JudikaturJustiz7Ob114/21x

7Ob114/21x – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Februar 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und die Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI C*, vertreten durch Mag. Gernot Steier, Rechtsanwalt in Neulengbach, gegen die beklagten Parteien 1. H*, 2. F*, 3. C*, und 4. F*, alle vertreten durch Mag. Wolfgang Andreas Orsini und Rosenberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe und Zustimmung zur Einverleibung, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. April 2021, GZ 11 R 54/21y 24, womit das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 2. Februar 2021, GZ 6 Cg 44/20k 18, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass, einschließlich der in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung, das gänzlich klagsabweisende Urteil des Erstgerichts in der Hauptsache wiederhergestellt wird.

Die Entscheidung über die Verpflichtung zum Kostenersatz für das gesamte Verfahren hat das Erstgericht zu treffen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Der ursprüngliche Alleineigentümer der Grundstücke Nrn 4* und 7* verkaufte diese im Jahr 2008 je zur Hälfte an den Erst- und den Zweitbeklagten, jedoch fand vorerst keine Verbücherung dieses Vorgangs statt.

[2] Der Erst- und der Zweitbeklagte veräußerten in der Folge diese Grundstücke jeweils zu 23/100 an den Kläger und zu 77/100 an W*, und zwar mit Kaufvertrag vom 3. 1. 2013 das Grundstück 4* und mit Kaufvertrag vom 4. 1. 2013 das Grundstück 7*. Beide Vertragsurkunden enthalten einen wie folgt gleichlautenden Pkt VIII.:

„Sämtliche in der gegenständlichen Urkunde enthaltenen Rechtsgeschäfte sind aufschiebend bedingt durch die Unterfertigung der gegenständlichen Urkunde durch sämtliche, auf deren ersten beiden Seiten angeführten Personen sowie durch die rechtskräftige grundverkehrsbehördliche Genehmigung durch die zuständige Grundverkehrsbezirkskommission.“

[3] Mit Bescheiden vom 4. 9. 2014 wies die Bezirkshauptmannschaft * die Anträge des Klägers und W*s auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung der genannten Kaufverträge ab, weil Letzterer kein Landwirt ist. W* zog am 15. 6. 2015 seine Beschwerden an das Landesverwaltungsgericht * gegen die Abweisungen zurück, weshalb die Verfahren, soweit sie die von ihm eingebrachten Rechtsmittel betrafen, mit Beschlüssen vom 28. 7. 2015 bzw 29. 7. 2015 eingestellt wurden.

[4] Am 15. 6. 2015 wurden zwei schriftliche Abtretungsverträge geschlossen, mit welchen W* die ihn aus den Kaufverträgen treffenden Rechte und Pflichten – sohin sowohl seinen Anspruch auf Übergabe und Übereignung von 77/100 Anteilen Grundstückes als auch seine Pflicht zur Kaufpreiszahlung – unentgeltlich an den Kläger abtrat und dieser dies annahm.

[5] In weiterer Folge erteilte die Grundverkehrsbehörde * mit Bescheiden vom 17. 2. 2016 auf Antrag des Klägers den jeweils aus Kauf- und Abtretungsvertrag bestehenden Rechtsgeschäften die grundverkehrsbehördliche Genehmigung (rechtskräftig spätestens seit 22. 8. 2019).

[6] Zwischenzeitig war am 17. 2. 2015 ob beiden Grundstücken 4* und 7*, für die am 13. 2. 2015 jeweils neue Grundbuchseinlagen eröffnet worden waren, je zur Hälfte das Eigentumsrecht für den Erst- und den Zweitbeklagten einverleibt worden.

[7] Mit Verträgen vom jeweils 10. 2. 2016 räumten der Erstbeklagte dem Drittbeklagten bzw der Zweitbeklagte dem Viertbeklagten (ihren jeweiligen Söhnen) ob den ihnen jeweils gehörenden Hälfteanteilen an den Liegenschaften jeweils ein Belastungs- und Veräußerungsverbot ein, was jeweils am 15. 2. 2016 verbüchert wurde.

