JudikaturJustiz7Ob187/08p

7Ob187/08p – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. November 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sandra M*****, vertreten durch Dr. Herwig Mayrhofer und andere Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei P***** AG, *****, vertreten durch Dr. Hubert F. Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 5.409,56 EUR sA und Feststellung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 16. Juni 2008, GZ 4 R 134/08y-17, womit das Zwischenurteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 17. März 2008, GZ 5 C 1431/06t-10, im Sinn einer Zurückweisung des Zwischenantrags der beklagten Partei auf Feststellung abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 499,29 EUR (darin enthalten 83,23 EUR an USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin kam am 13. 9. 2006 auf dem asphaltierten Weg von der Bergstation der P***** Richtung A***** zu Sturz und verletzte sich. Die Klägerin begehrt hier Schadenersatz sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden aus dem Vorfall. Die Beklagte habe aus dem Beförderungsvertrag, dem Ingerenzprinzip sowie wegen grob schuldhafter Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht zumindest als Mithalterin des Wegs zu haften.

Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung, weil sie nicht Halterin des Wegs und damit nicht passivlegitimiert sei.

Die Beklagte stellte einen Zwischenantrag auf Feststellung, dass sie nicht Halterin des Wegs sei.

Die Klägerin verwies darauf, dass sie ihren Anspruch nicht nur aus der Haltereigenschaft ableite, sondern aus der Vertragsbeziehung. Selbst nach dem Vorbringen der Beklagten sei der Weg Bestandteil des Wildparks, zu dessen Errichtung und Betrieb die Beklagte jährlich namhafte, pauschalierte Beträge leiste.

Das Erstgericht wies mit Zwischenurteil den Zwischenantrag auf Feststellung ab. Es vertrat den Rechtsstandpunkt, dass die Beklagte Mithalterin des Rundwegs sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass es der Berufung nicht Folge gebe, sondern die angefochtene Entscheidung „mit der Maßgabe bestätigt, dass diese als Beschluss" zu lauten habe, dass der Zwischenantrag auf Feststellung zurückgewiesen werde. Die Wirkungen des Zwischenfeststellungsantrags gehe über den Rechtsstreit nicht hinaus. Dass allenfalls die Abklärung der Frage der Haltereigenschaft für die Beklagte von Interesse für künftige andere Rechtsstreite oder zur Abklärung einer für sie wichtigen Frage diene, reiche als besonderes Rechtsschutzinteresse nicht aus. Darüber hinaus scheitere der Antrag auch daran, dass er auf die Feststellung von Tatsachen gerichtet sei, nicht jedoch auf die Feststellung eines Rechts oder Rechtsverhältnisses.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit einem Aufhebungsantrag, hilfsweise wird ein Abänderungsantrag gestellt. Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig. Mangels Rechtsschutzbedürfnisses ist der Zwischenantrag auf Feststellung richtigerweise mit Beschluss zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0037989). Die bekämpfte Entscheidung des Berufungsgerichts stellt ungeachtet der Formulierung des Spruchs (Maßgabebestätigung) in Wahrheit eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung dar (RIS-Justiz RS0039705 [T2]). Wird der Zwischenantrag auf Feststellung - wie hier - erstmals vom Berufungsgericht zurückgewiesen, dann ist dieser Beschluss anfechtbar (1 Ob 6/03v; RIS-Justiz RS0039705). Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Gemäß § 259 Abs 2 ZPO kann der Beklagte, ohne der Zustimmung des Klägers zu bedürfen, in der mündlichen Streitverhandlung einen Antrag auf Feststellung im Sinn des § 236 ZPO stellen. Damit besteht die Möglichkeit, ein im Lauf des Prozesses streitig gewordenes Recht oder Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung über das Klagebegehren ganz oder zum Teil abhängt, in dem über die Klage ergehenden oder in einem demselben vorausgehenden Urteil feststellen zu lassen. Voraussetzung für die Zulässigkeit des Zwischenantrags auf Feststellung ist unter anderem, dass die Feststellung über das Hauptbegehren präjudiziell ist und über den anhängigen Prozess hinaus wirkt (1 Ob 8/07v; RIS-Justiz RS0039600). Letzteres muss aus dem Vorbringen des Antragstellers oder der gesamten Sachlage klar erkennbar hervorgehen (RIS-Justiz RS0039468, RS0034336). Reicht dagegen die Bedeutung der begehrten Feststellung nicht über den konkreten Rechtsstreit hinaus, besteht kein Bedürfnis nach selbständiger urteilsmäßiger Feststellung des präjudiziellen Rechtsverhältnisses, weil die in den Entscheidungsgründen vorgenommene Beurteilung zur Erledigung des konkreten Rechtsstreits ausreicht und sich in ihm erschöpft (6 Ob 112/01s, 1 Ob 8/07v). Es sollen künftige Rechtsstreitigkeiten über gleichartige Ansprüche zwischen denselben Parteien präjudiziert werden, die aus demselben rechtserzeugenden Sachverhalt abgeleitet werden können (RIS-Justiz RS0039575). Fehlt auch nur eine der beiden Voraussetzungen, ist der Zwischenantrag unzulässig.

