidungsverfahren Einfluss genommen hätte. Sei aber kein für die Notwendigkeit der Beweissicherung durch ein Detektivbüro ursächliches Verhalten des Beklagten gegeben, so sei er auch nicht zum Ersatz der Detektivkosten verpflichtet.

Diese Entscheidung ist auf Kritik gestoßen (JBl 2002, 40 [Bomberger]). Die Frage, ob die Entscheidung im Hinblick auf den Einzelfall, dass nämlich bereits vor Einschaltung des Detektivbüros der vollständige Name, Beruf und Adresse der Ehestörerin bekannt war und der Ehegatte gegenüber den Parteienvertretern anlässlich einer Tagsatzung bereits zugab, eine Freundin zu haben, mit der vorhin zitierten Judikatur, auf die der 6. Senat nicht Bezug nahm, in Einklang steht, braucht hier nicht näher untersucht zu werden. Im vorliegenden Fall steht nämlich die Haftung des die Ehe des Klägers störenden Beklagten auch ausgehend von dieser Entscheidung schon deshalb jedenfalls außer Zweifel, weil er durch seine Äußerung, er werde das Verhältnis abstreiten, da der Kläger keine Beweise dafür habe, die Beiziehung des Detektivbüros und das Entstehen der Überwachungskosten selbst (schuldhaft) mitveranlasst hat. Durch das Verhalten des Beklagten war der Kläger gezwungen, Beweismittel zu beschaffen, um Aufklärung über die ehewidrige Beziehung zu erhalten. Wie sich aus den Feststellungen ableiten läßt, war der Beklagte erst nach den Ergebnissen der Überwachung bereit, das Verhältnis zuzugeben. Die Schadenersatzpflicht des Beklagten ist zu bejahen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

Rechtssätze
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