[8] Der Kläger begehrte

1. von Erst- und Zweitbeklagtem die Übergabe der Liegenschaften;

2. von Erst- und Zweitbeklagtem, der Einverleibung des Eigentumsrechts für ihn zuzustimmen; in eventu eine – näher ausformulierte – Aufsandungserklärung abzugeben; in eventu jede Verfügung über die Liegenschaften zu unterlassen.

3. gegenüber allen Beklagten die Feststellung, dass die einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbote ihm gegenüber nichtig seien; in eventu von Dritt- und Viertbeklagtem, ungeachtet ihrer Belastungs- und Veräußerungsverbote der Einverleibung des Eigentumsrechts für ihn zuzustimmen.

[9] Soweit noch relevant brachte er vor, unmittelbar vor Erlassung der Bescheide der Grundverkehrsbehörde hätten der Erst- und der Zweitbeklagte ihren Söhnen, dem Dritt- und dem Viertbeklagten „zum Zweck der Sicherung der Familienerbfolge“ jeweils ein Belastungs- und Veräußerungsverbot eingeräumt, und somit wider Treu und Glauben die Verbücherung der Kaufverträge vom 3. 1. und 4. 1. 2013 verhindert. Dem Dritt- und dem Viertbeklagten sei der Verkauf der Grundstücke an den Kläger und W* ebenso bekannt gewesen wie die Abtretung der Rechte aus den Kaufverträgen von W* an den Kläger. Die beiden Bedingungen, Unterfertigung der Urkunden sowie die rechtskräftige grundverkehrsbehördliche Genehmigung, seien eingetreten. Die erste abweisende Entscheidung der Grundverkehrsbehörde sei nicht rechtskräftig geworden. Die Antragsteller hätten „dagegen Rechtsmittel erhoben und vor Entscheidung über das Rechtsmittel den Antrag zurückgezogen und neue Anträge eingebracht, die letztlich zur grundverkehrsbehördlichen Genehmigung geführt haben“.

[10] Die Beklagten wandten ein, die in den Kaufverträgen vereinbarte Bedingung, dass es zu einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung für beide Käufer – den Kläger und W* – komme, sei nicht eingetreten, weil ihnen die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erster und zweiter Instanz und damit auch rechtskräftig mit der wesentlichen Begründung nicht erteilt worden sei, dass W* nicht Landwirt sei. Es sei damit niemals die grundverkehrsbehördliche Genehmigung dieses Rechtsgeschäfts erteilt worden. Erst in weiterer Folge habe W* seine „Rechte aus dem Kaufvertrag“ an den Kläger abgetreten, welcher seinerseits dann allein um die grundverkehrsbehördliche Genehmigung der Verträge angesucht habe. Die „Abtretung“ der „Anwartschaftsrechte“ an den Kläger sei aber erst nach der rechtskräftigen Nichterteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Rechtsgeschäfts zwischen dem Erst- und Zweitbeklagten sowie dem Kläger und W* erfolgt; dieser habe keine Rechte mehr an den Kläger abtreten können.

[11] Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren ab. Mit der Zurückziehung der Beschwerden gegen die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungen sei das Verfahren endgültig beendet worden. Eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung hätte in diesem Verfahren nicht mehr erlangt werden können. Die Beklagten hätten daher davon ausgehen dürfen, dass die vereinbarte Bedingung endgültig vereitelt gewesen sei.

[12] Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil teilweise ab: Es bestätigte die Abweisung des Feststellungsbegehrens, gab jedoch dem Übergabebegehren und dem als Hauptbegehren (gegenüber Erst- und Zweitbeklagtem) bzw Eventualbegehren (gegen Dritt- und Viertbeklagtem) erhobenen Begehren auf Zustimmung zur Einverleibung zugunsten des Klägers statt.