Die Klägerin begehrt nicht nur Zahlung, sondern auch die Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden aus dem Unfall. Sie hat zwar formell vorgebracht, sich die Geltendmachung weiterer unfallkausaler Schäden vorzubehalten, doch wird im vorliegenden Verfahren über die Rechtsbeziehung der Parteien aufgrund des Sturzes der Klägerin vom 13. 9. 2006 abschließend (bindend) abgesprochen. Die Beklagte stützt sich auch darauf, dass neben den Rechtswirkungen inter partes die durch das Zwischenurteil zu klärende Vorfrage überdies Rechtswirkungen in Bezug auf Dritte entfalte, sollte es etwa mit anderen Spaziergängern oder Wanderern auf dem Rundwanderweg zu ähnlichen Vorkommnissen kommen.

Es ist zwar richtig, dass es für die Zulässigkeit des Zwischenantrags auf Feststellung nicht darauf ankommt, ob die Rechte oder Rechtsverhältnisse, die zum Gegenstand des Zwischenfeststellungsantrags gemacht wurden, gerade zwischen den Prozessparteien oder aber zwischen einer Prozesspartei und einem Dritten bestehen. Auch Rechtsbeziehungen einer der Parteien zu einer dritten Person können Gegenstand eines Feststellungsbegehrens sein, wenn die Rechtsverhältnisse der einen Partei durch das Verhalten der anderen unmittelbar berührt werden. Entscheidend ist in solchen Fällen, ob die Bedeutung der begehrten Feststellung über den konkreten Rechtsstreit hinausreicht und für die zukünftige Rechtsbeziehung der Streitteile Bedeutung haben kann (1 Ob 130/02b). Die Bindungswirkung einer gerichtlichen Entscheidung erstreckt sich nur auf die beteiligten (identen) Parteien (RIS-Justiz RS0041572; zur Tatbestandswirkung aus einem Feststellungsbegehren RIS-Justiz RS0039219). Eine alle potentiellen Benützer des Rundwegs bindende Abklärung der Haltereigenschaft der Beklagten kann in diesem Rechtsstreit also nicht erfolgen.

Eine über den Rechtsstreit hinausgehende Wirkung der begehrten Feststellung zwischen den Parteien ist nicht erkennbar. Der Zwischenantrag auf Feststellung ist mangels Vorliegens der formellen Voraussetzungen unzulässig, worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat. Es erübrigt sich eine Auseinandersetzung damit, ob die Haltereigenschaft grundsätzlich einem Feststellungsbegehren zugänglich ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 52 Abs 1, 50, 41 ZPO.

Rechtssätze
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