[13] Es stützte sich im Wesentlichen darauf, dass es W* freigestanden sei, seine in den Kaufverträgen wurzelnden Rechte auf den Kläger zu übertragen. Die Kaufverträge seien nicht unter einer Befristung oder auflösenden Bedingung, sondern nur unter der aufschiebenden Bedingung ihrer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gestanden. Dass diese Genehmigung im Jahr 2014 versagt worden sei, habe die Ansprüche des Klägers und von W* nicht zum Erlöschen gebracht, denn „in der gebotenen Ex-ante-Betrachtung“ sei es „nicht ausgeschlossen“ gewesen, „dass ein zweiter Anlauf doch noch zum Ziel führen könnte“. Der Kläger habe diesen Weg eingeschlagen, indem er sich von W* dessen Rechte habe abtreten lassen und neuerlich eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung erwirkt habe; dadurch sei die in den Kaufverträgen normierte aufschiebende Bedingung eingetreten.

[14] Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Kostenentscheidung nach § 52 Abs 1 bis 3 ZPO bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vorbehalten bleibe, bewertete den Entscheidungsgegenstand sowohl in Ansehung jeder der beiden Liegenschaften als auch im Verhältnis zwischen dem Kläger und jedem der vier Beklagten als 30.000 EUR übersteigend und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

[15] In ihrer Revision beantragen die Beklagten, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[16] Der Kläger beantragt in der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

[17] Die Revision ist im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit zulässig und berechtigt.

[18] Die Revisionswerber führen ins Treffen, dass nach der Rechtsprechung ein Rechtsgeschäft von Anfang an unwirksam sei, wenn die grundverkehrsbehördliche Genehmigung rechtskräftig versagt werde; aufschiebend bedingte Rechte entstünden erst mit dem Eintritt der Bedingung und seien bis dahin bloße Anwartschaftsrechte. Ein nicht erworbenes Recht könne nicht abgetreten werden.

Rechtliche Beurteilung

[19] 1.1. Gemäß § 696 iVm § 897 ABGB ist eine vertragliche Bedingung ein ungewisses Ereignis, von dem ein Recht abhängig gemacht wird. Die Bedingung ist bejahend oder verneinend, je nachdem, ob sie sich auf den Eintritt oder Nichteintritt des Ereignisses bezieht. Sie ist aufschiebend, wenn das zugedachte Recht erst nach ihrer Erfüllung wirksam wird, und auflösend, wenn das zugedachte Recht bei ihrem Eintritt verloren geht.

[20] Aufschiebend bedingte Rechte entstehen mit dem Eintritt der Bedingung oder des Termins; bis dahin besteht bloß eine Anwartschaft auf die künftige Erwerbung des Rechts (vgl RS0012689 ). Auch bei einem aufschiebend bedingten Vertrag treten seine Wirkungen erst ein, wenn die Bedingung verwirklicht ist ( RS0017433 ; RS0012681 [T1]). Bei Ausfall der Bedingung treten die Rechtswirkungen überhaupt nicht ein ( RS0012681 ; RS0029416 ). Der Vertrag befindet sich daher vorläufig in einem Schwebezustand, der solange dauert, bis die Genehmigung erteilt oder versagt oder festgestellt wird, dass das Geschäft keiner Genehmigung bedarf ( RS0038627 [T25, T30]; RS0061101 [T10]).

[21] 1.2. Die Kaufverträge zwischen W* und dem Kläger sowie dem Erst- und dem Zweitbeklagten standen nach ihrem klaren Wortlaut unter der aufschiebenden Bedingung ihrer rechtskräftigen grundverkehrsbehördlichen Genehmigung durch die zuständige Grundverkehrsbezirkskommission. Dabei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine Suspensivbedingung ( RS0038627 ; RS0017436 ).

[22] 2.1. Ein Bescheid ist formell rechtskräftig, wenn er durch ordentliche Rechtsmittel nicht oder nicht mehr anfechtbar ist. Unter Rechtskraft im materiellen Sinn ist die Unwiderrufbarkeit und die Unwiederholbarkeit des Bescheids zu verstehen. Die materielle Rechtskraft eines Bescheids liegt vor, wenn dieser (auch) von Amts wegen – von der Behörde – nicht mehr aufgehoben oder abgeändert werden kann, sofern nicht eine der ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen in Betracht kommt (VwGH 2010/17/0274 ; vgl auch 2008/08/0210 ).

[23] Nach Zurückziehung einer Beschwerde ist das Verfahren einzustellen (VwGH Ra 2019/19/0233 mwN), was keine Entscheidung über die Beschwerde in der Sache selbst ist (VwGH Ra 2019/11/0090 mwN). Die mit Bescheid der belangten Behörde erfolgte Entscheidung wird durch die Zurückziehung einer dagegen erhobenen Beschwerde rechtskräftig (vgl VwGH Ra 2019/11/0090 ).

[24] 2.2. Nach den Feststellungen wurde hier die als Suspensivbedingung für das Zustandekommen des Vertrags vereinbarte Genehmigung versagt; dieser Bescheid wurde durch die Zurückziehung der von W* erhobenen Beschwerden insofern rechtskräftig.

[25] 3.1. Nach ständiger Rechtsprechung bindet ein Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit von einer behördlichen Genehmigung abhängig ist, die Parteien nur so lange, bis die Genehmigung versagt wurde ( RS0061101 ; RS0038627 [T22]). Wird die grundverkehrsbehördliche Genehmigung rechtskräftig versagt, so steht damit fest, dass das Rechtsgeschäft von Anfang an unwirksam war ( RS0038627 [T12]; RS0061101 ). Mit der Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung geht daher auch eine Anwartschaft auf die künftige Erwerbung des Rechts (nochmals RS0012689 ) verloren und kann demnach auch nicht übertragen werden (vgl RS0105777 [insb T7]).

[26] 3.2. Da im vorliegenden Fall die Suspensivbedingung der Genehmigung der beiden Kaufverträge nicht eingetreten ist, wurden diese unwirksam. Damit hat W* das Recht, das er in weiterer Folge nach Zurückziehung seiner Beschwerde abgetreten hat, nicht erworben. Die weiteren Überlegungen des Berufungsgerichts, in einer ex-ante-Betrachtung sei es nicht ausgeschlossen gewesen, dass ein „zweiter Anlauf“ doch noch zum Ziel führen könnte, sind insofern nicht stichhältig, als später die Genehmigung insgesamt eines anderen Rechtsgeschäfts erfolgte als jenes, welches von den Parteien der früheren Vereinbarungen ausdrücklich als Suspensivbedingung zugrundegelegt wurde. Aus den genannten Gründen ist die Revision dahin im Recht, dass im Zeitpunkt der Abtretungsvereinbarungen zwischen dem Kläger und W* dieser nicht über jene Rechte verfügte, die Gegenstand der Abtretung waren.

[27] 4. Zusammengefasst erweist sich daher die Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Rahmen der von den Parteien in erster Instanz aufgestellten Behauptungen und den von den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen als korrekturbedürftig. Mit der rechtskräftigen Versagung der Genehmigung der Kaufverträge zwischen W* und dem Kläger sowie dem Erst- und dem Zweitbeklagten sind diese Rechtsgeschäfte, auf deren Gültigkeit das gesamte Klagebegehren gegen alle Beklagten gestützt wird, als von Anfang an unwirksam anzusehen.

[28] Der Revision war schon aus diesem Grund Folge zu geben; auf – zudem als unzulässige Neuerungen erstmals im Revisionsverfahren behauptete – Details über den Verlauf der Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht kommt es damit nicht an. Es war daher die erstgerichtliche Entscheidung wiederherzustellen .

[29] 5. Dass das Erstgericht über die Verpflichtung zum Kostenersatz für das gesamte Verfahren zu entscheiden hat, ergibt sich aus dem Ausspruch gemäß § 52 Abs 3 ZPO des Berufungsgerichts.

Rechtssätze
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